Tunnel aus Burma

Ich frage mich, welcher Sinn und welche pädagogisch wertvolle Botschaft sich hinter Artikeln verbergen, die sich mit der Zensur des Internet in anderen Ländern verbergen? Sollen sich die Rezipienten nur gruseln? Soll sie ein lähmendes Gefühl beschleichen; wie pöhse die Zensoren sind? Artikel wie in Spiegel „online“ über die Zensur in Burma sind sinnlos, wenn die Leserinnen und Leser nichts daraus lernen, zum Beispiel wie man Zensur umgeht. „Ein paar Handgriffe nur, eine Tunnel-Software wird aktiviert, ein Proxyserver in den USA angewählt, schon ist das Regime ausgetrickst.“ Versteht das jemand? Wenn es so einfach wäre mit der „Tunnel-Software„, warum fehlt das in den Berichten über China?

Wenn Spiegel „online“ die Leser ernst nähme, Online-Journalismus betriebe und nicht nur auf sich selbst verlinkte, wäre zum Beispiel ein Link auf den entsprechenden Wikipedia-Artikel hilfreich, damit man sich darauf vorbereiten kann, wenn Schäuble und Genossen das hierzulande verwirklichen, wovon sie träumen. (Ja, der Satz ist zu lang, aber ich sitze in einem Ferienhaus in Jütland und will nicht allzu lange nachdenken, weil ich nur noch einen Tag Urlaub habe.)

Nur zur Erinnerung eine der zahlreichen Falschmeldungen zur so genannten „Online-Durchsuchung“, hier der Tagesspiegel: „Das Bundeskriminalamt (BKA) soll künftig mittels einer neuen Software die Daten von privaten Rechnern ausspionieren können. Das bestätigte das Bundesinnenministerium (BMI) dem Tagesspiegel auf Anfrage. Das System der sogenannten ‚Online-Durchsuchung‘ sei bereits in diesem Jahr mehrfach angewandt worden und sei Teil des 132 Millionen Euro schweren Sonderprogramms zur Stärkung der inneren Sicherheit. Die Ermittler sollen sich dabei auf richterliche Anordnung unbemerkt via Internet in die Computer von Privatpersonen einloggen können, gegen die ein Strafverfahren läuft.“ Zum Glück war das fast alles gelogen: Die „Online-Durchsuchung“ war mitnichten angewandt worden und ist auch nicht Teil des PSIS (Z5-007 300/120 (10.10.2006).

Wo ist der qualitative Unterschied zur Praxis in Burma? „Alle fünf Minuten müsste der Inhaber eines Internet-Cafés einen Screenshot all seiner Computer erstellen: ein Foto aller Seiten, die gerade geöffnet sind. Er müsste das alles speichern.“ Das ist noch nicht einmal so schlimm wie eine Spionagesoftware, die der Staat direkt auf den Rechnern von mehr oder minder Verdächtigen installiert. In Burma sind alle verdächtig, in Deutschland (noch) nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

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Kommentare

One Kommentar zu “Tunnel aus Burma”

  1. hfi am August 18th, 2008 9:18 am

    Zitat: „Ja, der Satz ist zu lang, aber ich sitze in einem Ferienhaus in Jütland und will nicht allzu lange nachdenken, weil ich nur noch einen Tag Urlaub habe.“

    Glaubst Du den Blödsinn mit den 14 Wörtern pro Satz auch? Bei Sätzen wie „Wissenschaftler der Uni blablabla haben festgestellt…“ (dass dunkelhaarige Frauen besser vor Krebs geschützt sind, dass Kinder, die Gewaltvideos sehen, eher zu Depressionen neigen oder gottweißwas) – bei solchen Sätzen schalte ich regelmäßig ab. Das mit den 14 Wörtern pro Satz (und das mit den 80 Sekunden, die man höchstens reden dürfe, danach müsse erst der Gesprächspartner zu Wort kommen, sonst schalte der ab) wird in jedem Management-Kommunikationsseminar verbraten. Wahr wird es dadurch aber nicht. Ich habe mit Deinem Satz vorher null Probleme gehabt… Wer sich auf Deinen Text einlassen will, wird ihn verstehen. Wer das nicht will, bei dem ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Also so what!

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