Widerstand ist zwecklos

gäst:innen

Da hat jemand nicht mehr alle Latt:innen am Zaun:innen… Nach dem Motto: Wir sind die unerbittlich Guten. Sie werden gendersprachisiert. Widerstand ist zwecklos.

Alles geil

Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann auf der Suche nach einem deutschen Adjektiv: „Es war eine geile Zeit, sie war hart, sie war aufregend – und es hat sich gelohnt… Sie drucken das ja, oder? Dann machen Sie aus „geil“ vielleicht „cool“.“ (Tagesspiegel)

Dem Volke dienen

dem volke dienen

Dass die AfD in ähnlichen Milieus offenbar mehr Leute anspricht als wir, ist ein Riesenproblem. Laut einer Statistik vom Wahlabend hat die AFD unter den wirtschaftlich Schwachen Menschen in Sachsen-Anhalt 40 Prozent gehört, die CDU 18 und die Linke 12. (Robert Fietzke, Jugendkoordinator der Linkspartei in Sachsen-Anhalt in einem Interview mit der Konkret)

Dazu fällt mir allerhand ein. „Arme“ heißen jetzt „wirtschaftlich schwache Menschen“. Wenn das Marx noch hätte erleben dürfen! „Sklaven“ heißen jetzt übrigens „freiheitsferne Menschen“. Immerhin: Der Genosse beschimpft die armen AfD-Wähler nicht als Nazis oder nur heimlich.

Was lehrt uns das? (Steht leider nicht im Interview.) Sind die Wähler dusselig und wählen sie gegen ihre eigenen Interessen? Oder spricht die „Linke“ die Armen nicht mehr an, obwohl sie doch gerade das tun sollte? Oder interessiert diejenigen, die wenig Geld haben, weder Klima noch Gendergedöns noch moralingeschwängerte Statements über „Grenzen auf“ und „alle dürfen rein“?

Kurzum: Angesichts all dieser Probleme brauchen wir in unserer Stadt und unserem Land Solidarität, Sinn für Gerechtigkeit und gemeinsames Handeln aller demokratischen und friedliebenden Menschen – unabhängig ihres sozialen Status’, ihres Einkommens, Herkunft und Hautfarbe, ihrer sexuellen Identität und Geschlechts. (Website Fietzkes)

Langum: Ein Satz mit 38 Wörtern versteht kaum jemand auf Anhieb. Grottenschlechtes Deutsch! Dazu als Motto nur der nichtssagende Appell an Gefühle („Solidarität“ im Kapitalismus oder anderswo?). Keine Kritik des Systems, sondern nur vages Geschwurbel, alles müsse netter und gemeinsamer werden. Und dann wundert ihr euch, dass das gemeine (im doppelten Sinn des Wortes) Volk euch nicht mehr wählt?

Die „Linke“ könnte vielleicht auf die für Parteifunktionäre natürlich völlig undenkbare Idee kommen, die weggelaufenen armen Wähler zu fragen, was die wollen und was denen wichtig ist. Was wäre, wenn die plötzlich etwas forderten, was den gefühlslinken urbanen Mittelschichten gar nicht passte? Ich will Schnitzel! Fuck Gendersprache! Asylrecht ja, aber keine Glückritter und Armutsflüchtlinge mehr! Das Klima ist mir egal, der Kapitalismus muss weg!

Vermutlich wäre die „Linke“ geschockt und würde sich darauf berufen, dass sie besser als die Wähler wisse, was die wollen müssten. So funktioniert das aber nicht. Die „Linke“ sollte demütig werden. Dem Volke dienen und dem, was der kleine Mann und die kleine Frau wollen, und nicht denen, die glauben, sie hätten den politischen Durchblick und wären die moralisch Besseren. Just saying. Die werden aber eh nicht auf mich hören.

dem volke dienen

Unter Überhobenen

Marx

Karl Marx an Friedrich Engels vom 30. Juli 1862, MEW 30, S. 259

„Die moralische Selbstüberhebung jener Schicht, die sich selbst als links definiert, aber verständnislos und verächtlich auf Menschen herabblickt, die in nichtakademischen Berufen unser aller Wohlleben sichern, aber andere Lebensentwürfe und eine andere Weltsicht haben, für die Frauen Frauen sind und nicht Menschen, die menstruieren, die heimatverbunden sind und sprechen wollen, wie sie es gelernt haben.

Mit heiligem Zorn schreibt Wagenknecht von der Empathielosigkeit und dem Hochmut dieser elitären Minderheit, die sich in den Medien, Universitäten und Parteien etabliert hat und wie eine Dampfwalze über die Bedürfnisse, die Sprache und Lebensformen der Mehrheit hinwegrollt.

Gegnerschaften haben sich zu Feindschaften ausgewachsen, Gender- und Identitätspolitik sind zur Obsession geworden, und wer meint, darin eine Gefahr für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu erkennen, gilt den linken Identitären als rückwärtsgewandt, reaktionär, eben als rechts.“ (Monika Maron hinter der Paywall der Welt)

Ich halte diese Minderheit nicht unbedingt für elitär, sondern nur für opportunistisch und feige. An den Universitäten sitzt die Mittelklasse – und fast nur die. Warum nutzen die meisten Gewerkschaftsfunktionäre gegenderte Sprache, ohne ihre Mitglieder gefragt zu haben? Warum fast alle Medien? Weil sie nichts falsch machen wollen, weil sie ab Werk nicht die Eier den Mut haben, gegen den gefühlten Mainstream zu schwimmen. Weil ihnen der Mumm fehlt, in einer Menschenmenge zu rufen: „Der Kaiser ist nackt.“

Ich hatte 2014 schon etwas zum Thema geschrieben – die Links zeigen Irrsinn im Detail:

Wie Fefe berichtet, wollen Studenten der Berliner Humboldt-Universität Hegel, Rousseau und Kant nicht mehr behandeln.

Schon in den ersten Sitzungen kam die Frage auf, wieso wir denn Texte aus der Antike lesen sollten, also aus einer Zeit, in der Frauen unterdrückt und Menschen versklavt wurden.

Das Deutsch des Grauens spricht schon für sich: „…die Kolonialisierung unterstützte die Versklavung, Ausbeutung, Unterdrückung, Misshandlung und Ermordung von Menschen“. Ung, ung ung ung.“

Der ganze Jammer in einem Bild

linke

Bevor ich mein Posting beginnen konnte, trudelte die Meldung ein, dass ein paar von den so genannten „Linken“ Sahra Wagenknecht ausschließen wollen. Sie habe der Partei mit ihrem Buch (!) Schaden zugefügt.

Natürlich ist der Vollmeisen-Anteil in allen Parteien ähnlich hoch, und man muss immer damit rechnen, dass irgendwelche Spinner spinnerte Anträge verfassen. Daran kann man sie nicht hindern. Aber ich würde diese „Genossen“ vorladen und ihnen so den Marsch blasen, dass ihnen das Stellen von dämlichen Anträgen gründlich verginge. Leider kann man nicht mehr mit Sibirien drohen.

Wer die mit Abstand populärste Politikerin der eigenen Partei ausschließen will, gehört entweder in die Psychiatrie oder ausgeschlossen oder zwangsweise zur MLPD überstellt. Aber die Sache zeigt nur, dass die „Linke“ komplett linksidentitär verseucht ist und auf dem besten Weg zu einer irrelevanten Politsekte. Es ist nur schade um die vielen Mitglieder an der Front, die es ernst und ehrlich meinen.

Man muss sich wünschen, dass die den Ausschluss noch vor der Bundestagswahl durchziehen. Ich hoffe, dass Wagenknecht sich nicht wehrt und auch nicht erscheint, wenn sie angehört werden soll. Vereinsrechtlich kann man sowieso niemanden ausschließen. „Namentlich genannt werden wollen sie derzeit nicht“. Erbärmliche Feiglinge sind sie auch noch. Daher glaube ich, dass die Kampagne insgeheim von der Parteiführung goutiert wird, damit sie nach der zu erwartenden krachenden Wahlniederlage kurz über oder unter der Fünf-Prozent-Hürde sagen können, dass Wagenknecht schuld sei.

Passend ist auch, dass die „Linke“ nichts zum neuen linksradikalen Präsidenten von Peru sagt. Der ist ein Alptraum für unsere Linksidentitären, zu denen sich leider sogar die „Konkret“ gesellt hat. Pedro Castillo ist gegen die Homo-Ehe, will Flüchtlinge unerwünschte Einwanderer abschieben (was auch Israel macht) und ist gegen Abtreibung. Er besinnt sich – ich schrieb es schon – auf das Kerngeschäft der „Linken“ – it’s the economy, stupid. Der Rest ist Lifestyle.

Auch „Klimaschutz“ ist Lifestyle, wenn man suggeriert, dass der Kapitalismus repariert werden könne. Klimaschutz ist im Interesse des Kapitals, und die „Linke“ sollte dazu einfach das Maul halten und das Thema den Grünen und kleinen Mädchen überlassen.

„Natürliche Lebensgrundlagen“ – wer hat das geschrieben? Rudolf Steiner oder Baldur Springmann? „Gerechte Verteilung“ – das ist höchstens Sozialdemokratie. Und der Rest – wieder grottenschlechtes Deutsch, als wäre das „Neue Deutschland“ aus den 70-ern wieder auferstanden: Eine ellenlange Kette von Namen, als würde wer weiß was passieren, wenn man irgendjemanden vergäße – gegen sämtlich Regeln, wie ein Text verständlich sein soll und kann (43 Wörter – unfassbar dämliches Geschreibsel).

Für diese Grundpfeiler wünscht man sich eine Samsona, die sie einreißt und etwas Vernünftiges darauf errichtet. Leider bleibt der Wagenknecht jetzt keine Zeit mehr, eine neue Partei zur Bundestagswahl antreten zu lassen – die würde die jetzige „Linke“ ins politische Aus katapultieren und auf dem Stand in den Bundestag einziehen. Man kann aber noch hoffen.

Unter Hineinredigierenden [Update]

gendersprache

Gendersprache in a nutshell. Es gibt auch eine Version für Somalia.

[Update] Die Tagesschau hat wohl noch verschlimmbessert.

Vade retro, Sprachpanscher!

verein deutsche sprache

Ich bin in den Verein Deutsche Sprache e.V. eingetreten. Ich finde das witzig. Auch der Ehrenpreis „Sprachpanscher“ [des jeweiligen Jahres] ist auf jeden Fall mindestens so sinnvoll wie Journalistenpreise. Man hat die Garantie, im Vereinsblättchen von grauenhaftem Deutsch verschont zu bleiben. Im Stimmritzenverschlusslautmilieu bin ich jetzt natürlich unten durch, aber das geht mir am Gesäß vorbei.

Слава и честь Советской Армии! Спасибо!

rote armee ehrenmal

Der zweite Weltkrieg forderte 65 Millionen Opfer. Mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen begann ein Krieg, der Europa sowie Schauplätze weltweit in ein Trümmerfeld verwandelte und unzähliges Leid über die Menschen brachte.

Mit der Kapitulation am 8. Mai 1945 endete die Shoa – der Genozid an den europäischen Juden und der an Sinti und Roma; es endete auch der systematische Massenmord an Behinderten. Sozialisten, Kommunisten, Gewerkschaftler, Antifaschisten, Widerstandskämpfer, oppositionelle Geistliche und die Zeugen Jehovas wurden nicht mehr verfolgt.

Die Sowjetunion zahlte den größten Blutzoll für die Befreiung vom Faschismus: 27 Millionen Menschen kamen um, ungefähr zu gleichen Teilen Rotarmisten und Zivilisten.

(Ich habe das unsägliche Gendergefasel im Nominalstil, womit die „Linke“ die Leute verärgert und verscheucht, in verständliches Deutsch übersetzt. Es gibt ungefähr 87 Methoden, die deutsche Sprache zu verhunzen, und die „Linke“ kennt sie alle.)

Nimm dies, Winnetou! [Update]

grüne

„Hinterfragen“ – ein Wort, das „aus dem Anus der deutschen Sprache ausgeschieden“ wurde (Wolf Schneider: Deutsch für Profis). Fehlenden Kommata lassen wir außer acht.

diversity

[Update] Wir lesen dazu aus der Rubrik „Unterhaltung“: War Beethoven ein Neger? Beethoven was black.

Viel wenig Impfstoff [Update]

Der Tagesspiegel schreibt: „Bei Fortsetzung des derzeitigen Impftempos würden Mitte April knapp 15 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Erstimpfung haben.“

In besserem und logischem Deutsch: Wenn der Impfstoff weiterhin so knapp ist, haben Mitte April mehr als 85 Prozent der Bevölkerung noch nicht einmal eine Erstimpfung.

Merke: Ist etwas negativ („nicht geimpft“), sollte man es nicht positiv formulieren. („mindestens eine Erstimpfung“). Man sagt auch nicht: Von wenig Impfstoff ist viel vorhanden.

Teilsätze ohne Verben verschleiern, dass jemand verantwortlich ist (wer gibt das „Tempo“ vor und warum?). Außerdem sind Wörter mit -ung (Nominalstil) lang und hässlich.

Postscriptum: Korrektes Deutsch ist das alles natürlich auch nicht. Man muss sich aber entscheiden, was man prognostizieren will: „Wäre der Impfstoff weiterhin so knapp“ suggeriert, dass die zuständigen Pappnasen es schafften, mehr davon zu besorgen. Das bezweifle ich, obwohl der Tagesspiegel das offenbar glaubt. Also kein Irrealis, sondern schlicht Futur im Konditionalsatz: Wenn der Impfstoff weiterhin so knapp sein wird, werden Mitte April mehr als 85 Prozent der Bevölkerung noch nicht einmal eine Erstimpfung haben.

Postscriptum II: Journalisten, die, wie im Tagesspiegel, Doppelpunkte mitten in Wörter pressen, können oft gar kein korrektes und gutes Deutsch.

[Update zum Postscriptum II]
tagesspiegel

Verbloggung [Update]

nominalstil

Kommt gleich in mein Seminarprogramm und steht in einer Reihe mit „Verunmöglichmachung“ und „Verunglimpfung“.

Update: Ich vergaß Zurverfügungstellung.

Cyberpunk, Robocop und reliable Netze

cyberpunk

Die Gegenwart ist oft schneller als die Zukunft. Wer hätte gedacht, dass die fiktiven Dystopien à la Robocop und Cyberpunk so schnell real umgesetzt werden? In Nevada kann man als Kapitalist mit genug Geld eine eigene Stadt gründen (via Fefe und Heise): Man macht seine eigenen Gesetze und zahlt keine normalen Steuern mehr. Vermutlich gehören eine eigene Söldnertruppe und die eigenen Gerichte auch dazu.

Ich finde das nicht so fürchterlich überraschend. Man muss auch das Zitat aus dem Kommunistischen Manifest nicht modifizieren:
Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Kapitalistenklasse verwaltet.
Der Ausschuss kann natürlich einzelne seiner Aufgaben outsourcen, wenn es den Interessen der Herrschenden dient. Eine demokratische Form mit Gewaltenteilung usw. muss nicht sein – warum auch? Es ist nur bequemer, wenn die Untertanen Illusionen haben, weil man sie temporär und limitiert „mitspielen“ lässt.

gutachten

Dann haben wir noch Wissenschaftler, die embedded herumgutachten. Auch das ist weder neu noch supergeheim, obwohl die erst einen juristischen Tritt brauchten, um das herauszurücken.

Die Wissenschaftler verschlüsseln ihre E-Mails nicht. Als „sicher“ gilt die „private“ E-Mail-Adresse, am besten vermutlich von Gmail. Reliable ist übrigens Denglisch vom Feinsten. Sie hätten dann gleich „reliable Netzwerke“ schreiben soll, weil network schlicht und nur das englische Wort für das deutsche Netz ist. Erwarteten die einen Stromausfall wegen der Pandemie? Oder als Folge der geplanten „Maßnahmen präventiver und repressiver Natur“?

By the way: Hat jemand von euch sich schon ein Pokerface zugelegt? Falls ihr eine Online-Prüfung plant, ist das sinnvoll (gilt nur für Windows und Mac, Linux haben Studenten bekanntlich nicht).

Deutsch des Grauens, wiederholt besucht

deutsch des Grauens

Nein, ich habe nicht versehentlich den OberstudienratBesserwisser-Modus eingeschaltet – ich bin immer so. Da sprudelt doch fast der Frühstücks-Kaffee über die Tastatur: drei Deutschfehler in drei Zeilen? Liebe Kollegin Julia Weiss, muss das sein?

Dann doch lieber Katzenbilder am frühen Morgen…

Safer Internet Day

Heute ist der Safer Internet Day. Aus diesem Anlass weise ich noch einmal auf die Tutorials des Vereins German Privacy Fund hin sowie auf meine einschlägigen Seminarangebote.

…Die Zielsetzung dieses Tages ist, eine langfristige Sensibilisierung und Medienkompetenz für die Gefahren im Internet für Lehrer, Eltern und Kinder.. bla bla bla

Besser: Das Ziel ist, Lehrer, Eltern und Kinder für die Gefahren im Internet zu sensibilisieren und dieses Medium sachkundig zu nutzen.

Staatsknete für Medien

money

Gern widerspreche ich Kollegen, vor allem dann, wenn sie falsch liegen oder dummes Zeug von sich geben und noch lieber, wenn sie ein wichtiges Ehrenamt ausüben oder alles zusammen.

And now for something totally different. Es begab sich aber zu der Zeit, als die Pandemie die Medien schwer beutelte, zum Teil aber auch wegen ihres Totalversagens, das Internet und das Digitale betreffend, in der Vergangenheit, dass der Kollege Steffen Grimberg, vormals taz und vermutlich deshalb gendersternchengeschädigt, jetzt freischaffend und dem- und naturgemäßig nach Ämtern strebend, die dem Journalistenleben einen Sinn geben könnten und – nicht ursächlich zusammenhängend mit Letzterem – seitdem sich einige geheime Seilschaften ergaben, großer Vorsitzer des hochwöhllöblichen DJV Berlin/JVBB, in dem sich bekanntlich die Massen aller Journalisten sammeln, anhub zu schreiben, zu diesem oder jenen, hier insbesondere, was wie zu regulieren sei (um den vom ihm gewählten Nominalstil zu umgehen).

Der erste Satz des Neuigkeitenbriefes Newsletters überansprucht ein wenig die Logik einfach gestrickter Menschen wie mich, da das Unwesentliche voranhoppelt (wann: „am Montag dieser Woche“), danach noch mehr Unwesentliches hinterdreingaloppiert (wo: „im Netz“), dann wichtige Motivlagen erwähnt werden wollen (warum: „auf Einladung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“), das Publikum aber derweilen schon beginnt, mit den Füßen zu scharren, da nach 17 Wörtern (!) das erste Verb folgt, was den ehernen Gesetzen der Verständlichkeit eines Satzes nach Wolf Schneider und anderen Stilkundigen grob widerspricht, und – auch Mark Twain hätte sich schon beschwert! – immer noch nicht klar ist, worum es eigentlich geht, dann – oh! Überraschung! – ein weiteres Tuwort: Jemand sagte etwas, nein halt, sogar etwas „bemerkenswertes“, wobei man nicht weiß, vom wem bemerkt oder auch nicht. Der Vertreter der Lautsprecher der herrschenden Klasse, der etwas sagte, wird danach lang und breit zitiert: „Es kommt auf die Journalisten und die Verleger an“ – wer hätte das gedacht? Und warum wird hier eine Volksgemeinschaft zwischen Kapital und Arbeit suggeriert, die es noch nie gegeben hat?

Damit meinte er ausdrücklich nicht die direkte Presseförderung des Bundes, bei der nach wie vor völlig unklar ist, wie und wann sie kommt.

Wait a minute. Staatsknete für Medien? Wer will das denn? Ist es denn nicht auch „unklar“, ob sie kommt und, was viel wichtiger ist, ob sie gewünscht wird, vom Volk, von den Herrschenden und auch den marginalisierten Lohnschreibern und den am Rande der Existenz dahinkrebsenden Freiberuflern? Und was meinen die Insassen der öffentlich-rechtlichen Anstalten, die gut abgesichert auf ihren Breitärschen der Rente entgegengremienvorbehalten? Wollen die noch mehr von meinen Zwangsgebühren für sich abzweigen?

Ach? Der Staat fördert schon längst? Die Tageszeitung schrieb im August 2020:
Noch im November vergangenen Jahres hatte der Bundestag beschlossen, die deutschen Verlage bei der immer teurer werdenden Zustellung gedruckter Zeitungen zu unterstützen. 40 Millionen Euro hätte es dafür in diesem Jahr geben sollen. Seitdem hatte die Branche vor allem versucht, das zuständige Bundesarbeitsministerium in ihrem Sinne zu bearbeiten – auf weitere Details wartete man aber vergebens. Dann kam aber die Coronakrise – und nun ist das alles überraschend vom Tisch. Auf Antrag der Regierungskoalition hat der Haushaltsausschuss in einer nichtöffentlichen Sitzung entschieden, dass in den kommenden Jahren insgesamt bis zu 220 Millionen Euro zur Unterstützung des kriselnden Journalismus fließen sollen. Von „Zustellförderung“ ist nun keine Rede mehr, es soll plötzlich um die „digitale Transformation“ gehen.

Dann steht im DJV-Newsletter also gar nichts Neues? Nein, aber man muss am Ball bleiben, zumal aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist, dass das Kapital die Verleger Dutzende von Leuten dafür bezahlen, dass diese die Websites von Journalistenverbänden ganztägig beobachten, um ja nicht zu verpassen, was dort Relevantes zu lesen ist.

And now for something completely different: Was effektive Maßnahmen gegen die „Supermonopolisten“ angeht, lohnt ein Blick auf Australien. Dort hat die Regierung Google den Kampf angesagt und einerseits klare rechtliche Beschränkungen zur Verwendung persönlicher Daten durch die Internet-Giganten eingeführt.

Wait a minute again. Da ist noch nichts in trockenen Tüchern, berichtet die Tagesschau. Man lässt nur die virtuellen Muskeln spielen, es steigt Rauch auf aus den Mündern, und wie immer wird Google gewinnen. So what? Man beschwert sich über eine erschröckliche „Marktmacht“. O heilige Einfalt! Je ein Kapitalist schlägt eine andere Suchmaschine tot, bis nur noch eine übrig ist – steht das nicht so irgendwo? Sie hätten sich eben vorher was überlegen müssen. Warum hat Australien nicht Amazon, Ebay und Google erfunden? Oder die Deutschen?

Ich begrüße lebhaft, wenn die Kleinbourgeoisie in jeder Branche zu Tode geprügelt wird. Dann ist es viel einfacher, nach der Revolution den Kommunismus einzuführen alles zu verstaatlichen oder den Anteil der Staatsunternehmen so groß zu halten, dass es immer genügend Impfstoff gibt dass man mit China Schritt halten kann, wenn es darum geht, die Produktivkräfte zu entwickeln. Weniger Formulare und weniger Klagen und so.

Ich frage mich die ganze Zeit: Was will mir der DJV-Newsletter eigentlich verkünden?

Die schreckliche deutsche Sprache

schachtelsatz

Liebe Studenten, bitte übersetzt diesen wunderschönen Satz ins Deutsche:
Auf die Verfassungsbeschwerde des DITIB Landesverbandes Hessen e. V. hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit einem heute veröffentlichten Beschluss Entscheidungen der Verwaltungsgerichte in einem gegen die Aussetzung des bekenntnisgebundenen islamischen Religionsunterrichts an Schulen des Landes Hessen gerichteten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen Verletzung des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat offenbar Mark Twain gelesen:
„Wer nie Deutsch gelernt hat, macht sich keinen Begriff, wie verwirrend diese Sprache ist. (…) Es gibt zehn Redeteile oder Wortklassen, und alle zehn machen Ärger. Ein durchschnittlicher Satz in einer deutschen Zeitung ist eine unübertrefflich eindrucksvolle Kuriosität; er nimmt ein Viertel einer Spalte ein; er enthält sämtliche zehn Redeteile – nicht in ordentlicher Folge, sondern durcheinander; er ist hauptsächlich aus zusammengesetzten Wörtern aufgebaut, die der Schreiber an Ort und Stelle hergestellt hat, so dass sie in keinem Wörterbuch zu finden sind – sechs oder sieben Wörter zu einem zusammengepackt, und zwar ohne Gelenk und Naht, will sagen: ohne Bindestriche; er handelt von vierzehn bis fünfzehn verschiedenen Themen, die alle in ihre eigene Parenthese eingesperrt sind, und jeweils drei oder vier dieser Parenthesen werden hier und dort durch eine zusätzliche Parenthese abermals eingeschlossen, so dass Pferche innerhalb von Pferchen entstehen; schließlich und endlich werden alle diese Parenthesen und Überparenthesen in einer Hauptparenthese zusammengefasst, die in der ersten Zeile des majestätischen Satzes anfängt und in der Mitte seiner letzten aufhört – und danach kommt das VERB, und man erfährt zum erstenmal, wovon die ganze Zeit die Rede war; und nach dem Verb hängt der Schreiber noch „haben sind gewesen gehabt worden sein“ oder etwas dergleichen an – rein zur Verzierung, soweit ich das ergründen konnte –, und das Monument ist fertig.“

" vor die Glocke

newsletter die linke

Schön, dass bei der Partei „Die Linke“ alles transparent ist, auch die Newsletter. Der Nachteil der Transparenz: Leute wie ich meckern dann herum, und ich finde immer etwas zum Herummeckern.

Die Cyberlinken erstellen ihren Frontalunterricht Cybernewsletter per Typo3 („X-Mailer: TYPO3“) Das ist immerhin um Klassen besser als mit Outlook. Man könnte ihnen jetzt etwas über den Zeichensatz in HTML sagen oder über Querköpfe Leute wie mich, die sich ihre E-Mails nicht in HTML anzeigen lassen – nach dem Motto: Erste Wörter rasch gelöschter E-Mails: „Sollte diese E-Mail nicht richtig angezeigt werden, klicken Sie…“. Aber das lassen wir mal. Lieber auf den Inhalten herumtrampeln.

Die wohlwollenden Oberstudienräte für Deutsch im Publikum und die geneigten sprachkundigen Leserinnen wissen vermutlich schon, was kommt: Ung, ung, ung. Sie können es einfach nicht lassen. Bei „Vergesellschaftung“, so gut, schön und geeignet diese auch sei, können wir nachsichtig sein, aber dennoch sollte man immer Rössin und Reiterin nennen und ganz leninistisch fragen: Wer wen? Die deutsche Sprache kennt, und das mag die „Linke“ überraschen, Verben, auch bekannt als Tuwörter. Die sollte man um der Dynamik und Eleganz des Ausgesagten willen so benutzen wie in der Glocke:

Hört ihr’s wimmern hoch vom Thurm!
Das ist Sturm!
Roth wie Blut
Ist der Himmel.
Das ist nicht des Tages Glut!
Welch Getümmel
Straßen auf!
Dampf wallt auf!
Flackernd steigt die Feuersäule,
Durch der Straße lange Zeile
Wächst es fort mit Windeseile,
Kochend wie aus Ofens Rachen
Glühn die Lüfte, Balken krachen,
Pfosten stürzen, Fenster klirren,
Kinder jammern, Mütter irren,
Thiere wimmern
Unter Trümmern,
Alles rennet, rettet, flüchtet,
Taghell ist die Nacht gelichtet…

Kommt da ein Wort vor, das mit -ung -oder -keit endet? Mitnichten. Warum nicht? Weil Schiller keins eingefallen ist? Auch nicht: Der wollte, dass sein Gedicht die Leser aus dem Sessel reißt, dass ihnen der Schweiß ausbricht und die Münder offenstehen, und vor allem, dass es sich so anhört wie das, was dort beschrieben wird.

„Die Corona-Pandemie ist global und ihre Eindämmung muss auch global erfolgen. Dafür müssen die Impfstoffe aber auch global schneller zur Verfügung stehen.“

Das ist garantiert nicht von Schiller, weil ich gähnen musste. Ginge es besser? Natürlich, aber muss man sich anstrengen und denken. Zwei mal Lautsprecherduktus mit „muss“ hintereinander. Nein, das hört sich an wie: Die Revolution muss kommen, und alle müssen mitmachen. Überzeugte mich nicht. Satzlänge: Mehr als neun Wörter sollten die Stirne runzeln lassen und das Herz vor schlechtem Gewissen wummern. Wie dumm und begriffsstutzig oder auch arrogant muss man sein, um trotzig alle Regeln zu missachten, wie Texte verständlich sind oder auch nicht? Kann die mal jemand ohrfeigen, dass sie wachwerden (das ist jetzt eine unzulässige verbale „Mikroaggression“)? Oder heißen Kaffee über die Holzköpfe schütten?

Die COVID-19-Pandemie ist global. Global müssen wir sie auch eindämmen.

„Muss erfolgen“ steht auf der schwarzen Liste derjenigen abgedroschenen und sinnfreien Textbausteine, die niemand verwenden darf, bei Strafe des Indenseegeworfenwerdensmitgewichten. Das gilt auch für „zur Verfügung stehen“.

Wir müssen weltweit über ausreichend Impfstoffe verfügen. Ja, tatsächlich! Zu „Verfügung“ gibt es ein Tuwort!

„Wir wollen uns eben nicht damit zufriedengeben“: „Eben“ ist überflüssiges Füllwort, wie ein Furz an falschen Stelle. Zudem muss ich jetzt rätseln: „Wir wollen nicht zufrieden sein mit“? Ist das gemeint? Ach so: Das Wichtige, was die Leser aufrütteln soll, wird im hinteren Teil des Satzes versteckt: „dass ein großer Teil der Menschen im globalen Süden erst irgendwann ab 2022 mit einer Impfung rechnen kann.“ Spätestens beim Süden sind alle weggezappt. Der Satz ist schon wieder zu lang: Zerschlagen wir ihn!

Viele Menschen im globalen Süden [weiß der Henker, was das ist] in der Dritten Welt können erst 2022 geimpft werden. Das akzeptieren wir nicht!

„Dafür halten wie [sic!] auch eine Vergesellschaftung der Produktion, [Kommafehler] der zu einem großen Teil mit öffentlichen Mitteln entwickelten Impfstoffe für notwendig.“

Alles falsch. „Für notwendig halten“ In den See mit euch, mit ganz vielen schweren blauen Bänden an den Füßen! Ein Satz mit zwanzig Wörtern, und das angedeutete Tuwort gaaaaanz hinten gut verborgen, dass auch niemand auf Anhieb kapiert, was wer will. (Man kann auch Newsletter Korrektur lesen und alles richtig schreiben! Oder fehlt euch die Manpower Womenpower dazu?)

Die Produktion von Impfstoffen wurde zu einem großen Teil mit Steuergeldern finanziert. Sie sollte vergesellschaftet werden.

Wie soll das denn umgesetzt werden? Meint die „Linke“ Staatskapitalismus? Die Firma BioNTech in eine Genossenschaft umwandeln? Oder alles beschlagnahmen? Oder fordern, aber bis zum Kommunismus warten?

Leute, das ist alles heiße Luft. Niemand nimmt euch ernst, wenn ihr so herumfaselt. Es muss schon konkret und sinnlich sein. Und bevor es konkret werden kann, müsst ihr so formulieren, dass es jeder versteht. Schaut dem Volk aufs Maul!

„Mit einem anschauen“ verstehe ich nicht, trotz langen Überlegens. Kann jemand helfen?

Perpetuierten Nörgeln

nörgeln

Das spülte in mein Postfach, angeschaut per Smartphone.

Dazu fällt mir etwas ein, aber gleichzeitig komme ich mir vor wie Don Quichote: Die werden weder meine Kritik zur Kenntnis nehmen noch etwas ändern. Das kenne ich vom Deutschen Journalisten-Verband. Man wechselt bei Kritik gleich in den Modus „beleidigte Leberwust“, rümpft hochnäsig den Gesichtserker und meint, alles zu ignorieren, löse das Problem.

Warum und zu welchem Ende versende ich (nicht) E-Mails im HTML-Format? Das BSI warnt davor. Warum beherzigen Journalisten das nicht oder diejenigen, die den Newsletter von „Aufstehen“ versenden? Ich sage es euch: Weil sie dumm und ignorant sind. Basta. Oder weil sie denken, diejenigen, die sich um Sicherheit kümmern, sind eine gesellschaftlich irrelevante Gruppe und sitzen irgendwo mit Popcorn im Keller, dort, wo die „Linke“ nie hinleuchtet.

Neulich hatte ich einen Tagtraum: Was machten diese Leute, wenn plötzlich der Faschismus oder so etwas Ähnliches käme? Nichts, vermutlich. Nur dumm gucken und jammern. Oder sie fragen mich (zu spät), was man tun könne. (Ich habe heute die zweite und letzte Mahnung an die Linke Medienakademie verschickt, weil die mein Honorar nicht zahlen. Bei sowas zögere ich nicht, denen einen Gerichtsvollzieher auf den Hals zu schicken. Dann lernen sie es auf die harte Tour und ganz ohne Gendersternchen.)

Wie sieht denn so etwas aus? Mein Nachname wird zerhauen? Ist das etwa höflich und benutzerorientiert? Das liegt nicht an mir! Just saying!

Aber nun zu uns, Inhalte! Nehmen wir den ersten Satz. Der ist nicht so verständlich, wie er sein könnte. Was sagt er aus? Die Gegner des „Neoliberalismus“ (was auch immer das sei – ein extremistischer Kapitalismus vielleicht?) bekämpfen sich. „Vor allem“ ist ein überflüssiges Füllsel, es sei denn, man erklärte, was sie sonst noch so tun. Und das Kapital darf weitertoben. Ein schönes starkes Verb, nur ist es nicht anschaulich. Tobte das Kapital schon bei Schleicher oder erst bei Hitler? Tobt es immer, oder hat es seine Tobsuchtsphasen, die man eventuell medikamentös behandeln könnte?

Die Gegner des Kapitalimus bekämpfen sich, während das Kapital sich ins Fäustschen lacht.

Ok? Ist das „bemerkenswert“, oder ist das ein wiederum überflüssiger Anfang nach dem Motto „bevor wir zum Anfang kommen, lassen Sie mich sagen, dass dieser bemerkenswert ist“? (Sorry, Leute, ihr habt weder von Propaganda noch von deutscher Sprache irgendeine Ahnung.)

Weiter: Man fängt einen Satz nicht mit „dass“ an. Da werden die Leser sofort unaufmerksam. „Der Nebensatz kann nicht alleine stehen; er ist einem anderen Teilsatz untergeordnet, von dem er durch ein Komma getrennt ist“. Das ahnt das Publikum, gähnt, und sucht dann, wo und ob der Hauptsatz eventuell käme.

Es ist schlimm, dass Schwächsten der Gesellschaft systematisch gegeneinander ausgespielt werden. Jaja, nicht unsystematisch, sondern systematisch – aber was heißt das jetzt? Das tobsüchtige Kapital hat einen Plan?

Ab jetzt wiederholt sich alles: „Doch die Linke schafft es auch eigenständig“ – herrje! „Doch“ und „eigenständig streichen! In der Kürze liegt die Würze! Weniger ist mehr! Aber hattet ihr nicht eben schon gesagt, dass die Gegner des Kapitalismus sich bekämpften? Warum das zwei Mal? Damit es besser ins Langzeitgedächnis eingemeißelt wird?

„Individualismus ist ein hohes Gut [hier fehlt ein Komma] und der Schutz und die Teilhabe von Minderheiten“ blabla. „Die Teilhabe“ ist typisches Katja-Kipping-Sprech. Ja keine Verben! Und um eines höheren Wesens willen nicht Rössin und Reiterinnen nennen! Ich erinnere mich an eine Notiz von Wladimir Iljitsch Lenin: „Anarchismus ist umgestülpter bürgerlicher Individualismus. Der Individualismus als Grundlage der gesamten Weltanschauung des Anarchismus.“ Ich weiß, dass ihr das nicht böse meint. Aber verbreitet solchen Quatsch einfach besser nicht. D’accord?

„Die eigene Ausgegrenztheit“ – das Geschwurbel wird immer schlimmer. Es reicht. Ich möchte mich am Sonntag nicht ärgern. Und in meiner Küche steht noch eine selbst gemachte Sauer-Scharf-Suppe.

Harte Linie und die ersten Maßnahmen

female worker

Die grüne Partei ist, was ihre Führung angeht, also Habeck, Frau Baerbock, vor allen Dingen auch Frau Göring-Eckardt, das ist eine neokonservative Partei, das muss man wissen. (Gerhard Sch.)

Ja, meine Rede, aber die „Linke“ hat das noch nicht gemerkt. Sie sollte ideologisch auf Distanz gehen.

Was Sahra Wagenknecht sagt, ist auch nicht neu: „Statt um soziale Ungleichheit, Armutslöhne und niedrige Renten drehen sich linke Debatten heute oft um Sprachsensibilitäten, Gendersternchen und Lifestyle-Fragen. (…) Von Arbeitern und Arbeitslosen werden linke Parteien kaum noch gewählt.“

[Passiv ist schwerer zu verstehen als aktives Tun. Als Linkspopulist und Sprachspartaner empfehle ich: Arbeiter (sic) und Arbeitslose wählen heute kaum noch linke Parteien.]

Es sei auch nicht rechts, anzusprechen, dass es kaum möglich sei, eine Schulklasse zu unterrichten, in der über die Hälfte der Kinder kein Deutsch spricht, „oder dass wir auch in Deutschland ein Problem mit dem radikalen Islamismus haben“. Wenn Linke das alles ausblenden, müsse man sich nicht wundern, dass viele Bürger zur AfD überlaufen.“

Was tun? Ich fürchte, „Die Linke“ ist nur noch durch einen parteiinternen Putsch vom Weg in den Abgrund aufzuhalten. Wäre ich 20 Jahre jünger und Mitglied, böte ich mich als Strippenzieher an – eine Frau müsste aber die Revolte führen.

Erste Maßnahme: Das Wort „Klima“ wird gestrichen. Klima, Öko, Bio gehören nicht zur corporate identity einer linken Partei Das ist kleinbürgerlicher Lifestyle und Feuilleton. Man kann sich um die verirrten Seelen, die nur das wichtig finden, kümmern, aber dieses Thema gehört nicht vorn in die Agenda. (Das Wort „nachhaltig“ wird auch verboten.)

„Eine sozial gerechte Energiewende und ökologische Produktion ist dringend notwendig.“ „Sozial gerecht“ im Kapitalismus? Das ist reformistischer, ja reaktionärer Unfug und mitnichten „links“. Da erwarte ich doch gleich „gerechte Löhne“ und „gerechten Handel“. Es kommt aber noch schlimmer: Die „Linke“ kämpft „für faire Produktionsverhältnisse“. Habt ihr noch alle Tassen im Schrank? Euch sollte man ein in Schweinsleder gebundenes „Kommunistisches Manifest“ um die Ohren hauen, am besten die Prachtausgabe mit Metallbeschlägen. Klassenkampf! Und am besten so unfair wie möglich gegen das Kapital!

Das Gesagte gilt auch für „Flüchtlinge“. Schon der Begriff zeigt die suggestive und die hierzulande paternalistisch gemeinte Absicht. Das Wort „Einwanderer“ hört sich für die urbanen Mittelschichten offenbar viel zu einfach an, wäre aber ehrlicher, weil man sich nicht erdreisten sollte, aus der bloßen Tatsache, dass jemand irgendwie nach Deutschland kommt, auf die Motive schließen zu können. Viele flüchten unstrittig vor dem Elend und den Kriegen, darunter sind aber auch Glücksritter, religiöse Fanatiker, Kriminelle und andere Gestalten, mit denen man nicht ernsthaft etwas zu tun haben möchte. Wenn man sich die Sprechblasen und mantraförmigen Textbausteine der „Linken“ ansieht, könnte man meinen, Einwanderer seien ihnen wichtiger als das Elend in deutschen Pflegeheimen.

„Wir fordern ein Bleiberecht für alle Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, spätestens, wenn sie fünf Jahren in Deutschland leben.“ Damit kann man beim Pfarrer punkten, und gut gemeint ist es wohl, aber so sollte man das nicht verkaufen. In Deutschland gibt es 187.000 Menschen, die ausreisen sollen, das aber nicht tun (können). Für die möchte die „Linke“ ein Bleiberecht? Oder was? Nicht? Dann sagt es genauer. Oder haltet einfach das Maul bei diesem Thema. Als Linker kann man dazu ohnehin nichts Vernünftiges sagen oder nur moralinsauer herumschwallen. Das würde niemand übelnehmen.

Ich habe kein Problem damit, beim Thema „innere Sicherheit“ eine harte Linie zu fordern von der linken Partei, die ich wählen würde. Mehr Mittel und höhere Löhne für die Polizei: bin ich dabei. Es gibt ähnliche viele „linke“ Polizisten wie in der Gesamtbevölkerung. Wenn die Bewerber aber der Abschaum sind, weil kaum noch jemand einen Beruf wählt, der stressig ist und mies bezahlt wird, kann auch eine Ausbildung nichts daran ändern, dass sich bei der Polizei Leute tummeln, die dort nichts zu suchen haben.

[Tagtraum: Wenn es eine Revolution gegeben hätte (wie in Griechenland, als ein Linksbündnis plötzlich und unerwartet die Macht errang), würde ich zuerst die Polizei und das Militär auf meine Seite ziehen und denen notfalls das Blaue vom Himmel versprechen. Besuch bei der GSG 9 mit Fototermin und Pralinen. Wäre auch eine hübsche Botschaft an die Feinde. Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen, sagte mal jemand. Dann würde ich eine Nachtsitzung mit dem Bundesverfassungsgericht ansetzen und versichern, dass das Grundgesetz unverändert gälte, aber bekanntlich den Kapitalismus nicht vorschreibe. Am frühen Morgen würde ich alle Banken besetzen lassen. Mehr braucht man nicht, um zu gewinnen. Tagtraum Ende.]

Angedachtung

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Deutsch des Grauens (Symbolbid)

„Die angedachten Beschränkungen sehen eine Limitierung privater Zusammenkünfte vor.“
Lieber „Tagesspiegel„: Soll das Deutsch sein? Versucht es mal ganz ohne -ung. (Hinweis: die Verben „beschränken“ und „begrenzen“ sind möglich!) Ihr seid ja nicht Katja Kipping (deutsche Rekordhalterin in der Disziplin „Nominalstil“)!

„Andenken“ gibt es übrigens nur bei Leuten, die es bis zum Denken nicht schaffen, was auch bei Journalisten vorkommt. „Angedacht“ klingt wie „ein bisschen schwanger sein“.

Ich schrob schrieb 2013: …mit „andenken“ (oft gelesen in der taz; gemeint ist vermutlich: die Leute, die so gerade angefangen haben zu denken, sich aber dann entschließen, es zu unterlassen, weil sie eingesehen haben, dass ihnen die Fähigkeit zu denken fehlt) und „hinterfragen“ (Wolf Schneider: „aus dem Anus der Deutschen Sprache gekrochen“). Wer andenkt und vermeldet und abmahnt, muss auch “durchführen”.

Vermelde gehorsamst: Nach einer Phase des Andenkens Abmahnung durchgeführt!

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