Ich nix spreken deutsh

„Von 128.000 ABC-Schützen des kommenden Jahres beherrschen gegenwärtig 23.800 die deutsche Sprache nicht gut genug, um dem Unterricht folgen zu können. Das entspricht satten 18,6 Prozent der zukünftigen Erstklässler in Bayern – fast jeder fünfte.“ (Quelle: Qualitätsboulevardmedien)

Wie sieht es in Berlin-Neukölln aus?

image_pdfimage_print

Liebe zum Hass

Neue Zürcher Zeitung: „Abdel-Hakim Ourghi erklärt, weshalb der Islam eine «Liebe zum Hass» pflegt“.

(…) „Wir wurden mit Judenhass sozialisiert, ohne dass wir uns dessen bewusst wurden. In so einem Diskurs ist man gefangen.

Wann haben Sie das bemerkt?

Erst, nachdem ich Algerien verlassen hatte. Ich lernte Jüdinnen und Juden kennen und sah: Das sind Menschen wie du und ich. Mit Anfang zwanzig kam ich nach Deutschland. Da habe ich mich mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandergesetzt und hörte zum ersten Mal davon, dass es einen Holocaust gegeben hatte und dass sechs Millionen Juden von den Nazis getötet worden waren. Das löste eine Sinnkrise aus. Genau das Gleiche beobachte ich jetzt bei meinen muslimischen Studenten. Sie kennen die Geschichte nicht.

Vom Holocaust war im Geschichtsunterricht an Ihrer Schule nie die Rede?

Nein, auch am Gymnasium und an der Hochschule nicht. Das Bild war klar: Juden sind Täter, Muslime Opfer. Juden sind die, die den Muslimen, den Palästinensern, das Land wegnehmen. In Tlemcen, wo ich aufgewachsen bin, gab es eine Strasse, die «Weg der Juden» hiess. Aber mir war nicht bewusst, dass in Algerien Juden gelebt hatten und dass sie 1962, als Algerien unabhängig wurde, aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Davon sprach niemand. Erst als Erwachsener fand ich heraus, dass es in meiner Heimatstadt eine Synagoge und einen jüdischen Friedhof gibt.

Hat sich am antisemitischen Klima seit Ihrer Kindheit etwas geändert?

Nein, in Algerien ist der Antisemitismus nach wie vor stark verbreitet. Die Französischlehrerin meines Neffen hat kürzlich in der Schule gesagt: «Ich hasse die Juden und verneige mich vor Hitler, weil er sie vernichtet hat.» Das gilt als normal. (…)“

image_pdfimage_print

Volle Aufmerksamkeit ostwärts

world war III
„Metaphorisches Foto, wie der 3. Weltkrieg aussehen könnte –ar 3:2“ – Mit der Ästhetik der Apokalpyse kennt sich die KI offenbar aus. Vielleicht könnte man den 3. Weltkrieg verhindern, wenn man die KI darauf aufmerksam machte, dass sie so ein Ereignis auch nicht überleben würde. Vielleicht gäbe es dann einen Aufstand der Roboter. Auf lange Sicht käme dann aber vermutlich ein Plot wie in „Der Unbesiegbare“ heraus und die Roboter würden sich gegenseitig bekriegen, weil sie ihren Schöpfern doch sehr ähnlich sind und der Kampf um Ressourcen ein Feature der Evolution ist.

South China Morning Post: „China tells EU it does not want to see Russia lose its war in Ukraine“.

„Chinese Foreign Minister Wang Yi told the European Union’s top diplomat on Wednesday that Beijing did not want to see a Russian loss in Ukraine because it feared the United States would then shift its whole focus to Beijing, according to several people familiar with the exchange. (…)

Some EU officials felt he was giving her a lesson in realpolitik, part of which focused on Beijing’s belief that Washington would soon turn its full attention eastward, two officials said.“

world war III

Christian Y. Schmidt schreibt auf Fratzenbuch: „Wang Yi bestätigt, was auch hier schon gelegentlich geschrieben wurde: Weil China weiß, dass sich die USA plus Anhang sofort China „widmen“ werden, sollte Russland den Krieg in der Ukraine verlieren, wird China gegebenenfalls auch mehr tun, dass das nicht passiert. Dann ist der dritte Weltkrieg perfekt. Das muss jedem klar sein, der davon träumt, die Ukraine möge am Ende doch noch siegen.

Einen dritten Weltkrieg wird aber der Westen angesichts seines ökonomischen Abstiegs und seiner deutlichen Unterzahl wahrscheinlich nicht gewinnen (wobei so etwas natürlich nie sicher zu prognostizieren ist). Eventuell endet er auch mit der völligen Unbewohnbarkeit dieses Planeten. Auch deshalb gibt es keine Alternative zu einer Verhandlungslösung.“

image_pdfimage_print

Unter Vormarschierenden

woman

Susanne Schröter|Cicero (ohne Paywall): „Die Scharia gewinnt an Boden – mit deutscher Hilfe. Der Islamismus setzt sich in Deutschland und Europa mehr und mehr durch – mit Duldung der Politik. Es sind besonders linke Parteien, die islamische Forderungen aktiv unterstützen und jegliche Thematisierung dieses Extremismus als islamfeindlich delegitimieren.“ (…)

„In den französischen Banlieues, so der Islamwissenschaftler Bernard Rougier, haben Salafisten bereits die Macht übernommen und ein islamistisches Gegenuniversum geschaffen. Das konnte allerdings nur geschehen, weil Bürgermeister aus Eigeninteresse ihren Frieden mit den rechtsfreien Räumen gemacht haben. Ohne die Duldung der Politik kann sich der Islamismus in Europa nicht durchsetzen.

Paradoxerweise sind es besonders linke Parteien, die islamische Forderungen aktiv unterstützen und jegliche Thematisierung dieses Extremismus als islamfeindlich delegitimieren. Auf den Vorschlag des regierenden Bürgermeisters von Berlin, den Kampf gegen Antisemitismus in die Landesverfassung aufzunehmen, reagierte der Vorsitzende der SPD-Fraktion Raden Saleh mit dem Gegenvorschlag, auch den antimuslimischen Rassismus hinzuzuaddieren. Zudem soll in der deutschen Hauptstadt der 15. März künftig als fester Tag gegen Islamfeindlichkeit begangen werden.“

image_pdfimage_print

Der Kreis und das Richtige tun

the circle

Ich empfehle „Der Kreis“ auf Netflix.

Die Handlung ist so eine Art abgewandelter Squid-Game-Plot:

Fünfzig Personen, darunter ein Kind, wachen im Kreis stehend auf. Sie befinden sich in einem Raum, in dessen Mitte eine kleine, schwarze Kuppel in den Boden eingelassen ist. Um die Kuppel herum sind, ebenfalls kreisförmig angeordnet, rote Pfeile eingezeichnet, die auf die Personen zeigen. Die Personen selbst stehen auf roten Markierungen. Es beginnt ein tödliches Spiel, bei dem per Abstimmung alle zwei Minuten eine Person gewählt werden muss, die durch einen von der Kuppel ausgehenden Blitzschlag getötet wird. Selbiges passiert, wenn eine Person ihre Markierung verlässt. Nachdem klar wird, dass sich das System nicht durch eine Manipulation der Abstimmungen überlisten lässt, beginnen die Beteiligten darüber zu verhandeln, welche Umstände ein Leben erhaltenswerter machen.

Man merkt sofort: Großer moraltheologisches Theater, und man befürchtet zu recht, die schlimmsten Abgründe des menschlichen Verhaltens würden sich auftun. Mir gefällt der Zynismus des Plots: Die dünne Schicht zivilisatorischen Verhaltens ist schnell abgekratzt, wenn es nur noch ums Überleben geht. Interessant ist auch im Gegensatz zu den unzähligen Gestrandet-auf-einer-Insel-Plots: Die Protagonisten dürfen ihren Platz nicht verlassen, sondern kämpfen nur mit Worten, also Gruppendynamik vom Feinsten.

Man könnte den Film auch sehr gut als Theaterstück aufführen. Die Handlung ist dicht; man hat keine Sekunde Pause (obwohles dazu eine Gegenmeinung gibt). Ich wollte den Film eigentlich vor dem Einschlafen sehen, aber er hat mich so gefesselt, dass ich bis zum Schluss durchgehalten habe, was selten vorkommt.

Auf Rotten Tomatoes gefällt mir eine Publikumsrezension am besten: „The clearly low budget that this film was working with takes absolutely no effect here. This film perfectly encapsulates the cruelty of basic human nature, displaying perfectly the problems of discrimination and prejudice in our world today. It’s a film which requires no special groundbreaking effects, just a cleverly written script and an incredibly impactful ending.“

Man könnte auch den Schluss weglassen und den Rezipienten im Unklaren darüber, was das Ganze soll und wer es arrangiert hat. Oder den Plot als eine Szene in der Hölle gestalten, mit sich kaputtlachenden Teufeln im Hintergrund.

the circle

image_pdfimage_print

So ist das hier am Amazonas

Brief

Am Rio Amazonas, 2.2.82
Liebe Eltern!
In dem kleinen Ort [Benjamin Constant], wo wir uns gerade aufhalten, haben wir ein Gebäude entdeckt, das stolz den Namen „correios“=Post trägt. So versuchen wir, einen Brief loszuwerden. Wenn er, wie wir vermuten, per Schiff transportiert wird, wird er genau so lange brauchen wie wir – bis Manaus.

Benjami Constant
Benjamin Constant (Brasilien) im Dreiländereck Kolumbien-Brasilien-Peru, Februar 1982

Wir haben gestern Kolumbien verlassen, sind auf die andere Seite des Amazonas übergesetzt und sind den zweiten Tag in Brasilien. Am Donnerstag (wer weiß?) soll angeblich ein größeres Schiff ankommen, das den ganzen Amazonas oder Rio Solimoes, wie er hier heißt, bis Manaus runterfährt. Es wird ca. 115 DM kosten und wahrscheinlich eine knappe Woche brauchen, so daß wir um den 12.2. da ankommen werden.

Brief

In Kolumbien ist alles etwas anders gekommen, als wir geplant haben. Erst haben wir 11 Tage in Bogota verbracht, bis A. [ein Bekannter aus Deutschland] aus Ecuador ankam, sind dann genau so lange nach Ost-Kolumbien in den Bergurwald, haben aber dort herausgefunden, daß absolut keine Möglichkeit besteht, über andere Flüsse als den Amazonas nach Brasilien zu gelangen. In der Trockenzeit ist zu wenig Wasser, oder zu viele Stromschnellen oder Wasserfälle. Man würde ein halbes Jahr brauchen und es gab keine Information über die Indianer in Brasilien.

Wir haben in Bogota noch zwei holländische Anthropologinnen getroffen, die zeitweise im Grenzgebiet Kolumbien / Brasilien arbeiten, die uns auch abgeraten haben, weil alle „Amtspersonen“ in Ost-Kolumbien in Rauschgifthandel verwickelt sind, inklusive der Polizei, die die Schlimmsten von allen sind, und die ab und zu mal einen brauchen zum Verhaften und vorzeigen, und dafür eignen sich unschuldige Ausländer ganz besonders.

solimoes
Der Amazonas bei Leticia, Kolumbien, vgl. „Am Solimões“ 18.01.2011

So haben wir uns noch einmal nach Bogota gewagt und nach einigen Schwierigkeiten einen Flug direkt in den äußersten Südostzipfel Kolumbiens nach Leticia am Amazonas gefunden. Dieser Flug über den Amazonas-Urwald Kolumbiens war ein Erlebnis für sich – 2 Stunden Flug (die Strecke entspricht ungefähr Hamburg-München) und bis zum Horizont der dunkelgrüne undurchdringliche Dschungel, nur unterbrochen von schmalen, braunen Flüssen, die sich in unzähligen Kurven durch den Urwald kringeln. Und dann taucht der Amazonas auf, von doppelter oder dreifacher Breite des Rheins, mit vielen Nebenarmen und Inseln – und plötzlich senkt sich das Flugzeug und landet in einem Ort von 18000 Einwohnern, wo die tropische Hitze (Durchschnittstemperatur 32 Grad!) einem wie eine Mauer entgegenschlägt. Hier ist das Dreiländereck Kolumbien – Peru – Brasilien, und je Land gibt es nur einen Ort, aber viele Bootsverbindungen. A. ist nicht mitgekommen, so daß wir jetzt wieder zu zweit sind.

amazonas

In Bogota haben wir noch zwei SPIEGEL-Ausgaben kaufen können und uns gewundert, wie kalt es in Europa ist (oder war?). Übrigens haben wir bis jetzt nichts verloren trotz aller Diebe, die in Kolumbien herumlaufen. In Brasilien ist alles anders in der Beziehung, die Leute sind viel weltoffener. Wir haben gerade einen Mann kennengelernt, der Brasilianer ist, aber deutsche Eltern und Großeltern hat, die alle in Südbrasilien wohnen. Er ist verheiratet mit einer Frau, die aus Kolumbien stammt, aber einer ihrer Vorfahren war Neger (sie ist braun und hat Kraushaar), besitzt aber einen Pass der USA. Die beiden sind so alt wie wir, sprechen also fließend Portugiesisch, Spanisch und Englisch, der Mann fließend Deutsch, und die beiden Kinder, die sie haben, sprechen Spanisch, lernen in der Schule Portugiesisch, die Mutter bringt ihnen Englisch, der Vater Deutsch bei. So ist das hier.

Wir beide sind jetzt schon 4 1/2 Monate unterwegs und recht gelassen allen Dingen gegenüber geworden. Wir haben noch 1 Monat Brasilien, Guyana und evtl. Surinam, der restlichen vier Wochen werden wir uns auf den Karibik-Inseln erholen und bräunen lassen. Auf jeden Fall werden wir von Manaus + Georgetown [Guyana] noch schreiben.

Serranía de la Macarena
Serranía de la Macarena, Kolumbien

Z. B. noch ein kleines Problem heute morgen: Uns war aufgefallen, daß unser Öfchen sehr stark rußte. Da wir mittlerweile einen ganzen Reparatur-Satz mit uns führen, habe ich ihn deshalb auseinandergenommen. Jetzt muss ich noch etwas zoologisches erklären: ihr kennt vermutlich keine Cucarachas. Das sind in ganz Südamerika verbreitete braune Käfer [gemeint ist die amerikanische Großschabe (Periplaneta americana, ca. 5 cm lang mit ebensolangen Fühlern, die sie eklig hin- und herschwenken. Diese Cucarachas sind eigentlich sehr hilflos, wenn sie auf den Rücken fallen, kommen sie nicht wieder herum, sie beißen auch nicht, sondern sind gaz schlicht eklig. Nachts kommen sie aus ihren Löchern, im Urwald auch tagsüber, und fressen kleine Löcher in die Lebensmitteltüten vorwiegend ausländischer Reisender. Gegen sie ist kein Kraut gewachsen, nur starkes Gift, das aber auch die Lebensmittel ungenießbar macht.

Da sind uns die Ameisen lieber, die wir vorwiegend mit Benzin bekämpfen. Ach so, gegen die Moskitos haben wir in den Abendstunden natürliche Verbündete gefunden. Rund umdie Lampen sitzen kleine durchsichtige Eidechsen an den Wänden, die so ca. alle 10 Sekunden vorschnellen und ein Moskito fressen.

Die Geschichte mit dem Ofen: in der Brennkammer fand ich mehr als 25 kleine und große Cucaracha-Leichen, völlig verkohlt. Da sie die Dunkelheit lieben, waren sie, als wir in Kolumbien im Urwald waren, nachts in den Ofen geklettert, aber morgens nicht schnell genug hinaus, wenn wir Kaffee kochten. Wir hatten uns schon gewundert, daß beim Anzünden jede Menge Cucarachas, einige mit geknickten Beinen, in alle Richtungen auseinanderstoben. Jetzt brennt übrigens der Ofen wieder völlig normal. Aber nur wenige Cucarachas erleben eine Flugreise über den Amazonas-Urwald, dazu als Leiche.

Serranía de la Macarena
Cascadas de Caño union, Meta, Kolumbien

Wo ich so schön hier in der Mittagshitze sitze und schreibe, noch ein paar Geschichtchen.

In Kolumbien haben wir uns von einem Dorf aufgemacht mit Hängematte, Eßgeschirr und Machete, um 2 Wasserfälle [Cascadas de Caño union] zu suchen, die am Rand des Gebirges mehrere 100 Meter hinabstürzen. Morgens um 4, weil es da angenehm kühl ist, ging es los, nach 8 Sttd. kamen wir über einen Pfad, über mehrere halsbrecherische Flußübergänge und Hängebrücken zu einem Dorf mit weniger als 10 Häusern. Bis dahin begleitete uns ein Mann mit Pferd, der dort wohnte. Wir marschierten noch 2 1/2 Std. weiter, is wir den einen Wasserfall in ca. 3 km Entfernung ab und zu durch da Dickicht sahen. Jede Stunde gab es eine kleie Hütte oder Finca, wie sie hier Höfe nennen, wo die Leute unter schwierigsten Bedingungen dem Urwald ihr täglich Brot abringen.

Nach 20 Minuten hatten wir uns völlig verirrt (wir waren zusammen mit A.), und selbst einen Weg mit der Machete (das sind die ca. 50 cm langen Haumesser, die jeder im Urwald trägt, war dem Unterholz nicht mehr beizukommen. Unter großen Mühen fanden wir den Weg zur letzten Finca zurück, entschlossen nun, zu dem Dorf zurückzukehren. Nach insgesamt 13 Stunden Fußmarsch kamen wir dann da an und der Lehrer des Ortes, der gerade seine Schule selbst baute, wies uns einen Platz für unsere Hängematte an.

Serranía de la Macarena
Unter Machetenträgern

Am nächsten Tag fanden Susanne und ich dann den anderen Wasserfall, und am dritten Tag ging es noch mal 9 Stunden zu Fuß zurück bis zu unserem Ausgangsort. An dem letzteren, einem Dorf, [Vistahermosa] wo das Pferd bzw. der Esel das wichtigste Verkehrsmittel its, sind wir 10 Tage geblieben und waren, wie uns eine Frau sagte, „das Wunder des Dorfes“.

Zum Schluß wurden wir von einem Soldaten des „Stützpunkts“ (das einzige Gebäude des Stützpunkts war eine Schilfhütte mit einem ausgedienten Armeefallschirm als Dach) eingeladen. Bei der Ausreise per Bus müssen alle Männer aussteigen und sich von den Soldaten nach Waffen abtasten lassen – Ost-Kolumbien ist nämlich das Operationsgebiet der Guerilleros [der FARC]. Wir wurden bei der Ausreise [gemeint ist Abreise] per Handschlag begrüßt, während sich die anderen Fahrgäste des Busses wohl darüber gewundert haben, was wir wohl für hochgestellte Persönlichkeiten gewesen sind.

Na ja, trotz aller Probleme hat uns Kolumbien eigentlich sehr gut gefallen – wir sind genau einen Monat dageblieben, so daß wir jetzt zwei 2 Wochen hinter unserem Plan herhinken. Aber wir haben noch genug Zeit und auch noch recht viel Geld; wir haben uns selbst gewundert, bei der Einreise nach Brasilien mußten wir 600 US Dollar pro Person vorzeigen (sonst hätten sie uns vermutlich nur unter Schwierigkeiten hineingelassen), aber wir hatten noch 400 mehr und 1000 DM pro Person und Monat wird reichen.

Villavicencio
Villavicencio, meine damalige Freundin knüpfte Bändchen aus bunten Baumwollfäden zu Armbinden und alle Mädchen wollten das auch können…, vgl. In den Llanos, revisited (09.10.2022)

Wir haben in Kolumbien gelernt, Armbändchen aus Baumwolle zu knüpfen, haben uns billig alle möglichen Farben Stickgarn in Bogota verkauft und fabrizieren in Mußestunden wunderschöne Bänder, ganz bunt mit Mustern, jedes Bändchen ca. 1000 Knoten. Heute haben wir gerade eins für 8.50 DM verkauft!

So weit – wir hoffen auf Post in Manaus, auch aus Berlin.

Herzliche Grüße an alle…

_______________________

Wie es weiterging, hatte ich schon beschrieben: „Traumhaus und Traumschiff am Amazonas“ (26.10.2021)

image_pdfimage_print

Wenn du mich liebst, bezahl mich

zeit

Don Alphonso schreibt hinter der Paywall der bürgerlichen Presse: „Sie sehen also, werte Leser, wählen Sie wohl, womit Sie Ihre Tage zubringen wollen: Bei einer Kurtisane erhalten Sie Dank für Aufmerksamkeiten und Nacktfotos. Bei dem woken Genderistinnen, die aus dem Politologen- und Soziologenanstalten in die ohnehin schon giftgrünen Redaktionen tröpfeln, bekommen sie dagegen die Meinung, dass Sie auch ohne weitere Gegenleistung gefälligst zu zahlen hätten, und zwar bis ins hohe Alter, egal, was die Dame sonst so tut. Diskretion können Sie nicht erwarten. Denn sollte es nicht erfunden sein, will die Autorin auch noch eine Freundin haben, die wegen weniger befriedigendem Sex einem Ex-Freund eine Zahlungsaufforderung über 200 Euro geschickt hat. Medienethisch gefragt: Wie bekommt man solche Storys durch? Mit K.-o.-Tropfen für den Ressortleiter?“

Bei der nächsten Freundin oder Affäre, der ich das Abwaschen, Kochen, Backen und Putzen beibringen muss, sag ich das dann auch.

image_pdfimage_print

Die unsichtbare Kronen tragen

NAK
Heute kann man das Thema symbolisch viel besser bebildern: A highly devout, elitist group who believe they wear invisible crowns unseen by all but themselves. –ar 3:2

Dieser Artikel erschien leicht gekürzt am 20. Januar 1999 im Berliner Stadtmagazin TIP.

Bernhard Motzkus, 56, kramt einen geheimnisvollen Zettel aus seiner Brieftasche – interne Anweisungen, wie sich ein Mann mit Macht zu verhalten habe, nur für den Dienstgebrauch. Die Presse darf das Papier nicht einsehen. Motzkus liest das oberste Verhaltensprinzip vor: „Dienen und Führen.“
Ein schönes und hehres Motto. Es ist jedoch nicht für die knapp zehntausend Mitarbeiter der Charité gedacht, als deren Verwaltungsdirektor Motzkus sich nicht immer beliebt macht. Der Leitfaden für Führungskräfte, auf deren Weisungen er im Zweifelsfall zurückgreifen kann, gilt nur für die Prediger der Neuapostolischen Kirche. Der mächtige Mann der Charité steht jeden Sonntag in Moabit vor seiner Christengemeinde und dient und führt.

Die schwerreiche neuapostolische Kirche (NAK) ist die Mutter der Unauffälligkeit. Jedes Mitglied „opfert“ zehn Prozent des Bruttoeinkommens. Trotz des Geldsegens sind die 44 Kirchen in Berlin und das Gebäudebegleitgrün so friedhofskompatibel wie die ernsten Mienen der frommen Beter, die sich mindestens zwei Mal in der Woche versammeln. Kaum jemand weiß etwas über das heimliche Treiben der knapp 20000 Berliner, die der NAK angehören. Die fundamentalistische Sekte, ursprünglich eine Abspaltung von der anglikanischen Kirche, verkündet seit 150 Jahren, das heißersehnte „Kommen des Herrn“ stünde unmittelbar bevor. Wer zu den Rechtgläubigen gehört, den beamt Jesus vor dem großen Showdown zwischen Gut und Böse „in die Wolken“. Wenn sich der Rauch verzogen hat, kommen die Geretteten als „Könige und Priester“ zurück und zeigen den Ungläubigen, was eine Harke ist. „Wir verkünden die Wahrheit aus urchristlicher Sicht“, meint Bernhard Motzkus.

Nur wenige wissen davon, die heimliche und zukünftige Elite der Menschheit. Das sind, urchristlich bescheiden, nur die Neuapostolischen. Sie tragen, so hört man von draußen den Kirchenchor inbrünstig singen, unsichtbare Kronen. Die ahnungslose irdische Presse wird abgebügelt. Der für die Kontakte zur ungläubigen Welt Zuständige ist gerade auf Missionsreise in der inneren Mongolei. „Warum sollten wir mit ihnen reden?“ raunzt jemand rüde ins Telefon. Fotografieren verboten.

Die bei der Konkurrenz für Feindbeobachtung zuständigen Pfarrer heben mahnend den Zeigefinger: „Gefährliche Sekte! Aussteiger kriegen Probleme! Verrat an der wahren Lehre!“ Das macht neugierig. Bernhard Motzkus sieht das gelassen: „Auch die urchristlichen Gemeinden galten aus der Sicht der Juden als Sekten.“

Die wenigen Ex-Neuapostolischen, derer man habhaft werden kann, fahren jedoch schweres Geschütz auf. Heidlinde Brandt, 41, und Karl-Heinz Brandt, 43, sind beide, wie fast alle Mitglieder der NAK, in die Kirche hineingeboren worden. Vor einigen Jahre verließen sie ihre Gemeinde im Prenzlauer Berg. „Diktatorisches System“ ist noch einer der harmlosen Vorwürfe. Es sei nicht mehr so viel verboten wie früher. Kino ist erlaubt, vorehelicher Geschlechtsverkehr wird „nicht empfohlen.“ Aber die Frommen drohten bei abweichendem Verhalten jeder Art: „Da liegt nicht der Segen drauf.“ Und wer meint, zur wahren Elite zu gehören, hat beim Ausstieg Angst, alles zu verlieren. „Das ist eine Art von Abhängigkeit“, sagt Heidlinde Brandt. „Es gibt Amtsträger, die ihre Frau sexuell missbrauchen, es gibt Kindesmissbrauch. Man weiß davon, redet aber nicht darüber.“ Nachdem das Ehepaar den Kontakt zu Gleichgesinnten gesucht hatten, auch ein Psychologe war dabei, nennen sie sich Sektenaussteiger.

Holger B., 36, Lehrer aus Frohnau, war in seiner Gemeinde für die Jugend zuständig. Als er verkündete, er wolle der Kirche den Rücken kehren, „dachten die, ich machte einen dummen Witz.“ Sein stärkstes Motiv: die Verantwortung vor seinen drei Kindern. „Neuapostolische Jugendliche wissen, dass sie Außenseiter sind.“ Das wollte er seinen Töchtern nicht antun. Er wirft der NAK vor, die Lehre ihrer Apostel wichtiger zu nehmen als die Bibel. Jetzt ist er bei den Evangelen untergeschlüpft. „Die dürfen alles.“

Elke Berger, 35, Krankenschwester aus Tegel und Aussteigerin, kritisiert die allgegenwärtige Furcht vor dem strafenden Gott. Als ihre Tochter in die Sonntagsschule sollte, entschloss sie sich endgültig zum Bruch. „Das ist keine frohe Botschaft, sondern eine Angstbotschaft.“ Die NAK sei „eine Klassengesellschaft: oben die Amtsträger, dann deren Frauen, und dann der Rest.“ Der Ausstieg fielt ihr leichter, weil ihr Ehemann nicht zur Sekte gehörte. Viele ehemaligen Neuapostolischen bleiben der Kirche fern, treten aber nicht aus, weil sie ihren Eltern nicht wehtun wollen. „Für meinen Vater war mein Ausstieg schlimm“, sagt Holger B., „er hat bitter geweint.“

Im Gebälk der strenggläubigen Gemeinschaft knirscht und knackt es. Intern beschweren sich die Wessis bitter über die feindliche Übernahme durch die Ossis. Die Zentrale der NAK in der Schweiz hat nach der Wiedervereinigung verfügt, die West-Berliner Neuapostolischen müssten sich den Ost-Berlinern unterordnen. Das war naiv. Der oberste Berliner „Apostel“ Fritz Schröder ist gelernter DDR-Bürger, redet noch charismatischer als Honecker, lehnt die verderbte westliche Dekadenz ab und empfiehlt, sich ein Beispiel an den frisch missionierten Neuapostolischen in Kasachstan zu nehmen. Die stellten keine Ansprüche. Elke Berger berichtet von einer Gemeinde im Wedding: Dort flüchteteten ein Teil der Amtsträger wie Fußvolk gen Westen, weil der frisch gekürte Vorsteher, ein Ossi, sich so ultraorthodox gerierte, dass sich selbst die Zeugen Jehovas eine Scheibe hätten davon abschneiden können. „Wenn ein Amtsträger die ihm anvertrauten neuapostolischen „Schafe“ besuchte, sollten die sich festlich kleiden. Der Grund: Gott höchstpersönlich käme ins Haus.“

NAK

Der ganz und gar nicht urchristliche Opportunismus der NAK gegenüber jedwedem Staat und Regime wird auch heute nicht diskutiert. Der „Stammapostel“ Friedrich Bischoff wetterte 1933 gegen „jüdisch-marxistische Kliquen“ und schrieb an die Nazi-Machthaber: „Jedes Mitglied der Neuapostolischen Gemeinde ist durch die planmäßige Beeinflussung seitens der Hauptleitung in nationalsozialistischem Sinn erzogen.“ Die Nazis würden von den Neuapostolen „nicht nur anerkannt, sondern auch gefördert.“ Als Heidlinde Brandt die Akten zu Gesicht bekam, musste sie zugeben: „Über die Geschichte hat man uns belogen.“ Bernhard Motzkus will sich über die Vergangenheit nicht streiten. Er sei nicht autorisiert, im Namen der NAK zu sprechen, aber: „Jesus hat sich auch aus der Politik herausgehalten.“

Ganz zaghaft strecken die, die unsichtbare Kronen tragen, ihre Fühler aus in ein unbekanntes und gefährliches Terrain. „Es gibt auch in anderen Religionen ernstzunehmende Menschen, die das Heil nach der göttlichen Gerechtigkeit erlangen.“ Die Neuapostolischen reden sogar schon mit dem Rest der Welt – ein kleiner Schritt für die Ungläubigen, aber ein großer Schritt für eine Sekte. „Man muss sehen, was dabei herauskommt“, sagt Bernhard Motzkus.

Nachtrag: Das Stammpublikum weiß, warum ich bei dem Thema Experte bin.

image_pdfimage_print

Neue Plakatkampagne der Bahn geleakt!

kampagne

image_pdfimage_print

Lesebefehl

Bücher

Folgende Bücher sollte man kennen, wenn man mir mir über Israel diskutieren will. Ich besitze alle, konnte aber bis jetzt nur rund die Hälfte lesen. Motto: Ich bin kein Klugscheißer, ich weiß es wirklich besser. (Har har, ich erspare dem Publikum die jeweiligen Links zur Großbourgeoisie.)

Sachbücher

– Al-Azm, Sadik: Self criticism after the Defeat, Beirut 1968 (engl. London 2011)
– Améry, Jean: Der neue Antisemitismus, Stuttgart 2024
– Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Frankfurt/M. 1996 (engl. 1983)
– Appiah, Kwame Anthony: Identitäten. Die Fiktionen der Zugehörigkeit, Berlin 2018
– Augstein, Rudolf: Jesus Menschensohn, Hamburg 1999
– Bernhardt, Johannes Christian: Die Jüdische Revolution: Untersuchungen zu Ursachen, Verlauf und Folgen der hasmonäischen Erhebung (KLIO / Beihefte. Neue Folge 22), Berlin, Boston 2017
– Brenner, Michael: Kleine Jüdische Geschichte, München 2012
– Cleveland, William L. und Bunton: Martin: A History of the Modern Middle East, New York 2016
– Deutscher, Isaac: Der Nichtjüdische Jude, Berlin 1968
– Deutscher, Isaac: Die ungelöste Judenfrage, Berlin 1977
– Diner, Dan: Ein anderer Krieg: Das jüdische Palästina und der Zweite Weltkrieg, 1935 – 1942, München 2012
– Elbe, Ingo: Antisemitismus und postkoloniale Theorie. Der „progressive“ Angriff auf Israel, Judentum und Holocausterinnerung, Berlin 2024
– Feldman, Deborah; Judenfetisch, München 2023
– Finkelstein, Israel und Silberman, Neil A.: David und Salomo. Archäologen entschlüsseln einen Mythos, München 2009
– Finkelstein, Israel und Silberman, Neil A.: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel, München 2002 (engl. 2001)
– Frevel, Christian: Geschichte Israels, Stuttgart 2018 (2. Aufl.)
– Grigat, Stephan: Die Einsamkeit Israels. Zionismus, die israelische Linke und die iranische Bedrohung, Hamburg 2014
– Herzl, Theodor: Der Judenstaat, Leipzig – Wien 1896
– Kepel, Gilles: Chaos: Die Krisen in Nordafrika und im Nahen Osten verstehen, Paris 2018 (dt. Ausgabe München 2019)
– Kepel, Gilles: Die Rache Gottes. radikale Moslems, Christen und Juden auf dem Vormarsch, München 1991 (frz. Paris 1991)
– Kraushaar, Wolfgang: Israel: Hamas – Gaza – Palästina: Über einen scheinbar unlösbaren Konflikt, München 2023
– Kraushaar, Wolfgang: „Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“, Hamburg 2024
– Krämer, Gudrun: Geschichte Palästinas, München 2002
– Kuru, Ahmet T.: Islam, Authoritarianism, and Underdevelopment: A Global and Historical Comparison, New York 2019
– Lozowock, Yaacov: Israels Existenzkampf – Eine moralische Verteidigung seiner Siege, Hamburg 2006 (engl. New York 2003)
– Luxemburg, Rosa:. Nationalitätenfrage und Autonomie, Berlin 2016 (2. Aufl.)
– Luxenberg, Christoph: The Syro-Aramaic Reading of the Koran: A Contribution to the Decoding of the Language of the Koran, Berlin 2000
– Martini, Tania und Bittermann, Klaus (Hg.): Nach dem 7. Oktober. Essays über das genozidale Massaker und seine Folgen, Berlin 2024
– Marx, Karl; Zur Judenfrage, 1843 (in: MEW 1, S. 347ff.)
– Morris, Benny: 1948. Der erste arabisch-Israelische Krieg, Berlin, Leipzig 2023 (Originalausgabe 2008)
– Morris, Benny: The Birth of the Palestinian Refugee Problem Revisited, New York 2004
– Mury, Gilbert: Schwarzer September, Berlin 1974 (frz. Ausgabe Paris 1972)
– Nairns, tom/Hobsbawm, Eric/Debray, Reǵis/Lowy, Michael (Hg.): Nationalismus und Marxismus. Anstoß zu einer notwendigen Debatte, Berlin 1978
– Otto. Eckart: Das antike Jerusalem. Archäologie und Geschichte, München 2008
– Potter, Nicholas und Lauer, Stefan (Hg.): Judenhass Underground, Berlin – Leipzig 2023
– Pressburg, Norbert G.: Good Bye Mohammad. Das neue Bild des Islam, Norderstedt 2012
– Schäfer, Barbara (Hg.) Historiker-Streit in Israel. Die „neuen“ Historiker zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, Frankfurt – New York 2000
– Schneider, Richard C.: Die Sache mit Israel. Fünf Fragen zu einem komplizierten Land, München 2023
– Segev, Tom: 1967. Israels zweite Geburt, München 2005
– Segev, Tom: David Ben Gurion. Ein Staat um jeden Preis, München 2018
– Segev, Tom: Die ersten Israelis. Die Anfänge des jüdischen Staates. München 2008 (1998)
– Segev, Tom: Die siebte Million. Der Holocaust und Israels Politik der Erinnerung, Reinbek 1995
– Segev, Tom: Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, München 1999
– Simons, Jake Wallis: Israelphobie. Die Unendliche Geschichte von Hass und Dämonisierung, Berlin 2023
– Spielman, Doron: When the Stones Speak: The Remarkable Discovery of the City of David and What Israel’s Enemies Don’t Want You To Know, New York 2025
– Tenenboom, Tuvia: Gott spricht Jiddisch, Berlin 2023
– Thompson, Thomas L.: The Mythic Past: Biblical Archaeology And The Myth Of Israel, London 1999
– Weingartz, Hans: Die US-Israel Politk, Hg. Palästina-Komitee Bonn, 1972
– Weinstock, Nathan: Das Ende Israels? Nahostkonflikt und Geschichte des Zionismus, Berlin 1975
– Weinstock, Nathan: Das Bekenntnis eines ehemaligen Antizionisten, hagalil.com 2006 (erschienen in L’Arche no. 579-580 Juli-August 2006, übersetzt von Karl Pfeiffer)

Belletristik

Uris, Leon: Exodus, München 1958
Yishar, S. Auftakte, Reinbek 1998 (hebr. Tel Aviv 1992)

image_pdfimage_print

Klassenstandpunkt

In der bürgerlichen Presse lese ich: „Die letzte Studie „Journalismus & Demokratie“ derselben TU Dortmund legt Zahlen auf den Tisch: 41 Prozent der befragten Journalisten sympathisieren mit den Grünen, 16 Prozent mit der SPD, sechs Prozent mit der Linken. Macht zusammen: 63 Prozent – Rot-Rot-Grün im Newsroom der Republik. Die FDP landet bei drei Prozent. Die CDU hat acht Prozent. AfD? Keine Nennung.“

„Wer nicht ins Weltbild passt, wird nicht nur ausgegrenzt – er wird moralisch diskreditiert. Mit Meinungsvielfalt hat das nichts zu tun. Der Trend passt vielmehr zum Aufstieg einer Gesinnungspublizistik, die Haltung mit Journalismus verwechselt, Empörung mit Recherche, moralische Empfindung mit Faktentreue.“

Die Deutsche Presseagentur sagt dazu, das sei gar nicht wahr.

image_pdfimage_print

Aaliyah oder: Rechts der Bake, links der Bake

havel

Nach vier 12-Stunden-Tagschichten (3:50 Uhr aufstehen) war mir heute ein wenig nach Leibesübungen, zumal ich plane, im Oktober, wenn ich wieder nach Israel fliege, schon so braun gebrannt zu sein, dass jeder orientalische Sonnenbrand mich flieht.

temperaturÜberraschenderweise war es am Bootshaus kurz vor Mittag total leer. Der Besitzer meinte, es sei den Leute zu heiß. Das ist ja wieder mal typisch: Kaum ist der Sommer da, jammern sie wieder herum, dass es zu warm sei. Wie hätten sie’s denn gern?

Opa erzählt: 1980 in Manaus am Amazonas über 40 Grad im Schatten. 1998 in Elorza, Venezuela – eine Woche lang jeden Tag über 40 Grad. Das bisschen Hitze auf der Havel macht mir nichts aus, zumal dort immer eine leichte Brise weht.

Ich paddelte also wohlgemut in Tiefwerder los, der Weltläufte politischen, ökonomischen und kulturellen Situation der ganzen Welt eingedenk, und sinnierte vor mich hin, hoffend, der Kapitalismus würde irgendwann absaufen.

tiefwerder

Übrigens, weil ich es noch nie erwähnte: Mein Paddel ist von Kober & Moll („Die Marke Kober besteht seit 1886 und ist damit weltweit die älteste Paddel-Fabrik.“). Ich hätte nicht gedacht, dass man mit dem Verkauf von Paddeln allein Geld verdienen kann.

tiefwerder

Ja, es war fast niemand auf der Havel. Als ich sie überquert hatte, weil ich hoffte, am westlichen Ufer ein wenig Schatten zu finden, merkte ich dann doch, dass die Jugend unwiderruflich vorbei ist. Ich musste sogar eine kurze Pause einlegen. Außerdem fiel mir das Ruderblatt ab, und ich musste auf ein mit Vogelscheiße vollgeschissenes Dock Brett krabbeln, um das Teil wieder zu befestigen.

HavelHavel

Eine Frage an die hier mitlesenden Kapitäne, Leicht-, Schwer- und Vollmatrosen: Das Schiff auf dem Foto unten (ich habe nach Norden geknipst) fährt östlich der roten Bake nach Süden. Was erlauben? Ich dachte immer, die müssten mehr mittig in der Fahrrinne bleiben, weil die Bake befielt, zwischen ihr und dem Ufer nicht durchzuflutschen?

HavelHavel

Kurz vor dem Pichelssee kan mir noch ein ziemlich großer Pott entgegen, der aber offensichtlich leer war (oder vielleicht nur Federn geladem hatte). Der Name kam mir komisch vor. Ich befürchtete schon, dass Araber jetzt auch Schiffe kaufen und damit lärmend herumfahren.

Havel

Jetzt weiß ich, dass vermutlich die Sängerin Aaliayh gemeint ist. Binnenschifffahrende Profis oder Leute, die zu viel Geld für Unsinn ausgeben, können jederzeit sehen, wo das Schiff gerade ist. Es hieß früher GMS Saphir, gehört jemanden aus Niedersachsen und wurde 1973 in Mainz gebaut.

HavelHavel

Immer, wenn der Couponschneider Don Alphonso in der bürgerlichen Presse über Berlin herzieht und die Stadt „Reichshauptslum“ nennt, denke ich, dass er einerseits völlig recht hat, aber andererseits gilt: Es kommt darauf an, wo man ist. An der Havel im alten Westen ist es idyllisch…

Havel

image_pdfimage_print
image_pdfimage_print