Staatsknete für Medien

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Gern widerspreche ich Kollegen, vor allem dann, wenn sie falsch liegen oder dummes Zeug von sich geben und noch lieber, wenn sie ein wichtiges Ehrenamt ausüben oder alles zusammen.

And now for something totally different. Es begab sich aber zu der Zeit, als die Pandemie die Medien schwer beutelte, zum Teil aber auch wegen ihres Totalversagens, das Internet und das Digitale betreffend, in der Vergangenheit, dass der Kollege Steffen Grimberg, vormals taz und vermutlich deshalb gendersternchengeschädigt, jetzt freischaffend und dem- und naturgemäßig nach Ämtern strebend, die dem Journalistenleben einen Sinn geben könnten und – nicht ursächlich zusammenhängend mit Letzterem – seitdem sich einige geheime Seilschaften ergaben, großer Vorsitzer des hochwöhllöblichen DJV Berlin/JVBB, in dem sich bekanntlich die Massen aller Journalisten sammeln, anhub zu schreiben, zu diesem oder jenen, hier insbesondere, was wie zu regulieren sei (um den vom ihm gewählten Nominalstil zu umgehen).

Der erste Satz des Neuigkeitenbriefes Newsletters überansprucht ein wenig die Logik einfach gestrickter Menschen wie mich, da das Unwesentliche voranhoppelt (wann: „am Montag dieser Woche“), danach noch mehr Unwesentliches hinterdreingaloppiert (wo: „im Netz“), dann wichtige Motivlagen erwähnt werden wollen (warum: „auf Einladung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“), das Publikum aber derweilen schon beginnt, mit den Füßen zu scharren, da nach 17 Wörtern (!) das erste Verb folgt, was den ehernen Gesetzen der Verständlichkeit eines Satzes nach Wolf Schneider und anderen Stilkundigen grob widerspricht, und – auch Mark Twain hätte sich schon beschwert! – immer noch nicht klar ist, worum es eigentlich geht, dann – oh! Überraschung! – ein weiteres Tuwort: Jemand sagte etwas, nein halt, sogar etwas „bemerkenswertes“, wobei man nicht weiß, vom wem bemerkt oder auch nicht. Der Vertreter der Lautsprecher der herrschenden Klasse, der etwas sagte, wird danach lang und breit zitiert: „Es kommt auf die Journalisten und die Verleger an“ – wer hätte das gedacht? Und warum wird hier eine Volksgemeinschaft zwischen Kapital und Arbeit suggeriert, die es noch nie gegeben hat?

Damit meinte er ausdrücklich nicht die direkte Presseförderung des Bundes, bei der nach wie vor völlig unklar ist, wie und wann sie kommt.

Wait a minute. Staatsknete für Medien? Wer will das denn? Ist es denn nicht auch „unklar“, ob sie kommt und, was viel wichtiger ist, ob sie gewünscht wird, vom Volk, von den Herrschenden und auch den marginalisierten Lohnschreibern und den am Rande der Existenz dahinkrebsenden Freiberuflern? Und was meinen die Insassen der öffentlich-rechtlichen Anstalten, die gut abgesichert auf ihren Breitärschen der Rente entgegengremienvorbehalten? Wollen die noch mehr von meinen Zwangsgebühren für sich abzweigen?

Ach? Der Staat fördert schon längst? Die Tageszeitung schrieb im August 2020:
Noch im November vergangenen Jahres hatte der Bundestag beschlossen, die deutschen Verlage bei der immer teurer werdenden Zustellung gedruckter Zeitungen zu unterstützen. 40 Millionen Euro hätte es dafür in diesem Jahr geben sollen. Seitdem hatte die Branche vor allem versucht, das zuständige Bundesarbeitsministerium in ihrem Sinne zu bearbeiten – auf weitere Details wartete man aber vergebens. Dann kam aber die Coronakrise – und nun ist das alles überraschend vom Tisch. Auf Antrag der Regierungskoalition hat der Haushaltsausschuss in einer nichtöffentlichen Sitzung entschieden, dass in den kommenden Jahren insgesamt bis zu 220 Millionen Euro zur Unterstützung des kriselnden Journalismus fließen sollen. Von „Zustellförderung“ ist nun keine Rede mehr, es soll plötzlich um die „digitale Transformation“ gehen.

Dann steht im DJV-Newsletter also gar nichts Neues? Nein, aber man muss am Ball bleiben, zumal aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist, dass das Kapital die Verleger Dutzende von Leuten dafür bezahlen, dass diese die Websites von Journalistenverbänden ganztägig beobachten, um ja nicht zu verpassen, was dort Relevantes zu lesen ist.

And now for something completely different: Was effektive Maßnahmen gegen die „Supermonopolisten“ angeht, lohnt ein Blick auf Australien. Dort hat die Regierung Google den Kampf angesagt und einerseits klare rechtliche Beschränkungen zur Verwendung persönlicher Daten durch die Internet-Giganten eingeführt.

Wait a minute again. Da ist noch nichts in trockenen Tüchern, berichtet die Tagesschau. Man lässt nur die virtuellen Muskeln spielen, es steigt Rauch auf aus den Mündern, und wie immer wird Google gewinnen. So what? Man beschwert sich über eine erschröckliche „Marktmacht“. O heilige Einfalt! Je ein Kapitalist schlägt eine andere Suchmaschine tot, bis nur noch eine übrig ist – steht das nicht so irgendwo? Sie hätten sich eben vorher was überlegen müssen. Warum hat Australien nicht Amazon, Ebay und Google erfunden? Oder die Deutschen?

Ich begrüße lebhaft, wenn die Kleinbourgeoisie in jeder Branche zu Tode geprügelt wird. Dann ist es viel einfacher, nach der Revolution den Kommunismus einzuführen alles zu verstaatlichen oder den Anteil der Staatsunternehmen so groß zu halten, dass es immer genügend Impfstoff gibt dass man mit China Schritt halten kann, wenn es darum geht, die Produktivkräfte zu entwickeln. Weniger Formulare und weniger Klagen und so.

Ich frage mich die ganze Zeit: Was will mir der DJV-Newsletter eigentlich verkünden?

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Kommentare

4 Kommentare zu “Staatsknete für Medien”

  1. Wolf-Dieter Busch am Februar 8th, 2021 9:22 pm

    Kritik. Die Sätze sind zu lang. Ich kann ihnen nur mit äußerster Konzentration folgen.

  2. admin am Februar 9th, 2021 6:35 am

    Das war die Idee.

  3. Wolf-Dieter Busch am Februar 9th, 2021 11:59 am

    Ich sorge ich. Mein Hirnchen wirft Falten.

  4. ... der Trittbrettschreiber am Februar 9th, 2021 12:54 pm

    @admin

    … eine „einfache“ und anscheinend erfolgreiche Idee.
    Der Redaer m/w/d/u gibt an, dem Text nur mit äußerster Konzentration folgen zu können.
    Das implziert:
    1. Der Lesende strengt sein Hirn an (was ja schonmal was ganz luxuriöses für die solchen Aktivitäten spärlich Nachgehenden in unserer Zeit zu sein scheint),
    2. Der User Deines Wörter-Konglomerats kann Dir folgen (was ja nicht immer verwerflich ist),
    3. Wolf-Dieter Busch urteilt aufgrund seines Sinneserlebnisses und seiner technisch redaktionellen Prägung entsprechend über die von Dir aus sprachpolitischen Erwägungen heraus ein klitzkleines Bisschen manipulativ konsturierten Sprachhandlingen subjektiv wertend – sie seien zu lang*.

    Was sagt der aufmerksame Machtgeschädigte draußen auf dem Trittbrett dazu?

    SCHLINGEL!

    *@Wolf-Dieter Busch
    Nach dem Stand der derzeitigen Technischen Redaktion ist Dein Einwand absolut korrekt – für Texte in Betriebsanleitungen oder anderen „Fucking Manuals“ gilt:
    Ein beschreibender Satz sollte nicht mehr als 28 Wörter umfassen, ein anweisender Text nicht mehr als 20.
    Das ist der Lesegeschwindigkeit geschuldet, denn derartige Dokumente liest man ja nicht im Ohrensessel bei einem Glas Rotwein sondern sie sollen in kürzester Zeit den gendermultiplen Anwender die Information und das Wissen liefern, die ihn in die Lage versetzt, seine Arbeit effizient zu erledigen.

    Bei politischen und welanschaulichen Schriften bin ich froh, dass die Autoren sich vermutlich aus egozentristischen Motiven heraus nie mit derartigen Gedankengängen befasst haben.
    Auf diese Weise „verstehen“ sogenannte Intellektuelle das Geschriebene erst nach vielen Jahren, um die 3000 Seiten dann doch in Tonne schmeißen zu dürfen, weil das Leben sie eines Besseren „beleert“ hat.

    https://youtu.be/xI68A-rntIk

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