Bescheidenes Netz(werk) [Update]

Sofa

Bis jetzt hatte ich einen PC und zwei Laptops an meiner Fritzbox. Plötzlich erkennen sowohl das Linux- als auch das Windows-Laptop das jeweilige LAN-Kabel nicht mehr. (Fehlerquelle Betriebssystem sollte damit ausgeschaltet sein.) Im Fucking Manual habe ich alles ausprobiert – LAN 5 gibt es übrigens bei mir nicht. Router habe ich auch schon neu gestartet (neueste Version Betriebssystem), auch andere LAN-Kabel ausprobiert.

Witzigerweise funktioniert es, wenn ich das LAN-Kabel von meinem PC (Linux, hat kein WLAN) in einer der beiden Laptops stecke. Das ist doch total unlogisch?

Das WLAN funktioniert einwandfrei. Hat jemand kurzfristig eine Idee? Ich lege mich mittlerweile verzweifelt aufs Sofa.

[Update] Jetzt geht es wieder, nachdem ich eine smarte Steckdose entfernt habe, die aber über Wlan mit dem Router kommuniziert. Ich habe hier nur ca. 20 Geräte angeschlossen – die Fritzbox müsste doch mehr schaffen? Der Windows-Rechner erkennt weiterhin das LAN-Kabel nicht, obwohl ich sein ganzes Netzwerk schon resettet habe.

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Unter Heckflossen

Die Grünen möchten in Berlin die Yorckstraße, die Blücherstraße, den Blücherplatz, die Hornstraße, die Möckernstraße, die Gneisenaustraße, die Katzbachstraße, die Hagelberger Straße, die Großbeerenstraße, die Eylauer Straße, die Obentrautstraße und Großgörschenstraße umbenennen. Der Initiator sieht auch genauso aus wie eine Heckflosse.

Gleichzeitig möchte die Grünen-Chefin die Wehrmacht Bundeswehr stärken.

Wählt hier jemand diese Partei? Ich kenne niemanden, der das mir gegenüber zugibt. Gilt das Wählen der Grünen in Berlin eigentlich schon als Behinderung geistiges Handicap?

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Tutorial: Verschlüsseln mit dem Smartphone [Android]

openkey chain

Neues Tutorial: Verschlüsseln mit dem Smartphone.

Ich halte das für schwierig, kompliziert und für Laien nicht zu empfehlen. Das Feature „Signieren“ ist zum Beispiel zwar enthalten, funktioniert aber nicht. („This is not a supported use case.) Auch die Ausdrucksweise ist eher verwirrend: Statt OpenKeychain taucht plötzlich OpenPGP App auf (womit de facto dasselbe gemeint ist). Statt signieren eines Schlüssels (beglaubigen anhand des digitalen Fingerabdrucks) schreiben die verschlüsseln. Verschlüsseln einer Signatur? Geht’s noch?

Die gute Nachricht: andere Tutorials sind noch schwieriger – das tut sich niemand an, der das Prinzip begreifen will. Auf der OpenKeychain-Website werden die meisten Fragen beantwortet, aber nur in Englisch.

Wenn ich alle Features erwähnt und erklärt hätte (wann ist ein Schlüssel „gesund“?), säße ich noch in einer Woche hier.

Man kann es natürlich noch schlimmer machen – wie das BSI: „Wie bereits in der Beschreibung von APG eingeführt, entstand OpenKeychain als Fork von APG im März 2012.“ Schon klar. Zeige ich gleich dem nächsten Deutschlehrer, der gern verschlüsseln möchte.

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Das hätte es unter Hermann L. nicht gegeben!

konkret magazin gendersprache

Ich lese die Konkret seit 1972, wenn ich mich recht erinnere. Damals, unter Klaus Rainer Röhl, waren nackte Modelle auf dem Cover. Sex sells. Aber das ging für Röhl sowohl mit das da als auch mit Spontan schief.

„Als nunmehr unabhängige sozialistische Zeitschrift erreichte konkret schon 1965 eine Auflage von 100.000 verkauften konkret magazinExemplaren und wurde 1967 zum führenden Publikationsorgan der neuen außerparlamentarischen Studentenbewegung, der APO. Ab 1967 erschien das Blatt nicht mehr monatlich, sondern 14-täglich und hatte seine höchste Auflage (176.000 verkaufte Exemplare).“

Hermann J. Gremliza habe ich immer mit Vergnügen gelesen; vom seinem brillianten Stil konnte man lernen. Der Rest? Immer die schon bekannten Textbausteine, alle rechts außer Mutti uns. So wird das nichts.

2018 betrug die Auflage 42.263 Exemplare. Man könnte irrig vermuten, wenn es abwärts geht, sollten die Redakteure und die Herausgeberin vielleicht lauschen, was die Leser wollen und wie sie ticken. Aber das ist bei deutschen Linken mit ihrem eingebauten arroganten Sektierertum nicht vorgesehen. Man zieht den pseudolinken Diversity-Lifestyle durch, weil man sich im Besitz der höheren Wahrheit dünkt und verlangt, dass die Leser die Güte, mit sprachpolizeilichen Maßnahmen beglückt zu werden, auch noch honorieren. Die konkret ist mittlerweile stromlinienförmig im kleinbürgerlichen Milieu angekommen.

Ich habe in der letzten Woche mein Abonnement gekündigt. Die Kontakt-E-Mail dazu (konkret@primaneo.de) produzierte eine Fehlermeldung, also musste ich ein Einschreiben losschicken. Papier funktioniert bei denen noch.

Auch nach der Kündigung fragte niemand, warum ich das getan hatte. Die aufmerksamen Leser und kundigen Leserinnen werden es ahnen. Ich wiederhole mich: Für reaktionäre Sprachesoterik gebe ich kein Geld aus.

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Tutorials, update

kleopatra

Ich weiß, was ich heute getan habe.

– Update der Startseite des Vereins German Privacy Fund.
– Update des Tutorials Verschlüsseln mit Thunderbird 78.0 (Windows),
– Neu: Tutorial Dateien verschlüsseln mit Kleopatra (Windows),
– Update des Tutorials E-Mails verschlüsseln [Alternative 1 für Windows 7 – 10],
– Update der Seite Journalistische Recherche | Werkzeuge.

Die sachkundigen Leserinnen und die Kryptografie-affinen Leser mögen sich frei fühlen, mir alle Fehler mitzuteilen und/oder Vorschläge einzureichen, was man verbessern könnte.

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Religioten und ihre diversen Freunde

Künstler sollten keine Witze über den Islam machen. Das könnte die Religioten verunsichern. Der Kabarettist Karl Ray wurde beim Hamburger Schmidt Theater deswegen gefeuert.

Er hatte gesagt:
„„Wir leben in einem Land, in dem Böhmermann beinahe in den Knast sollte und Helene Fischer mit Preisen überhäuft wird. Das gehört doch umgekehrt. Nein, eigentlich gehören beide in den Knast.

Gut, wie kann Herr Böhmermann auch schreiben, dass Erdogan eine Ziege fickt. Das geht natürlich nicht, vor allem nicht, wo wir genau wissen, dass alle Türken meine Mutter ficken. Was denn? Machen sie mal einen Türken wütend, dann sagt der: „Ich ficke Deine Mutter!“ Die große Frage lautet: Warum wollen die eigentlich alle meine Mutter ficken? Die ist noch gut in Schuss. Sie ist aber 84.

Nun ist meine Mutter ja meine Mutter. Ich bin wie sie. Deshalb hätte sie große Lust, sich von einer Horde Türken durchraspeln zu lassen. Sie hat aber keine Zeit. Sie sitzt auf dem Fernseher und guckt Sofa.

Ich hoffe, wir haben Muslime hier im Publikum. Das beweist: Ihr habt Humor und das ist mir eine große Freude. Bedenkt bitte: Wir dürfen in diesem Land über Euch, Euren Gott und Eure Religion lachen. Dafür bekommt Ihr auch unser Weihnachtsgeld.

Ich mache Witze über alle Religionen. Wie nennt man die Vagina eine Nonne? Christstollen!“

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Привет, товарищ!

impfung

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Santa Ana de Alto Beni

Santa Ana de Alto BeniSanta Ana de Alto Beni

Santa Ana de Alto Beni, Dschungel von Bolivien. Hier steckten wir fast eine Woche fest.

Aus meinem Reisetagebuch, 22.05.1984:
Wir schlafen eine Nacht an der Polizeistation an der Brücke [Der Ort scheint immer noch nicht viel größer zu sein als damals.] Das Dorf Sapecho besteht nur aus ein paar Hütten, aber sie haben sogar eine Kneipe. Ein Boot flussabwärts gibt es nicht. Später erfahren wir, dass wir durchaus hätten warten können, aber es wären vermutlich mehrere Tage gewesen, wenn nicht Wochen.

Am Morgen empfiehlt man uns, zu Fuß den Weg nach Santa Ana de Alto Beni zu gehen, was wir schweren Herzens auch tun. Wider Erwarten ist der Pfad durch den Dschungel nur 13 Kilometer lang. Wir schwitzen uns zwar die Seele aus dem Leib, aber sehen den Fluss und ein abwechslungsreiches Panorama. Gegen Ende des Marsches bekommen wir sogar von den uns entgegenkommenden Leuten exakte Informationen über den Weg, den wir noch zurücklegen müssen.

Santa Ana de Alto Beni: nur eine Straße, eine Pentecostal-Kirche, zwei Kneipen und ein paar Läden, in denen refrescos verkauft werden. Erst erwischen wir eine Flasche Chicha [Maiswein], die wir hinunterstürzen, dann die schlechtere der beiden Kneipen. Aber am nächsten Tag gibt es leckeres Essen bei einer Frau, die sich richtig Mühe macht und Papayas zu einem Salat zubereitet. Auf der anderen Seite des Flusses wartet in deutschen Paar aus Stuttgart schon mehrere Tage, sie sind ziemlich fertig, total zerstochen, und kriegen nichts mit, weil sie kein Spanisch sprechen.

Wir stecken mehrere Tage fest. Am Mittwoch gibt es reichlich psychischen Stress wegen der Abfahrt eines Bootes nach Norden nach Rurrenabaque. Wir sind ständig auf dem Sprung, um das Boot nicht zu verpassen. Die letzte Nacht kampieren wir sogar auf der Veranda der capitania del puerto, nach einem für hiesige Verhältnisse netten Gespräch mit dem Häuptling der policia. Wir hatten fast eine Woche in einem unbewohnten Haus direkt am Fluss gewohnt (vgl. Foto oben, rechts kann man unsere Hängematten sehen. Das oberste Foto zeigt die andere Seite der Straße].

Die anderen Leute, die zum Teil auch schon tagelang auf ein Boot warten, sind dumm, aber neugierig und freundlich. Es war dann doch vorauszusehen: Wir machen eine Passagierliste auf einem Zettel, die aber einen Tag vor dem Ablegen des Kahns nicht mehr gelten soll, weil alle anderen mit dem fetten Macho-Polizisten etwas ausgemauschelt haben. Ich werde laut, aber ein Polizist richtet seine Waffe auf mich. Sie müssen extra den Kommandanten holen, der uns auf ein zweites Schiff verweist, was bald kommen soll.

Ein bärtiger Typ empfiehlt uns, aber sagt gleichzeitig, wir sollten uns keine Hoffnung machen. Ich verhandele stundenlang mit dem Kapitän des Bootes, der ein ekelhafter Macho ist, zehn US-Dollar und 2000 Pesos für die Passage, die sich dann beim Auftauchen eines Mannes, der behauptet, der Kurs des Dollars sei gefallen, auf 5000 erhöht.

Am Freitag geht es am frühen Morgen endlich los – mit zwei Booten, langsam und mit vielen Zwischenstopps. Comida gibt es nur für Bolivianer, aber wir haben ja unseren Benzinkocher.

Landschaftlich wird es erst interessant, als wir enge Schluchten passieren und das Wasser so reißend wird, dass wir total nass von den Wellen werden. Zwischendurch ist der Rio Beni wieder so seicht, dass wir alle rausspringen und die Boote schieben müssen, natürlich total schwachsinnig, nämlich quer zur Strömung. Das Schiff ächzt und stöhnt, aber ein Stahlseil sichert es, dass es nicht durchbricht.

Abends schießt der Kapitän auf alles, was sich bewegt, und ein anderer fischt mit Dynamit ein Dutzend fetter Fische, die so voller Gräten sind, dass wir nicht bedauern, nichts abzukriegen. Kurz vor Dämmerung legen wir an einer Sandbank an und machen Feuer und kochen etwas. Die beiden Stuttgarter frieren und haben Hunger, während wir in unsere Schlafsäcke kriechen. Das war unsere erste Nacht am Lagerfeuer mitten im Fluss…

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Isoliert

wasserschaden

Ich wollte heute mein Seminar nächste Woche vorbereiten, einkaufen, bloggen, drei Tutorials schreiben, das fucking manual lesen, wie ich das aktuelle youtube-dl auf meinen Recher kriege, noch einen Text für den Relaunch meiner Website verfassen, in WordPress auf der Vereinsseite herumfummeln, auf https umzustellen.

Der Nachbar über meinem Schlafzimmer ist mehr künstlerisch begabt, weniger handwerklich. Er hat seine Waschmaschine selbst angeschlossen. Ich muss jetzt die Folgen beseitigen. Ich habe ja auch sonst nichts zu tun.

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Responsiv nutzerfreundlich

html e-Mail

Aus der Rubrik „einmal mit Profis arbeiten“: Von einem Journalistenverband sollte man Grundkenntnisse in E-Mail-Sicherheit erwarten. Aber dem ist nicht so.

Fragen wir das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: „Im so genannten Quellcode einer HTML-formatierten E-Mail lauert die Gefahr: Denn dort kann schädlicher Code versteckt sein, der bereits beim Öffnen der HTML-E-Mail auf dem Computer des Empfängers ausgeführt wird, ohne dass dafür ein Anhang angeklickt werden muss. Auch Spammer greifen gerne auf HTML-E-Mails zurück, um die Gültigkeit einer E-Mail-Adresse zu verifizieren. Dies erfolgt über sogenannte „Webbugs“, kleine meist unsichtbare Bilder, welche beim Öffnen der E-Mail von einem Server der Spammer geladen werden und diesen damit den Empfang der E-Mail signalisieren. Deshalb sollten Nutzer in ihrem E-Mail-Programm die Anzeige von E-Mail im HTML-Format deaktivieren.“

Wer „Newsletter“ im HTML-Format verschickt, zeigt, dass mein Seminar nötig ist. Das Problem ist nur, dass solche Leute absolut belehrungs- und beratungsresistent sind und auch nicht beabsichtigen, das zu ändern. Wer nichts taugt, kann aber noch als schlechtes Beispiel dienen – kommt in meine Seminarunterlagen: „wie man es nicht machen soll“.

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A*B*C*

Kurze Durchsage: Jeder, der Gendersternchen benutzt, fliegt aus meiner Blogroll.

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Professionelle Recherche und Datenschutz, revisited

Am 1.12 und am 12.12. findet jeweils das Online-Seminar „Professionelle Recherche und Datenschutz“ statt. Wer noch Interesse hat: Bitte eine unverschlüsselte (!) E-Mail an burks@burks.de schreiben!

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Nachtwache, a capella gesungen

vesper

Bless The Lord, O My Soul (S. Rachmaninoff „All-Night Vigil“ / Vespers, op. 37)
Singers (from the left): Adrian Nikiel, Katarzyna Bieniaszewska, Michał Raczkowski, Joanna Dacko, Irina Bogdanovich (solo), Adrianna Jarzębowska, Jakub Kozioł, Teresa Gręziak, Rafał Brzeziński.

Gemischte Chöre sind nicht unbedingt das, was ich oft höre. Und wenn, dann nur russische Männerchöre oder bulgarische Frauenchöre. Ich habe in den letzten Tagen meine Meinung ein wenig geändert, durch Zufall. Ich mochte auch als fanatischer Atheist orthodoxe Kirchenmusik, vor allem wegen der Bässe, weil ich selbst als Jüngling im Kirchenchor 2. Bass gesungen habe, also den ganz tiefen. Instrumente sind in der Orthodoxie verboten; deswegen hat sich die einzigartige A capella-Chor-Kultur im Osten gebildet.

Rachmaninow also, die Nachtwache. Ich habe das Stück jetzt bestimmt fünfzig Mal gehört und entdecke immer wieder neue Nuancen. Der Chor ist achtstimmig und besteht nur aus der Solosängerin und eben acht anderen. Das musikinteressierte Publikum mag gern herumsurfen und alle anderen Versionen dieses Stücks anhören. Die fünf Sängerinnen und vier Sänger hören sich an wie neunzig – und schöner. Ich habe sogar ziemlich schnell eine Version gekauft, vom Kammerchor des sowjetischen Kulturministeriums, auch die sind nicht besser.

Woran liegt das? Interessant, dass alle anderen Chöre auf die Noten schauen müssen, diese nicht. Irina Bogdanovich hat die beste Alt-Stimme, die ich jemals gehört habe. Sie scheint ein künstlerisches Allround-Talent zu sein, sie dirigiert auch und leitete offenbar mehrere Chöre. Der Tenor Jakub Kozioł und die vier Frauenstimmen klingen so, wie sich Kinder Engel vorstellen. Und dann der Kerl ganz rechts (Rafał Brzeziński) mit seinem basso profundo – einfach Wahnsinn. (4.36 – Irina wirft ihm einen sehr schönen Blick zu). Ich bin auch immer wieder fasziniert, wie die Bogdanovich mit äußerst sparsamen Bewegungen „dirigiert“, man muss schon sehr genau hinsehen, um mitzukriegen, wie sie die Einsätze gibt (3.10 etwa). Die Gruppe ist sowieso absolut professionell, die wissen natürlich, wo und wann jede einzelne Note kommen muss.

Jemand kommentierte bei Youtube: „That was one of the most beautiful compositions that I’ve ever heard.“ Da kann ich nur zustimmen. Wenn ich jemals sterben sollte, muss dieses Stück gespielt werden – leider kann ich es nicht herunterladen.

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In memoriam Kurt Waldemar Schröder *16.10.1927 †03.10.2020

chess

Mein Vater und ich beim Schachspielen. Da war ich zehn Jahre alt.

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Im Namen des Volkes

House of cards
Tibetanische Esoterik im Weißen Haus – Szene aus „House of Cards“

„Die Ära [bitte selbst ausfüllen] ist damit geprägt von zwei partiell widersprüchlichen Tendenzen: dem Aufbau eines neuen charismatischen Personenkults und, parallel hierzu, der Stärkung der legal-rationalen Herrschaft.“
Welche Ära ist gemeint?
[ ] Die des römischen Kaisers Gaius Octavius, genannt Augustus?
[ ] die des weißrussischen Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka?
[ ] die des Generalsekretärs der KP Chinas, Xi Jinping?

Die Antwort steht in diesem interessanten theoretischen Text, den ich dem Publikum empfehle – Niko Switek (Hg.): Politik in Fernsehserien – Analysen und Fallstudien zu House of Cards, Borgen & Co.“. (Vorsicht! TL;DR)!)

Ich bin gerade dabei, die fünfte Staffel von House of Cards vor dem Einschlafen anzusehen. Mir gefällt die Serie; ich mag tiefschwarzen Zynismus. Ich hätte nie gedacht, dass Bertolt Brecht von Hollywood ernst genommen würde. Keine romantisch glotzenden Rezipienten mehr? Großartig – bin sofort dabei. Ich habe da aber noch ein paar Fragen.

Es waren vor allem die Erfahrungen mit den industriellen Dimensionen der amerikanischen Filmindustrie, die Günther Anders, Theodor W. Adorno und Max Horkheimer zu ihrem Urteil veranlassten, dass Filme als Produkte der Unterhaltungs- und Kulturindustrie nur den Zweck der Ablenkung und damit der Stabilisierung des bürgerlich-kapitalistischen Systems dienen.

Ach so? Dann darf ich solche Serien vielleicht gar nicht gucken? Brecht hätte es mir aber vermutlich erlaubt. Die Frage ist spannend, was eine realistische Szenerie – künstlerisch im Film umgesetzt -, wie Politik im Kapitalismus gemacht wird, bei den Zuschauern bewirkt: Werden die zynischer, also realistischer? Oder behalten die ihre Illusionen dergestalt, dass Biden besser als Trump sei?

Die Autoren des erwähnten Textes sprechen von Relevanz durch Realitätsimitation – die realistische Politikfiktion sei echter als echt. Diese Serien sind also „besser“ als die bloße Imitation des Politischen wie in Talkshows. Aber: Politik wird vor allem als politics gezeigt, als dynamischer Prozess, in dem Akteure (vor allem die Protagonisten) in Machtbeziehungen versuchen, ihre Interessen durchzusetzen und auszuhandeln „who gets what, when, how“. Die verfolgten Ziele (policies) bleiben dabei in der Regel vage und Vehikel für die dramaturgisch interessanteren politics.

House of cards

Das ist ein starkes Argument, wenn man sinniert, was die Protagonisten etwas in „House of Cards“ politisch durchsetzen wollen. Die Ziele sind ungefähr so, als hätten sich Greta und die Jungliberalen zusammengetan, um den Kapitalismus zu erklären. Ein Klischee reiht sich ans andere: Von NGOs und ihrer fragwürdigen „Entwicklungshilfe“ bis zum Dalai Lama, der positiv und plakativ auftaucht und den unpolitischen und pseudofeministischen Mittelschichts-Tussen von Pussy Riot, die natürlich von der Präsidenten-Mischpoke hofiert werden. So stellt sich Hillary Clinton den modernen Kapitalismus vor. Die Armen brauchen mehr Geld usw. – eine Robinhoodisierung der Systemfrage, wie sie hier auch die „Linke“ betreibt: den Reichen nehmen und denen da unten geben. Machiavelli für Kinder eben.

Mich amüsiert, dass in „House of Cards“ die „Volksmassen“, in deren Namen agiert und Politik gemacht wird, nur als dumpfer Pöbel auftaucht, der sich beliebig manipulieren lässt – für jeden Zweck. Das müsste sich hier jemand trauen: Parteitage nur als Kulisse, was sie sind, darzustellen, und oben drüber groß das Motto: „Inhalte überwinden“. Das würden die öffentlich-rechtlichen Anstalten nie zulassen. Wo bliebe der volkserzieherische Auftrag?

Die US-Amerikaner sind offenbar künstlerisch weiter. Als marxistisch geschulter Zyniker werde ich natürlich jetzt erst recht neugierig. Was sagt es über den Stand der Klassenkämpfe aus, wenn die Mittelklasse, für die solche Serien gemacht sind, mit bloßem Entertainment à la Förster vom Silberwald nicht mehr zufriedengestellt werden kann? Mittelklasse deshalb, weil die gesamte Ikonografie inklusive der Kostüme passt wie das kleine Schwarze auf den Hintern eines Mädels aus der Werbebranche. Alle Frauen tragen immerzu Stöckelschuhe, alle sind, auch wenn sie fluchen, höflich. Ich hörte gefühlt eine Milliarde Mal „thank you“. Das wird nie, nie vergessen. In Wahrheit fällt niemand aus der Rolle, sogar beim Morden. Natürlich sagt in „House of Cards“ niemand nigger. Und, was unbedingt im Sinne der political correctness sein muss: Eine Weiße hat sogar Sex mit einem Schwarzen. Man vergewissert sich gegenseitig – Filmemacher und Publikum -, dass man das nicht als Skandal sieht. Donald Trump würde nicht hineinpassen: Der missachtet zwar nicht die Regeln der herrschenden Klasse, aber die Verhaltenskodices und den unausgesprochenen common sense, was vermutlich einer der Gründe der unteren Klassen ist, ihn zu wählen. Die tun das bekanntlich auch nicht.

House of cards

Polit-Serien tragen so zur Reproduktion eines liberalen und instrumentalistischen Bilds von Politik bei, wenn man die Forschung zum Einfluss popkultureller Darstellungen auf politische Einstellungen betrachtet. Damit fügen sich Polit-Serien, wie auch die Politikwissenschaft, in ein Politikverständnis, das antipolitischen Ressentiments Vorschub leisten kann.

Jetzt eine Gegenrede. Mir fehlt das Thema Charaktermaske. Das politische Geschehen ist zu sehr das Ergebnis dessen, was die „Spieler“ wollen und ihrer Interaktion. Der Illusion entsteht, dass man nur „gute“, womöglich ehrliche Politgestalten brauchte, um etwas zu ändern. In „House of Cards“ bestimmt das Bewusstein das Sein und nicht umgekehrt. Alle sind immer so, wie sie immer waren, schwere oder leichte Kindheit, je nachdem. Spannend wäre zu erfahren, ob jemand, der „von unten“ käme, sich anpasste(n) (müsste) oder nicht.

Mich lässt die Serie irgendwie kopfkratzend zurück: Müsste die Linke (nicht die Partei) so machtversessen, intrigant, zynisch und korrupt sein, um an der Macht bleiben zu können? Sollte sie das moralische Gesülze (Frieden! Keine Kriege!) einfach lassen, weil man die Herrschenden nur mit deren eigenen Mitteln schlagen kann? Man müsste Lenin fragen.

Oder wir warten, bis endlich Im Namen des Volkes mit englischen Untertiteln bei Netflix oder Amazon gestreamt wird. Ich fürchte, das wird nicht geschehen.

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Nicht süß

burks

Vielleicht sollte ich ein Mädchen werden. Hat aber nicht funktioniert. Süß bin ich auch nicht mehr. (1953)

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Chichén Itzá

chichen itzachichen itzachichen itza

Chichén Itzá, Mexiko, fotografiert am 18.10.1979. Die beiden unteren Fotos zeigen den Caracol („Schneckenturm“), ein Observatorium der Maya.

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Im Wald, die Räuber

räuberbanden
Source: Uwe Danker: Räuberbanden im Alten Reich um 1700, 2 Bände. Ich bin schon nach den ersten 30 Seiten ganz begeistert…

Nehmt dies, Clans in Neukölln!

„Die Geschichte des Räubertums ist daher ebenso eine Sittengeschichte des des Bürgertums, wie eine Sittengeschichte der Polizei.“ (Friedrich Avé-Lallemant: Das Deutsche Gaunerthum. Leipzig, 1862)

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Heringsfürze und anderes

herrings fart

– Neu ist die Erkenntnis nicht: Heringe kommunizieren durch Fürze. Das muss irgendwie dem Geräusch ähneln, das U-Boote machen. So denken offenbar die Schweden.

– Benutzt hier jemand Telegram? „Trotz des hippen Images ist der angeblich sichere Messenger Telegram in Bezug auf Privatsphäre eine Katastrophe.“ Ach.

– Es gibt einen neuen Impfstoff gegen COVID-19. Der ist besser und billiger und wird deshalb vermutlich nicht benutzt werden.

– Aus der Rubrik: Die „freie Marktwirtschaft“ – auch bekannt als Kapitalismus – macht uns alle reich und glücklich: In Guatemala brennt das Kongressgebäude.
Der Tagesspiegel schreibt: „Das guatemaltekische Parlament, das von Giammatteis Partei und deren Verbündeten dominiert wird, hatte diese Woche das Milliardenbudget verabschiedet. Es bürdet dem Land hohe Schulden auf. Außerdem fließt das meiste Geld in von Privatunternehmen verwaltete Infrastruktur und nicht in die Bekämpfung der in Guatemala weit verbreiteten Armut. 59,3 Prozent der 17 Millionen Einwohner Guatemalas leben in Armut, rund die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.“

– Die Giordano-Bruno-Stiftung fordert nicht zum ersten Mal, den Blasphemie-Paragrafen abzuschaffen. Das werden die Grünen aber nicht mitmachen.

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Schwesterchen und Brüderchen

sister and brother

Schwesterchen und Brüderchen aus Elorza im Süden Venezuelas, fotografiert 1998.

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