Qualitätsjournalismus: Recherche an Firmen outsourcen

cml

Ich verstehe gar nicht, warum sich der stern so aufregt: „Das Privatleben von Berliner Spitzenpolitikern ist systematisch ausspioniert worden. (…) Dem Bericht zufolge hat eine Berliner Foto- und Recherchefirma namens CMK seit Ende 2008 über Monate hinweg immer wieder den SPD-Politiker Franz Müntefering und seine heutige Frau Michelle Schumann beschattet. (…) Die Aufträge zu den fragwürdigen Recherchen kamen von der Zeitschrift ‚Bunte‚“. (Ha, die hat sogar eine Website, die man verlinken könnte, stern Offline!)

Beschattet? Da recherchiert eine Illustrierte einmal investigativ oder tut so als ob und schon sind alle empört. Englische Boulevard-Blätter würden gar nicht verstehen, worüber die bräsigen deutschen Mainstream-Medien sich aufregen.

Der Skandal ist ein ganz anderer: Die Journalisten bei „Bunte“ waren offenbar nicht selbst in der Lage zu recherchieren, sondern mussten diese Aufgabe outsourcen, vermutlich weil sie ihr Handwerk verlernt hatten oder nicht wussten, wie diese ominöse „Recherche“ geht. „Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Firma“ – natürlich, ehemalige Mitarbeiter sind immer die erste und die beste Quelle. Das Motiv ist also klar.

Offenbar ging es aber vornehmlich um Fotos, nicht um Fakten, und Paparazzis schienen nicht verfügbar gewesen zu sein: „Seit über einem Jahrzehnt liefert CMK IMAGES professionelles und aktuelles Bildmaterial für Verlage, Redaktionen und TV-Sender.“ Und: „Unsere Bilddatenbank mit mehr als 200 000 Fotos, integriert im iPicturemaxx Netzwerk, ist bestens im Markt etabliert und wird täglich von allen namhaften Redaktionen der unterschiedlichsten Bereiche frequentiert.“

Alle tun es also. Nur nutzt der stern andere Agenturen als CMK. Eine Krähe kann der anderen also ein Auge auskratzen.

„Laut stern forschte CMK Lafontaines damaliges Domizil im Berliner Stadtteil Köpenick aus. Überwachungsprotokolle der Firma belegen, dass außerdem geplant war, eine Kamera zu installieren, die auf das Wohnzimmer Lafontaines gerichtet werden sollte.“ Aha. Wie kamen die „ehemaligen Mitarbeiter“ von CMK an diese Überwachungsprotokolle: Per unverschlüsselter E-Mail? Oder liegen die da so offen auf den Tischen herum?

Wenn man auf der Website der CNMK „Investigative Reporting Services“, „Report“ und „Research“ anklickt, erhält man die Meldung: „Sehr geehrter Besucher, leider steht Ihnen diese Seite Aufgrund eines Serverfehlers nicht zur Verfügung.“ Quod erat demonstrandum. Eine E-Mail-Adresse gibt es auch nicht. Das passt ja zum deutschen Qualitätsjournalismus wie der Arsch auf den Eimer.

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CDU/CSU will an Zensur festhalten

Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag („Dem deutschen Volke“): „Die Absicht der Oppositionsfraktionen, das Zugangserschwerungsgesetz ersatzlos aufzuheben, ist unverantwortlich, da damit der Schutz der Kinder vor Missbrauch dem freien Zugangsrecht weiterhin untergeordnet wäre.“ (via netzpolitik.prg hier und hier)

War ja klar. Der Popanz „Kipo im Internet“ muss wieder dafür herhalten. Obwohl keine anonymen Websites existieren (auch keine anonymen IP-Adressen), man also jederzeit die zumindest technisch verantwortlichen Provider herausbekäme, falls es Kipo im Word Wide Web (das ist kein Synonym für „Internet“!) gäbe, fabulieren die Zensur-Groupies munter drauf los, fernab jedweder Realität. Die Diskussion hat bekanntlich nichts mit Fakten zu tun, sondern ist reine Propaganda, gewürzt mit hysterischer Moraltheologie, von den Mainstream-Medien gewohnt unkritisch begleitet.

Noch einmal ganz langsam zum Mitschreiben: Es geht mitnichten im Kinderpornografie oder gar um den „Schutz“ der Kinder, sondern es ging immer und geht auch heute noch um Zensur von Inhalten, die den jeweils Herrschenden weltweit nicht passen, unter dem Vorwand des „(Jugend)Schutzes“.

Die Zensur wird nur jeweils und tendenziell unterschiedlich begründet: in China ist es u.a. „Pornografie“, in Deutschland, wo man ein wenig liberaler ist, muss es natürlich „Kinderpornografie“ sein, in Nordkorea und Saudi-Arabien zensiert man ganz offen politische Inhalte, aber natürlich auch nackte Brüste undsoweiter.

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Zu links, um deutsch zu sein

Ein sehr schöner Artikel in der taz: „Wer darf in Deutschland eingebürgert werden? Eine junge gebildete, engagierte Frau wie Jannine Menger-Hamilton? Nicht, wenn sie in der falschen Partei ist, so der Verfassungschutz.“ Wer hat das zu verantworten? Unser Perfüm-Ex-Exporteur Schünemann. Den hatten wir gestern dran.

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Parfümiert dem Volke dienen

Gerade las ich, dass dieser Schünemann (Qualifikation: „Industriekaufmann im Export „Parfümrohstoffe“) nicht in der Lage war, niedersächsischen Polizisten den richtigen Eid vorzusprechen.

Schünemann? Den hatten wir doch schon mal hier durchgenommen? Genau, der Schünemann. „Präventive Telefonüberwachung bei Terrorismusverdacht“ (wurde ihm aber durch das Bundesverfassungsgericht untersagt). Der „Killerspiele“ verbieten will. Der übliche sinnfreie Schwachfug also.

By the way: Was ist denn die „falsche“ Eidesformal in Niedersachsen und was die Richtige? Leider hat mir das niemand verraten, also musste ich selbst suchen. Er war gar nicht einfach. Hier die die alte Formel, gültig bis 2009: „Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Volke und dem Lande widmen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Niedersächsische Verfassung sowie die Gesetze wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

Hier die neue: „Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Niedersächsische Verfassung und die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“ (Auch ohne höheres Wesen ist erlaubt.)

Kein Wunder, dass so ein dumpfer Reaktionär wie Schünemann lieber die ältere völkische Formal vorspricht: „meine Kraft der Volke“ ( und nicht der Bevölkerung). Das ist doch bestimmt kein Zufall, oder? „Dem Volke dienen“ hieß übrigens eine Studentenzeitschrift der maoistischen KPD in den siebziger Jahren (ja, die habe ich gelesen).

Vor viereinhalb Jahren schrieb ich über Schünemann: „Auf der Website des Herrn lesen wir übrigens: „Sein Lebensmotto: Folge niemand. Sei du selbst.“ Folge niemand, nur nicht dem Dativ? Manche lernen es nie.

Wieso eigentlich werden die gößten Trottel ausgerechnet Minister? Weil sie zu sonst nichts taugen, noch nicht einmal für den Parfümexport?

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Vadre retro oder: Blog-Experten

Dieckmann

Raus aus meiner Blogroll…

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Keine Intelligenz, nirgends

Avatar Gor

„Vor einem halben Jahrhundert haben Wissenschaftler die Suche nach außerirdischen Zivilisationen gestartet (wie gewohnt: keine Links auf Spiegel Offline). Doch trotz rasanter technischer Fortschritte gibt es bisher keinen Hinweis auf Intelligenzlinge im All“, heisst es. Stimmt. Weder auf der Erde noch auf der Gegenerde (SCNR) wurde man bisher fündig.

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Gravenreuth ist tot [Update]

Günni

Heise meldet: „Der als Abmahnanwalt bekannt gewordene Rechtsanwalt Günter Werner Freiherr von Gravenreuth hat sich vergangene Nacht das Leben genommen.“ Er war „Täter“ und Opfer zugleich: „Gravenreuth erhielt Strafaufschub bis zum Februar 2010, weil er zeitlichen Bedarf für die Auflösung seiner Kanzlei geltend machte“. RIP.

Dazu ein Kommentar aus dem Heise-Forum: „Günni wird in die Geschichte eingehen als erster Anwalt der Konsequent das Instrument der Abmahnung pervertiert hat. Alle seine Nachfolger sind nur ein schwacher Abklatsch von GvG….“

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IP-Adressen

Thomas Stadler: „In der aktuellen Ausgabe der c’t (5/2010, S. 50) stellt Holger Bleich die Beweisführung der Rechteinhaber bei der Ermittlung der Rechtsverletzer in Fällen des Filesharing in Frage.“ (Via law blog)

Interessant auch in der c’t: „Warum Webmaster lieber auf das Speichern von Besucher-IP-Adressen verzichten sollten“.

Ich finde die Getue um die IP-Adresse sowieso merkwürdig. Standard und per default sollten die Nutzer der Dienste des Internet wie World Wide Web (ja, WWW und Internet sind kein Symnonym!) anonym sein, ausser bei E-Mail natürlich. Es ist wie beim Spazierengehen: Per default wird man auf dem gewöhnlichen deutschen Bürgersteig (noch) nicht geloggt und gefilmt. Es ist aber umgekehrt, weil die Leute anders erzogen wurde: Sie denken, es sei normal, nackt herumzulaufen. Nur wer einen Vertrag abschließt oder ein Geschäft tätigt, für das der Kunde (nur der!) nicht anonym bleiben kann, sollte die IP-Adresse eine Rolle spielen und protokolliert werden dürfen/können/sollen.

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Kriminelle öffentlich-rechtliche Vereinigungen

Zitate zur Berliner S-Bahn: „Systematisches Missmanagement“ – „Chaotische interne Abläufe.“ – „Wartungsarbeiten an sicherheitsrelevanten Teilen wie Rädern und Bremssystemen seien unzureichend dokumentiert. Zentrale Unterlagen fehlten; offen sei, ob diese vernichtet wurden.“ – „Hinweise auf Manipulationen bei Testfahrten oder deren Messergebnissen.“

Zitate über die „Öffentlich-Rechtlichen Medienanstalten“: „Proporzdenken“ – „Rückgratlosigkeit jener Unionspolitiker wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch“. – „ein internes „Spitzelsystem, das davon lebt, dass Redakteure den Parteien Senderinterna zutragen“. – „…wirklich vergleichbar mit den IM der DDR“. – „…ein dunkles Schattenreich, das sich im Verwaltungsrat eingenistet hat und ihn mittlerweile zu dominieren versucht“. – „Denken in Mehrheits- und Minderheitsmustern sowie in Freund-Feind-Schemata. Fraktionszwang. Intransparentes Hinterzimmergeklüngel“.

Konsequenzen in beiden Fällen? Natürlich keine. Niemals.

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Noch alle Tassen im Schrank

Mir wird immer fast übel, wenn ich Meldungen lese, in denen Politier Unsinn reden oder lügen oder beides, wenn es um Volksverdummung geht. Das ist bekanntlich bei allem, was die Zeichenkette „Kinderpornografie“ enthält, die Regel. „Die Bundesregierung hat Vorwürfe der Opposition zurückgewiesen, wonach es bei der Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet nun ein ‚rechtliches Wirrwarr‘ gebe.“ Muss man da noch weiterlesen? Natürlich nicht. Ich frage mich aber ernsthaft, ob auch nur einer dieser Damen und Herren wirklich daran glaubt, was er oder sie sagen. Vermutlich sind diese primitiv-populistischen Internet- Ausdrucker einfach nur ahnungslos; das ist auch ihre einzige Entschuldigung.

Wenn es nicht so viel Mühe wäre, würde ich gern die Lüge widerlegen, dass niemand das Zensurgesetz („das umstrittene Gesetz zur Sperrung einschlägiger Internetseiten“) gewollt habe. Die Parteien im Bundestag haben doch mehrheitlich zugestimmt, sonst gäbe es das Gesetz nicht. Was hat sich geändert? Nichts. Nur hat des Volks Wille leider die FDP an die Regierung gespült.

„Professor Wieland von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer sieht die Regierung in der Pflicht, sich an den Gesetzestext zu halten. ‚Das Gesetz tritt in Kraft, da kann die Bundesregierung jetzt nicht einfach sagen: Wir setzen das nicht um. Sondern sie kann nur ein neues Gesetz schaffen.'“ Ich hoffe, es klagt jemand, wenn die Bundesregierung die geltende Rechtslage nicht beachtet.

Nur um es wiederholt auszusprechen: Die Piratenpartei ist die einzige Partei, bei der man das Gefühl hat, dass die Mitglieder bei diesem Thema noch alle Tassen im Schrank haben. „Eigentlich sollten wir dankbar sein, dass das Gesetz nun doch in Kraft tritt“, sagt Daniel Düngel aus Oberhausen, der bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl für die Piratenpartei antritt. „Einen besseren Auftakt für unseren Wahlkampf kann man sich kaum wünschen“.

„Allerdings gehen die Piraten nicht davon aus, dass die Regierungsparteien den Entwürfen zustimmen. Der Weg vor das Bundesverfassungsgericht ist deswegen wohl unausweichlich.“ Genau. Ich vergaß es: Auch das Bundesverfassungsgericht hat noch alle Tassen im Schrank. Das hat es mit der Piratenpartei gemeinsam.

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Politische Landschaftspflege

Parteispenden

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Zensurgesetz ist in Kraft

Heise: „Bundespräsident unterzeichnet Websperren-Gesetz“. Was für ein verlogenes Pack. Natürlich am Aschermittwoch, damit es möglichst wenige Leute mitbekommen. Jetzt haben wir also ein Zensurgesetz, das technisch nicht umsetzbar ist und das die Regierung nach eigenen Angaben nicht umsetzen will – was juristisch sicher ein Leckerbissen ist. Das passt wiederum zu Karneval. (Foto der Spontandemo)

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Sexy Javascript Kapitalismus

Javascript

Ich muss etwas über mein Medien-Rezeptionsverhalten bekennen: Ich habe mich bei meiner morgendlichen Lektüre der Nachrichten nur auf drei Themen beschränkt, mehr haben mich nicht interessiert. Aber ich bin für nichts und keine Zielgruppe repräsentativ, ein Alptraum für Leute, die Umfragen machen. Das wurde mir mehrfach bestätigt. Also gehen die Medien und die Welt nicht unter.

Ob ihr’s glaubt oder nicht: Zuerst habe ich etwas über Javascript gelesen (via Fefe. Ich hatte hier und hier und hier schon etwas zum Thema publiziert.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat genug zu den Risiken von Javascript veröffentlich. Es nützt aber nichts; die normalen Surfer sind einfach zu blöd dazu, das zu beherzigen. Zweit Drittel aller Medienberichte über die „Gefahren“ des Internet könnten schlicht entfallen, weil sie in Wahrheit nur davon handeln, dass DAUs Javascript im Browser aktiviert oder gar HTML-Mails akzeptiert haben. Die so genannten sozialen Netzwerke, deren Geschäftsmodell darin besteht, Nutzer auszuspionieren und die Daten dann zu verkaufen, tun ihr Übriges, um die Leute zur Blödheit zu erziehen: „Please activate JavaScript to use XING.“ Quod erat demonstrandum.

Das obige Beispiel (Screenshot) ist jedoch geradezu umwerfend: Die Website einer Kanzlei weist auf einen Artikel hin, der vor dem Einsatz von Javascript warnt. Um den lesen zu können, muss man Javascript einschalten. Bruhahaha.

Megan Fox

Das zweite Thema, das mich interessierte, war – was nicht überraschen wird – Megan Fox. „Ich habe etwas Mütterliches an mir. Auch wenn mir das niemand abnimmt“, sagte die Schauspielerin nun dem Magazin ‚W‘.“ Natürlich ist man bei Spiegel Offline zu dumm, die Website des zitierten Magazins zu finden. Dafür gibt es ja Blogger und Online-Journalisten, die das können.

Die Story ist übrigens ausgezeichnet, das Niveau um Längen besser als das, was man in deutschen Medien über the sexiest woman of the world normalerweise zu lesen bekommt: Hier ein Auszug: „Throughout our conversation Fox is talkative, but she has trouble looking me in the eye. Perhaps her hesitation stems from her discomfort with holding forth on an industry that intimidates her, or perhaps it is part of a concerted effort to “pull back” (as she told an interviewer she planned to do late last year) from the no-holds-barred persona that she has – by all appearances intentionally – projected since her big break in 2007’s Transformers. She looks down; she stares at the table; she glances past my shoulder, toward a table piled with jewelry. She wraps a piece of her long dark hair around a finger. There’s nothing spacey about Fox, but the steely, blue-eyed gaze of a woman armed with a thousand sound bites is nowhere to be found.“

Und hier ist das Original-Zitat, um das es ging, und es ist ernst gemeint: „No one believes me when I talk about this, but I’m really, really maternal,” she says. “I worry that because I’ve always wanted [kids] so much, as the world goes sometimes, I won’t be able to have them, even though I would be able to provide them with such an amazing environment.”

Das dritte Thema heute war der Kapitalismus an sich. Die Zahl der Armen steigt rasant: „Jeder siebte Mensch in Deutschland lebte 2008 an der Grenze zur Armut oder war arm.“ Wer hätte das gedacht?! Dabei lieben wir doch alle dieses Wirtschaftssystem, das uns alle glücklich macht und Wohlstand für alle verspricht und zu dem es keine Alternative gibt, nicht wahr? Wer diese Fakten „alarmierend“ nennt, bedient sich des suggestiven Neusprechs. Es interessiert niemanden, wie viele Leute arm sind oder zur industriellen Reservearmee gehören.

„Das Kapital schafft daher sowohl eine industrielle Reservearmee für seine ständig wechselnde Arbeitsnachfrage, andererseits ist die Existenz dieser Reservearmee absolute Bedingung für die reibungslose Akkumulation des Kapitals. (…) Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation.“ Nun, das stimmt immer noch, obwohl das vor rund 150 Jahren geschrieben wurde. Dass die Armen ärmer und die Reichen reicher werden im Kapitalismus – it’s not a bug, it’s a feature.

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Was macht eigentlich das refused Classification-rated Material?

attentäter

Was machen eigentlich die Verehrer höhere Wesen? Stellen sie Stoppschilder vor den Türen der Katholischen Kirche auf, weil diese jugendgefährdend ist? Nein, sie beharren frech und dreist und nennen sich auch noch „Journalist“. Ein netter Leserbief im Print-Spiegel ließ mich schmunzeln: Die Priester und die katholische Kirche würden „ganz offensichtlich gar nicht an den Gott glauben, den sie ihrer Klientel verkaufen möchten. Sonst würden sie dessen Eingreifen fürchten.“

Was liest man aber zwei Seiten vorher? Matthias Matussek, Spiegel-Autor und „Onlinejournalist des Jahres“ 2008, ist praktizierender Katholik und beichtet „seine Sünden bis heute regelmäßig.“ Das erinnert mich an Traktat: „Ohne Gott – eine Frage der Berufsehre“. „Dürfen Journalisten höhere Wesen verehren oder gar Mitglied einer Religionsgemeinschaft sein? Nein, natürlich nicht. Respektlosigkeit und Mut zur Aufklärung gelten als journalistische Tugenden. In Deutschland herrscht jedoch finsteres Mittelalter, wenn Religion zum Thema wird.“ Quod erat demonstrandum.

Mein Leib- und Magenphilosoph Lichtenberg sagte vor mehr als 200 Jahren dazu: „Unsere Welt wird noch so fein werden, dass es so lächerlich sein wird, an einen Gott zu glauben, als heutzutage Gespenster.“ Vermutlich müssen wir noch 100 Jahre warten, bis die Propaganda-Broschüren der Kirchen als „Refused Classification-rated Material“ aus den Schulen verbannt werden.

Was machen eigentlich die Kriegstreiber? Sie formulierten affirmative Bildunterschriften: „Die Amerikaner haben den Schutz der Zivilbevölkerung zu ihrer obersten Priorität erklärt.“ Ach ja? Wer hätte das gedacht.

Dann gibt es noch die, die einen Hamas-Anführer getötet haben. Wie? Der Mossad soll beteiligt sein? Wirklich? So etwas Schlimmes würde ich denen nicht zutrauen. Spiegel Offline schreibt linkfrei: „Die Namen, Fotos und Passnummern der angeblich Beteiligten finden sich an diesem Dienstag auf allen Titelseiten der Zeitungen im Emirat“. Und warum dürfen wir die nicht sehen? Hier sind sie: 7Days oder auch Al Arabiya oder auch Khaleej Times. Gut, man kann von Spiegel-Offline-Redakteuren nun wirklich nicht verlangen, nach arabischen Zeitungen im Internet zu suchen.

Was macht eigentlich die Internet-Zensur? Gestern rief mich ein Ermittler an, es ging wieder um den Missbrauch eines Tor-Servers der German Privacy Foundation. Warum eigentlich können deutsche Kriminalbeamte nicht auf unseren Leitfaden für Ermittler zugreifen? Weil sie alle mit Filtern arbeiten, die das verbieten. (Ja, im Ernst!)

Es ergab sich ein kurzes Gespräch, in dem der gute Mann sich über Anonymisierungsdienste an sich beklagte. Ich sagte, man müsse die Zensur in aller Welt unterlaufen. Er antwortete, in Deutschland gebe es keine Intenet-Zensur. Mit manchen Leuten kann man über die Realität ebensowenig diskutieren wie mit Matussek über höhere Wesen.

Project Freeweb protestiert gegen die Internet-Zensur in Australien. „Anonymous sieht die Pläne des Ministers für Breitband, Kommunikation und Digitale Ökonomie, Stephen Conroy, als einen eindeutigen Fall von Zensur unter dem Deckmantel des Jugendschutzes an“, berichtet Heise. Ist ja wie in Deutschland. Nur haben wir noch keinen „Minister für Breitband“. Für dieses Amt würde ich mich sofort bewerben.

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Biker’s Bride Pride 2.0

Second Life

Kann man behaupten, man sei mit jemandem befreundet, den man seit acht Monaten kennt, aber nur virtuell – als Avatar? (Gut, ich weiß, wie sie real aussieht…) Die Dame auf dem Motorrad 2.0 spricht fünf Sprachen fließend, ist rund zwanzig Jahr jünger als sich, hat ein Kind, das auf eine Hochbegabten-Schule geht (IQ 186), lebt abwechselnd in Budapest und Sofia, arbeitet aber zur Zeit für eine Firma, die im weiteren Sinne Filmanimationen produziert, in Indien. Natürlich ist sie auch eine professionelle Programmiererin für 3D-Objekte, aber das nur als Hobby. Wir treffen uns zum Chat in Second Life auf einem Server in San Francisco. Das ist die Welt von morgen, für uns schon heute. Nur mal ein Hinweis, welche Leute man in Second Life so trifft…

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Franzosen und Australier zensieren

Die Franzosen führen die Zensur ein, habens ich daher aus der Liste der zivilisierten Länder verabschiedet. Au revoir.

Die Australier sind aber noch schlimmer. Bei Fefe und in australischen Medien kann man etwas über den australischen Kommunikationsminister (!) nachlesen: „Communications Minister Stephen Conroy referred to Google’s censorship on behalf of the Chinese and Thai governments in making his case for the company to impose censorship locally.“ Von China lernen heisst Zensur lernen.

Gerade lese ich auf der Tor-Mailingliste: „TOR is now blocked campus-wide at Auburn University (for all 24,000 students) because of apparent attacks emanating from the TOR network. Whenever trying to run TOR, TOR cannot get past the 10% mark. Would it have been wiser for Auburn University to block incoming connections from TOR nodes, but allow TOR outgoing connections?“

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Der König der Piraten

Ich habe gerade keine Zeit, bei den Piraten mehr zu machen, aber jetzt bin ich doch empört. Aaron König, Mitglied im Vorstand, spricht sich dafür aus, den Iran zu bombardieren, wie mehrere Blogger berichteten.

„Auch wenn ich normalerweise Krieg für kein geeignetes Mittel der Politik halte: dies ist einer der seltenen Fälle, in denen der gezielte Einsatz militärischer Mittel, nämlich die Zerstörung der iranischen Nuklearanlagen, einen weit größeren Schaden vermeiden könnte.“

Das ist Schwachsinn. Mag er ja sagen, Meinungsfreiheit und so. Aber das ist hoffentlich keine Mehrheitsmeinung bei der zur Zeit einzig wählbaren Partei Deutschlands. Krieg als Mittel der Politik – und die Schwachköpfe wie Tony Blair bestimmen dann, gegen wen es geht?

Merkur Online: „Wie viele atomare Sprengköpfe es weltweit gibt, ist nicht genau bekannt. Die Zahl atomarer Sprengköpfe liegt nach Angaben der Organisation Federation of American Scientists bei mehr als 23 000. Der Großteil davon ist im Besitz Russlands und der USA.“

„Die derzeitigen Machthaber im Iran sind tatsächlich eine Bedrohung für den Weltfrieden“, schreibt König vom sicheren Schreibtisch aus. Bis vor kurzem hielt ich die USA auch tatsächlich eine Bedrohung für den Weltfrieden. Und Pakistan. Und und und. Wenn unpolitische (ja!) Blogger wie König zu viel politisieren, dann kommt nichts Vernünftiges dabei heraus. ich werde jedenfalls bei der Mitgliederversammlung für eine Abwahl Königs stimmen, wenn es dazu kommt. Die Berliner Piraten haben sich schon einschlägig geäußert.

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Welt am Draht reloaded

WeltManchmal erschrickt man, wenn man wirklich gute Nachrichten liest. Das kommt ja kaum vor. Hier ist eine von Spiegel Offline: „‚Welt am Draht‘, Welturaufführung der restaurierten Fassung am Sonntag, den 14. Februar um 20 Uhr im Berliner Kino International; als DVD erhältlich ab dem 18. Februar“. Kaufen ist angesagt – Karten kriegt man eh‘ nicht, ich stelle mich nicht frierend in irgendeine Schlange.

Welt am Draht ist ein Science-Fiction-Klassiker der allerfeinsten Sorte und – was den Plot betrifft – besser als „Matrix“ oder „Tron„. Man kann kaum glauben, dass Rainer Werner Fassbinder im Jahr 1973, also neun Jahre vor „Tron“, die Idee virtueller Welten vorweggenommen und „realistisch“ beschrieben hat. Erst 35 Jahre später wurde das Thema digitalisiert in Second Life umgesetzt. „Matrix“ ist zwar technisch gesehen um Lichtjahre besser, aber die Idee ist von Fassbinder geklaut. Wer „Welt am Draht“ nicht kennt, hat eine echte Bildungslücke und etwas verpasst.

„Wenn wir eine künstliche Welt erschaffen können, warum sollte unsere Welt dann nicht künstlich sein?“ Quod erat demonstrandum.

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Riemenfisch revisited

Der Schockwellenreiter macht sich über unsere „Qualitätsjournalisten“ lustig: „Lieber Tagesanzeiger, lieber Stern und lieber Spargel Offline…im Gegensatz zu Euch Qualitätsjournalisten können die Menschen da draußen nämlich Google bedienen“. Ja. Ich stimme meinem Vorredner zu. Ich begreife es trotzdem nicht. Ist das irgendwie ein geschlossenes System bei Spiegel Offline, so eine Art Faradayscher ideologischer Käfig, in dem sich alle Insassen möglichst dämlich anstellen, wenn es um das Internet geht?

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Neusprech

Unbedingt lesen: Telepolis über „Die unerhörte Leichtigkeit beim Ausbau der inneren Sicherheit“. Es geht um das auch in Deutschland von der Politik und einem großen Teil der Medien praktizierte Neusprech. Krieg heißt Friedenserzwingung, Zensur heißt Zugangserschwernis und eine Invasionsarmee heißt Schutztruppe.

„‚Neusprech‘ bezeichnet die vom herrschenden Regime vorgeschriebene, künstlich veränderte Sprache. Das Ziel dieser Sprachpolitik ist es, die Anzahl und das Bedeutungsspektrum der Wörter zu verringern, um die Kommunikation der Bevölkerung in enge, kontrollierte Bahnen zu lenken. Damit sollen sogenannte Gedankenverbrechen unmöglich werden.“

Nun, so weit ist es noch nicht, dass es ein Verbrechen zu denken, dass die Bundeswehr am Hindukusch nichts zu suchen hat. Um so komischer ist es, wenn Medien das Neusprech kritiklos übernehmen. Wie wäre es, Focus, den affirmativen Begriff zu ändern in „die so genannten ‚Schutztruppen'“? Das wäre Journalismus. (vgl. auch Fefe zu einem ähnlichen Thema.)

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