Kleinbürger und Bullen

apokalypse

„Doch nur vor Einem ist mir bang: Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.“ (Mephistopheles in Johann Wolfgang von Goethes „Faust“: Der Tragoedie erster Teil)

Interessante Lektüre: „Kleinbürger und Bullen in die Hölle von Hamburg“ – Vom Verschwörungsglauben der #NoG20-Linksextremisten (Michael Blume, SciLogs). Der Inhalt ist nicht so polemisch „gegen links“, sondern eher zynisch und klug aus der Sicht eines Ethnologen bzw. Soziologen.

Wenn sich die – oft berechtigte – Unzufriedenheit mit den Zuständen dieser Welt nicht überzeitlich-religiös auflösen lässt, wenn sich alle utopischen Hoffnungen in dieser säkularen Zeit erfüllen (oder scheitern) müssen – dann liegt der Traum von entfesselter Gewalt nahe, schein-legitimiert durch eine mythologische Hoffnung auf ein apokalyptisches Paradies nach der großen Zerstörung.

Dazu passt eine Rezension: „Die Gefahr durch Religion(en) – Not in God’s Name von Rabbiner Baron Jonathan Sacks“. (Vgl. dazu New York Times)

Ich denke bei dem Thema auch an Hans Blumenberg: „Lebenszeit und Weltzeit, 2. Kapitel: Apokalypse und Paradies“:

Aber es geht doch auch und womöglich in hintergründiger Weise um die Aufhebung des Ärgernisses, welches der Einzelne daran nimmt, daß die Welt über die Grenzen seiner Lebenszeit hinweg unberührt feststeht und sich noch andere Freuden zu erfreuen anschickt, als ihm selbst vergönnt sein mögen.

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Kommentare

4 Kommentare zu “Kleinbürger und Bullen”

  1. Agent Provocateur am Juli 10th, 2017 10:28 am

    „Brennen sollen die Güter der Un- und Kleingläubigen!“ wird in der Lektüre dem linken Extremismus in den Mund gelegt. Das hat doch nichts mit links zu tun – das ist doch extrem durchgeknallt, völlig sinnlos und total dumm.

    Auch ohne Gott glaube ich an Agent Provocateurs.

  2. Siewurdengelesen am Juli 10th, 2017 4:45 pm

    Mag sein, dass für Manche das Linkssein eine Art Ersatzreligion darstellt und das Verhalten dann auch dem religiöser Fanatiker entspricht.

    Leider hat der erwähnte R.S. in seiner Aussage sogar recht, genauso wie das Zerstören des Allgemeinguts Natur für rein wirtschaftliche Interessen in aller Regel ebenfalls mit maximal Schulterzucken quittiert wird, obwohl da so lala unsere Lebensgrundlage zerstört wird.

    Das die politische Macht aus den Gewehrläufen kommt – beweist Hamburg das nicht gerade selbst am besten?

    Den qua-religiösen Teil als Bestätigung seiner Sicht dichtet m.E. Blume etwas selbst hinein, ohne sicher sein zu können, das diese dem tatsächlichen Denken und Handeln von R.S. entspricht. Leider finde ich den FB-Thread dazu nicht, es gehörte dann schon dazu, diesen auch zu verlinken.

    Wenn man die jetzt so langsam anlaufende Hetzkampagne gegen alles anschaut, was scheinbar links verortet wird, halte ich vieles auch für nicht ganz so zufällig und aus sich selbst heraus entstanden nur wegen des G20-Klubtreffens…

  3. ... der Trittbrettschreiber am Juli 10th, 2017 7:33 pm

    „Aber es geht doch auch und womöglich in hintergründiger Weise um die Aufhebung des Ärgernisses, welches der Einzelne daran nimmt, daß die Welt über die Grenzen seiner Lebenszeit hinweg unberührt feststeht und sich noch andere Freuden zu erfreuen anschickt, als ihm selbst vergönnt sein mögen.“

    … sehr interessant – den werde ich lesen.

    Das ist eine Perspektive, die, die man selbst nicht hat und haben wird. Warum aber sollte man sich über etwas ärgern, was man nicht einmal erahnt? Wer das versucht, kommt automatisch zu der Erkenntnis, dass es(schon der ausgleichenden „Gerechtigkeit“ wegen) schwarze Löcher und die alles leer machende Antimaterie gibt. Im All. Für die anderen und für später, wenn man selbst nicht mehr da ist. Man gönnt denen ja sonst nichts – außer ein über die Abstinenz schal gewordenes JEVER*.

    *aufgewärmt im Zahnputzbecher…

  4. Godwin am Juli 12th, 2017 7:31 am

    z.T. recht interessant.

    Aber KIZ als“mythisch durchtränkt“ zu bezeichnen entlarvt den Herrn Blume dann doch als Anhänger der passionierten Detailüberinterpretation. Genauso der Bezug zu Venom. Totaler Quatsch

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