Gewonnen, weil verloren

Vorratsdatenspeicherung
Computerterminal (Symbolbild)

Heute müssen wir kurz Herumgeschwurbeltes zerschlagen und verquastes Deutsch übersetzen. Ich habe jedenfalls beim ersten Lesen nichts verstanden.

Das Bundesverfassungsgericht verkündet: Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Beschwerdeführenden wenden sich mit ihrer am 19. Januar 2016 erhobenen Rechtssatzverfassungsbeschwerde der Sache nach gegen § 113b Abs. 1 bis 4 sowie § 113c Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und § 100g Abs. 2 sowie § 100g Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 100g Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vom 10. Dezember 2015 (BGBl I S. 2218), die die sogenannte anlasslose Vorratsspeicherung regelten. Zur Begründung machten die Beschwerdeführenden geltend, die anlasslose Speicherung ihrer Verkehrsdaten verstoße insbesondere gegen ihre Grundrechte aus Art. 10 Abs. 1 GG (Telekommunikationsfreiheit) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit). (…)

Puls und Atmung noch normal? Ist das jetzt gut oder schlecht? Positiv oder negativ? Lauschen wir Digitalcourage e. V.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt mit einem soeben veröffentlichen Beschluss die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 20. September 2022, nach der das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung unanwendbar und mit EU-Recht unvereinbar ist.

Die Verfassungsbeschwerde von Digitalcourage wurde für unzulässig erklärt, mit der Begründung, dass die angegriffene Regelung zur Vorratsdatenspeicherung nicht mehr anwendbar ist. Die für ungültig erklärte Norm hatte eine anlasslose Speicherung sämlicher Verbindungsdaten von Anrufen, SMS und IP-Adressen samt Standortinformation vorgesehen. Und zwar nicht von Verdächtigen, sondern von der gesamten Bevölkerung.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht nun noch einmal, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung keine Rechtswirkung mehr entfaltet und nicht mehr angewendet werden kann.

In etwa ist das so: Wir haben gewonnen, weil das Bundesverfassungsgericht unsere Klage nicht angenommen hat. Wie meinen?

Heise: Unionsrecht hat bei Vorratsdatenspeicherung Vorrang

Das Bundesverfassungsgericht hat drei Verfassungsbeschwerden gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen. Der Europäische Gerichtshof habe im September 2022 entschieden, dass eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung dem Unionsrecht widerspricht, sie dürfe daher innerstaatlich nicht angewendet werden, geht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor. Das Gericht habe mit seiner Entscheidung noch einmal unterstrichen, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung keine Rechtswirkung mehr entfaltet und nicht mehr angewendet werden kann, erklären die Bürgerrechtler von Digitalcourage. Sie hatten gemeinsam mit dem Maildienstleister mailbox.org (Oh? Die gibt es noch? Wenn ich nicht schon einen hervorragenden Provider/Hoster hätte, wären die erste Wahl oder doch erst, nachdem ich Jan gefragt hätte) und dem Journalistenverband DJV die Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Noch mal: Die Beschwerdeführer (nein, BVerfG, keine Beschwerdeführenden!) klagten gegen die Vorratsdatenspeicherung. Das Bundesverfassungsgerich antwortet: Vergesst es! Die ist eh nichtig.

Jetzt habe ich es verstanden.

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World Backup Day

World Backup Day
Credits: fineartmamerica.com/Valeriy Minyaev

Heute ist der World Backup Day. Also: Daten sicher sichern, ganz gleich, obohr in Form seid oder nicht.

World Backup Day

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Tapiceria

caracas

Straßenszene in Caracas, März 1998. Tapiceria kann Polsterei heissen, „Auto Tapiceria“ ist auch eine Autowerkstatt.

Ich mochte das, wenn kurz nach Sonnenaufgang die Stadt erwacht und mit ihr die geschäftige Kleinbourgeoisie, und man ein Café sucht, in dem es Kaffee und Empanadas gibt, und überall die eisernen Rolladen rappelnd nach oben gezogen werden.

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Nimm dies, Fgzrisc! Oder: Unter Zusammenhaltpanelten

zusammenhalt begreifen
Gesellschaftlicher Zusammenhalt (Symbolbild)

In der bürgerlichen Presse (Paywall) las ich einen recht interessanten Artikel „Diese Konsequenzen fürchten die Deutschen, wenn sie ihre Meinung offen sagen“. Es geht weniger um die Inhalte, sondern um die wissenschaftliche Methodik festzustellen, ob das so ist und warum („mithilfe neuartiger Umfragedaten“).

Zitate: Aus Sicht der Sozialwissenschaften bemisst sich der Grad der Meinungsfreiheit am Ausmaß ihrer Sanktionierung oder, anders ausgedrückt: an den Kosten, die mit der freien Meinungsäußerung einhergehen. Die in einer Gesellschaft bestehende Meinungsfreiheit lässt sich also auf eine einfache Formel bringen: Sie ist umso höher, je kleiner die Wahrscheinlichkeit ist, für seine Meinungsäußerung sanktioniert zu werden, und je geringer die mit der Sanktion einhergehenden Kosten sind. (…)

Tatsächlich ist es eine klassische Einsicht der Sozialwissenschaften, dass die Meinungsfreiheit in liberalen Demokratien nicht in erster Linie formell durch den Staat, sondern informell durch kulturelle Normen und soziale Mechanismen sanktioniert wird. (…)

Laut den hier zum ersten Mal veröffentlichten Ergebnissen fühlt sich ein Viertel der Menschen in Deutschland (25 Prozent) nicht frei zu sagen, was es wirklich denkt. Das ist ein bemerkenswerter Befund für eine liberale Demokratie, insbesondere wenn man bedenkt, dass eine vergleichbare Frage während der McCarthy-Ära in den USA der 50er-Jahre nur von 13 Prozent der Amerikaner verneint wurde.

Witzig, dass das Institut, das diese „Studie“ gemacht und publiziert hat, ein hervorragendes Beispiel für die These ist, dass bestimmte Meinungen, ja sogar Wörter, in Deutschland sanktioniert werden, nicht durch direkte Zensur, sondern dadurch, dass der Ausschuss, der die Geschäfte der Bourgeoisie organisiert, Lautsprecher des Kapitals Projekte finanziert, die Narrative das verbreiten, was dem Kapitalismus nützt. (Der Satz ist viel zu lang, aber mir war danach.)

Im Rahmen des neuen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Zusammenhaltspanels des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) bla bla“. (Was ist das für ein beschissener Satzanfang gegen alle Regeln der Verständlichkeit?)

Allein schon der Name dieses Panels (ohnehin ein unpassender Begriff) ist übles affirmatives Neusprech. Zusammenhalt wessen? Arbeiter und Kapital kleben zusammen und streicheln sich gegenseitig Honig um die Hipsterbärte? Man könnte auf die Idee kommen, diese Wissenschaftler würden nur dafür bezahlt, Methoden zu entwickeln, dass der Begriff Klassenkampf aus dem öffentlichen Diskurs und den Medien verschwindet und dass sich alle ununterbrochen liebhaben.

…arbeiten über 200 Wissenschaftler zu Fragen des Zusammenhalts: Identitäten und regionale Erfahrungswelten, Ungleichheiten und Solidarität, Medien und Konfliktkultur, Polarisierung und Populismus, aber auch Antisemitismus und Hasskriminalität.

Meine Fresse Es fehlen nur: Klima und Gendern. Die schwurbeln, dass es qualmt und raucht wie in den Ruinen von Bakhmut. Aber natürlich bin ich insgeheim neidisch, dass man mir nicht so ein vermutlich nicht schlecht bezahltes Pöstchen angeboten hat. „Konfliktkultur“ würde mir gefallen, seelisch und auch körperlich. Ich wollte immer schon einmal wissen, wie oft man einem arabischen Störer die Arme verwinkeln und anschließend draufschlagen muss, damit dieser sich vorbildlich verhält oder gar seine Meinung ändert.

Wozu das alles führt, überrascht nicht. Wer gegen Gendern ist, ist hasskriminell. Dieses Institut behauptet, es gebe antimuslimischen Rassismus. Mehr muss man nicht wissen. Und natürlich veröffentlichen die meinen Kommentar nicht.

zusammenhalt begreifen

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האיש לומד עברית

learning hebrew

Zehn Vokabeln am Tag macht ca. 1500 bis Ende September – ob ich das durchhalte? Und reicht das, um zu reden? #ivrit

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Unter noblen Rittersternen

clivieamaryllis

Clivia nobilis und Hippeastrum Reginae – offenbar mögen mich meine Pflanzen gut leiden, weil sie gern blühen. Vielleicht singen sie sogar heimlich.

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Vamos a bailar, revisited

coro dancers

Tänzerinnen in Coro, Venezuela (1998) Vgl. „Vamos a bailar“ (24.04.2017) sowie „Momente der Vollkommenheit“ (08.01.2011) Ich schrieb damals:

Warum Momente der Vollkommenheit? Weil ich beim Anblick dieser tanzenden Mädchen heimlich geweint habe. Zum Glück war es dunkel, und das Publikum achtete nicht auf mich. Ich sah für einen Moment vollkommene Schönheit.

Kurz bevor ich in die Berge aufbreche, in die Sierra de San Luis: Kultur am Abend – consejo de la dansa. Der Gouverneur des Bundesstaates Falcón, die herrschende Klasse von Coro. Tanzgruppen aus der Karibik, sogar aus Guyana! Es ist ein komisches Gefühl – wahrscheinlich bin ich der Einzige, der schon einmal in Guyana war – ausser den Guyanern selbst. Ich bin schon wieder restlos glücklich. Die Menge drängt sich in einen Hof, Lachen und Lärmen. Die Band bleibt im Hintergrund, genau wie die ältere, drahtige Frau, die mit knappen und herrischen Händen die Tänzerinnen auf der Bühne dirigiert. Niemand könnte jemals mit Worten beschreiben, wie die jungen Frauen tanzen. Wenn es Engel gäbe, sähen sie so aus wie die Mädchen aus Coro. Sie schweben über dem Boden, nicht so artifiziell wie eine europäische Ballerina, rhythmisch, aber verspielt, nicht zu vergleichen mit dem verkrampften Getue der Boy- and Girlbands bei Viva und MTV. Es ist unirdisch schön. Man spürt pralle Erotik, aber überlagert von einer Unschuld, die rührend ist. Ich muss die Tränen zurückhalten. Vermutlich habe ich mit offenem Mund dagestanden. Die Mädchen lachen und flirten miteinander, während sie umherwirbeln. Ich versuche, die Atmosphäre mit dem Fotoapparat irgendwie einzufangen, werde aber sehr traurig, als ich später die Bilder sehe: zu dunkel und ohne Bewegung. Die Tänzerinnen von Coro: das ist einer der intensivsten Eindrücke, die ich in Venezuela hatte.

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Am Rio Atabapo, reloaded

san fernando de atabapo

Das Publikum fragte, ob ich im Rio Atabapo geschwommen sei. Ja, die Fischlein tummelten sich herum, wie man sehen kann, haben mich aber nicht gebissen. (Venezuela 1998)

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Early Ofek

ofek 13

Jemand kommentierte dort: „Amazing that the first Ofek was launched in 1888. Certainly the biggest event of the Industrial Revolution that went unreported.“

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Am Rio Atabapo

san fernando de atabapo

Zusammenfluss von Rio Guaviare und Rio Atabapo (links), die hier – bei San Fernando de Atabapo – in den Orinoco münden. Auf der anderen Seite liegt Amanaven (Kolumbien). Fotografiert in Venezuela 1998. (Vgl. „An der Grenze zur grünen Hölle“, 25.01.2012 sowie „Am Strand“, 20.02.2013)

Ich schrieb: Hier fließen drei Ströme zusammen: Guaviare, Atabapo und Orinoco. Der Guaviare, breiter als der Rhein, entspringt tausend Kilometer westlich in den kolumbianischen Anden und hat, so schreibt Alexander von Humboldt, weisses Wasser, und der ganze Anblick seiner Ufer, seiner gefiederten Fischfänger, seine Fische, die großen Krokodile, die darin hausen, machen, daß er dem Orinoco weit mehr gleicht. Von Süden ergießt sich der Atabapo in den Guaviare. Wassertemperatur des Rio Atabapo: erstaunliche 37 Grad. Der sonnendurchglühte Granit heizt den Fluss auf. Er ist dunkel wie schwarzer Tee, aber klar bis auf den Grund. Die Färbung rührt von Gerbsäure, die Insekten abhält, ihre Eier zu legen.

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Leere Räume

palästinensische Geschichte
Museum für palästinensische Geschichte (Symbolbild)

Im Pergamon-Museum ist eh nur Raubkunst. Kann alles weg und zurückgegeben werden. Ein leerer Raum wird dann umbenannt in Roger-Waters-Saal und beherbergt das Museum für „palästinensische Geschichte“ mit der Direktorin Sawsan Chebli. In die anderen Räume können Flüchtlinge aus der Ukraine und später die ukrainische Exilregierung.

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Unter Religioten

relgioten raus

Tolerant gegenüber Religionen zu sein, ist NICHT links. „Links“ zu sein bedeutet, Religion aus der Öffentlichkeit zurückzudrängen und sie zur Privatsache zu machen. Hijabs raus den den Schulen!

„Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.

Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammerthales, dessen Heiligenschein die Religion ist.“

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Dame un sonrisa, revisited

chica venezuela

Ein Mädchen aus Elorza im Süden Venezuelas, fotografiert 1998. Ich hatte hier im November 2020 schon ein Foto von ihr, zusammen mit ihrem Bruder. Kinder sind immer dankbare und unkomplizierte Fotomotive. Ich wohnte damals für eine Woche in einem Arme-Leute-Viertel in Elorza bei einer Dame, die mir Platz für meine Hängematte in ihrem „Garten“ angeboten hatte. Abends war nichts los außer dem, was man selbst anstellte. Alle Kinder spielten auf den Straßen, und ich war natürlich als einziger Ausländer im ganzen Ort eine Attraktion. Wenn ich morgens in Richtung Plaza ging, musste ich an einer Schule vorbei, und wenn die Kinder nicht in ihren Klassen waren, gab es immer ein großes Geschrei, wenn ich auftauchte, und alle riefen lachend hola, gringo!

Ich habe gestern gemerkt, dass ich viele Fotos aus Venezuela versehentlich in einen Ordner gebeamt hatte, der für Bilder gedacht war, die ich schon veröffentlicht hatte. Bei knapp 3.000 insgesamt aus ganz Lateinamerika von 1979 bis 1998 kann man schon mal die Übersicht verlieren. Das werde ich jetzt abarbeiten….

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Wer wen? Oder: Allgemeine Organisation der Arbeiter im Land [bitte selbst ausfüllen]

protests israel
Aktueller Klassenkampf in Israel, Tel Aviv

In political science, the term Class conflict (also class struggle, class warfare, capital-labour conflict) identifies the political tension and economic antagonism that exist among the social classes a society, because of socio-economic competition for resources among the social classes, between the rich and the poor.

Die geschätzte Leserschaft sei angehalten, sich mit den aktuelle Klassenkämpfen in verschiedenen Ländern zu beschäftigen und zu vergleichen, die Struktur betreffend, was ähnlich und was verschieden sei. Ich empfehle: Frankreich, Israel (כוח לעובדים), China, Iran, Ägypten.

Wer wen? Wie organisieren die Leute sich? Wie kommunizieren sie? Was können die herrschenden Klassen dagegen tun?

Koach la’Owdim
Credits: Koach la’Owdim

Unstrittig ist, dass es in keinem der genannten Beispiele eine relevante linke Partei gibt, die den Kapitalismus abschaffen will bzw. wollte. China ist ein komplizierter Sonderfall – dort gibt es Klassenkampf, aber die Herrschenden dort können es sich langfristig – auch wegen des eigenen Anspruches – nicht erlauben, gegen die Interessen der Mehrheit zu handeln. Auch die – nur zeitweilig – erfolgreiche Revolution in Ägypten 2011 wollte nicht das System ändern, sondern den Ausschuss, der die Geschäfte der Bourgeoisie organisiert, neu besetzen, was zwar gelang, aber man kam vom Regen in die Traufe.

Braucht man also im Leninschen Sinne eine geschulte revolutionäre Avantgarde, die die empörten Massen in die richtige Richtung – zum Sturz des Systems – dirigiert? Nein, das ist nur ein romantischer Traum, der vielleicht unter ganz speziellen Umständen noch funktioniert, aber nicht im entwickelten Kapitalismus. Aber: Wenn die Linke kein Rezept und keinen Plan hat, was zu tun wäre, wenn der Weltgeist der historische Zufall sie an die Hebel der Macht spült, kann wird sie wie gewohnt kläglich scheitern.

class struggle china
Klassenkampf in China, Credits: Al Jazeera

Erst seit ein paar Jahren lässt sich die Kommunikation der da unten, wenn es um Rebellion geht, nicht mehr großflächig kontrollieren und im Zaune halten. China ist das beste Beispiel. Ich traue der Schwarmintelligenz aber nicht über den Weg; meistens ist es eher Schwarmdummheit, was am Ende rauskommt – der Herdentrieb aka Opportunismus siegt. Trotzdem ist das eine gute Nachricht.

In Frankreich ist es mir unklar, worum es eigentlich geht. Die Franzosen brauchen aber keinen Anlass, um zu streiken, sie tun es einfach, auch ohne Purifikationsrituale. Wenn man sich die Fotos anschaut, kann man sich vorstellen, dass der arabischstämmige Abschaum aus den Vorstädten, die politisch sehr durchwachsenen „Gelbwesten“, die extreme Sektenlinke und die Ultrarechte dabei sind, alle aus unterschiedlichen Gründen. Unsere „Linken“ würden gleich einen Nervenzusammenbruch erleiden beim Gedanken an diese „Mitstreiter“ gegen die Regierung und zu Hause bleiben und herumjammern, dass das Volk die erhabenen Weisheiten der klimatisch-genderistischen Partei nicht goutiert.

Ich weissage prophezeie, dass alle derzeitigen „Rebellionen“ welthistorisch ähnlich unwichtig sind und folgenlos bleiben werden wie die preußische Katoffelrevolution.

protests france
Klassenkampf in Frankreich, Bordeaux

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Una Chica

chica venezuela

Mädchen aus Quibor oder El Tocuyo, Venezuela 1998.

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Antisemitische Mischpoke und die junge Impotenz

„Sie täuschen sich, wenn Sie glauben, dass ich da was richten kann. … Es ist alles umsonst. Was ich Ihnen sagen könnte, das sind doch immer nur Gründe, logische und sittliche Argumente. Darauf hört doch kein Antisemit. Die hören nur auf den eigenen Hass und den eigenen Neid, auf die schädlichen Instinkte. Alles andere ist ihnen gleich. Gegen Vernunft, Recht und Sitte sind sie taub.“ (Theodor Mommsen (1817-1903), deutscher Historiker, Nobelpreisträger für Literatur, 1890 einer der Gründer des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus)

Was würde Mommsen zur heutigen BDS-Bewegung sagen? Vermutlich genau das noch einmal.

Mein Lieblingszitat: Den meisten von Mommsens Schülern gelang es nie, aus dem Schatten ihres übermächtigen Lehrers zu treten, zumal dieser auf die meisten von ihnen als „die junge Impotenz“ herabblickte.

PS: Ich verkneife mir, diesen Beitrag einschlägig zu bebildern.

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Crash successful

crash successful

Das ist keine Meldung, die mich wirklich glücklich macht. Oder hatte da jemand schwarzen Humor?

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Llanos

llanos venezuela

Eigentlich ein recht nichtssagendes Bild, fotografiert 1998 in den Llanos von Venezuela – ein Reiher fliegt gerade auf. Ich habe auch ein Foto am Tag davor gemacht: Ich war auf einer kleinen Farm im Süden Venezuelas gelandet, ungefähr 70 oder 80 Kilometer südlich von Barinas, also in der absoluten Pampa. Ich habe einen ganzen Tag (1998) auf Pickups von Landarbeitern gebraucht, um da hinzukommen, und von dort aus per Traktor (!) nach Palmarito am Rio Apure.

Leider habe ich mir nicht notiert, wo genau das war. Ich hatte mir eine Mitfahrgelegenheit in Barinas besorgt, irgendwie nach Süden zum Rio Apure. Ich wusste nicht, was mich erwartete, aber die Leute, die mit mir im Auto saßen, wohnten irgendwo dort. Es waren meistens Angehörige von Landarbeitern. Nach Stunden erreichten wir einen Fluß, vermutlich war es der Rio Paguey, und der Fahrer verkündete, weiter führe er nicht, und eine Brücke gab es auch nicht. Das hatte mir niemand gesagt. Ich wusste nur, wo Süden war. Eine Mann am anderen Ufer kam mit einer wackligen Fähre, und ich setzte über. Dort waren nur ein paar Häuser, und alle Leute lagen in ihren Hängematten und dösten.

Ich fragte diesen und jenen. Mir wurde gesagt, irgendwann würde in Pickup kommen, der Landarbeiter auf eine Farm brächte, die ungefähr in der Mitte zwischen ihrem Fluss und dem Apure sei. Ich hockte da ein paar Stunden tatenlos herum. Am Nachmittag fing es fürchterlich an zu regnen, und natürlich kam auch der Pickup genau dann. Da waren schon ein Dutzend Leute auf der Ladefläche, ich passte gerade noch so drauf. Wir waren alle pitschnass, und der Fahrer raste in einem Höllentempo los. Ein Straße gab es nicht, nur so eine Art Piste, die ich vermutlich nicht wiedergefunden hätte.

Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir auf der kleinen Ranch an, zu der alle gehörten. Es war wie in einem Western: Männer mit Cowboyhüten ritten auf Pferden herum, Rinder grasten, und der Rancher kam höchstpersönlich, als ihm berichtet wurde, dass sie einen merkwürdigen Gast bei sich hatten. Vermutlich konnten sich die guten Leute nicht erklären, was ich da eigentlich wollte. Als sie merkten, dass ich Spanisch sprach und sogar eine Hängematte besaß, wies mir der Rancher einen sehr schönen Raum zu, nur mit Haken an der Wand, aber ohne Möbel, und lud mich zum Abendessen ein. In der Küche der Ranch ist das Foto mit den Piranhas entstanden. Die Magd war sehr verlegen; ich war der erste Ausländer, den sie je gesehen hatte. Der Rancher war neugierig, weil sich noch nie ein Tourist dorthin verirrt hatte, und wir plauderten die halbe Nacht. Ich schenkte ihn noch eine Kopie einer Karte aus dem 19. Jahrhundert von dieser Gegend, über die er total begeistert war.

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und schaute mich um – da habe ich das obige Foto gemacht. Nach dem Frühstück – ich musste weder für die Übernachtung noch für die Mahlzeiten etwas bezahlen – gab der Rancher seinen Leuten den Befehl, mich mit dem Traktor zum Rio Apure und nach Palmarito zu bringen. Das dauerte fast den ganzen Tag, weil es keine Straße gab.

Fazit: Es ist nicht wirklich etwas passiert, es war alles gratis, und dennoch ein grandioses Abenteuer.

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Die Wasserkocher, revisited

newsletter netzwerk recherche

Habe gerade erfahren, dass mein alter Freund Albrecht Ude nicht mehr den Newsletter Netzwerk Recherche verantwortet – das hatte er seit 2003 gemacht.

Bei diesem Journalisten-Verein hat sich die Klickibunti-Fraktion durchgesetzt, die zwar wenig Ahnung von Sicherheit im Internet hat, aber dafür Seminare zum Thema anbietet. Der Newsletter war jahrelang im Ten-Standard, den Albrecht auch ins Deutsche Übersetzt hat.

Dieser Standard ist zwar ein bisschen old school und für Kaltduscher und Spartiaten, garantiert aber, dass der Text und die Links von jedem Ausgabegerät korrekt angezeigt wird. Deutsche Sonderzeichen sind auch für jemand lesbar, die Suaheli spricht und ein E-Mail-Programm in Keilschrift benutzt. Ausserdem ist der Standard ein probates Mittel gegen Phishing, weil das, worauf ein Link verweist, sich nicht hinter einer HTML-Fassade verstecken kann.

Bei mir sieht das dann (Android, K-9 Mail) so wie oben aus. Da ist man doch gleich ganz begeistert und liest freudig weiter. Gut, die können mich seit meinem Artikel über sie sowieso nicht mehr leiden.

Ich verweise auf mein Posting vom November 2012: Lehrreicher Thread im Heise-Forum zum Thema „Mail hackt Router“:
HTML-E-Mails sind kein Standard, sondern höchstens etwas, was von Microsoft aufgezwungen wurde. Nur weil es aufgezwungen wird (mit den üblichen MS-Methoden der Manipulation, Erpressung, Bestechung), ist es nicht automatisch Standard.(…)

Und HTML in Webseiten ist etwas ganz anderes, als in E-Mail: Für Webseiten ist die Hypertext Markup Language ursprünglich entwickelt worden (klar, Gopher war auch cool), während es in E-Mails nie was zu suchen hatte, bis MS ankam und meint, alles „besser“ machen zu müssen, es aber in Wirklichkeit verschlimmert hat (man nennt das „Verschlimmbesserung“, aber das ist man von MS ja gewohnt).

Aber das erkläre mal jemand einer Journaille, die mit von Stolz geschwellter Brust sich gegenseitig Preise verleiht und sich wer was was darauf einbildet, man recherchiere besser als alle anderen! Netzwerk Recherche unterscheidet sich auch hier nicht mehr vom DJV.

Ich werde den jetzt abbestellen, auch wegen der Gendersternchen.

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„Gemeine Doppelbödigkeit“

„In Polen werden die doch gleich geklaut“, sinniert Lisa Eckhart über einen möglichen Weg deutscher Panzer in die Ukraine.

LMAO.

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