Vor Einem ist mir bang oder: Der Terror und die Apokalyptiker

apokalypse

„Doch nur vor Einem ist mir bang: Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.“ (Mephistopheles in Johann Wolfgang von Goethes „Faust“: Der Tragoedie erster Teil)

„Der Teufel weiß, dass er wenig Zeit hat.“ (Apokalypse, also known as „Die Offenbarung des Johannes“, 12, 12)

„Die Terreur ist nichts anderes als unmittelbare, strenge, unbeugsame Gerechtigkeit; sie ist also Ausfluss der Tugend; sie ist weniger ein besonderes Prinzip als die Konsequenz des allgemeinen Prinzips der Demokratie in seiner Anwendung auf die dringendsten Bedürfnisse des Vaterlandes.“ (Maximilien de Robespierre, 1794)

„…beginnt man zu begreifen, was Apokalypse und eschatologische Verheißungen im Bewusstsein der Menschen anzurichten vermögen. Zwar geht es dabei auch und vielleicht vorwiegend darum, einen herrlichen Zustand der Verklärung aller Dinge denen in Aussicht zu stellen, die die gesetzten Bedingungen erfüllt hätten, deren Inbegriff zumeist ist, auf die Nutzung des gegebenen Weltzustandes ganz und gar Verzicht zu leisten. Aber es geht doch auch und womöglich in hintergründiger Weise um die Aufhebung des Ärgernisses, welches der Einzelne daran nimmt, daß die Welt über die Grenzen seiner Lebenszeit hinweg unberührt feststeht und sich noch andere Freuden zu erfreuen anschickt, als ihm selbst vergönnt sein mögen. (…) Ganze Völkerschaften sind durch die Worte eines einzigen Predigers in Bewegung gesetzt wurden, wenn er nur zu beschwören vermochte, die gerade Lebenden würden noch erleben, was überhaupt noch zu erleben sei.“ (Hans Blumenberg: Lebenszeit und Weltzeit, 2. Kapitel: Apokalypse und Paradies, S. 78, 1986)

Die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser werden mir zugestehen, mich darüber zu echauffieren, dass der aktuelle Terror im islamischen Kostüm von niemandem hinreichend erklärt wurde.

Man könnte natürlich Gilles Kepel heranziehen: „Das Schwarzbuch des Dschihad – Aufstieg und Niedergang des Islamismus“ oder „Die Rache Gottes“ – Standardwerke zu den radikalen Auswüchsen der monotheistischen Religionen. Kepel behauptet sinngemäß, der Terror sei immer ein Zeichen dafür, dass die ursprüngliche Idee sich nicht hat verwirklichen lassen, was, wenn wir ihm glauben, auch für die deutsche RAF zutraf, die erst dann aktiv wurde, als klar wurde, dass die in der Theorie erwünschte und prognostizierte Revolution nicht kommen würde. Osama bin Laden war für Kepel die „medienwirksamste Form“ des Scheiterns der „salafistisch-dschihadistischen“ Bewegung.

Wir dürfen von den unzähligen „Islam-„, „Extremismus-„, „Terror-“ und sonstigen Experten, die jetzt in den Medien und Talkshows herumfaseln, nicht erwarten, dass sie auch nur ein kluges Buch zum Thema gelesen haben. Darum geht es nicht. Der öffentliche Diskurs zum Terror ist moraltheologische Katharsis, also folgenlos, nicht etwa wissenschaftliche Analyse. Das Volk will Brot, Spiele und tröstende Worte von den Lautsprechern der herrschenden Klasse. Alles andere würde beunruhigen, und Ruhe ist bekanntlich in Deutschland erste Bürgerpflicht.

Auch Ulrike Meinhofs Standardwerk „Bambule: Fürsorge – Sorge für wen?“ dürfe einiges erklären, wenn man die Situation von Jugendlichen beschreiben will, die in Heimen lebten – und gerade in Frankreich dürfe das noch aktuell sein. Man darf nicht vergessen, dass die französischen Terroristen-Brüder Chérif und Saïd Kouachi eben dort aufgewachsen sind. Aber wer möchte schon auf die Meinhof verweisen oder sie gar zitieren? Da riecht es doch gleich nach Schwefel.

Wer es gern etwas abstrakter, aber dafür gehaltvoller mag, sollte zum Thema „Terror“ Hans Blumenbergs „Lebenszeit und Weltzeit (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)“ studieren (aber das erste Kapitel einfach weglassen).

Er beschreibt diejenigen, die ihre ganz private Apokalypse auf Kosten anderer meinen ausleben zu müssen: Deren psychische Dispostion bestehe nicht nur im Erflehen von Beschleunigung und im Sich-Freihalten von der Welt, „sondern im Betreiben des Untergangs“. Das jeweilige weltanschauliche oder religiöse Kostüm ist dabei ganz irrelevant, ob es um den Massensuizid von Jonestown, um Amokläufer an Schulen oder um „islamistische“ Terroristen handelt.

Weitere Gedanken überlasse ich dem gebildeten Publikum.

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Kommentare

6 Kommentare zu “Vor Einem ist mir bang oder: Der Terror und die Apokalyptiker”

  1. Dirk am Januar 13th, 2015 1:25 am

    Wenn ich mich richtig errinnere hat Karl Mannheim auch was zum Thema Reliogionssoziologie geschrieben.

  2. lepus am Januar 14th, 2015 7:58 pm

    Was bringt es, zu wissen, dass für Irre mit der entsprechenden „psychischen Disposition“ das jeweilige weltanschauliche oder religiöse Kostüm ganz irrelevant ist? Viel wichtiger ist doch zu wissen, warum im Kostümverleih die Muselmanentracht mit Abstand der Renner ist.
    Das Wühlen in der Psyche der Irren lenkt nur ab, genau so wie der Verweis auf das „Standardwerk“ der bekanntesten Analystin des Schweinesystems, Ulrike Meinhof.
    Oder soll das Ganze wieder mal auf die Systemfrage hinauslaufen mit der Schlussfolgering vom „feature, not a bug“?
    Ja dann….
    Wer die Frage, woher muslimische Terroristen ihre Motivation beziehen, etwas konkreter beantwortet haben möchte, mag hier nachlesen:
    http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_zauberformel_das_hat_doch_nichts_mit_dem_islam_zu_tun_zieht_nicht_mehr

  3. andreas am Januar 15th, 2015 11:25 am
  4. Frank am Januar 16th, 2015 9:00 pm

    es kotz mich an sowas zu lesen marx vielleicht dann noch lenin und zur groenung noch stalin und zum schluss vielleicht noch hitler ich bin aus der schweiz was heist eigentlich aus DDR gottseitdank mittlerweile CH gottseidank (moscheebau verboten) wenn ihr euch in deutschland vearschen lasst ich bin weder auslaenderfeindlich noch rechts mein bester arbeitskollege stammt aus Nigegeria ich wuerde gerne mal burks in die schweitz einladen das es auch ohne den marxscheiss geht

  5. Frank am Januar 16th, 2015 9:05 pm

    Scheisse und wieder ein toter in dresden ich verfluche pegidia

  6. Kleinbürger und Bullen : Burks' Blog am Juli 10th, 2017 12:14 am

    […] denke bei dem Thema auch an Hans Blumenberg: „Lebenszeit und Weltzeit, 2. Kapitel: Apokalypse und […]

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