Bolivien boomt
America21.de: “ Boliviens Wirtschaft boomt trotz der internationalen Finanz- uund Wirtschaftskrise, „während es den reichen Ländern und einigen Nationen Lateinamerikas schlecht geht“.
Eine der Gründe ist das El Nuevo Modelo Económico, Social, Comunitario y Productivo (in spanischer Sprache, September 2011), das sich explizit gegen die Neoliberalisten in den USA und die Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) richtet.
Bolivien wird von der linken Partei MAS (Movimiento al Socialismo) unter Präsident Evo Morales regiert.
Nationalsozialisten im Staatsdienst
Was Feynsinn über die den Verfassungsschutz schreibt (es geht um einen Vortrag beim CCC-Kongress), sehe ich auch so: Der Verfassungsschutz hat nicht versagt, sondern genau so funktioniert, wie er funktionieren soll.
Guten Rutsch
Ich wünsche allen wohlwollenenden Leserinnen und geneigten Lesern einen guten Flug Rutsch und ein erfolgreiches und gesundes neues Jahr 2013! Möge die Macht mit Euch Eure Freiheit grenzenlos sein (wie die meines Avatars, der auf dem Vogel sitzt).
In drei Monaten hat dieses Blog zehnjähriges Jubiläum!
Kurzstrecke
Heute bin ich zum Jahresende noch einmal ganz gemütlich meine Kurzstrecke gelaufen, ein knapper Viertelmarathon (oder das Marathon?), um es großspurig zu sagen. Vorher lag Schnee oder es war matschig, da bin ich nicht gelaufen. Ja, ich weiß, ihr könnt meine Füße nicht leiden. Aber ohne sie kann ich weder laufen noch mich auf die Waage stellen. Unter 85 Kilo immer noch. Noch zwei weniger, und sogar meine urältesten Jeans passen mir wieder ganz bequem.
Avatare sehen dich an, reloaded
Moneta, Aes Signatum und die Ware an sich
Eine der ersten römischen Münzen, genannt aes signatum, ca. 15 cm lang und 1,75 Kilo schwer, 3. Jh. v. Chr., British Museum
Warum in meinem letzten Posting über Gebrauchswert und Tauschwert Schweine vorkamen, hatte ich noch nicht erwähnt. Argumente, die gegen die Marxsche Theorie der Ware vorgebracht werden könnten, habe ich auch noch nicht gehört, zumal damit auch Aristoteles und bürgerliche Ökonomen wie Adam Smith unrecht gehabt hätten. [By the way: bloße Beschimpfungen meiner Person, wütende Hasstiraden (die ich nicht freigeschaltet habe) und die „überzeugende“ These, Marx sei tot, kann ich nicht wirklich als Gegenbeweis akzeptieren; es zeigt nur, dass die Anhänger der Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) intellektuell aber auch rein gar nichts anzubieten haben.]
Die Sache mit der Ware und ihrem „Doppelcharakter“ hört sich einfach an, ist es aber nicht. Wenn man die These konsequent weiter denkt, wird es schnell kompliziert. Die Ware ist, wie Marx es ausdrückt, ein „vertracktes Ding“ und „voll theologischer Mucken“.
These: Nur gesellschaftliche Arbeit schafft Werte. Das deutsche Wort „Wert“ drückt leider – und missverständlich – beides aus: sowohl den Gebrauchswert als auch das abstrakte Dritte, das Verhältnis, mit dem ein Produkt mit einem ganz anderen verglichen wird (aus dem später das Geld entsteht). Übrigens ist auch für Adam Smith, den Gründervater der bürgerlichen Wirtschaftslehre, die Arbeit die einzige Quelle gesellschaftlichen Reichtums.
Wer das also akzeptiert, muss bei der Redewendung „das Geld arbeiten lassen“ die Augen rollen. Geld arbeitet nicht und schafft auch keine Werte, auch wenn es jahrelang in einem Banktresor liegt. Jetzt haben wir ein Problem: Wo kommen denn die Zinsen her?
Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, daß sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhältnis von Gegenständen. Durch dies Quidproquo werden die Arbeitsprodukte Waren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche Dinge. (Das Kapital, Bd. 1: Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis)
Das ist – zugegeben – ein bisschen verschwurbelt formuliert. Der von Marx so genannte „Fetischcharakter der Ware“ ist nichts weniger als eine erkenntnistheoretische These, die die Wahrnehmungspsychologie müsste verifizieren können. Marx behauptet, die bloße Existenz der Ware zwänge die Akteure zu einer falschen Sicht der Realität.
„Falsch“ in dem Sinne, wie Ludwig Feuerbach Gott und die Religion beschreibt: „Denn nicht Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, wie es in der Bibel steht, sondern der Mensch schuf (…) Gott nach seinem Bilde.“ (Vorlesungen über das Wesen der Religion, Leipzig 1851, XX. Vorlesung) Das heisst: Gott existiert nicht, sondern ist eine Projektion.
Und genau das behauptet Marx über die Eigenschaften der Ware, die ihr zugeschrieben werden: Der Tauschwert, also der „gesellschaftliche“ Teil des Wertes, erscheint als Eigenschaft der Ware selbst und nicht mehr als das, was er ist – nur eine abstrakte Kategorie, um zwei Dinge miteinander vergleichen zu können.
Um daher eine Analogie zu finden, müssen wir in die Nebelregion der religiösen Welt flüchten. Hier scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes mit eignem Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis stehende selbständige Gestalten. So in der Warenwelt die Produkte der menschlichen Hand. Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt, sobald sie als Waren produziert werden, und der daher von der Warenproduktion unzertrennlich ist.
Die römische Göttin Juno (vgl. die Münze oben: Julia Soaemias Denarius, 22o v. Chr.) hatte den Beinamen Moneta. Bei ihrem Tempel wurde die ersten Münzen geschlagen, die oft ein Schwein oder ein Rind zeigten. Man merkt gleich, für welche Produkte das Geld zuerst benötigt wurde. (Wer mehr darüber lesen will, dem empfehle ich Horst Kurnitzky: Triebstruktur des Geldes: Ein Beitrag zur Theorie der Weiblichkeit. Wagenbach, Berlin, 1974.)
Maria und Josef in Neukölln
„So endet die Weihnachtsgeschichte von Neukölln. Diesem unberechenbaren Berlin-Bethlehem, wo sich zwar keine Krippe fand, »Maria« aber in einer Kneipe kellnern könnte. Wo Andy seinen Worten Taten folgen lässt. Wo Dirk den Penny putzt. Wo Schorsch auf einer Tiefkühltruhe schläft. Wo sich Hajo auf die Weihnachtsessen freut. Wo Habib uns zum Essen einlud. Und wo »Josef« sich jetzt auf den Weg zu Funda macht, um einen Antrag auf Hartz IV zu stellen, mit Verweis auf seine tischlerischen Fähigkeiten.“
„Das Einfühlungsvermögen der Menschen mit niedrigerem sozialem Status war größer.“
Zwei Reporter der Zeit inkognito als Obdachlose in Berlin-Neukölln unterwegs. Die beste Weihnachtsgeschichte, die ich jemals gelesen habe. Man muss nichts mehr kommentieren. Wer nicht jedes Wort dieser Geschichte liest, gehört ausgepeitscht.
Potemkin reloaded
„In einer skizzierten Szene haben sich 5 Nazis auf einem Gipfeltreffen getroffen, um zu beraten, wie sie eine Demo organisieren sollen, und alle 5 waren V-Männer verschiedener Dienste.“ (via Fefe).
Nein, das ist keine Satire. Quod erat demonstrandum.
Der deutschen Wirtschaft
Über den Bundestag sollte man längst hängen: „Der deutschen Wirtschaft“ statt „Dem deutschen Volke“. (Quelle: Heise-Forum)
Die Regeln dazu bestimme ich
Marcus Pössel auf scilogs:
Was geht im Kopf von jemandem vor, der „Zensur, Zensur!“ ruft, weil sein bzw. ihr Kommentar nicht freigeschaltet wurde? Wenn wir mal den Fall außen vorlassen, dass der- oder diejenige die Gelegenheit schlicht zu einem persönlichen Anwurf nutzt (da bin ich mittlerweile leider inzwischen einiges gewohnt): Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass da im Hintergrund nicht selten eine Verwechslung des Rechts auf freie Meinungsäußerung mit einer Art „universellem Verbreitungsrecht“ der eigenen Meinung vorliegt.
Indem ich die Kommentarfunktion freischalte, biete ich Lesern dieses Blogs ein ganz bestimmtes Forum an. Die Regeln dazu bestimme ich…
Nackte Frauen, Schweine und die Ware an sich
Die sicherste Methode, die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser von diesem gesellschaftlich irrelevanten Blog alsbald zu vertreiben, ist, ein Posting mit Zitaten von Aristoteles und Thomas von Aquin zu beginnen. Auf vielfachen Wunsch des harten Kerns tu ich das doch – und jetzt erst recht.
Ich zweifle übrigens an den edlen Motiven der Leserschaft: Wer würde heute noch 1500 Seiten dröge Lektüre in Kauf nehmen, um zu verstehen, wie Wirtschaft funktioniert? Und wer liest länger als fünf Minuten ein Blog – außer es geht um nackte Weiber (oder Männer – aber ich glaube nicht, dass ich Leserinnen habe)? Wollt Ihr das also wirklich? Wer jetzt schon bereut, kann sich ja stattdessen Fleisch ohne Text reinziehen.
Also von hinten nach vorn: Was käme dabei heraus, wenn man sich die Marxsche Werttheorie antäte? Zum Beispiel die Erkenntnis, dass manche Philosophen im alten Griechenland wesentlich tiefschürfender dachten als heutige „Volks“wirtschaftler“ und andere Dummschwätzer und dass – daraus folgend – die Menschheit nicht klüger wird, sondern das Dümmerwerden durchaus eine ernst zu nehmende Option der Evolution zu sein scheint.
Ich warne also: Wer mir nicht sofort widerspricht, wenn sie oder er das Folgende rezipiert hat, darf das in Zukunft auch nicht mehr. Wer akzeptiert, dass zwei mal zwei vier ist, darf nicht meckern, wenn ich später behaupte, vier mal vier seien sechzehn. Ja, man ahnt es schon: erstens geht es heute um den Wert an sich („Geld“ und „Kapital“ kommen erst später), und zweitens sagt Karl Marx nichts anderes als Aristoteles dazu; ersterer drückt es nur klarer aus und nimmt aktuellere Beispiele. Wer aber die Werttheorie Marxens nicht mit guten Argumenten falsifiziert, darf auch nicht herumnörgeln, wenn wir später das Ausbeutungsverhältnis der Lohnarbeit, den tendeziellen Fall der Profitrate und den Kapitalismus an sich kriegen.
Nehmen wir den christlichen Philosophen Thomas von Aquin (†1274):
Der Wert der Dinge aber, die zum Nutzen des Menschen in Umlauf kommen, wird nach dem bezahlten Preis bemessen. (…) Teurer verkaufen oder billiger einkaufen, als eine Sache wert ist, ist also an sich ungerecht und unerlaubt.
Ist das richtig? Im 13. Jahrhundert dachte man offenbar nicht anders als die heutige Glaubensgemeinschaft des „fairen“ Preises und Handels und des „gerechten“ Lohns. Es geht hier aber nicht um Moral und Theologie, sondern darum, die Ökonomie wissenschaftlich zu beschreiben. Wer sagt, ein bestimmter Preis sei ungerecht, muss auch sagen, dass die Zahl Pi unfair ist, weil man sie so schwer berechnen kann und weil man, wenn man sie betrachtet, unweigerlich beim Buffonschen Nadelproblem landet, was einem den ganzen Tag versauen kann.
Erster Einwand: Geht das überhaupt, die Wirtschaft wissenschaftlich zu analysieren? Sind da nicht zu viele Variablen im Spiel? Gute Frage! Wenn es einem aber gelänge, vom Konkreten zu abstrahieren, also etwas streng Logisches zu finden, das Gesetzen folgt. wären wir schon einen Schritt weiter in Richtung Induktion. Und das wäre kein Kaffeesatzlesen oder Astrologie wie der Wirtschaftsteil deutscher Medien und dem Gefasel der Gläubigen des niederen Wesens „freier Markt“, sondern richtige Wissenschaft, deren Schlüsse andere nachvollziehen können.
Hier also Marx im Originalton über die Methode (Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie, aus dem Nachlass, 1903 zum ersten Mal veröffentlicht):
Es scheint das Richtige zu sein, mit dem Realen und Konkreten, der wirklichen Voraussetzung zu beginnen, also z.B. in der Ökonomie mit der Bevölkerung, die die Grundlage und das Subjekt des ganzen gesellschaftlichen Produktionsakts ist. Indes zeigt sich dies bei näherer Betrachtung [als] falsch. (…) Finge ich also mit der Bevölkerung an, so wäre das eine chaotische Vorstellung des Ganzen und durch nähere Bestimmung würde ich analytisch immer mehr auf einfachere Begriffe kommen; von dem vorgestellten Konkreten auf immer dünnere Abstrakta, bis ich bei den einfachsten Bestimmungen angelangt wäre. Von da wäre nun die Reise wieder rückwärts anzutreten, bis ich endlich wieder bei der Bevölkerung anlangte, diesmal aber nicht als bei einer chaotischen Vorstellung eines Ganzen, sondern als einer reichen Totalität von vielen Bestimmungen und Beziehungen. Der erste Weg ist der, den die Ökonomie in ihrer Entstehung geschichtlich genommen hat. Die Ökonomen des 17. Jahrhunderts z.B. fangen immer mit dem lebendigen Ganzen, der Bevölkerung, der Nation, Staat, mehreren Staaten etc. an; sie enden aber immer damit, daß sie durch Analyse einige bestimmende abstrakte, allgemeine Beziehungen, wie Teilung der Arbeit, Geld, Wert etc. herausfinden. Sobald diese einzelnen Momente mehr oder weniger fixiert und abstrahiert waren, begannen die ökonomischen Systeme, die von dem einfachen, wie Arbeit, Teilung der Arbeit, Bedürfnis, Tauschwert, aufsteigen bis zum Staat, Austausch der Nationen und Weltmarkt. Das letztre ist offenbar die wissenschaftlich richtige Methode.
Was also ist eine Ware – also was haben Waren im Neolithikum, im alten Sparta und im heutigen Havanna und Chicago gemeinsam?
Eine Ware hat einen Gebrauchswert und einen Tauschwert. Beide sind selbstredend nicht identisch. „Geld“ oder gar die Kategorie „Preis“ sind hier noch gar nicht im Spiel – man kann sich auch Gesellschaften vorstellen, die kein Geld haben, sondern Naturalien tauschen.
Weder der Gebrauchswert noch der Tauschwert sind „natürliche“ Eigenschaften der Dinge. Im Tauschwert steckt jedoch etwas Anderes. „Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‘ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein,“ schreibt Marx in Das Kapital.
Man kann das auch anders sehen. Wer aber subjektive Gefühle ins Spiel bringt wie manche „Volks“wirtschafts-Groupies, der sollte erst gar nicht von einem wissenschaftlichen Anspruch reden – das ist nichts anderes als primitive Populärpsychologie.
Aristoteles schreibt das in seiner Nikomachischen Ethik so:
Daß aber das Bedürfnis als eine verbindende Einheit die Menschen zusammenhält, erhellt daraus, daß wenn kein Teil des anderen bedarf, oder auch nur der eine des anderen nicht, sie in keinen Verkehr des Austausches treten, wie sie es tun, wenn der eine Teil dessen benötigt, was der andere hat,…
Der Tauschwert verkörpert „irgendwie“ die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit für ein Produkt, das als Ware auftaucht. Wenn alle Produzenten einer autarkten Gemeinschaft plötzlich weniger Zeit und Aufwand brauchten, um ein bestimmtes Ding herzustellen, weil sie zum Beispiel bessere Werkzeuge haben, dann sinkt der Tauschwert. Oder: Die Wertgröße wechselt mit der Produktivkraft.
Übrigens gibt es einen Streit unter „Marxisten“, den die Apparatschiks leider sowohl in der ehemaligen Sowjetunion als natürlich auch in der DDR unter den Tisch kehrten. Dort wurde Marx bekanntlich als eine Art Religionsstifter angesehen, dessen Werke man nicht als bloßes Werkzeug ansah, sondern als heilige Schriften, die die absolute Wahrheit verkündeten – oder das, was die jeweiligen Parteifunktionäre meinten daraus machen zu müssen. In diesem Streit geht es um die erkenntnistheoretische Frage, ob die Fähigkeit, überhaupt abstrakt zu denken, also sich ein „Drittes“ vorzustellen, das zwei völlig unterschiedliche Dinge erst vergleichbar macht, nicht ein Produkt des Tausches ist. Der marxistische britische Altphilologe George Thomson gehört zu dieser Denkschule, insbesondere aber Alfred Sohn-Rethel oder auch der von ihm beeinflusste Rudolf Müller mit seinem Hauptwerk „Geld und Geist„. Ich sehe das übrigens nicht so; die Idee ist aber sehr interessant.
Demnächst mehr in diese Theater.
Implantat, Frau oder billiger Sarg gesucht
Da wirbt zusammen, was zusammengehört… Gesehen auf schacharena.de.
Topinambur aka Jerusalem-Artischocke
Gestern habe ich beim Weihnachtsessen meinen Wortschatz erweitert: In der Suppe – der erste Gang (vgl. Foto ganz oben) – war Topinambur, mancherorts auch bekannt als Erdapfel oder Jerusalem-Artischocke.
„Topinambur stammt aus Nord- und Mittelamerika, ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet wird in Mexiko vermutet. Heute ist die Art im zentralen und östlichen Nordamerika sowie in Mittelamerika verbreitet und gilt als Kulturpflanze der Indianer aus vorkolumbianischer Zeit.“
Schmeckt gut. Granatäpfel und Maronen tauchen hier übrigens auch auf.
Ich wünsche allen wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern angenehme Festtage!
Ciompi und andere
Neulich habe ich beim TV-Zappen ein wenig in die Borgia-Serie hineingeschaut. Die kleinen Leute kommen natürlich nie vor, nur als Staffage. Derartige Filme dienen auch nicht dazu, die Leute zu bilden oder ihnen womöglich lehrreiche Beispiele vorzuspielen, um sie aufzurütteln, dass sie ihr Schicksal in die Hand nehmen, sondern dazu, das Volk ruhig zu halten aka unterhalten. Falls ein Aufrührer und Rebell aufträte, dann würden dessen Rezepte und Methoden, könnte man sie auf die heutige Zeit übertragen, selbstredend zensiert.
Es gibt natürlich Ausnahmen, die kommen aber nicht zur Prime Time. Die Masse will sie auch nicht sehen, das wäre viel zu anstrengend. Die „Borgias“ sind eher Mantel-und Degen-Filme für Oberstudienräte und ihre Gattinnen.
Ich habe heute Ernst Piper seit langer Zeit wieder durchgeblättert: „Der Aufstand der Ciompi. Über den ‚Tumult‘ der Wollarbeiter im Florenz der Frührenaissance“ – gekauft 1978 als Taschenbuch. Es geht hier zwar um das 14. Jahrhundert, also etwas früher als die Borgias, kann aber trefflich das Thema soziale „Schichten“ demonstrieren und außerdem der Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) zeigen, wie dämlich ihre Mitglieder sind.
Karl Kautsky schrieb 1895 über die Textilindustrie in Italien im späten Mittelalter:
Weder die Bergarbeiter, noch die Handwerksgesellen noch die unorganisirten städtischen Proletarier waren berufen, die Träger der Anfänge der kommunistischen Arbeiterbewegung zu sein. Nur eine Arbeiterschicht gab es, welche die Verhältnisse nicht nur für kommunistische Tendenzen empfänglich machten , sondern der sie gleichzeitig die nöthige geistige Anregung gaben, aus diesen Tendenzen ein neues Gesellschaftsideal herausarbeiten, der sie aber auch die nöthige Energie verliehen, an diesem Ideal festzuhalten in Zeiten, in denen seine Erreichung völlig aussichtslos erschien. Diese Arbeiter waren die der Textilindustrie, namentlich die Wollenweber.
Und Burks rückte seinen Oberlehrer-Hut zurecht und sprach: Was war noch mal gleich der Unterschied zwischen Feudalismus und Kapitalismus? Da heulen sie gleich auf, die „Der freie Markt muss frei bleiben und alle werden reich und glücklich“-Gläubigen: Es gab und gibt immer noch einen erbitterten Streit zwischen „linken“ und „rechten“ Historikern, ob man das „Mittelalter“ so nennen sollte oder vielleicht das „Lehnswesen“ oder ob man nicht besser „Feudalismus“ sagen sollte, was unsere „bürgerlichen“ Historiker natürlich rundheraus ablehnen, nicht aus inhaltichen Gründen, sondern weil Marx auch „Feudalismus“ sagte, und was Marx sagte, ist in Deutschland tabu, verpönt und darf nicht zitiert werden. (Zum Glück war Marx kein Mathematiker, der behauptete, zwei plus zwei seien vier, dann wären Mathematiker, die dem beipflichteten, im heutigen Deutschland Linksextremisten.)
Was sagt also der Markt zum Mittelalter? Es gab ihn nur rudimentär; in Südeuropa vermutlich sogar erheblich weniger als im römischen Weltreich.
Die römische Antike fußte zwar auf der Arbeit freier Bauern, aber die „Massenproduktion“ vieler für den Handel benötigten Güter, wenn man davon sprechen will, wurde durch Sklaven auf den Latifundien organisiert.
Latifundien kamen in Italien nach dem Zweiten Punischen Krieg auf und verdrängten in der späten Republik in vielen Gegenden die bisherige kleinbäuerliche oder auf Gutshöfe mittlerer Größe gestützte Landwirtschaft. Sie wurden unter Einsatz zahlreicher Sklaven bewirtschaftet, neben denen freie Landarbeiter als Saisonkräfte zum Einsatz kamen. Hauptsächliche Wirtschaftsform der Latifundien war die Viehzucht, daneben auch der Oliven- und Weinanbau. Der Getreideanbau hingegen war im Rahmen der Sklavenwirtschaft unrentabel.
Warum eigentlich? Das ist doch eine interessante Frage. Und wenn man sich dann das 12. Jahrhundert in Deutschland ansieht, bemerkt man Erstaunliches: Erst dann wurde die Dreifelderwirtschaft „erfunden“. Ein „richtiger“ Pflug kam erst im 18 Jahrhundert zum Einsatz, ebenso die Dampfmaschine, die die industrielle Massenproduktion ermöglichte und somit den Kapitalismus.
Waren also die alten Römer zu blöd, um eine Dampfmaschine oder einen vernünftigen Pfug zu bauen? Und wenn die Dreifelderwirtschaft dafür sorgte, dass sich die landwirtschaftiche Produktion vervielfachte, warum kam das erst im „Mittelalter“, wo doch die Römer sogar Aufzüge im Colosseum hatten und Fußbodenheizung, während die alten Rittersleut sich auf ihren zugigen Burgen einen abfroren?
Erfindungen, die die Gesellschaft verändern, fallen eben nicht zufällig vom Himmel. Und wie Arbeit organisiert wird, auch nicht. Der Markt ist nicht wichtig, sondern die so gennannten Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte. Will sagen: Mit Feudalherrn und abhängigen Bauern kriegt man keinen Kapitalismus mit Arbeitern hin, die nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft. Und mit Sklaven hat Kapitalismus auch keine Zukunft – das wissen die US-Amerikaner aus ihrem Bürgerkrieg.
Zurück zu den Ciompi. Am 18. Juni 1378 trat Salvestro de‘ Medici, einer der reichsten Männer von Florenz, auf den Balkon der Signoria und rief: „Es lebe das Volk.“ Er meinte das Volk als Hilfstruppen für seine Interessen, aber die „Ciompi“, die Arbeiter der Wolltuchindustrie, einer der Vorformen der kapitalistischen Massenproduktion, nahmen ihn ernst, entmachteten den Adel und schufen die erste Demokratie der Neuzeit in Mitteleuropa.
Darüber würde ich gern mal eine TV-Serie anschauen, aber das wird nie passieren. Aber wir wollten uns den Gläubigen des niederen Wesens „Freier Markt“ widmen.
Die Keim und Emryonalformen einer neuen Gesellschaft schlummern also sehr lange innerhalb des Alten. Die Arbeiter der Wolltuchindustrie waren mit die ersten ihrer Art, und genau so kämpferisch wie 300 Jahre später die Bergarbeiter des Erzgebirges. Dann dauerte es aber noch einmal 300 Jahre, bis die industrielle Produktion die vorherrschende Form war, die Arbeit zu organisieren, also den Besitzern der Produktionsmittel zu ermöglichen, sich den Mehrwert anzueigen.
Ich glaube, jetzt muss ich doch mal endlich etwas über die Theorie des Werts schreiben. Aber ist ein so hochwissenschaftlichen Unterfangen etwas für die wohlwollenden Leser und geneigten Leserinnen?
Foto Mitte: Michele di Lando, credits: Sailko
Frommer Zausel Thierse redet wirr
„In der DDR gab es keinen Religionsunterricht an den Schulen, keine Militärseelsorge, keine öffentlichen Bekenntnisse. Und siehe da, das Ding ging unter!“ Das sagt Wolfgang Thierse zu Zeit online.
So einen Unfug kann man nur noch satirisch beantworten wie die Titanic: „Sie meinen also, mit Beten für den Zehnjahresplan, öffentlichen Trabi-Segnungen und Predigten vor dem Politbüro wäre die DDR zu retten gewesen? Und Sie wären dann womöglich niemals in die Politik gegangen? Dafür hätte auch mehr als drei Kreuze gemacht: Titanic“.
Das Ende für Twitter in Deutschland und Bayern
Kinder sollten iPad, Twitter und das Kurzmitteilungsprogramm WhatsApp erst dann benutzen, „wenn sie schon gefestigte Deutsch-Kenntnisse hätten“, meint Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung, natürlich CSU. Das sollte selbstredend auch für Erwachsene gelten.
Feuchtgebiete 2.0
Gut, dass Avatare nicht wirklich nass werden, sonst hätte ich jetzt vermutlich eine Lungenentzündung 2.0..
Klein Burks mit Gummibaum
Auch irgendwann Ende der fünfziger Jahre…
Angst, Kostendruck oder Desinteresse
Die Zeit schreibt über Lokaljournalisten, die mit Rassisten und Antisemiten vor Ort zu tun haben: „Angst, Kostendruck oder Desinteresse können gute Berichterstattung verhindern. (…) Nicht messbar ist die Berichterstattung, die deswegen keinen Anstoß erregt, weil sie fehlt.“
GEZ und Pflegeheime
Demente und Taube müssen zukünftig keine GEZ-Gebühren Rundfunkgebühren mehr zahlen, meldet die FAZ. Die Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio haben sich jetzt (jetzt!) darauf verständigt. Ursprünglich war das anders vorgesehen.