Aber die Gegend ist sehr schön oder: Von Belize nach Ecuador
Nahe der Grenze zwischen Belize und Guatemala bei Melchor de Mencos, 27.10.1979
Hier ein Brief, der einen Teil meiner erste Reise nach Lateinamerika beschreibt – zwischen Belize und Kolumbien. Die Rechtschreibung habe ich nicht verändert.
Mein Reisepass mit den Stempeln von Belize und dem Einreisestempel von Guatemala, Melchor de Mencos
Quito, den 26.11.79
Liebe Eltern,
Nun sind wir mittlerweile in Ecuador, haben soeben den Äquator überschritten und haben seit dem letzten Brief aus Belize, der hoffentlich angekommen ist, schon so viel erlebt, daß ich nur das Wichtigste schreiben kann.
Von Belize aus sind wir nach Guatemala getrampt. Das Gute an Belize ist, daß jeder Anhalter mitnimmt, weil so wenig Busse fahren und es sowieso nur 2 größere Überlandstraßen gibt, von Mexico nach Belize City und von da nach Guatemala. Zuletzt sind wir von englischen Soldaten mitgenommen worden (Belize ist zwar angeblich unabhängig, aber in Wirklichkeit immer noch eine englische Kolonie), die kurz vorher in Hamm stationiert waren – sie kannten auch Unna.
In Guatemala ging es richtig los: für die 200 km nach Tikal – d.i. eine große Ruinenstadt der Mayas – brauchten wir drei Tage. Die einzige Straße ist so schlecht, daß kein PKW fahren kann, nur 1x am Tag ein Bus. Zwischendurch haben wir noch an einem sehr romantischen See übernachtet. Tikal war das Beeindruckendste, was ich bisher gesehen habe. Hier wohnten vor 2000 Jahren mehr als 200000 Mayas! Heute ist überall tiefer Dschungel, nur ein paar kleine Dörfer, und mittendrin ein riesiges Ruinengelände mit Pyramiden, die mit der Spitze aus dem Dschungel gucken, Palastanlagen und Tempeln.
Busfahren in Guatemala geht z.B. so: Nachts um 11 soll der Bus fahren. Um 11 sagt der Busfahrer, der oben auf dem Dach liegt und schläft: Der Bus fährt um 1. Die Passagiere, darunter auch wir, sitzen auf einem schmutzigen Marktplatz, rundum voll Bretterbuden, wo man Kaffee und seltsames Gebäck verkauft, dazwischen streunende Hunde und ein paar Schweine, die im Müll wühlen. Um 1/2 2 kommt der Busfahrer vom Dach, will den „Bus“ starten, aber der springt nicht an. Alle Passagiere klemmen sich hinter den Bus und schieben ihn durch die halbe Stadt unter Höllenlärm, während ich auf dem Platz sitze und das Gepäck bewache und mich halb totlache. Der Bus springt aber nicht an und der Busfahrer legt sich wieder schlafen, Wir beide legen uns samt Rucksack auf einen der Markttische und schlafen bis um 3, bis ein anderer Bus kommt und unseren anzieht.
Dann geht es wie die wilde Jagd los, der Bus schwankt wie ein Schiff im Sturm, kracht in die Schlaglöcher, Hühner gackern, weil ihnen immer wieder auf den Schwanz getreten wird, eine dicke Indiofrau hat gleich 4 Truthähne mit. Der Bus braucht 19 (!) Std. bis Guatemala City, der Hauptstadt. Der Busfahrer fährt natürlich in einem Stück und kurzen Pausen durch und man kommt kaum zum Pinkeln.
Allgemeiner Eindruck von Guatemala: Das Land ist ein absoluter Polizeistaat, überall Militärkontrollen und man sagte uns, daß es hier wohl bald knallt wie in Nicaragua. Aber die Gegend ist sehr schön, vor allem die Indios sehr freundlich.
Wir sind 1 Woche in Antigua geblieben, einer Stadt mit viel spanischer Kolonialarchitektur, die aber durch verschiedenen Erdbeben sehr zerstört worden ist. Rundherum gibt es viele Indiodörfer, sehr arm, aber die Leute sind sehr nett. Die Frauen haben alle unwahrscheinlich bunte Gewänder an. Sie kennen noch kaum Touristen. Ihr müßt euch das so vorstellen, daß in den meisten Staaten Mittel- und Südamerikas die Indios den Hauptanteil der Bevölkerung stellen einschließĺich der Mischlinge, aber kaum in größeren Städten leben, sondern in Dörfern. In den Städten lebt die weiße Oberschicht, d.h. die Nachkommen der Spanier. Die Indios sehen sehr asiatisch aus und manche erinnern sehr an die Steinfiguren der Azteken und Maya, die die Spanier unterworfen haben.
Der Vulkan Agua (3760 m) in der Nähe von Antigua, Guatemala (01.11.1979).
In Antigua haben wir einen Vulkan bestiegen, der über 4000m hoch ist. Aber das ist hier alles anders als in den Alpen, weil alles relativ höher liegt. Z.B. hier in Ecuador liegen die meisten Städte über 2000m hoch, Quito 2800! Dementsprechend hoch sind die Berge, aber in Quito gibt es sogar Palmen! Das liegt daran, daß es tagsüber – wegen der Äquatornähe – meist warm ist, 20° Grad vielleicht und teilweise mehr, aber nachts ist es knapp über 0 Grad!
Das Hochland von Nicaragua, Flug von Guatemala nach Tegucigalpa, Honduras, 04.11.1979
Von Guatemala sind wir geflogen mit einer klapprigen Propellermaschine nach Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras. Dort ging die Maschine kaputt und wir mussten umsteigen. Aber die Fluglinie kann man nur weiterempfehlen: Es gibt gutes Essen an Bord und Alkohol ist frei, dabei gute Aussicht über das Hochland von Nicaragua.
So kamen wir in San Andrés an, einer Karibik-Insel zwischen Nicaragua + Kolumbien, die aber zu Kolumbien gehört. Dort sah es auch wie in Belize (s. Karte): Sandstrand, Palmen, das Meer blau und kristallklar und nie weniger als 30 Grad. An dem Küsten Südamerikas und in der Karibik leben fast nur Schwarze, die Nachkommen der afrikanischen Sklaven.
Medellín, Kolumbien, Flug von Tegucigalpa, Honduras, nach Bogotá, 04.11.1979
Nach einer knappen Woche inklusive Sonnenbrand flogen wir über Barranquilla und Medellin nach Bogota, wo wir spät abends mit gemischten Gefühlen ankamen, denn man hatte uns erzählt, daß Bogota eine der gefährlichsten Städte Südamerikas wäre. Wir mußten erst eine Stunde nach dem Gepäck suchen und waren etwas gestresst.
Ankunft in Bogotá, Kolumbien, 08.11.1979
In Bogota (5 Millionen Einwohner) ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch und die Leute sehr arm, dementsprechend hoch ist auch die Kriminalität. In bestimmten Stadtvierteln kann man nachts nicht mehr auf die Straße gehen, weil man sonst ausgeraubt wird. Und die Pauschaltouristen, die meistens reich aussehen, sind das selbst schuld. Die Stadt ist häßlich, die Häuser phantasielos, überall liegt Müll herum und ein unwahrscheinlicher Krach und Gestank. Die südamerikanische Autofahrer-Mentalität kann man sich kaum vorstellen: Verkehrszeichen geben nur grobe Anhaltspunkte, rote Ampeln sind uninteressant und jeder hupt, so laut er kann. Dabei sehen die Autos aus, als wenn sie gerade vom Schrottplatz kämen. Wir haben um 4 Uhr nachmittags einen uralten Bus mitten auf einer Kreuzung zur Hauptverkehrszeit gesehen, die Busfahrer lagen darunter und reparierten etwas, die Passagiere schauten interessiert zu, hinter dem Bus lag ein R4 auf der Straße, der gerade ein Rad verloren hatte, alle Autos fuhren kreuz und quer herum und mittendrin stand ein Polizist, der aus Leibeskräften auf einer Trillerpfeife flötete, den aber keiner irgendwie beachtete.
Wir haben in 3 Tagen keinen einzigen Europäer gesehen außer einer deutschen Reisegruppe im Goldmuseum, die aber in einem teuren Hotel wohnten und ziemlich verängstigt waren. Auf der Straße laufen Bettler herum, einer hatte sich einen Tropf organisiert, lag auf der Straße und hielt ihn hoch, bettelte gleichzeitig um Geld.
Es gibt eine ganze Menge interessanter Dinge, aber der Brief wird zu lang.
San Agustín, Kolumbien, 12.11.1979
Von Bogota aus sind wir ins Gebirge, d.h. die Anden, in ein kleines Indiodorf. Die Entfernungen sind hier etwas anders. Kolumbien ist 4 1/2 mal so groß die die BRD [sic], hat aber nur 30 Mio. Einwohner und der Bus braucht durchschnittlich 8-10 Stunden für eine normale Strecke. Eisenbahnen gibt es kaum, weil im Süden fast alles wildes Gebirge ist. Aber die Landschaft ist einfach großartig!
In San Augustin [es heisst San Agustín] sind wir 1 Woche geblieben. Es gibt nur eine Straße und das nächste Dorf ist 1 1/2 Stunden mit dem Bus entfernt. Elektrisches Licht gibt es nur ein paar Stunden am Tag. Wir haben uns Pferde organisiert und sind in der Gegend herumgeritten. Hier stehen überall auf den Bergen und im Dschungel 2000 Jahre alte Steinfiguren herum, die von einem Volk stammen, das sich damals, als die Spanier kamen, in die Berge zurückgezogen hat. Hier gibt es richtige Hünengräber wie in Norddeutschland.
San Augustin [San Agustín] ist relativ sicher, weil die Indios nicht klauen, aber fast alle Touristen, die hier ankamen (es gibt nur 3 oder 4 Übernachtungsmöglichkeiten, sodaß man sich trifft) waren beklaut worden, in einem Bus, der ankam, gleich 7 auf einmal.
Von San Augustin [San Agustín] sind wir nach Popayan, Pasto (das liegt auf der Panamericana in Richtung Ecuador), dann mit einem Nachtbus 10 Std. an die pazifische Küste von Kolumbien nach Tumaco. Hier sieht es wieder ganz anders aus: Ein Fischerdorf, nur Holzhütten, nur Schwarze, sehr dreckig und staubig, viele Häuser auf Pfählen und ringsherum nur Mangrovensümpfe. Mangroven sind Bäume, deren Wurzeln alle oberhalb des Wasserspiegels liegen, sodaß man von nirgendwo durchkommt.
Wir haben einen Einheimischen aufgegabelt, der uns für 20 DM nach Ecuador fahren wollte – mit einem hölzernen Einbaum mit Außenborder. So zogen wir, inklusive 6 leeren Ölfässern, Rucksäcken und 2 Mann Besatzung los. Das „Schiff“ blieb im „Hafen“ ein paar Mal stecken, wir mußten ins Wasser und anschieben. Die Fahrt kann ich kaum beschreiben, das war das Abenteuerlichste, was ich je erlebt habe. Wir sind 9 (!) Stunden durch kleine Flußarme, durch Sümpfe, teilweise auf größeren Flüssen gefahren. Die Gegend ist fast menschenleer, nur alle halbe Stunde ein winziges Dorf aus Schilfhütten, in denen ein paar Schwarze wohnen, die fast alle nackt herumlaufen und entweder mit Einbäumen fahren, weil es absolut keine Wege und Straßen gibt, oder auf Flößen mit langen Stangen herumschwimmen und Kokosnüsse und Bananenstauden transportieren. Anders kann es in Afrika nicht aussehen. Dabei ringsherum riesige Urwaldbäume und undurchdringliches Dickicht, aus dem man jeden Augenblick Tarzan erwartet.
Rio Mira, Pazifikküste Kolumbiens, 21.11.1979
Nach 8 Stunden hatten wir wieder den Pazifik erreicht. Plötzlich knallten ein paar Schüsse, ein anderer Einbaum kam herangeflitzt, in dem ein paar Soldaten aus Ecuador saßen, die unser „Schiff“ enterten, den „Kapitän“ festnahmen und wieder zurücktransportierten und uns im „Polizeieinbaum“ nach San Lorenzo in Ecuador brachten. Unser „Kapitän“ war nämlich ein Schmuggler, der billiges Benzin von Ecuador nach Kolumbien schmuggeln wollte. Aber wir hatten ja damit nichts zu tun und nach kurzer Kontrolle der Rucksäcke ließ man uns laufen.
San Lorenzo, Ecuador, 22.11.1979
San Lorenzo ist genauso wie Tumaco, nur ein bißchen sauberer und die Leute sind freundlicher. Hier sind wir einem deutschen Juden aus Berlin (!) begegnet, der 1936 aus Deutschland ausgewandert ist und den es nach hier verschlagen hat. Er kannte sogar noch die Knesebeckstraße [da wohnte ich damals]. Doch darüber auch mündlich!
Kapitel: Eisenbahnfahren in Ecuador! Der Schienenbus (es gibt keine Straße) sollte um 6 Uhr morgens fahren. Wir hatten am Vortag ein Gefährt gesehen, was aus einem Lastwagen bestand, dem man die Räder abmontiert hatte und stattdessen Eisenbahnräder anmontiert hatten und waren recht gespannt. Der Zug kam nicht, obwohl bestimmt 50 Leute herumstanden. Ich weiß nicht, wer mehr gestaunt hat: Wir über die oder sie über uns. Um 1 (!) Uhr kam ein Güterzug mit drei Waggons, alle Leute kletterten auf das Waggondach, auch ein Schwarzer, der Kokospalmenschößlinge von ca. 4m Länge dabei hatte, und wir auch.
Eisenbahnfahrt von San Lorenzo nach Ibarra, 23.11.1979
Dann ging es los, der „Schaffner“ sprang während der Fahrt von Waggondach zu Waggondach und kontrollierte die Tickets. Nach eineinhalb Stunden Fahrt durch tropischen Regenwald kam plötzlich ein uraltes Ding von Schienenbus hinterhergerattert, Plätze für 30, aber wie hier so üblich, mit ca. 50 Leuten besetzt. Bei einer Ausweichstelle, wo der Bus den Güterzug überholen konnte, haben wir uns auch noch reingequetscht. Der „Lokführer“ hatte eine Gangschaltung wie im Auto und sogar ein Lenkrad, an dem er wie wild dreht. Ich weiß aber nicht warum, denn auf Schienen braucht man normalerweise nicht zu lenken. Jedenfalls sind wir einmal entgleist, weil die Schienen fast lose auf den vermoderten Holzbalken liegen. Sie waren wohl für ein kurzes Stück zu weit auseinander, aber irgendwie kam alles wieder ins Lot. Die Bahn schlängelt sich in endlosen Serpentinen an Abgründen vorbei auf 300km von 0 auf 2200m Höhe nach Ibarra und baucht dafür ca. 7. Stunden.
Tulcán, Ecuador, an der Grenze zu Kolumbien, 24.11.1979
Wir haben in Ecuador noch ziemlichen Ärger mit der Polizei gehabt und mußten eine Strafe zahlen, weil seit neuestem die Einreise nur an bestimmten Stellen gestattet ist, nicht aber in San Lorenzo. Die Polizei dort wußte das aber nicht, nur die Polizei in Tulcan. Das ist der Grenzort zu Kolumbien, wo wir wieder hinaufgefahren sind, weil alle Einreisebüros geschlossen hatten und man ohne [Einreise]Stempel nicht nach Quito kann. Dort saßen wir drei Tage fest, weil Wochenende war, und heute morgen nach 3-stündigem Verhandeln und 80 DM Strafe konnten wir endlich nach Quito. Wir werden aber noch den Botschafter einschalten, weil das Ganze nicht unsere Schuld war, denn die Polizei hatte uns ja die Éinreise erlaubt. [Haben wir natürlich nicht gemacht.]
Quito, die schönste Stadt, die ich bisher und überhaupt gesehen habe! Doch davon später und in Fotos, da wir erst gerade angekommen sind. Wir bleiben ca. eine Woche, fahren 1 Woche in den Urwald östlich den Anden zum Rio Napo. brauchen ca. eine Woche über Riobamba u. Guayaquil zur Grenze nach Peru, sind kurz vor Weihnachten in Lima, Peru, und zu Silvester auf eine indianischen Landkooperative, von der wir Adresse und ein Empfehlungsschreiben von einem deutschen Entwicklungshelfer haben. Wir wollen nach ca. 4 Wochen Peru weiter nach La Paz, Bolivien, wissen aber noch nicht, ob das möglich ist, weil die mal gerade wieder einen Putsch hatten. (…)
In einer Vorstadt von Quito, Ecuador, mit Blick auf die Altstadt (November 1979)
Preise hier: Hotel ca 3 DM, Mittagessen 2 DM, 1 Banane 20 Pfg, Schachtel Zigaretten 30 Pfg, 400 km Busfahrt 5 DM! Wir geben ohne Andenken und Sonderausgaben ca. 10-13 DM pro Tag und Person aus. Vorher war es etwas teurer, aber Peru ist noch billiger.
Bis bald und viele Grüße an alle! Ich hoffe, daß ein paar von den vielen Ansichtskarten angekommen sind! (…) Und außerdem herzliche Glückwünsche zum Geburtstag, aber ich habe keine Ahnung, wann der Brief ankommen könnte.
Die Indianer lassen keinen rein
Bevor wir uns wieder den Weltläuften zuwenden: Ich habe hier einen Brief, den ich im November 1979 aus Belize an meine Eltern geschrieben habe. Ich musste doch sehr schmunzeln, als ich las, wie ich damals dachte und formulierte. Was ich schrieb, fasste meine damalige Reise von New York quer durch die USA und dann durch Mexiko zusammen.
„Kekoko“ ist übrigens lautmalerisch: Wir hatten keine Ahnung, wo das war, auch keinen Reiseführer und natürlich auch kein Internet. Wir mussten uns überall durchfragen. Gemeint ist die Caye Caulker, eine Insel vor der Küste von Belize. 1981 war ich noch einmal dort. Heute ist es dort sehr touristisch.
Man muss sich auch meine Eltern vorstellen, als sie den Brief erhielten. Wo und wie erhielt man damals Informationen über Belize? Zuhause gab es nur das Bertelsmann Volkslexikon und den Diercke Weltatlas. (Vier eng beschriebene dünne Seiten auf Luftpost-Papier. Die Rechtschreibung habe ich nicht verändert.)
Kekoko, 23.10.[1979]
Liebe Eltern!
Stellt Euch folgende Dinge vor: eine winzige Insel (200m breit, 800m lang), 2 Std. mit einem Fischerboot von Belize City entfernt auf einem Riff, 20 Häuser aus Holz, alle auf Pfählen, rundum Sandstrand, die ganze Insel voller Palmen, ab und zu ein Leguan, auf dem Wasser Pelikane, die fischen, ein paar Papageien, ein paar dunkelhäutige Leute, die alle wie Seeräuber aussehen, fast keine Touristen (genau genommen 8 außer uns) und das Wasser ist klar, daß man den Grund sieht und inmitten von Fischen schwimmt, außerdem sehr warm und den ganzen Tag 25-30°! Und dann stellt Euch Hartmut und mich vor, dann habt Ihr die Insel Kekoko [Caye Caulker] in der Karibik!
Im Augenblick ist es schon dunkel – die Sonne geht um 17:30 unter – jeden Tag ein Postkartenmotiv – und wir sitzen in der einzigen Kneipe am Strand, trinken Rum mit Cola (wie es sich gehört) und hören südamerikanische Musik.
Wir haben seit New York Sonnenschein, wenn wir draußen waren, und das sind immerhin schon 5 Wochen her. Ich kann nur über einige Eindrücke berichten, weil wir schon so viel erlebt haben und die Reise immer schöner wird. (Außerdem wird der Brief zu schwer und die Post ist nicht so sicher wie in Deutschland.)
Wir kamen am 18.9. abends in New York an. Schönes Wetter, aber leider streikten die Busfahrer. Wir mußten ein Taxi vom J.F.Kennedy-Flughafen nehmen. Die Leute, von denen ich die Adresse hatte, waren überrascht, weil sie sich nicht an mich erinnerten [eine Frau, die ich Monate zuvor mit dem Taxi in Berlin umherfuhr, hatte mir ihre Adresse in Queens gegeben]. Wir haben aber auf dem Dachboden übernachtet.
New York ist überwältigend groß. aber sehr schmutzig. Ich hatte mit der Kamera Schwierigkeiten; ich hoffe, daß die Bilder etwas geworden sind. Nach ein paar Tagen sind wir mit dem Bus nach New Orleans gefahren. Die Entfernungen in den USA sind etwas anders als in Deutschland: Wir haben 33 Stunden gebraucht! In den USA gibt es fast keine Eisenbahnen, und der Personenverkehr wir mit Bussen befördert.
In New Orleans gibt es ein altes Stadtviertel mit Häusern aus der französischen Kolonialzeit. Wir haben da den berühmten Houston zum Weltraumzentrum. Wir waren auch in dem Kontrollraum, den man im Fernsehen bei Mondfahrten sieht.
Von dort fuhren wir nach Santa Fe. Das ist eine berühmte Stadt des „Wilden Westens“. Die Fahrt dahin führte über 100e Kilometer durch die Prairie, alle 50 km eine Ranch. In Santa Fe gibt es eine ganze Menge Pueblos von Indianern, aber wir haben nur Museen besichtigt, weil die Indianer keinen reinlassen.
Von Santa Fe mit dem Bus genau nach Süden zur mexikanischen Grenze durch ein Gebiet (am Rio Grande), wo man hinter jeder Ecke Indianer vermutet.
Mexiko ist ganz anders. Ziemlich ärmliche Häuser (jedenfalls im Norden), aber ein sagenhafter Rummel auf den Straßen. Die Leute sind freundlich und hilfsbereit, wenn sie unser Schild „Alemania“ auf dem Rucksack lesen, weil sie [US-]Amerikaner nicht mögen. Im Bus haben wir jemanden getroffen, der uns erzählte, dass in der Gegend von Chihuahua 60000 deutsche Bauern leben.
Wir sind nach Cuauhtémoc gefahren und von einem deutschen Bauern auch prompt eingeladen worden. Er war 1924 von Rußland nach Mexiko eingewandert, sprach aber Deutsch. Natürlich haben wir Bratkartoffeln gegessen!
Nach 2 Tagen ausruhen sind wir mit dem Zug durch ein wildes Gebirge an den Pazifik gefahren. Noch was: die Bauern laufen noch in den Trachten der Jahrhundertwende herum! Der Gegensatz zu den Mexikanern in Cuauhtémoc, die alle wie Banditen aussehen und zu dem Sheriff, der mit Cowboyhut und Revolver herumläuft, ist recht komisch.
Von Los Mochis haben wir sofort Anschluß nach Guadalajara gehabt. Der Zug braucht 32 Stunden! Die Züge sind natürlich brechend voll, Händler verkaufen alles, vom Papagei bis zum Reibekuchen.
Kurz vor einer Weiche hielt der Zug an, die Leute von der Lok stiegen aus und würfelten erst einmal darum, wer die 10m gehen mußte, um die Weiche umzustellen. Die Strecke ist eingleisig, und ab und zu stoßen die Züge zusammen [erzählte man uns].
Von Guadalajara ging es nach Guanajuato (bei Leon). Die Stadt ist in eine enge Schlucht hineingebaut und hat nicht den Schachbrettgrundriß wie die meisten mexikanischen Städte. Wir sind lange in den kleinen Gäßchen herumspaziert.
Die Leute in Mexiko sind sehr oft arm, aber die Kinder spielen die große Rolle. 65% der Bevölkerung sind unter 24 Jahren alt. Die Schulbildung ist aber sehr ordentlich, wie wir aus Gesprächen mit Schulkindern erfahren haben. Unser Spanisch ist aber noch nicht sehr gut. Von der Silbermine habe ich eine Karte geschrieben.
Von Guanajuato fuhren wir nach Mexiko City = 12 Millionen Einwohner! In Mexiko [Stadt] sind wir tagelang in Museen herumgelaufen, die sehr beeindruckend sind. Die meisten behandeln die alten Indianerkulturen, weil die Mexikaner sehr stolz auf ihre Vergangenheit und ihr Land sind.
Wir haben sehr viel Pyramiden in der Umgebung besichtigt und sind der Meinung, daß die europäische Kultur der Antike dagegen sehr mickrig ist. Ich will darüber aber anhand der Dias ein bißchen erzählen, weil alles schrecklich viel war.
Von Mexiko City sind wir über Pueblo und Oaxaca (an den Vulkanen vorbei) nach Coatzacoalcos an der Karibik[küste] (mit mehreren Tagen Aufenthalt in mehreren Städten und Dörfern), von dort nach Merida, wo wir noch ein paar Ruinenstädte der Mayas besichtigt haben. Das war eines der beeindruckendsten Eindrücke der ganzen Reise.
Z.B. Monte Alban: eine Stadt der Zapoteken, die vor 1000 Jahren 150000 (!) Einwohner hatte, bis die Spanier sie zerstörten. 500m über der heutigen Stadt, bei sagenhaftem Fernblick, Dutzende von riesigen Tempeln und Pyramiden, halb vom Urwald überwachsen. Oder Uxmal bei Merida, eine riesige Pyramidenstadt mitten im Urwald.
In Yukatan [sic] (d.i. die Halbinsel, auf der Merida liegt, regnet es ein paar Mal am Tag, aber es bleibt warm. Man schwitzt wahnsinnig, nach dem Duschen ist man 5 Min. später wieder total durchgeschwitzt, obwohl in jedem Hotelzimmer ein Riesenpropeller an der Decke ist.
Mexiko ist für unsere Verhältnisse sehr billig, ein Hotelzimmer für 2 bekommt man für 8 Mark, ein Essen für genausoviel. Wir haben allerdings mehrere Leute getroffen, die sich nicht anpassen konnten, vor allem [US-]Amerikaner, die kein Wort Spanisch konnten und nur im Hotel oder im Cafe herumsaßen. Wir haben mit vielen Mexikanern gesprochen, mit Indianern auf dem Markt, die noch ihre alten Sprachen sprechen – Aztekisch oder Maya. Alle waren sehr nett. Aber in ein paar Jahren werden hier viele Neckermann-Touristen sein, die die Atmosphäre kaputtmachen.
Unangenehmes gibt es auch: hier [Caye Caulker] sind sehr viele Mücken und Sandfliegen, ich bin z. Zt. völlig zerstochen. Aber man gewöhnt sich daran, genauso wie die Cucarachas. Das sind Käfer [Schaben] mit langen Fühlern, ziemlich eklig, die überall herumkriechen. In Merida hatte wir auch Ameisen im Bett, aber um das zu vermeiden, muss man in Luxushotels übernachten. Aber dann kann man auch an die Ostsee fahren.
Von Merida sind wir nach Belize gefahren, das ist eine ehemalige englische Kolonie zwischen Mexiko und Guatemala an der karibischen Küste. Dort leben fast nur Farbige, Nachkommen der Sklaven aus Afrika, der Indios und der Seeräuber. Dementsprechend sehen sie auch aus.
Aber mir gefällt es hier sehr gut, keine Rassenvorurteile und sehr lustig. Wir hatten eine Adresse von dem deutschen Bauern aus Mexiko. Sein Sohn lebt 70km von der Grenze zu Mexiko in einem kleinen Dorf im Urwald. Dort leben auch die sog. Mennoniten, auch Nachfahren der deutschen Bauern, die noch wie um 1850 leben.
Morgentoilette meines Reisebegleiters, fotografiert am 20. oder 21.10.1979 in Belize in der Nähe des heute offenbar verlassenen Ortes Neustadt. Das Haus gehörte dem Sohn des Mennoniten, der uns in Cuauhtémoc eingeladen hatte (bisher unveröffentlicht).
Als Deutscher ist man eine Attraktion (vorausgesetzt man hat kurze Haare) und wird überall herumgereicht. Wir haben uns für ein paar Tage den Bauch mit deutscher Kost vollgeschlagen. Aber die Ansichten dieser Bauern sind haarsträubend: Wenn die deutsche Regierung Krieg mis Rußland anfangen würde, würden sofort alle kommen.
Hier herrschen auch noch Sitten wie im Wilden Westen, mit Prügelstrafe usw. Einige sind so konservativ, daß sie kein Autofahren, nur mit Pferd und Wagen und Traktoren mit Eisenrädern, weil Gummi zu modern ist.
Von dort sind wir mit LKWs nach Belize City getrampt, in Belize City haben wir Fischer gefragt, wie man zu dieser Insel fährt.
Hier bleiben wir bis Freitag, fahren dann nach Guatemala, bleiben dort 1 Woche und fliegen dann (wahrscheinlich über Nicaragua) nach Kolumbien. Dort werden wir Anfang November sein.
Viele Grüße an alle von Hartmut und Burkhard
P.S: Jetzt müsste ihr euch noch einen Sonnenbrand dazudenken.
Verfünfzigfacht und aufwärts
Ein Garifuna-Mädchen aus Punta Gorda, Belize (1981)
In der bürgerlichen Presse las ich einen Reisebericht über Belize. Zitat:
Unterkunft: „Copal Tree Lodge“ (Punta Gorda) ab 276 US-Dollar die Nacht, copaltreelodge.com; „The Lodge at Jaguar Reef“ (Hopkins) ab 299 US-Dollar die Nacht, jaguarreefbelize.com; „Ramon’s Village“ (Ambergis Caye) ab 165 US-Dollar die Nacht, ramons.com
Ich schrieb am 12.10.2020: „22.10 [1979]. Lustwandeln am Strand, aber es gibt keine Möglichkeit, Hängematten aufzuspannen. [Heute weiß ich, dass das auch eine blöde Idee gewesen wäre – unter Palmen mit Kokosnüssen!] Ein Karl sagt uns, das sei auch verboten. Die erste Pension (von zweien auf der ganzen Insel!) will 12 Dollar für zwei Personen. Wir kaufen Rum und sitzen auf der Veranda im ersten Stock. 23.10. Gutes Frühstück mit Marmelade, Eiern, Speck und Brot. Wir stehen schon um sechs Uhr auf, weil es um 17.30 Uhr wieder dunkel wird. Wir wechseln das Hotel: sechs Dollar für beide!“
Und am 10.04.2022: „Aus meinem Reisetagebuch, 15.11.1981: …wir fragen uns durch nach Man Mans Five Stars Cooking Shop in der West Street, bezahlen sechs [Belize] Dollar für eine Hütte mit Hängematte, Frühstück und dinner.“
Ich bin kein Mathematiker, aber die Preise haben sich offenbar verfünfzigfacht und aufwärts…
Frau vor Mangroven und Palmen
Das Foto habe ich 1980 auf Caye Caulker gemacht. Das ist jetzt das letzte Foto meiner Reisen 1979 und 1981 nach Belize, es sei denn, ich fände noch eines in einem abgelegenen Ordner eines abgelegenen Backups. Es sind IMHO 45, ich muss das noch einmal kontrollieren. Vielleicht gebe ich irgendwann ein E-Book über die Reisen heraus. Aber wer will schon etwas über Zentral- und Südamerika vor 40 Jahren wissen?
Fangt mehr Fisch!
Das Foto habe ich 1980 auf Caye Caulker gemacht. „Die Insel ist ca. 8 Kilometer lang und 2 Kilometer breit und liegt etwa 35 Kilometer nordöstlich von Belize City im Karibischen Meer.“ Caye Caulker war damals noch ein fast touristenfreies spottbilliges Fischernest mit einem riesigen Korallenriff ein paar Kilometer vor dem Strand, an dem man wunderbar schnorcheln konnte.
Gechillt
Caye Caulker, Belize, fotografiert im November 1981. Ich wünsche schöne Feiertage!
Vermischtes
Revisited: Fotografiert in Punta Gorda, der südlichsten „Stadt“ in Belize. Das sind dieselbe Frau und dieselbe Hängematte im Hintergrund.
Eilmeldung: Ein Mitglied des Ausschusses, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet, ist zurückgetreten.
Was sonst noch geschah:
– Überall sind Nazis auf dem Vormarsch, nur nicht in Mariupol.
– „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld entschieden!“ – Diese Aussage des EU-Außenbeauftragten Sepp Borrell (vorbestraft) klingt ein bisschen wie die Kriegsrhetorik aus seinem Geburtsjahr (um 1840). Würde vorschlagen, ihn von EU-Chefdiplomat in EU-Chefmilitärhonk umzubenennen. (Martin Sonneborn)
– Neues aus Gaga-Land. Schwarzwälder Bote: „Platzwärterin schaut nach Nutzenden“.
– Russisch ist jetzt offizielle Sprache der FIFA. (Als wenn das jemanden interessieren würde!)
Punta Gorda, revisited
Fotografiert in Punta Gorda, der südlichsten „Stadt“ in Belize. Der Ort wird vor allem von Garifuna bewohnt -(„with a mixture of Mopan and Kekchi Maya, Garifuna, Creoles, Lebanese, East Indian and Chinese peoples“) damals rund 3000 Einwohner, heute knapp 6000. Dorthin würde ich sofort wieder reisen. Dass meine damalige Freundin anscheinend missgestimmt guckt, ist vermutlich den Licht- und Mückenverhältnissen geschuldet.
Aus meinem Reisetagebuch, 15.11.1981:
…wir fragen uns durch nach Man Mans Five Stars Cooking Shop in der West Street, bezahlen sechs [Belize] Dollar für eine Hütte [vgl. Foto] mit Hängematte, Frühstück und dinner. Die Leute nennen sich Caribs, im Radio Garifuna, die Tocher spricht mit ihrer Freundin Creolisch. (…)
Wir verbringen den Abend in einem Schuppen, wo gerade die carib queen gekürt wird. Die drei Kandidatinnen tanzen langsam nach vorn auf die Bühne. Der Entertainer ruft aber seltsame Stimmzahlen aus, „6000 votes“ für eine [kann nicht stimmen, weil rund 300 Leute in dem „Lokal“ waren, darunter mit uns nur ein halbes Dutzend Weiße]. Die Band besteht aus 2 Trommeln und einem Mundharmonikaspieler, dessen Melodien (darunter Spanish Eyes) etwas verloren über dem Dum-dum schweben.
Ein paar englische Soldaten sind anwesend. Einer verwickelt uns in ein Gespräch. Wer erfahren, dass er vorher in Berlin-Spandau stationiert war und dorthin zurückkehren wird. Ein besoffener Ami erzählt uns von seinen weißen und schwarzen Kindern. Der Carib-Mann ist sehr besorgt um uns und warnte uns vor „schlechter Gesellschaft“.
Das Dorf [Punta Gorda] ist anders als Dangriga, sehr auseinandergezogen. Das Zentrum liegt an einem kleinen Markt, wo Eier und Obst und Fleisch verkauft werden, das meiste wahrscheinlich aus den umliegenden Dörfern. Wir sehen auch ein paar Maya-Frauen mit „Schador“. (…) Am Strand liegt eine zappelnde Schildkröte, die schon seit gestern da liegen soll…
Vermischtes oder: In case you missed it
Mariupol, noch Ukraine
– Venezuela darf nicht mehr bei der UN mitstimmen, weil die Regierung die „Beiträge“ nicht bezahlt hat.
– Finfisher ist pleite.
– Die Deutsche Welle darf nicht mehr aus Russland und aus Afghanistan senden.
– Die Online-Präsenz der Bild-Zeitung ist in Russland gesperrt.
– Der Terror gegen Israel hat wieder Opfer gefordert.
– Nurses protest against COVID policy at a hospital in Shanghai. Die Schulen bleiben geschlossen. Vielleicht werden die Chinesen ihre Strategie ändern.
– Die Ukrainer wollen das Rote Kreuz boykottieren.
– Die Lakaien der herrschenden Klasse in Peru wollen den linken Präsidenten loswerden.
– Rund 30 Prozent der US-Amerikaner misstrauen der Wissenschaft.
– Südafrika steht zu Russland.
– Es gibt da noch diese Stellvertreterkriege im Jemen und in Berg Karabach.
– Ich rate von Reisen nach Mali ab.
– Die Regierung in Belize geht gegen die Selbstverwaltung der Maya vor.
– Eine Splittergruppe der FARC ist wieder in Kolumbien aktiv.
– Die mexikanischen Zapatistas brauchen deutsche Übersetzer.
– Ich habe die Blogroll upgedated.
Caye Caulker, revisited again
Am Strand von Caye Caulker, Belize, fotografiert im November 1981. Ich habe keine Ahnung, was das für eine Pflanze ist, vor der meine damalige Lebensabschnittsgefährtin steht.
Fortsetzung des Reisetagebuchs, 7.11.1981: Man fragt Alfonso ganz harmlos, was er sonst noch so arbeite? Antwort: „I gave up this fucking‘ shit.“ Überhaupt ist fucking jedes zweite Wort bei den Unterhaltungen. (…)
Die großen Vögel mit den zackigen Flügeln sind Fregattvögel. Der in einem viel zu kleinen Käfig eingesperrte Papagei schreit ganz fürchterlich, als es zu regnen anfängt. Wenn kein Wind weht, sind die Sandfliegen ganz unerträglich, und selbst das Abbrennen von Moskito-Spiralen hilft nicht, nur der Ventilator. Alfonso rät, die Stiche mit reinem Alkohol einzureiben, dass wenigstens der Juckreiz weggeht…
Rio Hondo, revisited
Den Ort hatte ich vor drei Jahren schon beschrieben: Grenze zwischen Mexiko und Belize am Rio Hondo, nordöstlich der Höfe der mennonitischen Bauern in Tres Leguas, bei denen ich 1979 ein paar Tage gewohnt habe. Auf der anderen Seite ist Mexiko. Und einer der kleinen Kerle tauchte vor neun Jahren hier schon einmal auf.
Die Geschichte hinter dem Foto ist kompliziert. Am 28.09.1979 standen wir in Cuauhtémoc im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua auf dem Bahnhof, der eigentlich keiner war, sondern nur aus ein paar Geleisen bestand. So etwas kannte ich noch nicht. Wir wollten mit der Ferrocarril Chihuahua al Pacífico an die Pazifikküste. Ein älterer Mennonite sprach uns an; er hatte offenbar gehört, dass wir uns auf Deutsch unterhielten. Er lud uns ein. Von ihm bekamen wir die Adresse seine Sohnes in Belize. Der Mann hieß Aaron Redekop. Seine Vorfahren stammten aus Russland, vermutlich war David Redekop sein Vater. (1982 war ich noch einmal bei ihm und seiner Frau.)
Am 21.10.1979 überquerten wir die Grenze zwischen Mexiko und Belize. Aus meinem Reisetagebuch:
„Mit ordinario zur Grenze. Kein Trouble, auch nicht mit den Grenzern in Belize. Chetumal [Mexiko] ist ein verschlafenes Nest, fast nur Schwarze. Trampen nach Corozal [Belize]. Tauschen Geld. An der Wand einer Kneipe das Schild: „Beautify America – eat a Redneck„. Trampen von Corozal nach Orange Walk. Leute sehr freundlich, sprechen fast alle nur Spanisch.
Von Orange Walk nach Yo Creek, nur ein paar Hütten. Ein Mennonite nimmt uns mit dem Pickup mit nach Blue Creek und setzt und vor dem Haus von Redekops ab.“
Jetzt muss ich vorgreifen. Blue Creek gibt es nicht mehr, auf der Karte sieht man noch, dass die Gegend besiedelt war. Damals waren dort einzelne Gehöfte, keine geschlossene Siedlung, alle in Sichtweite eines anderen. 1982 erfuhr ich, dass der Hof des jungen Redekop von Mexikanern angesteckt und seine Familie vertrieben worden war – die Redekops kehrten wieder nach Mexiko zurück. Der Grund: Die Mennoniten zerstörten die Felder der Mexikaner (aus Belize), die an der Grenze Marihuana anbauten. Es gab wohl einen Kleinkrieg, den die Mennoniten verloren. Fast alle weigern sich ohnehin, Militärdienst zu leisten. Sie sind eigentlich friedliche und fromme Leute.
War standen vor dem Hof, der nur aus einem Haus und einigen Nebengebäuden bestand und hatte nur den Zettel mit dem Namen. Ein ziemlich attraktive blonde Frau (die oben auf dem Foto) kam mit einem Gewehr heraus und zielte auf uns und fragte, was wir wollten. Als wir auf Deutsch antworteten, ließ sie das Gewehr sinken und bat uns herein. Ihr Mann (oben) kam später von der Feldarbeit und staunte über den Besuch, war aber sehr neugierig, was wir zu erzählen hatten.
Viel interessanter war das, was wir über das Leben dort erfuhren.
Mann und Frau hatten klar zugewiesene Rollen. Wenn er am Tisch saß, rief er seine Frau aus dem Garten, um ihm Kaffee einzuschütten. Alles im Haus kommandierte sie. Alles draußen regelte er. Die Mennoniten war nicht viele und eine verschworene Gemeinschaft mit harten und klaren Regeln. Ich kann mich heute noch an die Geschichten erinnern, die wir abends, wenn wir draußen unter dem Sternenhimmel zusammensaßen, zu hören bekamen. Die Mennoniten sprachen Plautdietsch, was nicht immer einfach zu verstehen war, gemischt mit „modernen“ deutschen Wörtern.
„Wenn der Jakob seine Frau prügelt, dann wissen das ein paar Tage später alle. Und wenn der Jakob dann unterwegs ist, dann lauern ihm der Aaron und der Josef und der Matthias mit dem Ochsenziemer und zeigen ihm, wie sich ein Mann zu benehmen hat. Der Jakob schlägt seine Frau nie mehr.“
Einer hatte es gewagt, eine Mexikanerin zu heiraten – eine Katholikin! Er durfte sich bei den Mennoniten nicht mehr blicken lassen. Die Alten sind alle Pazifisten. Manche fahren noch mit Pferd und Wagen und halten Traktoren für Teufelszeug. Der junge Redekop ist aus der Art geschlagen, war sogar bei der US-Armee, und hat deswegen vermutlich Stress mit seinem Vater.
Was müssen diese Leute wissen, um in der Wildnis zu überleben? In der Schule lernt man das nicht. Redekop war von einer Schlange gebissen worden – auf dem Foto sieht man noch den Verband. Sein Rezept: Man muss die Schlange zuerst töten. Dann nimmt man ein Messer und schneidet den Biss kreuzförmig auf (das hatte er selbst gemacht). Dann bestreicht man die Wunde mit roter Wagenschmiere. Dann spricht man ein Gebet und denkt nicht mehr an die Wunde. Es schien zu funktionieren.
Dieser Menschenschlag würde hier nicht immer auf Sympathie stoßen. Mennoniten sind eine Art erzkonservativer Calvinisten. Sie arbeiten eigentlich immer, wenn sie nicht schlafen. Der Mexikaner an sich ist genau das Gegenteil. Und das sagen die Mennoniten auch unverblümt. Redekop hatte ein paar Knechte, die aus Mexiko stammten. Wenn die Sonne unterging, spendete ein Generator noch Strom. Am ersten Abend war er kaputt, und die Mexikaner fummelten lange erfolglos daran herum. Sie kriegten auch die Kurbel nicht richtig in Schwung. Der junge Redekop sah sich das nicht lange an, scheuchte sie zur Seite und bekam das Gerät mit nur seinem gesunden Arm zum Laufen. Es war sonnenklar, wer die dicksten Cojones hatte der Boss war.
Am Sonntag zieht man keine Jogging-Hose an, sondern das beste Zeug, was man hat. Am Sonntag wird auch nicht gearbeitet. Einmal im Monat treffen sich alle Mennoniten zu einem Fest – da wird ausgeguckt, welcher Hans welche Grete kriegen soll. Wir machten eine Fahrt mit dem Pickup zum Rio Hondo – dort ist das Foto am 21.10.1979 entstanden.
Aus meinem Reisetagebuch:
Essen echt deutsch, viel Fleisch. Toronjas. Zitronen fürchterlich sauer, Pampelmusen sehr süß. Wagenschmiere und Alkohol helfen auch gegen Mücken, warme Milch gegen Vergiftungen. Spazierfahrt zum Blue Creek [gemeint ist der Rio Hondo].
Mittags zeigt uns Redekop sein neues Haus, etwas windschief. Er hat jede Menge Maya-Scherben gefunden. Fast direkt unter dem Hause ist eine ziemlich größe Höhlung, die er irgendwann ausgraben will. Abends Schnack über Gott und die Welt. Redekop begreift nicht, dass in Deutschland nicht alle Farmer werden wollen. Seine Kinder würden gegen Russland [gemeint war die Sowjetunion] in den Krieg ziehen. Er sei früher Scharfschütze mit einer 44er Magnum gewesen. Er sagt, was die Frau tun soll.“
Caribbean Breeze
Fotografiert 1982 auf Caye Caulker, Belize.
Der Fetisch des erinnerten Geldes
Caye Caulker, revisited
Beide Bilder zeigen dieselbe Szenerie. Das obere Foto habe ich im Oktober 1979 gemacht, das untere mit meiner damaligen Freundin im November 1981. Im Hintergrund Caye Caulker vor Belize. In dem blauen Haus habe ich beide Male gewohnt. Warum meine Ex so eine schlechte Laune hatte oder ob sie nur in die Sonne blinzelte, weiß ich nicht mehr. Ich war auch unsicher, ob das Foto nicht seitenverkehrt war, aber dann wäre es das obere auch – das blaue Plumpsklo ist beide Male zu erkennen. Den Ausschlag für meine Entscheidung, dass es so richtig ist, gab die Gürtelschnalle.
Caye Caulker ist heute nicht wiederzuerkennen: Damals gab es nur Holzhäuser, keinen Flughafen, keine Autos, keine „richtigen“ Restaurants, nur Privatküchen, und alles war total easy und chillig, eben typisch karibisch, inklusive Schnorcheln am Belize Barrier Reef. Heute ist die Insel vollgeknallt mit Touristen-Herbergen jeder Preisklasse. Ich habe eine Weile gesucht, aber die Perspektive nicht wiedergefunden, nur auf alten Fotos.
2017 schrieb ich: Eine Fährverbindung nach Belize City gab es auch nicht; man musste sich in den wenigen Hafenkneipen von Belize City durchfragen, wer ein Boot mit Außenborder zu vermieten hatte.
Aus meinem Reisetagebuch 21.10.1079: [Belize City] …Mom’s Restaurant [eigentlich: Mom’s Triangle] rechts hinter der Ziehbrücke. Alle Häuser auf Pfählen, schmutzig, aber mit Atmosphäre. Schwarze in allen Schattierungen, Indios und Chinesen. Fragen uns durch nach einem Boot nach „Kekoko“. [Der mennonitische Bauer aus Tres Leguas im Norden von Belize, bei dem wir gewohnt hatte, empfahl uns „Kekoko“. Da wir keinen Reiseführer (und natürlich auch kein Internet) für Belize hatten, konnten wir das nur lautmalerisch notieren – gemeint ist Caye Caulker.] Der erste Bootsbesitzer will 30 Dollar. Das ist uns zu teuer. Wir fahren mit einem Fischerboot, das Baumaterialien für San Pedro [Ambergis Caye] geladen hat. Kommen in der Dunkelheit an. Essen noch sehr gut Fisch.
Die „Hauptstraße von Cay Caulker 1979. Unfassbar, wie das heute aussieht!
22.10. Lustwandeln am Strand, aber es gibt keine Möglichkeit, Hängematten aufzuspannen. [Heute weiß ich, dass das auch eine blöde Idee gewesen wäre – unter Palmen mit Kokosnüssen!] Ein Karl sagt uns, das sei auch verboten. Die erste Pension (von zweien auf der ganzen Insel!) will 12 Dollar für zwei Personen. Wir kaufen Rum und sitzen auf der Veranda im ersten Stock. 23.10. Gutes Frühstück mit Marmelade, Eiern, Speck und Brot. Wir stehen schon um sechs Uhr auf, weil es um 17.30 Uhr wieder dunkel wird. Wir wechseln das Hotel: sechs Dollar für beide! Treffen den Australier vom Busterminal in Oaxaca.
Sandfliegen sind überall, auch im Bett. Waschen unsere Klamotten mit einem Waschbrett. Baden in der Karibik – herrlich warm, Fischschwärme überall, aber bis ziemlich weit draußen nur 1,5 Meter tief. Caye Caulker ist 200 Meter breit und 800 Meter lang. Sonnenuntergang wie üblich ein Postkartenmotiv. Der „Hafen“ besteht aus einem Holzsteg. In der Nacht sitze ich noch dort und bewundere den Sternenhimmel.
24.10. Fünf Uhr Wecken, aber ohne Mücken. Das Klo ist kaputt. Freiluftklo auf dem Kai [das blaue Häuschen] ist angesagt, mit Sandfliegen. Wandere um die Insel, das ist aber kaum möglich [wegen der Mangroven, vgl. Foto unten]. Das Piraten-Englisch der Fischer ist kaum zu verstehen.
Aus meinem Reisetagebuch, 05.11.1981: Caye Caulker! [dort angekommen] Der Bus von Chetumal an der [mexikanischen Grenze] ist jetzt auch moderner geworden, kostet fünf Pesos, und da ich zehn Pesos im Busbahnhof auf dem Boden finde, kommen wir gerade so hin. Der mexikanische Zoll kontrolliert nicht, ob wir ein Visum für Belize haben. Im neuen Zollgebäude von Belize ist ein Heidenspektakel, nur ein Mann und der gesamte kleine Grenz- bzw. Berufsverkehr. Ein Mexikaner handelt sich einen Rüffel ein, da er sich über die Theke neigt und „señor!“ brüllt. Die Abwicklung der Formalitäten geht zwar langsam, aber korrekt in Oxford-Englisch vor sich. Der Zollhäuptling wie im Kolonialzeitalter mit Schirmmütze, Zigarette, piccobello Uniform und muskulösem Oberkörper trifft erst später ein. Wir bekommen ohne Schwierigkeiten eine Aufenthaltserlaubnis für die Zeit, die wir angeben.
Wir trampen bis Corozal, tauschen Geld bei Barclays, und essen ein Toast-mit-cheese-and-ham-Frühstück im Hotel auf der rechten Seite kurz vor der Brücke beim Ortsausgang. [Keine Ahnung, ich finde das nicht mehr.] Wir nehmen den Lokalbus nach Belize City.
Der erste Eindruck: Alles ist ohne Firlefanz eingerichtet, kein Jesus, Maria etc. an den Wänden, saubere Toiletten, der Tisch wird geputzt, der Bus ist genau so alt wie in Mexiko, aber viel gepflegter, nichts ist kaputt. Nach längerem Fragen erwischen wir ein Charter-Boot, nicht ohne mehrere Verkaufsangebote für Gras usw. über uns ergehen lassen zu müssen. Bei Dunkelheit kommen wir in Caye Caulker an.
Am nächsten Tag Wäsche waschen, Umschau in der Tierwelt [vgl. Fotos unten], die bekannte Mischung aus Sandfliegen, schönem Wetter und gutem Essen. Im besten „Restaurant“, kurz vor „Edith“ rechts in der zweiten Häuserreihe gibt es Lobster mit Kartoffelsalat für fünf Belize Dollar. Sehr viele Leute sprechen Spanisch oder bekennen in wehmütigem Ton, dass Spanisch ihre Muttersprache sei. Aber dann hängt auch sofort wieder ein Jesus an der Wand, auch wenn sie ausnahmsweise der Assemblies of God angehören.
Heute regnet es, und wir kommen gerade rechtzeitig vom Riff zurück. Leider etwas zu starker Wellengang und zu wenig Sonne. Die Unterwasserwelt ist ein bisschen unheimlich, was noch verstärkt wird dadurch, dass man die Entfernungen falsch einschätzt. Die größte Tiefe beträgt höchstens zwei Meter. Die Fische scheinen keine natürlichen Feinde zu haben, jedenfalls schwimmen sie nicht weg. Ein kleiner schwarzer Fisch frisst mir fast eine abgebrochene Koralle (oder was auch immer das war) aus der Hand. Einige große Fische haben eine Metallic-Randstreifen. Sehr viele blaue mit gelbem Schwanz und ganz dicke Rotbunte und einige blau und gelb Gestreifte.
Sonntag Abend ist bei Martinez große Disco-Time, und die Leute kommen sogar per Boot von den anderen Inseln. Die andere Bar gefällt uns nicht – dort verkehrt wohl die lokale Unterwelt.
Frühstück bei „Rivas“ ganz lecker mit Apfelsine und Haferschleim, aber mit einer Kompanie Ameisen auf dem Tisch. Kommentar: „Die wollen auch nur Honig frühstücken.“ Der Käpt’n heißt Alfonso. Man fragt ihn ganz harmlos, was er sonst noch so „arbeite“. Antwort: „I gave up this fuckin‘ shit.“ Überhaupt ist „fuckin'“ jedes zweite Wort bei den Unterhaltungen. Ein anderer Einheimischer erzählt, dass sein Schiff von Placencia nach Honduras fahre, aber vielleicht ist es dasselbe, was auch nach Belize City und zurück geht.
Bis jetzt ist mir der Unterschied zwischen Creolen und Cariben vom Aussehen her nicht klar. Wenn kein Wind geht, sind die Sandfliegen unerträglich, und selbst das Abbrennen von Moskito-Spiralen hilft nicht, Alfonso rät, die Stiche mit reinem Alkohol einzureiben, dass der Juckreiz weggehe…
Sarstoon Temash National Park
Die Geschichte zu den beiden Fotos habe ich hier vor zwei Jahren schon erwähnt:
Wir waren in der Nacht von einem Schmuggler illegal über die Grenze zwischen Belize und Guatemala gebracht worden, Guatemala erlaubte hier keine Grenzübertritte. Wir wollten aber hinüber, weil die Option gewesen wäre, durch halb Belize wieder nach Norden reisen zu müssen, was eh schon mühselig gewesen war. Der Kerl hatte uns mit seinem Kanu bei Sonnenaufgang einfach am Strand abgesetzt – nach dem Motto: Jetzt seht mal zu, wie ihr weiterkommt. Sein Geld hatte er ja im voraus bekommen. Meine Begleiterin blieb am Strand und passte auf die Rucksäcke auf. Ich musste jemanden finden, der mir sagen konnte, wo wir einen legalen Einreisestempel für unsere Pässe bekommen würden.
Das war einer meiner zwei illegalen Grenzübertritte in meinem Leben. Die Fotos habe ich kurz nach Sonnenaufgang irgendwo in der Nähe des Temash River (haha, nur ein Plattdüütscher Wikipedia-Eintrag, auch keiner in Englisch – vermutlich von den in Belize ansässigen Mennoniten angelegt) nicht weit von Guatemala gemacht. Vermutlich sieht man oben den heutigen Sarstoon Temash National Park, ein undurchdringliches Mangroven-Gewirr, in das sich nur wenige Siedler trauen, fast ausschließlich Garifuna.
Aus meinem Reisetagebuch, 16.11.1981:
Der große Deal begann gestern: Mau Mau [so wurde der Schmuggler, unteres Bild mit Hut, genannt] will 20 Dollar mehr, 10 für ihn, 10 für den Immigration Officer. Nach langem Verhandeln geht er auf 10 Dollar runter. Die meisten Leute haben irgendwelche „Handelsbeziehungen“ mit Guatemala. In einem Shop im Dorf [Punta Gorda] bekommen wir 20 Quetzal. Mau Mau erzählt, dass Italiener beklaut worden seien, aber in Puerto Barrios nur 15 US Dollar für 20 Quetzal bekommen hätten.
Wir brechen nach Mitternacht um drei Uhr im Einbaum auf und werden ziemlich nass. Um fünf Uhr morgens sind wir in Livingston, was vom Wasser aus wie ein armseliges Nest aussieht…
Blue Hole
Aus dem South America Handbook (1984):
Excursion: 13 miles from Belmopan along a bad road is the Blue Hole. This is a natural pool which lies about 100 ft. below the road. It can be reached by steps and swimmmg as possible. 2 miles SW of the Blue Hole are St. Hernan‘s Caves, which are magnificent (they are 1/2 mile off the road from the Blue Hote to Betmopan along a dirt track). A torch is essential; you can walk for more than half a mile underground.
Leider ist das Foto ein wenig unscharf. Fotografiert am 11.11.1982. Ich habe noch einmal überlegt. Es gab einen Widerspruch, den ich hiermit korrigiere: Von Belize City bis nach Dangriga sind wir getrampt, und der freundliche Fahrer, der uns mitnahm, zeigte uns das Blue Hole. Von Dangriga nach Punta Gorda versuchten wir zu trampen, gaben aber am frühen Nachmittag auf, weil gar kein Auto kam, und sind nach Dangriga zurück, weil am nächsten Tag ein Bus fuhr, den wir nahmen.
Caribbean feeling
Aus meinem Reisetagebuch, November 1981:
Belize City ist eine traumhafte Stadt, was koloniale Atmosphäre angeht. „Alle Welt“ trifft sich bei Mom’s Triangle*, dort ist die Informationsbörse. was Richtung Cays oder nach Honduras geht, obwohl da auch die Mode-Rastas rumhängen und alle mit dummen Sprüchen anmachen. Offenbar ist es ein besonderes Ritual, wenn sie einen nach dem Namen fragen: Man habe nicht genug „Energie“, wenn man ihn verrät. Zu Mom’s: Das Haus davor an der Ecke der Swing Bridge ist wohl abgebrannt [1979 war es noch da].
Wir bleiben bei Marin’s Travel Lodge (6 Craig Street, damals knapp 13 Dollar), sicher, absolut sauber, große Zimmer. Nebenan der Chinese Jane’s, sehr gut und extrem zuvorkommen, als wir um Chop Sticks bitten und damit essen.
Dangriga, früher: Stann Creek
Der Fahrer, der uns in Belize City mitgenommen hat, setzt uns an einem privaten Haus ab, das ein Gästezimmer hat. Die Ladies in unserer Pension sind wohl teilweise indischer Herkunft und tragen mindestens zehn Ringe an den Fingern. Überall liegt Literatur der Zeugen Jehovas herum.
(…) Nachts gehen wir in eine Reggae-Bar, wo besoffenen Typen herumhängen und andere nur Wasser trinken. Das Mennoniten-Haus ist in der Front Street. Die Straßen sehen aus wie im Wilden Westen. Viele kreolisch-chinesische Namen an den Geschäften. Die Läden wie aus dem Bilderbuch: der zahnlose chinesische Opa, der hinter einem Tischchen steht und Lose einer Lotterie verkauft (was sehr viel tun), die dicken Mamis, die hüftschwingend zum Einkaufen gehen, eine sogar mit Pudelmütze – bei der Hitze!
Abends Kino. Der Mond geht blutrot auf (Foto), ein Ami-Scheiß über „Abenteuer nach dem 3. Weltkrieg“. Bei Action-Szenen freuen sich die Leute oder wenn irgendjemandem etwas passiert, die meisten werden sich wohl kaum etwas dabei denken.
Seltsamerweise hält der Bus nach Punta Gorda nicht vor dem Bus-Terminal. Er kommt kurz nach elf und ist noch nicht einmal voll, was für Mexiko undenkbar wäre. Die Strecke ist mörderisch. wir fahren über Georgetown Junction und Mango Creek, dann über Big Falls nach Punta Gorda. Sehr viele mit Schilf gedeckte Hütten, meistens Maya, einige Frauen laufen sogar barbusig herum. Zahllose Sekten-Kirchen, wohl nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, missioniert zuerst.
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* Es gibt sogar ein Foto der damaligen Inhaberin auf Facebook.
Belize City, backstage
Belize City 1979.
Belize City, revisited
Belize City 1981. Ich habe noch mal in meinen alten Reisepass geguckt. Ich war im November 1981 in Belize, bin dann über Guatemala, Honduras, Nicaragua und Costa Rica nach Panama gereist, wo ich Silvester gefeiert habe. Die Dame in grünen Hosen ist meine damalige Freundin.
Die kleinste Hauptstadt der Welt
Belmopan, die Hauptstadt von Belize (1982). „Im Jahr 1965 wurde der endgültige Beschluss gefasst, eine neue Hauptstadt an einem sichereren Ort zu errichten, und im Jahr 1970 konnte der Regierungssitz von Britisch-Honduras nach Belmopan verlegt werden. Die Regierungsgebäude wurden im modernen Stil an die klassische Maya-Architektur angelehnt. Ursprünglich waren für die Planhauptstadt 40.000 Einwohner vorgesehen, aufgrund der Lage und des heißen und schwülen Klimas hat die Stadt bis heute erst etwa 23.000 Einwohner.“