Estrella Fluvial Del Orinoco [Update]

amanaven

Auf einem Boot auf dem Rio Guaviare kurz vor dessen Mündung in den Orinoco, von San Fernando de Atabapo (Venezuela) nach Amanaven in Kolumbien, März 1998. Amanaven in der Reserva Natural Moru ist bei Google nicht markiert; es ist die Spitze des linken Ufers bei „Estrella Fluvial Del Orinoco“. Dort waren damals nur rund zwei Dutzend Holzhütten.

Ein Passkonstrolle geb es auch nicht. Das wundert mich nicht, man kommt von dort aus zu Fuß nirgendwohin, nur mit einem Boot den Guaviare aufwärts nach Puerto Inirida. Die Gegend ist abenteuerlich und großartig, aber nicht ungefährlich wegen der Guerilla und Schmuggler und überhaupt.

amanaven

[Update] Ich habe noch ein weiteres Foto aus Amanaven gefunden. Die hatten hübsch angemalte Häuschen da, ganz anders als auf der venezolanischen Seite des Flusses. Doe Kolumbianer sind irgendwie fitter als ihre Nachbarn im Süden und Osten, leider auch in ihren schlechten Seiten, zum Beispiel im Sich-gegenseitig-Umbringen. Vielleicht ist das ein Vorurteil, aber auch die Venezolaner sagten mir grinsend: „Wenn du hier irgendjemanden arbeiten siehst, ist es garantiert ein Kolumbianer.“

Unter Männern oder: Zu Besuch bei der Kleinbourgeoisie, Venezuela-style

San Fernando de AtabapoSan Fernando de Atabapo

Hier nun die voraussichtlich letzen Fotos aus San Fernando de Atabapo am Orinoco, Venezuela, fotografiert im März 1998

Typisch für Lateinamerika sind die winzigen Läden am Ortseingang oder in Seitenstraßen, bei denen man sich fragt, ob eine und welche Geschäftsidee dahintersteckt. In Russland würde diese Kleinbourgeoisie vermutlich auf der Straße sitzen und dreieinhalb Kartoffeln aus Eigenanbau verkaufen. Ich habe nicht gefragt, ob die Leute für die Bretterbuden Miete zahlen. Ich vermute, dass sie vom Ort unterhalten werden.

Hinter dem Foto unten steckt eine Geschichte. Der Mann ist ein US-amerikanischer Tourist, der ausgerechnet hier Urlaub machte. Ein Frau hatte er nicht. Finanziell gesehen war das damals vermutlich für ihn halb geschenkt – aber warum ausgerechnet in dem Kaff am Orinoco? Er sagte, es sei schön dort – ich konnte nur zustimmen. Abenteuerlich war es auch, an der Grenze zur grünen Hölle.

Es waren noch zwei Deutsche im Ort, zwei Künstler aus dem Beitrittgebiet, die gezielt keinen Fotoapparat dabei hatten, weil sie sich von den außergewöhnlich Farben inspirieren lassen wollen: Das satte Grün der Bäume, die merkwürdige Tönung des pisswarmen Rio Atabapo, in dem wir jeden Tag stundenlang saßen oder herumschwammen und über die Weltläufte plauderten, die exotische Landschaft. Auf dem Foto sieht man rechts und links die Hände der beiden.

Jeden Abend trafen wir uns an dem einzigen Stand, an dem es eine Art Abendessen gab, Reis mit Fleisch, und Bier. Und immer gesellte sich ein älterer Venezolaner (oder war es sogar ein US-Amerikaner? Ich habe es vergessen) zu uns, weil es nach Einbruch der Dunkelheit nichts gab, womit man sich hätte beschäftigen können. Für Männer ohne Frauen ist es immer kompliziert, weil Familien einen nicht einladen.

Es ist, als lebte man in einem Dorf: Man kann sich nicht, wie in der Stadt, die Freunde und Bekannten aussuchen, sondern muss das nehmen, was da ist, oder man bleibt allein. Vielleicht fördert das die Toleranz?

Natürlich redeten wir auch über Frauen. Wir waren uns einig, dass eine Dorfschönheit, der wir alle schon einmal begegnet waren, sehr attraktiv sein. Ich warf ein, dass ihre Mutter aber aussah wie ein Fass ohne jedwede Taille und dass ihre Tochter vielleicht, wenn sie älter geworden sei, auch so würde. Der Venezolaner nickte mir zu und sagte anerkennend: „Du hast ein gutes Auge.“ So sind sie, die Gespräche unter Männern, wenn keine Frau zuhört.

Plaza Florencio Jiménez

Plaza Florencio Jiménez quibor

Plaza Florencio Jiménez in Quibor, Venezuela, fotografiert im Februar 1998. Der Platz auf der anderen Seite der Iglesia de la Virgen de Altagracia „La Caimana“ heißt Plaza Bolivar. Ich habe nur ein einziges Foto aus dieser Perspektive im weltweiten Internet gefunden.

Wir kommen allmählich zu den letzten Fotos von Venezuela.

Warum zum Rio Meta?

elorza rio arauca

Noch einmal Uferpromenade des Rio Arauca in Elorza, Venezuela, fotografiert im März 1998. Der Junge ist der Sohn meiner Hängematten-Platz-zum-Aufhängen-„Vermieterin“.

Als einziger Ausländer in einem größeren Dorf war ich natürlich eine Attraktion, und für den Jungen sowieso. Abends, wenn ich nur spazieren ging, weil es sonst nichts zu tun gab, außer sich in den wenigen Spelunken mit fragwürdigem Publikum zu besaufen, folgte er mir auf Schritt und Tritt, weil er vermutlich neugierig war – und seine Mutter auch -, was ich eigentlich in dem Örtchen wollte.

Ich hätte es selbst nicht gewusst, weil ich von Palmarito aus irgendwie in den extremen Süden Venezuelas wollte und von dort aus zum Orinoco. Von Palmarito am Rio Apure aus gibt es aber keine Verbindung nach Süden ohne eigenen Jeep. Ich musste also weit nach Westen ausweichen, bis an die kolumbianische Grenze bei Guasdualito. Da erwischte ich dann einen Bus nach Elorza.

Ich hatte irgendwann wohl erwähnt, dass ich zum Rio Meta wolle. Auf dem hätte ich per Boot nach Puerto Carreno in Kolumbien reisen können und dann weiter per Straße auf der venezolanischen Seite nach Süden nach Puerto Ayachucho.

Das war mein ursprünglicher Plan, aber es kam alles anders, weil ich mit einem weißen Jeep der Katholischen Kirche quer durch die Llanos direkt von Elorza nach Puerto Ayacucho gefahren wurden und gratis dazu. Den Rio Meta habe ich dabei passiert und gesehen.

Den Jungen hat das Thema wohl beschäftigt. Irgendwann fragte er ganz plötzlich, als hätte er sich lange nicht getraut: „Gringo [so nannten mich alle], warum willst du zum Rio Meta?“

Was hätte ich antworten sollen? Ich hätte mit Philipp von Hutten entgegnen können, der am 31. März 1539 an seinen Vater schrieb: Weiß Gott kein Geitz Gelds hat mich bewegt, diese Reiß zu thun dann allein ein sonderlicher Lust, so ich vor langer Zeit gehabt, dünckt mich auch, wäre ich nicht mit Ruhe gestorben, wo ich Indien nicht erst gesehen. Ich hätte „Indien“ nur durch „Rio Meta“ ersetzen müssen.

Llanos, revisited

venezuela llanos selfie

Selfie im „Gästezimmer“ einer Ranch in den Llanos Venezuelas. Das ist meine Hängematte aus Tintorero. Warum ich so dämlich grinse, weiß ich nicht. Ich hatte die Geschichte – wie ich dorthin gekommen war – hier am 08.03.2023 schon beschrieben. Ich habe noch mal auf der Karte gesucht. Es könnte Santa Susana gewesen sein.

Das Original-Dia ist leider verloren gegangen, deswegen musste ich das zum Glück noch vorhandene Foto einscannen.

Am Rio Tocuyo, revisited

rio tocuyo

Dieses Foto ergänzt mein Posting bzw. das erste Bild meines Postings vom 10.08.2020 „Am Rio Tocuyo“. Es zeigt den Rio Tocuyo an der Carretera Lara-Falcon Troncal 4. Das Motiv ist nichtssagend, aber mir bedeutet es viel. Ich erwähnte hier schon das Buch Tod am Tocuyo: „Die Suche nach den Hintergründen der Ermordung Philipps von Hutten 1541-1550“.

Ich schrieb: Von Churuguara aus musste ich nach Süden in Richtung Barquisimeto. Durch Mundpropaganda erfuhr ich von einem Mann, der mit seinem Auto und einigen anderen Reisenden genau dort hin wollte, und er hatte noch einen Platz frei. Eine Tagesreise lag vor uns.

Ich wollte unbedingt zum Rio Tocuyo, den man auf halben Weg überqueren muss, und dort ein Foto machen. Warum? Um sich einzustimmen, sollte man die Eingangsszene von Aguirre ansehen und anhören (die aber in Machu Picchu gedreht wurde), inklusive der magischen Musik von Popol Vuh. „Meine“ Konquistadoren“ mussten von der Sierra de Falcón absteigen und dann den Rio Tocuyo überqueren. Es gibt sogar einen Augenzeugenbericht.

Den 19. Tag des gedachten Monats [Mai 1538] zogen wir von dannen über das Gebürg, lagen im Veld, 5. Meil. Den zwanzigsten Tag durch die Zynoga (1) de Baragatschan [Paraguachoa], ein fast böser Paß von Wasser und Koth einer viertel Mail lang, bis an die Revier [Fluss] Turkino [Tocuyo] genant. Misten die Pferd überschwemmen, die Kästen und Plunder [Ausrüstung] auf einem Floß überführen, ertrunck ein Christ vnd ein Pferd. Funden hie Metalno [Lope Montalvo de Lugo] vnd Stephan Martin mit etlichen Christen zu Fuß und zu Roß. Lagen hie 5 Tag, zogen den 26. Tag von dannen, lagen im Veld…. 27. Tag durch viel böser Paß von Wasser, lagen im Veld, 3 Meil. Den 28. Tag in einem verbrannten Poblo (2). Funden kein Wasser, war fast heiß. Musten Pferd und Leut mit grosem Durst ungetruncken bleiben, 3 Meil. [Am] 29. Tag an ein flissend Wasser. Den lezten Tag des Mayen ward geschickte Stephan Martin mit 40 Christen, desgleichen Salvato Martin mit 25 Bode [?] Proviant, Weg und Indier zu suchen. Den 9. Tag schickte Stephan Martin bis in 27 Stuck Indier vnd etlich Machilzemira (3) andere Sprache vnd Nation, so mit den Cacquencien [Caquetios] ewige Feindschaft haben. Wurden die gedachten Indier mit etlichen Christen wieder zurück an den Tukuyo [Tocuyo] gechickt, dann etlichen Plunder aus Gebrechen Indier, den zu tragen,… gedachten Rivier geblieben waren.(4)

Ich habe das Thema im 1. Kapitel des 2. Teil meines Romans verarbeitet: „Am Rio Tocuyo“.

Ich stelle mir vor, am Flussufer zu stehen, die Musik von Popol Vuh zu hören, und in der Ferne sehe ich eine Gruppe von Konquistadoren, die in meine Richtung marschieren… Es war ein ganz unbeschreibliches Gefühl, das ich mit niemandem teilen kann.
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(1) von Spanisch ciénaga = Sumpf
(2) Spanisch pueblo = Dorf
(3) vermutlich Spanisch maíz semilla = Maiskörner
(4) [Philipp von Hutten an seinen Vater Bernhard von Hutten zu Birkenfeld: Brief aus Coro vom 20. Oktober 1538, aus Eberhard Schmitt und Friedrich Karl von Hutten: Das Gold der Neuen Welt. Die Papiere des Welser-Konquistadors und Generalkapitäns von Venezuela 1534-1541, Hildburghausen 1996.]

Am Arauca

rio arauca

Uferpromenade des Rio Arauca in Elorza, Venezuela, fotografiert im März 1998.

Orinoco backstage, revisited

orinocoorinoco

Diese Fotos ergänzen Orinoco backstage vom 09.08.2012. Die Fotos habe ich 1998 am Orinoco in Venezuela gemacht – auf der südlichen Seite bei La Arenosa. Wir setzten mit der Fähre über nach Cabruta. Der Orinoco ist in der Regenzeit hier so breit, dass man das andere Ufer kaum sehen kann. Ich war mit dem Bus unterwegs von Elorza im Süden nach Caracas – es war die letzte Reisewoche.

Tráfico

caracas

Daily dose Venezuela: Caracas, fotografiert im März 1998. Ich habe mir nicht notiert, wo das war. Ich tippe auf die Kreuzung Avenida Lecuna – Avenida Sur 9 in nordwestlicher Richtung. In der Nähe habe ich gewohnt.

Iglesia de la Virgen de Altagracia „La Caimana“

Iglesia de la Virgen de Altagracia

Es war extrem schwierig herauszufinden, wo und was ich – vermutlich im Februar – 1998 fotografiert hatte. Ich tippte zunächst auf Barquisimeto oder Quibor. Die Schrift auf der kleinen Tafel den der Mauer bekam ich nicht entziffert. Dann habe ich per brute force und Goolge images search nach iglesia Barquisimeto und iglesia Quibor gesucht. Das dauerte eine halbe Stunde meiner kostbaren Lebenszeit.

Es gibt nur zwei Fotos der Kirche: auf Flickr von Patricia Brolati und bei Jose Pepe Polo. Es ist die Iglesia de la Virgen de Altagracia „La Caimana“ in Quibor an der Avenida Baudilio Lara.

Iglesia San Francisco

Iglesia San Francisco

Iglesia San Francisco, Coro, Venezuela, fotografiert im Januar 1998, vom Innenhof aus. Warum mir diese Kirche so viel bedeutet, habe ich hier schon geschildert.

Museo Etnológico Monseño Enzo Ceccarelli

Museo Etnológico Monseño Enzo CeccarelliMuseo Etnológico Monseño Enzo Ceccarelli

Traditionelle Holzhäuser aus der Provinz Amazonas (die eigentlich vom Orinoco dominiert wird). Museo Etnológico Monseño Enzo Ceccarelli, Puerto Ayacucho, Venezuela 1998. Offenbar gibt es nur sehr wenige Fotos aus diesem Museum. Ich habe eine Sammlung auf einer russischen Website gefunden, die von Andrey Matusovskiy gemacht wurden und die aus diesem Jahr stammen, und ein Video auf TikTok.

Ich habe das Museum besucht, weil ich für meinen Roman „Die Konquistadoren“ recherchierte, wie die Bauten in Venezuela vor rund 500 Jahren ausgesehen haben könnten.

Aussicht vom schönen Berg

monte bello puerto ayachucho

Aussicht vom Mirador Monte Bello (Aussichtspunkt „Schöner Berg“) nach Norden, im Hintergrund der Orinoco. Puerto Ayachucho, Provinz Amazonas, Venezuela 1998.

Das Foto unten zeigt den Blick, ebenfalls von dort, auf die Wasserfälle des Orinoco nach Süden. Das hatte ich schon hier vor zehn Jahren gepostet. Diese Bild ist eines meiner Lieblingsfotos. Ich kann mich aber erinnern, dass es da oben auf dem Berg so brüllend heiß war, dass mir schwindelig wurde und ich fast in Ohnmacht gefallen wäre.

monte bello puerto ayachucho

Helados EFE

caracas

Straßenszene irgendwo in der Nähe des Bulevard de Sabana Grande im Stadtviertel Sabana Grande in Caracas, Venezuela, fotografiert im März 1998. Den genauen Standort von damals finde ich leider nicht wieder. Das Eis ist von Helados EFE. Die Firma gehört der größten Brauerei Venezuelas.

Kleinbourgeoisie, über Wasser

elorza

Hier noch ein Bild von der venezolanischen Kleinbourgeoisie (1998). Der Besitzer des winzigen Ladens in Elorza, den ich hier schon einmal erwähnt hatte, war gebürtiger Italiener. Es ist mir bis heute schleierhaft, wie die sich finanziell über Wasser halten konnten.

An der Autopista

caracas

Caracas, Venezuela, fotografiert im März 1998. Das große Gebäude mit dem geschwungenen Dach dürfte das Centro Comercial Espacio Plaza sein. Auf dem Schild über der autopista steht „Avenida Casanova“, „Avenida las Acacias“ und „Avenida Libertador“. Ich habe vermutlich auf dem Fußweg nordwestlich der Plaza Simón Bolivar / Las Acacias gestanden, östlich des Stadions der Universität.

Schlangentanz

san fernando de atabaposan fernando de atabaposan fernando de atabapo

Leider weiß ich nicht (mehr) genau, welches Fest in San Fernando de Atabapo (Venezuela) gefeiert wurde, auf jeden Fall kein kirchliches. Ich entnehme meinen Aufzeichnungen, dass es der 20.02.1998 war, also vermutlich Karneval.

Ich halte den Schlangentanz, den ich dort gesehen habe und an dem nur die Mädchen teilnahmen, für sehr alt, und ich glaube auch nicht, dass sich jemand für die Herkunft interessierte. Die Leute waren einfach fröhlich. Ein Regentanz wird es ursprünglich nicht gewesen sein, denn im Urwald muss man die höheren Wesen nicht um Regen bitten – der kommt zuverlässig.

Venezuela hat einige nette Tierchen, die am Boden herumkriechen, zu bieten, denen ich nicht begegnen möchte. Vielleicht gab es bei den Puinave oder den Kurripaco, also vor gut einem halben Jahrhundert, einen Clan der Schlangen?

Ich habe noch ein Video (mit Ton) gefunden, das die Atmosphäre dort gut wiedergibt – aber da war wohl gerade Regenzeit und der Wasserstand höher.

Hermoso atardecer

san fernando de atabapo

Noch einmal der Zusammenfluss von Rio Guaviare und Rio Atabapo (links), die hier – bei San Fernando de Atabapo – in den Orinoco münden. Jetzt ist ein Vogel mit auf dem Bild. Wenn man nur eine begrenzte Zahl von Fotos machen kann, überlegt man sich so etwas drei Mal, und wenn man mit dem Überlegen fertig ist, ist der Vogel dann weg…

Auf der anderen Seite liegt Amanaven (Kolumbien). Fotografiert in Venezuela 1998. (Vgl. „An der Grenze zur grünen Hölle“, 25.01.2012, „Reise in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Continents“ (28.08.2012), „Am Strand“, 20.02.2013), „Der gottverlassene Landstrich, revisited“ (11.02.2020), „Am Rio Atabapo“ (29.03.2023), „Am Rio Atabapo, revisited“ (01.04.2023).

Ich glaube, das war am letzten Abend, bevor ich leider wieder abreisen musste. Damals hoffte ich, irgendwann noch einmal zurückkehren zu können…

Warm und still (fast) [Update]

san fernando de atabapo

Ein stiller und sehr warmer Sonntagnachmittag in San Fernando de Atabapo am Orinoco (1998). Wait a minute. Still? Ganz hinten ist der Kirchturm der Parroquia San Fernando zu sehen. Ich stand also ungefähr zwei Blocks nördlich davon. Der Ort ist so klein, dass die Straßen keine Namen haben.

Ich wanderte so vor mich hin, als urplötzlich ein infernalisches Getöse über mich hereinbrach, so laut wie drei Techno-Partys gleichzeitig, nur in sehr schlechter Qualität. Der Pfaffe des Ortes hatte irgendwo an der Kirche eine Lautsprecheranlage angebracht, deren Klang vermutlich bis auf die andere Seite des Flusses nach Kolumbien reichte, um seine Schäfchen zum Gottesdienst zu bitten. Jeder wäre ohnehin aus seiner Siesta aufgeweckt worden. Es war grauenvoll und hörte auch für eine Weile nicht auf. Ich weiß gar nicht, ob es Musik war oder irgendwie muezzinmäßig.

Ich sehe gerade, dass Google jetzt einige Hinweise gibt, wo was ist. Ich erkenne meine Herberge von damals wieder – sie heißt Hotel Pendare, ist gestrichen und hat ein gemauertes zweites Stockwerk bekommen. 1998 hieß das Etablissement noch Cafe Orinoco und bot eine grandiose Aussicht auf die Flüsse Rio Atabapo und Rio Guaviare. Vor dem Eingang ist auch eines meiner Lieblingsfotos entstanden. Die Ausstattung der Zimmer war aber nur etwas für extrem hartgesottene Globetrotter. Ich wüsste gern, ob das Mädchen vom Lande sich noch an mich erinnert…

Man braucht nur vier Tage von Berlin bis Puerto Ayacucho, wenn alles gut geht. Aber dann weiter den Orinoco hinauf wird es extrem kompliziert – immer noch. „Verkehrstechnisch ist die Stadt durch einen Flughafen und einen kleinen Hafen angebunden“, behauptet das deutsche Wikipedia. Haha. Die Tide des Orinoco und seiner Nebenflüsse ist bei San Fernando zwar nicht 12 Meter wie des Amazonas bei Manaus, aber Bootstege kann man dort nicht bauen – die würden in der Regenzeit weggeschwemmt oder wären dann nur für U-Boote. Das spanische Wikipedia ist realistischer „El transporte fluvial en Atabapo está compuesto por 4 embarcaciones (llamadas coloquialmente voladoras) que prestan el servicio Samariapo-Atabapo-Samariapo: El Suricato, La Roca, Nautisa y Autana. Actualmente no existe ningún transporte con destino fijo a otro municipio del Estado Amazonas“.

No existe ningun. Kein Transport, nirgends. Also nur vier Boote für die ganze Region, die halb so groß ist wie ganz Deutschland, und von denen garantiert so viele oder so wenige schwimmfähig sind wie die bei der Bundesmarine. Damals gab es nur eins, und ob die Reise damit losging, hing davon ab, ob der Kapitän und Besitzer sich am Abend vorher mit Damen vergnügt und vollgesoffen hatte oder nicht. Das erzählten mir die Mitreisenden.

[Update] Ich habe noch ein Foto gefunden, dass ich bei dieser – oben erwähnten – Reise per Boot gemacht habe – in Samariapo. Dorthin hatte uns ein LKW aus Puerto Ayacucho gebracht und damit die unbefahrbaren Stromschnellen des Orinoco umgangen. Vermutlich habe ich das Foto unweit des Comando Fluvial Puesto Samariapo geschossen.

samariapo

Vendedor ambulante

vendedor

Straßenhändler in Caracas (1998). Das „ambulante“ stimmt nicht, weil jemand, der einen festen Stand hat, schon zur Elite der kleinen Kleinbourgeoisie gehört – im Gegensatz zu denen, die nur mit einem Bauchladen herumlaufen.

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