Unter Opfern

„Die Theorie hinter dem geschilderten Ansatz nennt sich Identitätspolitik. Sie steht im Zentrum des Linksliberalismus und liefert praktisch das Grundgerüst, auf dem das linksliberale Weltbild beruht. Die Identitätspolitik läuft darauf hinaus, das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu richten, die ihre Identität jeweils in irgendeiner Marotte finden, durch die sie sich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden und aus der sie den Anspruch ableiten, ein Opfer zu sein. …

Da sich an identitätspolitischen Diskursen allerdings kaum Arme oder Geringverdiener beteiligen, hat das noch niemanden gestört. Sexuelle Orientierung, Hautfarbe oder Ethnie dagegen funktionieren immer. Wer nun mal weiß und hetero ist, kann es behelfsweise über den Lebensstil versuchen, also etwa als Veganer gegen die Mehrheit der Fleischesser. Auch religiöse Überzeugungen, soweit sie im betreffenden Land nur von einer Minderheit geteilt werden, können einen zum Opfer und damit unangreifbar machen.“

Soweit ich das recherchieren konnte, ist das ein Zitat aus einem Buch Sahra Wagenknechts, das bald erscheinen wird. Da „die Linke“ mittlerweile vom Glottisschlag-Milieu aka Kleinbürgertum übernommen worden ist, wird das Tischtuch dann wohl zerrissen sein. Mal sehen, wann die Wagenknecht eine eigene Partei gründet. Sinnvoll wäre es, weil „Die Linke“ so, wie sie ist, nicht zu Reformen in der Lage ist. Wie aber die Geschichte zeigt, waren Abspaltungen von linken Parteien auch nie besonders erfolgreich.

Was tun?

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Kommentare

8 Kommentare zu “Unter Opfern”

  1. ... der Trittbrettschreiber am April 7th, 2021 9:32 am

    Alle mal da rüber setzen, Herr Ober, hier muss jetzt erstmal geputzt werden. Getränke bitte dem Opferbecken entnehmen – und nicht kleckern!

  2. Godwin am April 7th, 2021 3:09 pm

    Sahra #Wagenknecht hat für DIE LINKE und einen großen Teil der Mitglieder und Anhänger:innen nur noch Verachtung übrig. Ich denke es ist an der Zeit, dass sie geht und nicht wie geplant in NRW für den Bundestag aufgestellt wird.— Luigi Pantisano (@LuigiPantisano) April 7, 2021

  3. Corsin am April 7th, 2021 6:35 pm

    Wagenknecht. Vor einem Vierteljahrhundert fand ich sie zwar saucool, konnte sie aber gleichzeitig nicht leiden.

    Heute, muss man sagen, stellt sie wohl langfristig die einzige Alternative zu Söder und der Lusche dar.

  4. Godwin am April 7th, 2021 8:12 pm
  5. Wolf-Dieter Busch am April 7th, 2021 9:34 pm

    Deckt sich sehr unschön mit meiner Beobachtung.

  6. Struppi am April 8th, 2021 9:08 am

    Das ganz grosse Problem und eigentlich auch der Elefant der im Raum steht, ist die Frage was eigentlich die Aufgabe einer Regierung und des Staates ist?

    Wir erleben gerade aktuell, dass viele – und insbesondere auch eine Klientel, die sich für Links hält – meinen, der Staat wäre so etwas wie die strenge Mutter. Sie hat neben der Beschützerfunktion auch eine erzieherische und natürlich auch autoritäre Aufgaben.

    Das dies eigentlich nicht dem entspricht, was wir aus der Geschichte gelernt haben sollten, wird dabei völlig ignoriert. Damit meine ich auch nicht unbedingt die ganz dunklen Kapitel dieser Geschichte, auch der Feudalismus baute auf dieser Form der Staatsführung auf und viele träumen von einem „guten König“.

    Ich finde diese Art Mutterpolitik beängstigend und gefährlich und das gegenteil von dem wofür progressive und fortschrittliche Ziele einst standen.

    Wir schaffen damit einen Staat, der sich selbst die Guten und Richtigen Handlungsdirektiven deklariert und deren Umsetzungen dann unbedingten Gehorsam zu leisten ist. Wer dem nicht folgt, ist mit „Liebesentzug“ zu bestrafen. Wie das Beispiel im Text auch schön vor Augen führt.
    Niemand darf (s)einer Mutter widersprechen!

  7. Wolf-Dieter Busch am April 8th, 2021 10:02 am

    Deckt sich mit meiner Beobachtung, deren Analyse jedoch weiter reicht.

    Grundüberlegung: Politik misst sich nicht an irgendwelcher Moral. Wer bürgerlicher Moral folgend agiert ist politisch zum Scheitern verurteilt. Wer seine Politik mit Moral propagiert ist entweder erfolglos oder ein dreister Lügner.

    Sahras Politische Aktion folgt bürgerlicher Moral.

  8. Jürgen Sprenger am April 8th, 2021 12:17 pm

    In einer Fassadendemokratie sind Parteien wesentlicher Teil des Problems, neue Parteien können darum nicht Teil einer Lösung sein.

    George Carlin hat das 1996 gut auf den Punkt gebracht:

    https://youtu.be/qxsQ7jJJcEA

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