Çatalhöyük
Gestern war ich in Çatalhöyük. Natürlich nicht real, sondern nur virtuell. Der Besuch dauerte eine halbe Stunde, war gratis und interessant, und ich habe etwas gelernt. Was will man mehr. Wer das Wort noch nie gehört hat: „Çatalhöyük ist eine in der heutigen Türkei ausgegrabene Siedlung aus der Jungsteinzeit. Sie liegt knapp 40 km südöstlich der Stadt Konya auf der Hochebene Anatoliens und hatte mehrere tausend Einwohner.“ Die Wissenschaftler bieten eine 3D-Version der steinzeitlichen Stadt in Second Life an, inklusive eines „Lehrpfades“ über den Brand eines Hauses und den damit verbundenen Skelett-Funden.
Natürlich haben wissenschaftliche Blogs, Websites wie die der Stanford University und staatliche Institutionen in den USA ausführlich berichtet – im Sommer 2009. Thema: „Second Life as an Archaeological Tool“. Wenn man Aufwand und nicht nur den pädagogischen Nutzen gegeneinander aufrechnet, ist Second Life unschlagbar.
Deutsche Medien? Fehlanzeige – oder ein halbes Jahr später wie Spiegel Offline; dort hat man noch nicht einmal die Website des Projekts verlinkt. Quod erat demonstrandum. Das ist nur noch peinlich. Second Life? Da war doch etwas mit Kinderpornografie? Also Kopf ab zum Gebet und anschließend in den Sand damit. Igitt. Das ist ja Zukunft und SciFi. Damit wollen wir als deutsche Medien nichts zu tun haben. (Für die Blogs gilt das übrigens auch. Der Blogger-Apfel fällt nicht weit vom Holzmedien-Stamm.)
Leider wird die 3D-Präsentation auf der Website des Projekts nicht erwähnt (ich habe nichts dazu gefunden). Die SL-interne Suchmaschine wird bei „catalhoyuk“ nicht fündig, sondern nur, wenn man den Namen der Firma kennt, die Çatalhöyük 2.0 realisiert hat oder wenn man sich mühsam über „turkey“ die Ergebnisse entlanghangelt (vgl. vorletzter Screenshot: das Ergebnis der SL-internen Suchmaschine im Second-Life-Client). Das ist schlicht lieblose Schlamperei der Firma, die den Auftrag ergatterte. Höflich wäre es auch gewesen gewesen, das türkische Wort Türkiye als Tag aufzunehmen.
By the way: Ich will endlich Troia in Second Life sehen!
Off- und Onliner
Jeder blamiert sich so gut wie er kann. Spiegel Offline (nein, kein Link, ich weiß nicht, wie das geht. SCNR) berichtet über den Ehemann der Wagenknecht und dessen Blog, verzichtet aber auf einen Link dahin, sondern bietet nur einen Sceenshot an. Dümmer gehts nimmer.
Wenn ihr wissen wollte, was Online-Journalismus ist, meidet Spiegel Offline, sondern lest Heise, z.B. über den iPad.
Humourless Germans
Sorry, ich muss dieses lustige Thema hier erwähnen, weil deutsche Medien keine Links setzen und ich fünf Minuten brauchte, um die jeweiligen Artikel zu finden. Englische Medien bezeichnen die neuen Trikots der deutschen Fußball-Nationalmannschaft als „Nazi-Hemden“, der Ausstatter Adidas sei „einen Stechschritt zu weit gegangen“. Ich habe mich beim Lesen gekringelt vor Lachen. Man kann das Augenzwinkern der Briten spüren, wie sie die Deutschen zu den Reaktionen provozieren, die man nicht anders erwarten kann.
Lob und Preis wie gewohnt bild.de: DIE SETZEN LINKS INS INTERNET! Sogar auf das Original: Deutschland bringt die Schwarzhemden zurück“. Der Artikel ist jedoch zum Totlachen: „Die Zeitung ‚Daily Star‘ sorgte am Donnerstag für die größte Geschmacklosigkeit der WM-Geschichte“. Für Geschmacklosigkeiten war bekanntlich vor allem Bild in Deutschland zuständig. Vermutlich ärgern die sich nur, dass die Briten darin besser sind.
N-TV: „Blitzkrieg auf dem Boulevard“ – der Artikel ist relativ lässig, aber verzichtet auf Links. Die Süddeutsche („Traditionell geschmacklos“) ist linkfrei. Die Hamburger Morgenpost („Engländer hetzen gegen deutsches WM-Trikot“) auch. Geht sterben, Holzmedien, wenn ihr mit dem Internet und mit britischem Humor nichts anzufangen wisst.
Ausstiegsprogramm für gemäßigte Blogger
Carta: „Die Lage im Internet wird immer prekärer. Trotz der Aufstockung der verlegerischen Einsatzkräfte ist der Kampf gegen ‚Webkommunisten‘ (Mathias Döpfner) und ‚Webmaoisten‘ (Jaron Lanier) im fernen Blogistan kaum zu gewinnen. Der Bundesverband der Zeitungsverleger fordert deshalb ein ‚Ausstiegsprogramm für gemäßigte Blogger‘.
Das Nullum und die Linksetzer
Ein Satz in einem Heise-Artikel ließ mich stutzig werden: „Allerdings war die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) schon früher der Auffassung, dass sie auch für „Admin-C, Suchmaschinenbetreiber, Plattformbetreiber, Linksetzer und Anbieter von fremden Inhalten zuständig sei.“ Ich wollte wissen, ob ein Linksetzer eine neue Berufsgruppe ist: Was könnte eine typische Handbewegung sein beim „Heiteren Berufe-Raten„?
Das hatte ich bisher völlig übersehen – Wikipedia schreibt über die ominöse Kommission der Jugendschutzwarte: „In der Rechtsliteratur wird die auch Meinung vertreten, dass die KJM eine verfassungswidrige Mischbehörde aus Vertretern des Bundes und der Länder sei und somit als juristisches Nullum anzusehen sei.“
Es sollte den Rezipienten dieses Blog klar sein, dass ich diese Kommission ungefähr so sinnvoll halte wie den Verfassungsschutz. Man könnte beide Behörden ersatzlos streichen, ohne dass es irgendjemandem unangenehm auffiele oder ohne dass das Abendland unterginge oder andere ernsthafte Schäden davontrüge.
Die Jugendschutzwarte hierzulande haben sich den vorgeblichen „Schutz“ der „Jugend“ schlicht als Geschäftsfeld erschlossen. Moral dient dazu, Profit zu machen. Das ist die Grundidee des Kapitalismus.
„Dabei ist jugendschutz.net bzw. die ‚LPR Trägergesellschaft für jugendschutz.net GmbH‘ eine der wenigen Firmen, die es geschafft haben, in einem Gesetz erwähnt zu werden. Dennoch hat sie keine tatsächlichen exekutiven Kompetenzen, aber sie ‚unterstützt‘ die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) bei deren Aufgaben.“ Noch spannender finde ich die Tatsache, dass außer der c’t es kein deutsches Medium es bisher gewagt hat, sich mit dem Thema unbeliebt zu machen, indem man die finanziellen Interessen der Jugendschutzwarte recherchiert und offenlegt. Wenn es eine „Gleichschaltung“ der Medien in demokratischen Staaten gibt, dann hier – ein unausgesprochener Konsens aus Faulheit, Dummheit und mangelnder Courage, gegen den bequemen Mainstream zu schwimmen.
„Das genaue Budget wird in Mainz nicht verraten; auch der Jahresbericht enthält dazu keine Angaben. Auch über die Rechtsform schweigt sich die Webseite aus.“ Interessiert das jemanden? Nicht wirklich. „Die Landesmedienanstalten, die EU, verschiedene Ministerien und so weiter vergeben Beratungs- und Projektaufträge, die einen Großteil der Mitarbeiter von jugendschutz.net finanzieren.“ Aha. Jugendschutz ist alse eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme auf pseudo-moraltheologischer Grundlage. Wer darüber rational diskutieren will, stünde auf verlorenem Posten wie jemand, der sich während der Prohibtion in den USA für die Freigabe von Alkohol ausgesprochen hätte.
Da wir schon mal dabei sind – hier eine Pressemeldung zum Thema „Vorwurf der Täuschung gegen die Landesmedienanstalten“. Leider habe ich keine Quellen oder gar Links zu der Rechtsliteratur gefunden, die im Wikipedia-Artikel erwähnt wird. Vielleicht kann mir jemand weiterhelfen.
Übrigens ist der Text auf der Website der FSM irreführend, aber typisch deutsch: „Nach den allgemeinen Regelungen im Strafrecht kann sich der Setzer von Links nach den gesetzlichen Vorschriften über die „Teilnahme“ strafbar machen.“ Es ist also alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist? Hier lesen wir mehr über die juristischen Details des „Linkssetzens“. (Vor zehn Jahren war ich Betroffener.)
By the way: Ich habe seit zwei Tagen nichts Vernünftiges gegessen, weil das mein Magen nicht aushielt. Ich muss mich noch ein wenig ausruhen.
Emerald und nVidia
Für Second Life nutze ich unter Linux jetzt den Emerald-Viewer. Der ist erheblich besser und bietet auch mehr Features als der Linux-Viewer, den Lindenlab per default anbietet. Auch der Zahl der Abstürze hat sich auf ein erträgliches Maß verringert.
Tipp: man sollte auf keinen Fall den nVidia-Teiber Version 185 aktivieren (wenn man eine nVidia-Grafikkarte hat), sondern die ältere Version 174. Die neueste nVidia-Treiber-Version läßt Second Life garantiert in kurzer Zeit abstürzen. Darauf muss man erst einmal kommen (trial and error und danke, Gunter…).
Bettruhe
Ich bin gerade ein bisschen krank und liege im Bett. Der Magen, irgendetwas ist mir nicht bekommen.
Aus- und Einsteiger
Die Nachrichten aus Afghanistan und was die Medien daraus machen kann ich nur noch mit Kopfschütteln ansehen und lesen. Die korrupte „Elite“ am Hindukusch bekommt aus Steuergeldern mehr als 200 Millionen Euro, und Merkel tönt, sie „vertraute“ dem De-Facto-Bürgermeister von Kabel, der sich Präsident schimpft. Ist das Realsatire, das Neueste aus der Anstalt oder Volksverdummung?
SpOn schreibt: „Deutschland will sich auch an dem seit dem Wochenende hitzig diskutierten Aussteigerprogramm für Taliban beteiligen. Das Programm soll von der afghanischen Regierung durchgeführt werden und reuigen Taliban eine Ausstiegschance bieten, konkret sollen ihnen Jobs, Ausbildung und finanzielle Hilfen angeboten werden. “
Bruhaha. Es schüttelt mich aus vielen Gründen. Der Fetisch „Aussteigerprogramm“, eine Art Exorzismus gegen das jeweils Böse, geistert auch beim Thema regierungsamtlicher Antifaschismus durch den Blätterwald. Erfolg: Null. Die Taliban sind ein Teil der afghanischen Gesellschaft, und das hat seine Gründe, die, wie man aus 200 Jahren afghanischer Geschichte weiß, nicht in Armut und Not liegen. Reue! Was sollen sie denn bereuen? Das sie Muslime sind, dass sie Gewalt angewendet haben, die in einer Gesellschaft aus Warlords allgegenwärtig ist – und das schon seit Hunderten von Jahren? Vielleichten sollten die neokolonialen „Schutztruppen“ einfach bereuen, das sie unter fadenscheinigen Vorwänden einmarschiert sind. Die Afghanen können sich nur selber „helfen“, und der Nachbarstaat Pakistan ist der letzte, der das begrüßen würde.
Jetzt die Einsteiger. Bei der Partei Die Linke gibt es jetzt ein vorbildliches Führungskollektiv. Das gibt es immer, wenn man sich nicht entscheiden kann, es niemanden gibt, der geeignet wäre oder ein Machtkampf wegen eines Patts nciht entschieden werden kann. Sowohl Klaus Ernst als auch Gesine Lötzsch (wie hieß die noch mal gleich?) sind typische Apparatschiks, die immer nur in parteiähnlichen Organisationen gelebt und gedacht haben. Dann wollen sie noch die unsägliche Faseltante Wagenknecht dabeihaben.
Was haben diese Leute nur alle für stromlinienfärmige Biografien…. Auf jeden Fall wird es ohne Lafontaine erheblich langweiliger.
Heute schon Pornos geschaut?
Carsten Knobloch fragt: „Heute schon Pornos geschaut?“ – „Einfach DidYouWatchPorn besuchen und den Test machen.“
Wer NoScript für Firefox benutzt, ist natürlich sicher. Die Website liest die History des Browers aus, aber nur dann, wenn Javascript eingeschaltet ist. Dödel machen das. HistoryBlock wäre auch eine Idee.
Überdurchschnittlich konspirativ
„Der Angeschuldigte ist dabei … überdurchschnittlich konspirativ vorgegangen, so dass die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass die Strafgewalt des Strafrichters nicht mehr ausreicht.“ Udo Vetter im law blog: „Was hat der Betreffende gemacht? Er ging grundsätzlich über einen Anonymierungsdienst ins Netz, der die eigene IP-Adresse verschleiert.“
Terror-Hysterie
Der angebliche Sprengstoff-Laptop war gar keiner und das Ganze ein kompletter Fehlalarm. „Der wegen Sprengstoffbesitzes verdächtigte Mann passierte die Kontrolle nach dem Polizeieinsatz sogar noch mal.“ Was soll man dazu noch sagen. Man muss ja froh sein, dass Bosbach und Konsorten keine einstweiligen Erschießungen fordern.
Die Sauerland-Terroristen sind auch keine mehr oder nur so halb.
Wikipedia zum Thema: „Massenhysterie ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für eine starke emotionale Erregung in großen Menschenmengen,… (…) Auch der Hexenwahn des Mittelalters und andere massenhaft auftretende Ängste (etwa die Kommunistenangst im McCarthyismus) werden häufig als Massenhysterie bezeichnet.“
Ich bezeichne auch die Diskussion über „Kinderpornografie im Internet“ und die Terrorismus-Diskussion in Deutschland als Massenhysterie, bei der die Medien teilweise mitspielen. Das musste mal ausgesprochen werden.
Nacktscanner
Warten of Gordot
„Gorean males are social dysfunctionals who base their rp [roleplay] around a series of sci-fi/fantasy books by John Norman. Despite the fact Norman’s prose makes L. Ron Hubbard read like Shakespeare, Goreans treat his pap like sacred writ. They do their best to base rp true to the Gorean ideal: doing fierce battle, flying around on winged lizards, and reducing women to a level of subservience impossible in actual slavery. All this while living in their parent’s basement.
Gorean males believe in Honor, spelled with a capital H, and use this to justify picking fights with every woman the encounter. If they lose the resulting fight, they complain bitterly in IMs and lay in a silent pout, thereby spoiling the ensuing RP. Needless to say, they never feel pain or fear.
Gor is every basement dweller’s fantasy, a world where sandwiches and pussy exist freely, and they all look like and act like wrestlers and people from West Coast Choppers.“
By the way: Wer sitzt da eigentlich vor der virtuellen Kneipe und was macht der da? Und ist das etwa eine High-Tech-Armbrust? Ich habe übrigens Harbinger gegen Primus getauscht. Schießt schneller.
Reality reloaded und Halbhaitianer
Natürlich ist es einfach zu bloggen. Man schreibt einfach was hin und schon ist es im berühmt-berüchtigten Internet. Aber was, wenn man gar keine Lust hat? Ich habe mir das Recht genommen eine kleine Pause einzulegen. Keine Sorge alswo: Ich bin nicht in einer Anstalt und meine Telefonrechnung ist auch bezahlt.
Neulich las ich eine Zeitung, Ja, so etwas gibt es noch. Ich wollte nur sehen, ob ich etwas vermisse, wenn ich keine Holzmedien konsumiere. Schaun mer mal den Tagesspiegel vom 19. Januar: Haiti.
Warum ist Haiti eigentlich nicht wie Japan? Warum muss ich überhaupt von so genannten Naturkatastropen etwas erfahren? Vor 500 oder vor 2000 Jahren gab es die auch schon, aber keine Hilfsorganisationen oder gar die US-Marine, die irgendwo aufkreuzt. Ein paar zynische Zwischenfragen allgemeinphilosophischer Natur: In Japan sind die Häuser erdbebengesichert, ein Beben dieser Art würde nicht derartige Schäden kosten oder gar so viele Menschenleben kosten wie in Haiti. Japan ist reicher und kann das bezahlen. Warum ist Japan eigentlcih reicher – ist doch auch nur eine Insel?
„Haiti, die erste unabhängige Republik von Schwarzen und Mulatten, engagierte sich für die Abschaffung der Sklaverei und unterstützte auch Venezuela, Peru und Kolumbien bei ihrem Unabhängigkeitskampf unter Revolutionsführern wie Bolívar und Miranda.“ Ich habe ein sehr schönes Buch hier von Hans Christop Buch: „Die Scheidung von San Domingo – Wie die Negersklaven von Haiti Robesspiere beim Wort nahmen“ (erschienen 1976 bei Wagenbuch). Haiti hat eine einzigartige revolutionäre und freiheitliche Tradition. Was ist also schief gegangen?
Bei Wikipedia kann man die Details nachlesen, die aber nichts erklären: „ein Panorama an Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Wahlbetrug, kriminellen Banden, Drogenhandel und die Bereitschaft, Konflikte gewaltsam auszutragen.“ Die Verehrung höhere Wesen hilft offenbar nichts: „Laut einer Zählung der Vereinten Nationen gehören 54,7 % der Einwohner Haitis der römisch-katholischen Staatskirche an, 15,4 % sind Baptisten, 7,9 % Pfingstler, 3,0 % Adventisten, 1,5 % Methodisten, 0,7 % Anglikaner, 0,18 % Zeugen Jehovas[11] und 0,07 % Mormonen. Eine kleine Gemeinde bilden die rund 3.000 Mitglieder der Neuapostolischen Kirche.“
Ich spende sowieso nicht. Wenn ich ein blöde grinsenden Gesicht eines B- und C-Promis sehe, der jetzt für Haiti gespendet hat, kotzt mich das an. Wer hilft, sollte das Maul halten. Tu Gutes, aber rede nicht drüber. Alles andere ist reine Heuchelei. Die Nachrichten von der Katastrophe hätten höchstens einen voyeuristischen Unterhaltungswert für mich. Was ist also Japan anders? Darüber muss ich mal nachdenken.
Kackbraune Kameraden: Nur noch gute Nachrichten. Die NPD ist gespalten, aber das war sie schon immer. Sie wollen gegen den Islam hetzen. Dann sollten sie mal bei Mohammed Amin al-Husseini anfangen, dem selbst ernannten „Großmufti von Jerusalem und Busenfreund Hitlers.
„Bezirke gemeinsam gegen Nazis.“ Riecht schon von weitem nach einer Lichterkette. „Kern der deutschlandweit einmaligen Absprache ist es, dass alle Bezirke einen neuen Mietvertrag bei der Vergabe von öffentlichen Räumen nutzen. Darin werden rassistische, antisemitische und antidemokratische Äußerungen explizit untersagt.“ Also Zensur. „So wollen die Bezirke laut der Vereinbarung auch private Vermieter bitten, einen Zusatz in ihre Verträge aufzunehmen, der die Nutzung der Räume durch Rechtsextreme oder den Verkauf von Szeneartikeln ausschließt.“ Aha. Wenn ich also in Zukunft einen Mietvertrag unterschreibe, muss ich einen Gesinnungs-TÜV durchlaufen, beim örtlichen Jugendschutz- oder Blockwart? Oder holt der Vermieter eine Gutachten beim Verfassungschutz ein? Warum schreit niemand laut auf, wenn er diesen groben Unfug hört? Weil Zensur gegen die Bösen zur deutschen Leitkultur gehört. Wer die Bösen bestimmt („extrem“) steht im Kleingedruckten.
Dann habe ich gaaaanz viele Artikel nur flüchtig überlesen (ich saß in der U-Bahn und es war keine schöne Frau da, die ich hätte anstarren können). „Zug überfüllt. Leute mussten aussteigen.“ Ja, wir sind in der Hauptstadt Deutschlands, aber die Bahn, inklusive S-Bahn, bemüht sich redlich, das Niveau Haitis anzustreben.
Ein kluger Mensch und Unternehmer gibt ein kluges Interview. Ich las es. Er hat die Grünen mit gegründet, sich aber jetzt zurückgezogen. Ich sagte es: ein kluger Mensch.
Letzte Seite. „Voodoo-Priester in Haiti haben gegen die Beisetzung der Opfer in Massengräbern protestiert. „Es entspricht nicht unserer Kultur, Menschen auf diese Art zu begraben“, sagte der führende Priester Max Beauvoir. Nun, die Katholen finden Massengräber auch nicht so toll. Was soll der Quatsch? Und wann ist ein „Priester“, gar ein „Voodoo-Priester“ – „führend“?
Schöne Bildunterschrift zu einem Artikel der Printausgabe: „Johnny Bernard aus Berlin ist halb Haitianer.“ Und die andere Hälfte? Halb Deutscher? Oder nur ein halber Neger, also ein Halbblut im Sinne Karl Mays?
Also nein. Zu welchem Niveau wollen die mich eigentlich verdammen? Ich lese doch lieber das Internet.
Mein Gott Mohammed!
Aus gegebenem Anlass und um das neue Jahr nett zu beginnen poste ich hier einen Artikel, den ich am 26. Januar 2006 auf spiggel.de veröffentlich hatte.
Man sollte sich den Paragrafen 166 unseres Strafgesetzbuches durchlesen: Wer öffentlich den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpfe, die geeignet sei, „den öffentlichen Frieden zu stören“, werde mit einer „Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Wer in agressiver Weise die Verehrung höherer Wesen propagiert, beschimpft also meine atheistische Weltanschauung und wird bestraft. Nein? So ist das nicht gemeint? Schon klar, wer fromme Märchen und Legenden verkündet, wird hierzulande privilegiert. Deutschland ist bekanntlich nur auf dem Papier ein säkularer Staat: Sogar christliche Politiker fordern, den Aberglauben zum Beispiel der islamischen Art zwangsweise in den Schulen zu predigen.
In Dänemark hat jetzt eine Zeitung Mut bewiesen und das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit beispielhaft praktiziert. Die Welt fasst den Fall vorzüglich zusammen. Die Jyllands-Posten hatte ein Dutzend Karikaturen des Propheten Mohammed abgedruckt. Jetzt spielen viele Muslime die beleidigte Leberwurst.
Der Islam und das Judentum verbieten ihren Anhängern, das jeweils höhere Wesen und im ersten Fall auch deren prominente Verkünder abzubilden. Das mag theologisch sinnvoll sein, für Heiden gilt diese Vorschrift natürlich nicht. Das sehen die religiösen Fanatiker anders. Deshalb gibt es Zoff – in vielen islamischen Ländern randalieren die Muslime gegen Dänemark.
Die Jyllands-Posten hat sich nicht beeindrucken lassen. Chapeau, liebe Kolleginnen und Kollegen – meine Verehrung und solidarische Grüße nach Dänemark! Eine deutsches Medium hätte sich natürlich nicht getraut, eine Karikatur Mohammeds zu publizieren. (PS. Die Welt hat es getan. Bravo!) Die christliche Lobby sitzt dafür zu fest im Sattel und in den Rundfunkräten. Die Damen und Herren Sesselpupser wissen genau: Wenn es darum geht, die Interessen der Religion gegen Vernunft und Aufklärung zu vertreten, dann muss man zusammenhalten, auch wenn man jeweils unterschiedliche Formen des Aberglaubens praktiziert.
Man muss sich die Idiotie, die jetzt von islamischer Seite verbreitet wird, nur genauer ansehen: Die Kuweitis wollen dänische Produkte boykottieren. Die Heuchler haben sich aber gern von den „dekadenten“ Amerikanern von ihrem islamischen Glaubensbruder Saddam Hussein befreien lassen. Focus fabuliert über den „Tonfall“, wie es sich für ein deutsches Medium gehört – hier geht es ja oft darum, wer was wie sagen darf oder nicht. Besonders dreist ist es, wie die taz knapp zusammenfasst, dass die „Organisation der Islamischen Konferenz „eine Entschuldigung der dänischen Regierung“ fordert, „weil sie die Veröffentlichung der Karikaturen im September weder verhindert noch unzweideutig verurteilt habe.“ Diese „Konferenz“ braucht Nachhilfeunterricht: Die Regierung in Demokratien hat weder das Recht noch die Pflicht, auf die Medien Einfluss zu nehmen. Man merkt doch gleich, wes Geistes Kind diese muslimische Mischpoke ist.
Woran denkt man, wenn religiöse Fanatiker der christlichen, muslimischen oder jüdischen Sorte die Demokratie und ihre Prinzipien angreifen? An Salman Rushdie natürlich und seine Satanischen Verse. Wikipedia: „Durch die in den Alpträumen eines Protagonisten widergespiegelte Darstellung des Lebens des Propheten Mohammed fühlten sich viele Muslime in ihren religiösen Gefühlen verletzt – die meisten freilich ohne das Buch überhaupt zu kennen, da es weder leicht zu lesen noch wohlfeil erhältlich und obendrein von islamischen Geistlichen verboten war. Am 14. Februar 1989 verurteilte der iranische Staatschef Khomeini Rushdie mittels einer Fatwa zum Tode, weil das Buch gegen den Islam, den Propheten und den Koran sei. Khomeini rief die Moslems in aller Welt zur Vollstreckung auf. Um die Durchführung zu beschleunigen, wurde ein Kopfgeld von 3 Millionen US-Dollar ausgesetzt.“
Und was geschah darauf in Deutschland? Drei Mal dürfen Sie, liebe wohlwollende Leserin und lieber geneigter Leser, raten: „In Deutschland wagte kein einzelner Verlag, die Satanischen Verse zu verlegen. Gleichzeitig wurde es als Akt der Verteidigung der Menschenrechte gesehen, die Publikation sicherzustellen. Schließlich gründete eine Arbeitsgemeinschaft der deutschen Verlage einen neuen Verlag mit Namen „Artikel 19 Verlag“ (dem Artikel, der in der europäischen Menschenrechtskonvention das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zusichert), dessen einziger Zweck die Herausgabe der Verse war.“ Die Deutschen sind eben von Natur aus feige und Duckmäuser, und die Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ganz so, wie es Wikipedia steht, war es nicht: Der „Artikel 19 Verlag“ bestand aus einigen Verlagen, aber vor allem aus Einzelpersonen, die den Kopf dafür hinhielten, dass Salman Rushdies Werk auch in deutscher Sprache erscheinen konnte. Übrigens: Ein gutes und interessantes Werk – lesenswert!
Und da bin ich nun, wie ein Ost-Pfarrer das formulieren würde, persönlich „betroffen“. Ich gehöre mit zu den Personen, die die „Satanischen Verse“ herausgaben, der einzige Schröder neben Gerhard. Und wenn mir heute wieder ein durchgeknallter Verehrer höherer Wesen, sei er Christ, Jude oder Moslem, dumm käme, und sich beleidigt fühlte, weil ich mich über Religion lustig mache, würde ich mich nicht anders verhalten als damals. Jetzt erst recht – es ist mein gutes Recht! Kirchen zu Turnhallen!
Abbildungen: Jylland-Posten (oben), haganah.us (unten). Die anderen Fotos zeigen vermutlich doch nicht den Propheten Mohammed, aber ganz ausschließen kann man natürlich nichts.