Wer wen? Oder: Allgemeine Organisation der Arbeiter im Land [bitte selbst ausfüllen]

protests israel
Aktueller Klassenkampf in Israel, Tel Aviv

In political science, the term Class conflict (also class struggle, class warfare, capital-labour conflict) identifies the political tension and economic antagonism that exist among the social classes a society, because of socio-economic competition for resources among the social classes, between the rich and the poor.

Die geschätzte Leserschaft sei angehalten, sich mit den aktuelle Klassenkämpfen in verschiedenen Ländern zu beschäftigen und zu vergleichen, die Struktur betreffend, was ähnlich und was verschieden sei. Ich empfehle: Frankreich, Israel (כוח לעובדים), China, Iran, Ägypten.

Wer wen? Wie organisieren die Leute sich? Wie kommunizieren sie? Was können die herrschenden Klassen dagegen tun?

Koach la’Owdim
Credits: Koach la’Owdim

Unstrittig ist, dass es in keinem der genannten Beispiele eine relevante linke Partei gibt, die den Kapitalismus abschaffen will bzw. wollte. China ist ein komplizierter Sonderfall – dort gibt es Klassenkampf, aber die Herrschenden dort können es sich langfristig – auch wegen des eigenen Anspruches – nicht erlauben, gegen die Interessen der Mehrheit zu handeln. Auch die – nur zeitweilig – erfolgreiche Revolution in Ägypten 2011 wollte nicht das System ändern, sondern den Ausschuss, der die Geschäfte der Bourgeoisie organisiert, neu besetzen, was zwar gelang, aber man kam vom Regen in die Traufe.

Braucht man also im Leninschen Sinne eine geschulte revolutionäre Avantgarde, die die empörten Massen in die richtige Richtung – zum Sturz des Systems – dirigiert? Nein, das ist nur ein romantischer Traum, der vielleicht unter ganz speziellen Umständen noch funktioniert, aber nicht im entwickelten Kapitalismus. Aber: Wenn die Linke kein Rezept und keinen Plan hat, was zu tun wäre, wenn der Weltgeist der historische Zufall sie an die Hebel der Macht spült, kann wird sie wie gewohnt kläglich scheitern.

class struggle china
Klassenkampf in China, Credits: Al Jazeera

Erst seit ein paar Jahren lässt sich die Kommunikation der da unten, wenn es um Rebellion geht, nicht mehr großflächig kontrollieren und im Zaune halten. China ist das beste Beispiel. Ich traue der Schwarmintelligenz aber nicht über den Weg; meistens ist es eher Schwarmdummheit, was am Ende rauskommt – der Herdentrieb aka Opportunismus siegt. Trotzdem ist das eine gute Nachricht.

In Frankreich ist es mir unklar, worum es eigentlich geht. Die Franzosen brauchen aber keinen Anlass, um zu streiken, sie tun es einfach, auch ohne Purifikationsrituale. Wenn man sich die Fotos anschaut, kann man sich vorstellen, dass der arabischstämmige Abschaum aus den Vorstädten, die politisch sehr durchwachsenen „Gelbwesten“, die extreme Sektenlinke und die Ultrarechte dabei sind, alle aus unterschiedlichen Gründen. Unsere „Linken“ würden gleich einen Nervenzusammenbruch erleiden beim Gedanken an diese „Mitstreiter“ gegen die Regierung und zu Hause bleiben und herumjammern, dass das Volk die erhabenen Weisheiten der klimatisch-genderistischen Partei nicht goutiert.

Ich weissage prophezeie, dass alle derzeitigen „Rebellionen“ welthistorisch ähnlich unwichtig sind und folgenlos bleiben werden wie die preußische Katoffelrevolution.

protests france
Klassenkampf in Frankreich, Bordeaux

Una Chica

chica venezuela

Mädchen aus Quibor oder El Tocuyo, Venezuela 1998.

Antisemitische Mischpoke und die junge Impotenz

„Sie täuschen sich, wenn Sie glauben, dass ich da was richten kann. … Es ist alles umsonst. Was ich Ihnen sagen könnte, das sind doch immer nur Gründe, logische und sittliche Argumente. Darauf hört doch kein Antisemit. Die hören nur auf den eigenen Hass und den eigenen Neid, auf die schädlichen Instinkte. Alles andere ist ihnen gleich. Gegen Vernunft, Recht und Sitte sind sie taub.“ (Theodor Mommsen (1817-1903), deutscher Historiker, Nobelpreisträger für Literatur, 1890 einer der Gründer des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus)

Was würde Mommsen zur heutigen BDS-Bewegung sagen? Vermutlich genau das noch einmal.

Mein Lieblingszitat: Den meisten von Mommsens Schülern gelang es nie, aus dem Schatten ihres übermächtigen Lehrers zu treten, zumal dieser auf die meisten von ihnen als „die junge Impotenz“ herabblickte.

PS: Ich verkneife mir, diesen Beitrag einschlägig zu bebildern.

Hinreichende Staatsferne

zervakis twitter

Die russische Propaganda (also automatisch voll gelogen) schrieb vor einigen Tagen: „Für Tageshonorare von bis zu 6.000 Euro (zuweilen wohl noch mehr) hatte die Regierung rund 200 Journalisten von ARD, ZDF und einigen großen Privatsendern in ihre Propaganda eingespannt. Diese „Qualitätsjournalisten“ hatten für Ministerien diverse Werbespots gedreht, Talkrunden moderiert, Interviews geführt oder Vorträge gehalten.“ (Der Link funktioniert nicht! Was kann ich tun?)

Ich habe mir das Original der Anfrage und die Antwort angesehen. (Wieso macht so etwas die AfD und nicht die Linke?)

Würde die Bundesregierung die Informationen freigeben, so wäre zudem zu befürchten, dass Kooperationspartner ihrerseits die Vertraulichkeit nicht oder nur noch eingeschränkt wahren würden. In der Konsequenz könnte es künftig zu einem Rückgang oder zum Wegfall zukünftiger Vertragspartner und in der Folge zu einem Wegfall der Erkenntnisgewinnung der deutschen Nachrichtendienste kommen. Zudem würde das Offenlegen von Vertragspartnern in Bezug auf vergütete Aufträge, Honorare oder sonstige Zahlungen (etwa für Moderation, Präsentation, Beratung, Expertisen, Interviews, Rhetorik- oder Sprachtraining usw.) durch den Bundesnachrichtendienst staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren eine belastbare Grundlage und einen erheblichen Mehrwert mit Blick auf deren Bestreben zur Informationsgewinnung bieten.

Dies alles würde dem deutschen Staatswohl zuwiderlaufen. Dies hätte signifikante Informationslücken und negative Folgewirkungen für die Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland zur Folge. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen. Dabei ist der Umstand, dass die Antwort nicht gegeben werden kann, weder als Bestätigung noch als Verneinung des angefragten Sachverhalts zu werten.

Das ist ja niedlich. Sie vergaßen noch zu erwähnen, dass die Bevölkerung verunsichert würde.

Reichelt mit seinem „Pleiteticker“ war offenbar derjenige, der das recherchiert hat. Das ist aber kein großes Geheimnis. Opportunismus ist eine Charaktereigenschaft, die in der Branche ab Werk eingebaut ist, vor allem in Deutschland. Die Anzahl der Journalistenpreise verhält sich zur Qualität der Berichterstattung reziprok proportional.

Man hört auch eine grandiose Erklärung der voll in die Branche integrierten Dame:: „Bei den von Ihnen benannten weiteren Veranstaltungen ist Linda Zervakis als Moderatorin, nicht als Journalistin, tätig geworden“. Schon klar. Ich blogge hier auch nicht als Journalist, sondern als Blogger.

Mittlerweile sind as olle Kamellen, und jeder geht zur Tagesordnung über. Und wenn ausgerechnet die Russen sich über die zu große Staatsnähe ihrer deutschen Kollegen mokieren, muss ich herzlich lachen.

Unter Nichtdenkenden

denken

Ich finde es praktisch, dass die hyperventilierenden höheren Klimatöchter eine eigene Partei gründen wollen. Das zwackt den Grünen einen hoffentlich relevanten Teil der kapitalismusrettenden Wähler ab. Jetzt muss nur noch die Wagenknecht auch eine Partei gründen, dann sind die identitären Genderlinken und die AfD kaputt. Wir leben in interessanten Zeiten!

Unter Selbstbetrügern oder: Was ich noch zu sagen hätte

dutschke vollmer
Demonstration gegen den Vietnamkrieg, 1968, vorn Rudi Dutschke, rechts neben dem Fotografen Antje Vollmer. Klaus Mehner/Bundesstiftung Aufarbeitung Nr. 70249790 (Rechte vorbehalten-freier Zugang)

Noch kurz zum Vermächtnis Antje Vollmers (danke, Harald!). Das interessiert natürlich niemanden, am allerwenigsten die kriegshetzenden Grüninnen, aber einige Details sollten diskutiert werden.

Es ist üblich geworden, zu Beginn jeder Erwähnung der ungeheuren Tragödie um den Ukraine-Krieg wie eine Schwurformel von der „Zeitenwende“, vom völkerrechtswidrigen brutalen Angriffskrieg Putins bei feststehender Alleinschuld der russischen Seite zu reden und demütig zu bekennen, wie sehr man sich geirrt habe im Vertrauen auf eine Phase der Entspannung und der Versöhnung mit Russland nach der großen Wende 1989/90. Diese Schwurformel wird wie ein Ritual eingefordert, wie ein Kotau, um überhaupt weiter mitreden zu dürfen. Die Feststellung ist ja auch nicht falsch, sie verdeckt aber häufig genau die zentralen Fragen, die es eigentlich zu klären gäbe.

Moment. „Zentrale Fragen“ hört sich gut an, im Gegensatz zu den oft erwähnten dezentralen Fragen. Ist nicht jeder Angriffskrieg „völkerrechtswidrig„? „Der Westen“ hält sich doch selbst nicht daran, vgl. die USA. Und gibt es auch Kriege, die nicht „brutal“ sind? Das ist wieder typisches moralinsaures und affirmatives Geschwurbel.

„Versöhnung“ zwischen Staaten? Mir ist schon klar, dass die neuen Mittelschichten, die das soziale Milieu der Partei „die Grünen“ prägen, die Klassenfrage gern ignorieren oder schlicht eskamotieren. Niemand hat sich mir irgendjemandem versöhnt, als die pseudosozialistischen Staaten zusammenbrachen. „Entspannung“ ist eine Illusion – lassen wir dazu ausnahmsweise den Genossen Trotzki zu Wort kommen, der sich auf Lenin beruft:
Kampf um die Märkte und Raub fremder Länder, das Bestreben, die revolutionäre Bewegung des Proletariats und der Demokratie im Innern der Länder zu unterbinden, das Bestreben, die Proletarier aller Länder zu übertölpeln, zu entzweien und abzuschlachten, indem man im Interesse der Bourgeoisie die Lohnsklaven der einen Nation gegen die Lohnsklaven der anderen Nation hetzt – das ist der einzige reale Inhalt, die einzige reale Bedeutung des Krieges. (Puls und Atmung noch normal?)

Krieg ist ein Feature des Kapitalismus, nicht ein Bug. Die Frage ist natürlich, mit welchen Mitteln je ein Kapitalist viele totschlägt.

Die Unfähigkeit, nach so umfassenden Umbrüchen andere gleichberechtigte Lösungen zu suchen, hat in dieser fatalen Überheblichkeit ihre Hauptursache. Vor allem aber wurde so das ungeheure und einzigartige Verdienst der sowjetischen Führung unter Michail Gorbatschow mit einer verblüffenden Ignoranz als gerngesehenes Geschenk der Geschichte eingeordnet: Die große Vorleistung des Gewaltverzichts in der Reaktion auf das Freiheitsbestreben der Völker des Ostblocks galt als nahezu selbstverständlich.

Über Gorbatschow kann ich nicht jubeln. Natürlich war auch er eine Charaktermaske, aber zusätztlich hat er sich übertölpeln lassen bei den Verhandlungen, ob und wie Deutschland wieder vereint werden sollte. Ich kann nicht einschätzen, ob er -aus ökonomischer Sicht – eine andere Optionen hatte als die Sowjetunion zusammenbrechen zu lassen.

Alle kundigen Zeitzeugen wissen genau, dass der Widerstand und der Heldenmut von Joachim Gauck, Marianne Birthler, Katrin Göring-Eckardt durchaus maßvoll war und den Grad überlebenstüchtiger Anpassung nicht wesentlich überschritt. Manche Selbstbeschreibungen lesen sich allerdings heute wie Hochstapelei. Sie verschweigen oder verkennen, was andere Kräfte zum großen Wandel beitrugen und dass mancher Reformer im System keineswegs weniger Einsatz und Mut gewagt hatte. (…) Fatal allerdings ist, dass dieser Teil der Bürgerrechtler heute zu den eifrigsten Kronzeugen eines billigen antirussischen Ressentiments zählt. Dies knüpft dabei bruchlos an jene Ideologie des Kalten Krieges an, die vom berechtigten Antistalinismus über den verständlichen Antikommunismus bis hin zur irrationalen Slawenphobie viele Varianten von westlichen Feindbildern bis heute prägt.

Full ack, Genossin Vollmer.

In unseren Medien verkörpert die Ukraine das Ideal und Vorbild einer freiheitsliebenden westlichen Demokratie heroischen Zuschnitts. Die Ukraine, so heißt es, kämpfe nicht nur für ihre eigene Nation, sondern zugleich für die universale historische Mission des Westens.

Das sind nicht „meine“ Medien, sondern die Lautsprecher der Kapitals aus der Mittelklasse, die den Echoraum für die Interessen der Herrschenden abgeben. (Was bin ich heute wieder radikal!)

Neben diesem Hang zum Heroischen und zur Selbsterhöhung liegt hier die Wurzel, die ich für den Grundirrtum einer europäischen Identität halte: das scheinbar unausrottbare Bedürfnis nach nationalem Chauvinismus. Jahrhundertelang haben nationale Exzesse die Geschichte unseres Kontinents geprägt. Keine Nation war frei davon: nicht die Franzosen, schon gar nicht die Briten, nicht die Spanier, nicht die Polen, nicht die Ukrainer, nicht die Balten, nicht die Schweden, nicht die Russen, noch nicht einmal die Tschechen – und schon gar nicht die Deutschen.

Dagegen kann man nichts einwenden. Nationalismus ist aber ein Symptom, keine Ursache. Die Nation im Kapitalismus ist immer ein politisches Konstrukt, das ausgenutzt wird, um zu verdecken, was die „zentralen Fragen“ sind. Der ukrainische Nationalismus hatte schon immer Schnittstellen mit faschistischen Ideen. Deswegen ist Antje Vollmers Satz aktuell, wird aber von ihren heute bis auf die Knochen völkischen Parteigenossen nicht akzeptiert werden:
Es ist ein fataler Irrtum, zu meinen, durch den Widerstand gegen die anderen imperialen Mächte gewinne der eigene Nationalismus so etwas wie eine historische Unschuld. Das ist Selbstbetrug und einer der folgenschwersten europäischen Irrtümer.

Die Menschen irren sich gern und mehrfach, aber jedes Mal mit anderem Personal.

Wirtschaftlich und politisch zahlen wir dafür einen hohen Preis. Der deutsche Wirtschaftsminister bemüht sich, die alten Abhängigkeiten von Russland und China durch neue Abhängigkeiten zu Staaten zu ersetzen, die keineswegs als Musterdemokratien durchgehen können. Die Außenministerin ist die schrillste Trompete der neuen antagonistischen Nato-Strategie.

Nein, „wir“ zahlen keinen Preis. Die Kosten der verfehlten Politik werden auf die kleinen Leute umgelegt. Die herrschende Klasse zahlt nie oder nur sehr selten.

Wenn mich nicht alles täuscht, steht Europa kurz vor der Phase einer großen Ernüchterung, die das eigene Selbstbild tief erschüttern wird. Für mich aber ist das ein Grund zur Hoffnung. Der so selbstgewisse Westen muss einfach lernen, dass die übrige Welt unser Selbstbild nicht teilt und uns nicht beistehen wird. Die eilig ausgesandten Sendboten einer neuen antichinesischen Allianz im anstehenden Kreuzzug gegen das Reich der Mitte scheinen nicht besonders erfolgreich zu sein.(…) Wie konnten wir nur annehmen, dass das große China und die Hochkulturen Asiens die Zeit der willkürlichen Freihandels- und Opiumkriege je vergessen würden? (…) Meine Hoffnung besteht darin, dass sich aus all dem eine neue Blockfreienbewegung ergeben wird, die nach der Zeit der vielen Völkerrechtsbrüche wieder am alleinigen Recht der UNO arbeiten wird, dem Frieden und dem Überleben des ganzen Planeten zu dienen.

Nein, das wird nicht passieren, weil es keine „Blöcke“ mehr gibt und auch keine konkurrierenden Systeme (China lassen wir weg, die Fragen nach dem Systemcharakter ist auf burks.de noch ungeklärt). Frieden und Kapitalismus ging noch nie zusammen – das werden die Grüninnen nie begreifen und das musste mal gesagt werden, weil mir danach ist.

Pariser Commune [Reprint]

commune

Heute ist der 152ste Jahrestag [das Publikum entscheide selbst über die Seriösität der verlinkten Quelle!] der Pariser Kommune. „On March 18, 1871, the workers of Paris rose up and declared a revolutionary Commune whose historical experience continues to resonate today. (…) The Commune was eventually defeated at the hands of the Versailles government, setting the stage for the bloody massacre of up to 30,000 Communards and unarmed citizens. But for all the force and vengeance the Versaillais could muster, the Commune did not die — the idea survived its “own working existence” and lived on, subterraneously, in the sacrifices of its martyrs, the aspirations of its survivors and the writings of its leading theoreticians.

Mehr lesen: Karl Marx: Der Bürgerkrieg in Frankreich“:
„Am Morgen des 18. März 1871 wurde Paris geweckt durch den Donnerruf: „Es lebe die Kommune!“ Was ist die Kommune, diese Sphinx, die den Bourgeoisverstand auf so harte Proben setzt?

„Die Proletarier von Paris“, sagte das Zentralkomitee in seinem Manifest vom 18. März, „inmitten der Niederlagen und des Verrats der herrschenden Klassen, haben begriffen, daß die Stunde geschlagen hat, wo sie die Lage retten müssen, dadurch, daß |336| sie die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten in ihre eignen Hände nehmen … Sie haben begriffen, daß es ihre höchste Pflicht und ihr absolutes Recht ist, sich zu Herren ihrer eignen Geschicke zu machen und die Regierungsgewalt zu ergreifen.“

Aber die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eignen Zwecke in Bewegung setzen. (-..)

Das stehende Heer und die Polizei, die Werkzeuge der materiellen Macht der alten Regierung einmal beseitigt, ging die Kommune sofort darauf aus, das geistliche Unterdrückungswerkzeug, die Pfaffenmacht, zu brechen; sie dekretierte die Auflösung und Enteignung aller Kirchen, soweit sie besitzende Körperschaften waren. Die Pfaffen wurden in die Stille des Privatlebens zurückgesandt, um dort, nach dem Bilde ihrer Vorgänger, der Apostel, sich von dem Almosen der Gläubigen zu nähren. Sämtliche Unterrichtsanstalten wurden dem Volk unentgeltlich geöffnet und gleichzeitig von aller Einmischung des Staats und der Kirche gereinigt. Damit war nicht nur die Schulbildung für jedermann zugänglich gemacht, sondern auch die Wissenschaft selbst von den ihr durch das Klassenvorurteil und die Regierungsgewalt auferlegten Fesseln befreit. (…)

Und doch war dies die erste Revolution, in der die Arbeiterklasse offen anerkannt wurde als die einzige Klasse, die noch einer gesellschaftlichen Initiative fähig war; anerkannt selbst durch die große Masse der Pariser Mittelklasse – Kleinhändler, Handwerker, Kaufleute -, die reichen Kapitalisten allein ausgenommen. (…)

Das Paris der Arbeiter, mit seiner Kommune, wird ewig gefeiert werden als der ruhmvolle Vorbote einer neuen Gesellschaft.“

Prohibitions strengthen communities

IDF
Credits: The Israel Democracy Institute

Am frühen Morgen sollten die Gehirne der Leserschaft in Wallung gebracht werden. Ich habe versucht mich schlau zu machen, was genau die Streitpunkte sind, um die sich die Politiker in Israel gerade balgen und warum Kompromisse zur Zeit nicht möglich zu sein scheinen. Ich glaube, ich habe etwas gefunden. Auch in Israel ist Politik natürlich – wie überall – schlicht Lobbyarbeit für die Gruppen, die einen gewählt haben.

Die Jerusalem Post schreibt: A third issue that reportedly was unresolved was the override clause, which would give any 61-MK majority the power to block a law from being submitted to judicial review. United Torah Judaism MKs were quoted in recent days saying that they would not remain in the coalition if the override clause did not pass. This part of the reform is especially important to the party, as it would enable the coalition to immunize laws that grant haredi (ultra-Orthodox) men an exemption from IDF service, and block the High Court from striking them down, as it has done in the past.

Das macht die Sache klarer. Die jüdischen Fundamentalisten wollen, dass für ihre Männer die Pflicht, den Militärdienst zu leisten, nicht in dem Maße gilt wie für säkulare Israelis und dass die Quote, die sie stellen müssen, nicht erhöht wird. Und sie wollen auch, dass das höchste Gericht dagegen nichts machen kann. Es geht hier um rund 1.2 Millionen Israelis, die zu diesen Ultraorthodoxen gehören. Tendenz steigend – und um Geld. Der Streit existiert seit einem Jahrzehnt: Seit 2012 müssen auch die Haredim zum Militär.

According to science: Israeli Ultra-Orthodox men study full-time in yeshiva until age 40 on average. Why do fathers with families in poverty choose yeshiva over work? Draft deferments subsidize yeshiva attendance, yet attendance typically continues long after exemption. Fertility rates are high (TFR = 7.6) and rising. A social interaction approach explains these anomalies.Yeshiva attendance signals commitment to the community, which provides mutual insurance to members. Prohibitions strengthen communities by effectively taxing real wages, inducing high fertility. Historically, the incursion of markets into traditional communities produces Ultra-Orthodoxy. Subsidies induce dramatic reductions in labor supply and unparalleled increases in fertility, illustrating extreme responses social groups may have to interventions.

Merke: Während die Mehrzahl der Wehrpflichtigen mit national-religiösem Hintergrund den normalen Militärdienst ableistet, wurde das Hesder-Programm seit seiner Einführung 1965 zunehmend beliebter. Das israelische Militär aber mag diese Ideen, gleichzeitig Soldat zu sein und den Talmud zu studieren – nicht besonders – in Elitetruppen werden die Religiösen nicht aufgenommen. Konflikte sind also vorprogrammiert.

Der Knackpunkt: Nach wie vor fehle ein Gesetz für die Wehrpflicht von Ultra-Orthodoxen. Ein neues Gesetz, das schrittweise steigende Rekrutierungszahlen und wirtschaftliche Sanktionen für Toraschulen beinhalte, würde die Bereitschaft zum Armeedienst erhöhen. Das oberste Gericht Israels hatte 2017 einen Zusatz zum Wehrpflichtsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Darin wurde den Haredim ein längerer Aufschub für ihren Militärdienst gewährt. Die ultra-orthodoxen Parteien reagierten damals „empört“ auf den Beschluss des Gerichts. Jetzt sind sie in der Regierung und wollen natürlich, dass so etwas nicht noch einmal passiert.

Die Politiker, die sich als Lobby für die Haredim verstehen, wollen auch, dass Ultra-Orthodoxe nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie sich nicht zum Militär melden. „In der Regel kommt es dabei zu einer Gefängnisstrafe von 30 Tagen mit anschließender Einberufung.“

Es werden zur Zeit ausnahmslos alle Ultra-Orthodoxen unter 24 Jahren eingezogen. Wird die gesetzliche Quote erfüllt, können Ultra-Orthodoxe ihren Dienst in den IDF bis zum Alter von 21 Jahren aufschieben, um Torah-Studien nachzugehen. Der Streit um den Dienst der Ultraorthodoxen hatte schon 2018 eine Regierung zerbrechen lassen.

Netanjahu hat sich übrigens bei diesem Thema in der Vergangenheit als äußerst flexibel gezeigt.

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Mesusa- Widmungszeremonie“ im „Albam Jüdischen Bildungs- und Familienzentrum“ Berlin-Wilmersdorf, 2004, ©burks.de

Ein marxistischer ökonomischer Ansatz, das Phänomen der Ultraorthodoxen zu erklären, wäre: Druck von außen verstärkt den sozialen Kitt von Gemeinschaften. Die Haredim unterscheiden sich strukturell nicht von den Zeugen Jehovas oder den Neuapostolischen. Man muss sich also fragen, welche Funktion die Religiotisierung hat: Sie schafft eine soziale Gemeinschaft, also eine Sicherheit, auch wenn der Klassenkampf zunimmt Rest „draußen“ zerbröselt. Religion kann einen marginalisierten sozialen Status kompensieren (das nennt man „kompensatorische Gratifikation„). (Ich sage nur: Gilles Kepel „Die Rache Gottes – Radikale Moslems, Christen und Juden auf dem Vormarsch“.)

Das ist also nicht nur ein Kulturkampf in der luftigen Höhe des Überbaus. Ein jüdischer (christlicher, muslimischer) Fundamentalist kann arm sein, ohne Beruf, aber jeder kann Gelehrter der heiligen Bücher werden – man muss sich nur anstrengen. Religiöse Orthodoxie nivelliert Klassenunterschiede – eine romantischer, aber reaktionärer Gegenentwurf zur kapitalistischen Moderne. (Das war auch Teil der Eigenwerbung der Neuapostolischen: Ohne theologische Ausbildung kann jedermann zum Pfaffen werden und laienpredigen.)

Peter Lintl schreibt in der sehr aufschlussreichen Studie: „Die Charedim als Herausforderung für den jüdischen Staat“:
Man kann eine deutliche Diskrepanz zwischen politischer Elite [der Ultraorthodoxen] und ihren Wählern erkennen, die viel radikalere Sichtweisen vertreten: 59 Prozent von ihnen wollen die Araber aus Israel vertrieben sehen. Dies scheint auch eine Generationenfrage zu sein. Tendenziell gilt bei den Charedim wie in der gesamten jüdisch-israelischen Gesellschaft: je jünger, desto weiter rechts.

Aber: Stimmen in Wissenschaft und Gesellschaft bezweifeln, dass sich das Gesellschaftsmodell der Charedim in Israel auf Dauer halten kann.

„Charedische Juden lehnen die Normen der Moderne ab und befürworten eine Rückkehr zu – teilweise neu erfundenen – traditionellen Werten.“ (Das machen auch Einwanderer, die sich ihrer neuen Heimat nicht anerkannt fühlen, vgl. Wahlverhalten der Deutschtürken.) Das kann eine Weile gut gehen, aber langfristig nur, wenn die Gruppe in der Lage ist, sich vom Rest der Welt zu isolieren. Gegen das Internet kommt aber niemand an. Auch nicht die Charedim (aka Haredim). Orthodoxie ist immer ein verzweifeltes Aufbäumen – das sagt Kepel auch über den militanten Islamismus – gegen das Scheitern der ursprünglichen Idee, wie schon bei der RAF.

Ich tippe übrigens auf Neuwahlen.

Postscriptum: Ich hätte gern einen aktuellen Artikel zu diesem Thema gelesen, der mich informierte, habe aber keinen gefunden – also musste ich ihn selbst schreiben.

Ferrocarriles Ecuatorianos, primera clase

Ferrocarriles Ecuatorianos

Das Foto habe ich 1979 an der Bahnstrecke zwischen Guayaquil (eigentlich Durán) und Quito gemacht.

Mein damaliger Reisebegleiter ist zu sehen (der schon gestorben ist), und eine hier schon lobend erwähnte junge Frau, die ich Jahre später in Berlin unter sehr angenehmen Umständen noch einmal wiedergetroffen habe.

Vgl. „Ambulantes“ (08.11.2011, „Ferrocarriles del Ecuador“ (14.05.2012, „Ferrocarriles del Ecuador, revisited“ (04.05.2014, „Ferrocarriles Ecuatorianos, revisited“ (04.12.2017. „Ferrocarriles Ecuatorianos, revisited“ (30.01.2021), „Viajeros (21.02.2021, „Teufelsnase oder: Auf und ab im Zick Zack [Update]“ (25.02.2021).

Old Farts of Space

star trek fin
nal season
Credits: Alle Screenshots Amazon

Ja, ich folgte Fefes Rat: „In die neue Serie Picard habe ich kurz reingeschaut und war dann massiv enttäuscht. Das war Modern Trek, nur noch schlimmer. Offensichtlich von Leuten gemacht, die nicht mit Star Trek aufgewachsen sind, die anscheinend auch einen Dreck auf die Werte gaben, um die es bei Trek früher ging. (…) Warum schreibe ich das alles? Weil die 3. Staffel von Picard den ganzen Scheiß über Bord geworfen hat. (…) Ich kann mich ehrlich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal der nächsten Episode einer Trek-Show entgegen gefiebert habe. Muss bei DS9 gewesen sein oder so. Bei Picard Season 3 habe ich das wieder. Das ist der erste gute Trek seit 25 Jahren.“

star trek final season

Genau so ist es: Optisch fast auf dem Niveau von The Expanse. Die Schauspieler sehen besser und charaktervoller aus, weil sie real älter als in der Original-Serie sind. Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert wurde 1987 ausgestrahlt. Patrick Steward als Jean-Luc Picard war damals 47 und ist jetzt 83. Er bringt eine körperliche Präsenz ein, die man vom alten Sean Connery kennt.

star trek final season

Offenbar hatte man ein Einsehen, dass es nichts bringt, wenn man ständig neue Charaktere einführt, wie in Staffel eins und zwei der „Picard“-Serie, die vermutlich ein Publikum bedienen sollten, dass man aus anderen Genres herüberziehen wollte – wie einen Schwertkämpfer, der eher zu The Witcher passte.

star trek final season

Jetzt versammeln sich alle old farts (Hey? Seit wann kriegen Androiden graues Haar?), die man so kennt und die zum Bildungskanon der Popkultur gehören.

By the way: Ich hätte gern auch ein Remake von Star Trek: Enterprise, obwohl ich Scott Bakula aka Jonathan Archer nicht ausstehen kann, weil er langweilig aussieht, wie aus einem Groschenroman der 50-er Jahre, und, wenn er mit jemandem redet, dem immer den Rücken zuwendet und im Raum unmotiviert und nervtötend herumlatscht. Der wahre Grund wäre natürlich, Jolene Blalock wiederzusehen. Aber die müsste man schon sehr aufbrezeln, damit sie so wirkte wie damals. Ausserdem schauspielert sie nicht mehr.

star trek final season

Lustig ist natürlich, dass man vorher schon weiß: Zwei alte weiße Männer? Dann muss der Rest durchdiversifiziert werden. Alle Helden, auch die weiblichen, waren schon in der 80-er Jahren politisch korrekt: Ein paar wenige Quotenneger Farbige, eine Asiatin usw. Man könnte das chaotisieren und das Publikum verblüffen: Warum nicht ausschließlich Japaner Chinesen – neben den old farts? Ist doch ohnehin realistisch im wasweißichwievielten Jahrhundert. Und nur farbige Lesben. Aber vielleicht kommt das noch.

Fazit: Gut, optisch ansprechend und spannend (ich habe erst einige Folgen gesehen).

star trek final season

Wirkungsmächtig

lesson

Karl Marx * 5. Mai 1818 in Trier, Preußen; † 14. März 1883 in London (Sorry für das hässliche Wort im Titel!)

11. these über feuerbach

Zu erschöpft im Sommer

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Marjinka, Oblast Donezk

Die japanische Zeitung Nikkei Asia (1) schreib über den chinesischen Think Tank PLA Akademie der Militärwissenschaften (AMS) (das weiß ich von den Russen): Chinese military experts’ prediction that the war will come to an end this summer is likely behind this about-face.

The Academy of Military Sciences reports directly to the People’s Liberation Army. Although it cannot be found on a map, the institution is located in Beijing’s Haidian district, which itself is home to the ruins of Yuanmingyuan, a palace destroyed by Western armies in the 19th century.

In December, the AMS completed a simulation on the Ukraine conflict, resulting in an astonishing finding, according to sources close to the Chinese government. The war will draw to a close around summer 2023, the simulation indicated, with Russia having the upper hand. Both the Russian and Ukrainian economies would be too exhausted to sustain the war past the summer, the report said.

Die Chinesen sind normalerweise bestens informiert. Der Artikel ist ziemlich interessant, zeigt er doch, dass sie auch in der Ukraine ihre Interessen haben (vgl. auch die Interessen Israels in der Ukraine) und nicht wollen, dass diese zerfällt.

Wenn sie natürlich Pech haben, sind die Russen schneller und greifen sich alles, was wie wollen, weil das Regime in Kiew vom Westen in der Illusion bestärkt wird, es könne den Donbass und die Krim zurückerobern und deshalb nicht verhandelt. Wenn Selenskij und Konsorten aber die Krim angreifen, dann werden Charkow und Kiew aber aussehen wie Marjinka. Das haben die Russen deutlich verkündet. Und dann wird es auch in Westeuropa dunkel.

(1) Die englischsprachige Nikkei Asia gehört dem Medienkonzern Nikkei Inc., der auch die Londoner Financial Times besitzt. Ist ab sofort in der Blogroll.

Gemeinschaftsentzug und reine Versammlungen

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Das hat bestimmt nichts mit Religion oder sexuellem Missbrauch zu tun.

Was haben wir? Vor anderthalb Jahren verließ F. die Gemeinde der Zeugen Jehovas, teilte die Staatsanwaltschaft Hamburg mit. Er sei „freiwillig, aber nicht im Guten“, gegangen. (…) Ein anonymes Schreiben, das der Polizei vorliegt, soll Hinweise auf die psychische Verfassung des Täters gegeben haben. Demnach habe F. unter einer psychischen Erkrankung gelitten, sich aber nicht in ärztliche Behandlung begeben.

Das reicht mit schon. Vermutlich kenne ich mich bei dem Thema besser aus als fast alle Journalisten in Deutschland, weil ich einer der wenigen mit persönlicher Sektenerfahrung bin. Ich weiß, was es bedeutet, wenn jemand so eine Gruppe verlässt und welche Konsequenzen so etwas hat.

Natürlich darf Religion totaler Unsinn sein. Es gibt aber perfide Mechanismen psychischer Gewalt, so dass manche religiöse Praktiken schlicht Körperverletzung sind. Gewalt liegt immer dann vor, wenn Menschen gezielt oder fahrlässig physisch oder psychisch geschädigt werden. Gewalt ist ein Moment von Macht.

Ein besonders prägnantes Beispiel ist der so genannte Gemeinschaftsentzug. Sinngemäß heißt das: Wenn das verkündet wird, muss man weiterhin überall mitmachen, aber keiner redet ein Wort mit einem. Das gilt sogar innerhalb einer Familie – cancel culture auf religiös.

Die Zeugen Jehovas kommentieren das so: Ein Ausschluss erhält die Versammlung rein. Der Apostel Paulus warnte die Korinther vor der Gefahr, jemand in ihrer Mitte zu dulden, der vorsätzlich sündigt. Er verglich dessen Einfluss mit Sauerteig, weil „ein wenig Sauerteig die ganze Masse durchsäuert“. Dann forderte er sie dazu auf: „Entfernt den bösen Menschen aus eurer Mitte“.

Ich habe das bei meiner eigenen Mutter erlebt, die Mitglied der Neuapostolischen Kirche (NAK) war. Dort gibt es den so genannten Gemeinschaftsentzug nicht als Strafe, er wird dennoch de facto praktiziert. Als meine Mutter sich vor mehr als dreißig Jahren entschloss, die Sekte zu verlassen, stand sie vor dem Dilemma, dass alle ihre Freunde, Bekannten, Verwandten ab dem Zeitpunkt, als sie das erfuhren, sie wie Luft behandelten. Niemand besuchte sie mehr, niemand redete mehr mit ihr außer über Belanglosigkeiten und das Nötigste. Es kamen sogar Pfaffen zu ihr, die ihr verkündigten, bliebe sie bei ihrem Entschluss, würde sie als „Trauerkloß“ enden – Depression mit Ansage. Ich war damals 500 Kilometer entfernt. Wäre ich dabei gewesen, hätte ich dem Kerl die Ohren langgezogen und ihn achtkantig aus der Wohnung geworfen. (Ich bin schon vor mehr als einem halben Jahrhundert ausgetreten.)

Meine Mutter war mit niemandem befreundet, der nicht Mitglied der NAK war. Das wird so gewünscht, und das wird den Mitglieder seit der frühesten Kindheit so eingetrichtert. Meine Mutter wurde in die NAK hineingeboren. Ihr Mann – mein Vater – war „Amtsträger“, also auch Pfaffe, und lebte weiterhin mit ihr zusammen. Aber über die Sekte wurde kein Wort mehr verloren. Wie fühlt sich jemand, der plötzlich seine gesamte Peer group verliert?

Man muss sich vergegenwärtigen, dass sich auch die private Gespräche in so einer Sekte fast ausschließlich um Religion drehen. Alles anderen ist „Babylon“, die „Welt“, mit der man nichts zu tun haben will. Bei der NAK galt zudem, dass jemand, der Mitglied war, aber die Sekte verlässt und „lästert“, also abfällig über sie redet, für immer in der tiefsten Hölle schmoren wird – das glauben die -, weil das die einzige Sünde ist, die Gott nie vergibt – genannt die „Sünde wider den heiligen Geist„.

Jetzt weiß das Publikum mehr über die „psychische Verfassung des Täters“. Die Zeugen Jehovas sind übrigens noch restriktiver und schlimmer als andere Sekten wie die NAK.

The Independent (2017): „Russian Government files lawsuit against Jehovah’s Witnesses to declare it an extremist group“. Gut so. Und nicht nur die.

Haben die „Grünen“ schon davor gewarnt, Religion dürfe nicht verunglimpft werden?

qualitätsmedien

Unter Verwirrten [Update]

qualitätsmedien

Alles ist heute so verwirrend, insbesondere die Qualitätsmedien. Wir haben

– Katrin Göring-Eckardt, Grüne: „Wir kriegen jetzt plötzlich Menschen geschenkt.“ Was meint die nur? Sowie:

-Reinhold Messner, Bergsteiger: „Klimaschutz gibt es gar nicht.“ Nein? Können wir das alles lasse? Was sagen die wohlhabenden Gören aus der Oberschicht dazu?

– Und die Bundesanstalt für Arbeit: „Im Februar 2023 ist die Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat geringfügig gestiegen, und zwar um 4.000 auf 2.620.000. Saisonbereinigt hat die Zahl der Arbeitslosen um 2.000 zugenommen. Verglichen mit dem Februar des vorigen Jahres ist die Arbeitslosenzahl um 192.000 höher.“

Echt wahr? Und warum muss ich in den Qualitätsmedien lesen: „Aus dem Fach- ist längst ein allgemeiner Arbeitskräftemangel geworden: Fast zwei Millionen Stellen waren im vergangenen Quartal in Deutschland ausgeschrieben. Auf 100 Beschäftigte kommen laut Ökonomen inzwischen im Schnitt 4,5 offene Stellen“?

Kann mich mal jemand aufklären?

Update:

qualitätsmedien

Phishing, zum x-ten Male

phishing
Dieselbe E-Mail im HTML-Format (oben) und im Textformat (unten).

Falls jemand besserweißt lehrt: Hier ist Material zum Thema „Phishing“. (Mutt-Nutzer bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen.) Sogar Microsoft weiß, was ich meine.

Natürlich kursiert auch dummes Zeug zum Thema bzw. verfehlt es: „Darüber hinaus ist es auch möglich, das HTML-Format in jeder E-Mail zu erzwingen, die Ihre Organisation schickt.“ Dann zwingt mich mal- vor allem, wenn die E-Mail verschlüsselt ist.

Das BSI hebt völlig zu Recht mahnend den Zeigefinger: „Verzichten Sie auf die Darstellung und Erzeugung von E-Mails im HTML-Format. Deaktivieren Sie die Anzeige von externen Inhalten – beispielsweise Bilder in HTML-E-Mails.“ Oder Heise: „HTML macht E-Mails farbig und multimedial. Mit der Vielfalt handelt man sich aber auch neue Gefahren ein. So kann HTML JavaScript enthalten, das dann auf dem Rechner des Empfängers ausgeführt wird. Eingebettete Objekte bereichern die Mail um Multimedia-Effekte – oder sie laden ein Programm aus dem Internet nach, das den Rechner infiziert. HTML-Mails lassen sich insbesondere sehr einfach dazu nutzen, Internet-Nutzer auszuspionieren“.

Warum machen das die Pappnasen 1 Pappnasen 2 Pappnasen 3 (alles Journalisten) nicht? Fragt sie mal – sie werden nicht antworten, weil sie die Frage gar nicht verstehen.

Burkssches Gesetz: Wer nicht weiß, wie man E-Mails verschlüsselt, verschickt auch und ausschließlich HTML-E-Mails.

Losing the global technological competition

china

Hört auf die Worte des Vorsitzenden Burks und studiert seine Werke! Der Kommunismus wird siegen!

Das sagen übrigens auch die Australier. Business Insider fasst die betreffende Studie zusammen: „China has a ’stunning lead‘ over the US in the research of 37 out of 44 critical and emerging technologies, new study finds“. (Kann man auch bei Telepolis lesen.)

„Western democracies are losing the global technological competition, including the race for scientific and research breakthroughs,“ the report, led by the institute’s senior analyst Jamie Gaida, said.

Tja. Wo soll das alles enden…

china

Unter Medienkonsumenten

guardian

Neulich regte ein guter Freund an, ich solle mir einen Überblick über meine Ausgaben verschaffen (nein, mir droht kein finanzielles Ungemach, aber er wollte mir zeigen, wie gut er mit Excel umgehen kann). Wenn man den Kleinscheiß berücksichtigt, kommt ganz schon was zusammen, obwohl ich mit permanenten Ausgaben wie Abonnements extrem sparsam bin.

Zeitschrift Z ist Luxus. Ich brauche das nicht wirklich, aber manchmal findet man doch etwas Interessantes. Ist natürlich weitgehend tl;dr und nur für Leute mit solider westlicher marxistischer Ausbildung. Die Z hat immer noch die sozialrevisionistische DKP-Sicht; über China findet man nur selten Vernünftiges. Ich haben ihnen gedroht zu kündigen, falls die Gendersternchen überhandnähmen. Die Zeitschrift kostet 35 Euro im Jahr.

Den Guardian habe ich abonniert, weil das eine, wenn nicht die beste Zeitung der Welt ist. Das digitale Abo per App kostet rund 14 Pfund im Monat, also ca. 16 Euro. Die App ist sehr gut, da fehlt nichts, und alles ist übersichtlich, und die Perspektive ist viel kosmopolitischer und weniger engstirniger als hierzulande.

guardian

Man muss Feindsender hören. Was nützt es mir, wenn ich nur meine eigene Sicht der Dinge bestätigt bekomme? Welt online habe ich wegen der Kolumnen von Don Alphonso, Henryk M. Broder und Deniz Yücel abonniert. Der Rest ist zum Teil haarsträubend, insbesondere die Artikel über historische Themen oder Ökonomie. Andere deutsche Medien sind nicht besser, und beim Tagesspiegel zum Beispiel werde ich noch zusätzlich mit Gendersprache gequält. Man lernt aber viel darüber, wie Eigenheimbesitzer, die Kleinbourgeoisie und die Hofschranzen des Kapitals ticken. Das digitale Abo kostet knapp 80 Euro im Jahr. Die App ist gut, aber der „Ticker“ lächerlich: Da werden Fußballergebnisse, kleinstädtischen Irrelevanzen, Lifestyle und der Ukraine-Krieg durcheinandergewürfelt. Wozu soll das gut sein?

guardian

Die Jerusalem Post (seit 1932!) auf Englisch und digital ist immer wieder interessant, weil man diese Sicht der Dinge, auch Internationales, nirgendwo sonst lesen kann. (Den Guardian über Israel kann man getrost vergessen.) Die App ist nicht besonders, vor allem kann man den eigenen Account nicht wirklich managen. Ich habe auf die Schnelle auch nicht wiedergefunden, wieviel ich monatlich zahle. Es war aber nicht viel.

Zum Ausgleich und wegen der sachlichen Berichte über Asien lese ich manchmal die South China Morning Post. Aber wer weiß, wie lange es die noch kostenlos oder überhaupt gibt.

guardian

Und Heise. Aber das muss ich vermutlich der Leserschaft nicht begründen.

Netflix auf zwei Geräten 13 Euro monatlich. Amazon Prime rund 90 Euro jährlich.

Wenn es mir finanziell schlecht gehen würde, könnte ich bis auf die beiden letzten „Medien“ auf alles verzichten. Wie machen das aber Leute, die nicht arbeiten können und nur knapp über die Runden kommen?

Distribuidora

caracas

Strassenszene in Caracas, Venezuela (1998). Ich habe keine Zeit mehr herauszufinden, wo genau ich das Foto gemacht hatte, aber das Gebäude im Hintergrund taucht auch auf einem anderen Bild auf (westlich vom Busbahnhof). Das Hochhaus könnte an der Avenida Universidad sein. Ich vermute, das Foto ist die Kreuzung der Avenida Sur 9 mit der Avenida Lecuna.

Mit Lumpen die innere Leere füllen

spiegel

Da muss ich jetzt kurz dazwischenreden. Bei grinsenden Frauen mit Kopftüchern lese ich ohnehin nie weiter, so auch hier, aber muss es sein, dass Aberglauben und fromme Märchen der islamischen Art verteidigt werden? Ist das die Aufgabe des Journalismus? Oder handelt es sich hier um das wohl bekannte identitäre Wokistan, das Stalin noch nach Workuta geschickt hätte? Religion gehört bekämpft, weil sie der geistigen Gesundheit schadet. Ludwig Feuerbach würde heute bestimmt wegen „Hassrede“ angepöbelt und zensiert.

Gott und Vaterland sind ein unschlagbares Team; bei Unterdrückung und Blutvergießen brechen sie alle Rekorde. (Luis Buñuel)

Die Rentner müssen ran? Gut zu wissen. „Inzwischen gelten ältere Beschäftigte als unverzichtbar. Aber wer schafft es noch, bis zum gesetzlichen Rentenalter durchzuhalten?“ Ach. Das frage ich mich auch. By the way: Was sind „Softdrinks“? Whisky on the Rocks statt pur?

girl
Das Foto ist hier nur zufällig hereingerutscht, weil ich mich innerlich leer fühlte.

– Kommen wir jetzt zur inneren Leere, die, wenn man den Qualitätsmedien glaubt, von Männern mit Sex ausgefüllt werden will. (Meinten die nicht eher Pr0n?) Und wie mache Frauen das? Sind die immer gefüllt oder fangen die das Stricken an? Von »Donjuanismus« bis »Tindering«: Hier erklärt Sexualwissenschaftler Christoph Joseph Ahlers, wann Trieb und Lust zur Sucht werden, was er Betroffenen rät – und wie die Therapie mit Surrogatpartnerinnen funktioniert. (Was zum dreigeschwänzten [sic!] Satan sind Surrogatpartnerinnen? Sind die aus Plaste und Elaste?)

Der Herr wird auch in Qualitätsmedien auf’s Heftigste beworben: „Mit einem steifen Penis lassen sich keine Beziehungsprobleme lösen“. Wer hätte das gedacht? Mit einem schlaffen aber auch nicht, möchte man ergänzend hinzufügen, obwohl das heute kein Problem mehr sein sollte.

Bei so einem Geschwurbel quillt mir immer der Generalverdacht aus den Därmen empor, dass es wieder um Vorschriften geht, die das Kleinbürgertum und verwandte Klassen sich selbst auferlegen, um „normal“ zu sein bzw. das, was sie dafür halten, also angepasst an den gefühlten Mainstream.

Jetzt etwas mehr Ernst, bitte!

https://twitter.com/search?q=bastian%20bielendorfer&src=typed_querybielendorfer

– Apropos Lumpen: Da fallen mir gleich mehrere Pappnasen ein. Sascha Lobo ist ein Lump. Ein Lump ist, wer andere „Lumpenpazifisten“ nennt.

Auch Bastian Bielendorfer (falls das oben wirklich sein Twitter-Account ist) ist ein Lump, wenn nicht sogar ein Hassredner. Jemand antwortete auf seinen widerlichen Tweet: Nachdem Staatsfunk-Komikerin Sarah Bosetti Personen mit unerwünschten Meinungen im Original-Sound des SS-Arztes Fritz Klein zum „Blinddarm“ der Gesellschaft erklärt hat, möchte Kollege Bastian Bielendorfer offenbar nicht nachstehen. #Wagenknecht

Lesen wir Spiegel online (ich finde dort keinen Namen eines Autors). Wagenknecht sagte: Die Uno-Menschenrechtskommissarin hat immer wieder darauf hingewiesen, auch in diesem Krieg: Kriegsverbrechen werden von beiden Seiten begangen, und wenn man sie beenden will, dann muss man diesen Krieg beenden.

Dem muss man uneingeschränkt zustimmen, wenn man noch alle Tassen im Schrank hat.

Natürlich kann man die bürgerliche Presse „Lügenpresse“ nennen. Ich würde das nicht tun, sondern wie in uralter Zeit „bürgerliche Presse“ sagen, was die Herrschaften genauso aufregen würde. In derartigen Politik-Simulationen geht es Heulen und Zähneklappern unter den Lumpenbellizisten groß. Man muss offenbar, wenn es nach diesen Leuten geht, bestimmte Textbausteine nutzen, so ähnlich wie bei Putin, der „Krieg“ durch „Spezialoperation“ ersetzt haben will. Gefordert wird ein moralinsaures Dauerempörtsein statt nüchterner Analyse. Ich kann das alles nicht mehr lesen und hören.

cat
Ich empfehle, im Fall der Fälle die innere Leere mit Katzenbildern zu füllen.

– Wir schreiben das Jahr 2023. Der Bundeswehr mangelt es an Waffen, Personal und der richtigen Strategie; die deutschen Linien würden bei einem Angriff der Russen rasch zusammenbrechen. Ist das jetzt ein „Abgrund von Landesverrat„? Werde ich verhaftet?

– Sehr geehrte Russen: „Die Leitsätze von Wladimir Putin in seiner Rede vor der Föderalen Versammlung entsprechen voll und ganz den Bedürfnissen und Erwartungen der Bevölkerung Russlands. Das stellten Experten bei einer Diskussion zum Thema „Sinngebung der Botschaft des Präsidenten: Schlüsselrichtungen der Entwicklung des Landes“ fest.“ Geht es noch bekloppter? Die Leitsätze Erich Honeckers in seiner Rede vor der Volkskammer entsprachen voll und ganz den Bedürfnissen und Erwartungen der Bevölkerung der DDR. Das haben damals auch Experten wiederholt festgestellt.

Vermischtes

gendern

Was haben wir noch:

– In Berlin kündigt ein Kirchenstift über 100 pflegebedürftigen Senioren den Heimplatz, damit Flüchtlinge einziehen können. Letztere versprechen für die Diakonie offenbar das lukrativere Geschäft. Und Lörrach gibt es auch noch.

RBB: „Vertraulicher LKA-Bericht beschrieb Gefahr des Remmo-Clans schon 2012“. Warum geschah nichts?
Doch das LKA hat die Erkenntnisse seinerzeit unter Verschluss gehalten und nicht mit anderen Institutionen wie dem Jugendamt, der Schule oder der Staatsanwaltschaft geteilt. Mehr noch, im Landeskriminalamt kam man zu der Überzeugung, dass weitere, ähnliche Erhebungen zu anderen schon damals bekannten Clan-Familien zu zeit- und personalaufwändig seien, obwohl einzig diese „aufwändige Auswertung anhand gewisser Namenskriterien (…) eine verlässliche Datenbasis“ liefere, wie es in dem Bericht heißt.

Die Welt schreibt: Die Ermittler konnten der Familie damals 558 Personen zuordnen. Im Untersuchungszeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 wurden davon 144 Personen in 527 Vorgängen als Tatverdächtige geführt. Die Taten umfassten 82 Körperverletzungen, 80 Ladendiebstähle, 23 Raubstraftaten. Bei der Staatsanwaltschaft gab es damals Treffer zu 209 Personen mit dem Namen Rammo und 1345 anhängige Verfahren.

Das nennt man vermutlich schwedische Zustände mit Ansage.

– Giffey ist trickey: Die bisherige Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) will dem SPD-Landesvorstand ein Bündnis mit der CDU von Kai Wegner vorschlagen.

– Man könnte auf Neuwahlen in Israel wetten. Dort wird übrigens auch bei Thema Sicherheit manchmal nur mit Wasser gekocht.

– Spanien liefert der peruanischen Polizei keine Waffen mehr.

– Zuckerberg zensiert Sympathisanten Kubas und Boliviens (deutscher Artikel). Kein Wunder bei dem Personal.

– Money quote von John Bolton: „I would say the most threatened country in the world today from China is Ukraine.“

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