Wenn unbequeme Bücher verschwinden

Eine Zensur findet nicht statt. Ich muss einen Autor verlinken, dessen politische Meinung ich nicht kenne, nicht kennen will und vermutlich auch nicht teile (wenn ich über sein Buch lese: alles Bullshit!). Auch seine Sprache ist grauenhaft. Trotzdem muss ich es tun. Die medienkompetenten Leserinnen und wissenden Leser können mich notfalls erleuchten.

Wer die Meinungsfreiheit erst dann verteidigt, wenn die eigene Meinung unter Feuer kommt, der wird sie wahrscheinlich verlieren. Die Manipulation der Bestsellerliste, wie vom Spiegel im Sommer diesen Jahres vorgeführt, oder die Manipulation eines Regals in einer Buchhandlung, das die Bestsellerliste abbilden soll, sind Schritte auf dem Weg zur Zensur und teilen mit dieser die illiberale Geisteshaltung. Wenn Linke diese Schritte erst dann kritisieren, wenn linke Bücher solchen „Säuberungen“ zum Opfer fallen, begeben sie sich meiner Ansicht nach auf einen gefährlichen Weg. Darauf wollte ich mit meinem Artikel hinweisen. Weder bin ich ein Anhänger der AfD, noch ein Freund des Buches von Thorsten Schulte oder ihm selbst. Offenbar sind die Polarisierung der Meinungen und der Feindbildaufbau inzwischen allerdings soweit fortgeschritten, dass solche Differenzierungen nicht mehr möglich sind. Das bedaure ich – und ich bedaure es besonders für die NachDenkSeiten. Wo intellektuelle Redlichkeit unter dem „Sturm“ von zehn oder zwanzig kritischen Leserkommentaren die Segel streicht, werden zukünftige Debatten schwer werden.

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Kommentare

3 Kommentare zu “Wenn unbequeme Bücher verschwinden”

  1. Godwin am November 9th, 2017 1:32 pm

    Wie olle Orwell schon sagte:

    „If one loves democracy, the argument runs, one must crush its enemies by no matter what means. And who are its enemies? It always appears that they are not only those who attack it openly and consciously, but those who ‘objectively’ endanger it by spreading mistaken doctrines. In other words, defending democracy involves destroying all independence of thought. These people don’t see that if you encourage totalitarian methods, the time may come when they will be used against you instead of for you.“

  2. Wolf-Dieter Busch am November 10th, 2017 1:22 am

    Durchaus beklemmend.

  3. ... der Trittbrettschreiber am November 10th, 2017 1:41 pm

    Zensur findet ja nicht nur on- und offline statt, z.B. in besagten Bücherregalen, nein; selbst bei Aldi gibt es kein Kalles Kaviar.

    Hier ein korrekter Link:

    http://skandinavische-kueche.de/smoerrebroed-rezepte/smorgas-kalles-kaviar/

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