Rote Armee, reloaded

Harald Martenstein (dessen Meinung ich nicht teile) im „Tagesspiegel“: „Historiker sagen, dass die durch Stalins Mordorgien geschwächte Rote Armee den Krieg ab 1942 nur mit Hilfe von Material aus den USA erfolgreich führen konnte.“

Da hätte ich doch gern ein paar Quellen?! Weiß jemand mehr? Fakten?

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Kommentare

16 Kommentare zu “Rote Armee, reloaded”

  1. Besserwisser am Mai 11th, 2016 2:56 pm

    Das Stichwort ist „Leih- und Pachtgesetz“. Der deutsch Wikipedia-Artikel beschreibt es recht gut. Ich habe allerdings sehr unterschiedliche Zahlen gefunden.

    Wichtig war, erst einmal die Zeit bis zum (Wieder)aufbau der Rüstungsindustrie zu überbrücken. Die frühen amerikanischen Panzer fanden die Russen nicht besonders geeignet und haben eigene Typen entwickelt statt sie zu kopieren.

    Der größte Teil kam als Nahrungsmittel, Rohstoffe und Maschinen. Unter anderem 58% des hochoktanigen Flugtreibstoffes.

  2. ... der Trittbrettschreiber am Mai 11th, 2016 4:43 pm

    wie weicht denn deine meinung von der martensteins ab? ich sehe immer noch die veteranengesichter von damals, wenn sie von der kriegsgefangeschaft erzählten. kaffee und kuchen, schnaps, bier und dann ging’gs los. ach die russen – gaanz schlimm, nichts zu essen, prügel etc. jaaa, die amis, das war das beste, was dir passieren konnte bis zum kriegsende. klar da gab’s auch sone und sone aber alles in allem haben wir alles gehabt. neee, bei den russen – einmal am tach wassersuppe, wenn’ste glück hattest, schwamm da ne erbse auf’m grund. teller gab’s keine. wer ’ne konservendose ohne deckel hatte, der war war reich. neee geh mir weg du, alles scheiße, wo se uns da reingeschickt haben.

  3. papierlos am Mai 11th, 2016 5:41 pm

    Hallo Burks,

    ich bin kein Historiker, und die Wikipedia ist vielleicht auch keine Quelle, die Deinen Ansprüchen genügt, aber im Wiki-Artikel >>Großer Terror<>„Säuberung“ der Roten Armee<>Leih- und Pachtgesetz<<. Die dort angegebenen Quellen habe ich aber auch nicht gelesen.

    Ich stelle mir aber schon die Frage, wie Waffenlieferungen einen Mangel an Führung ausgleichen soll, man hat ja keine Offiziere an die Sowjetunion geliefert.

    Viele Grüße aus Bonn

  4. papierlos am Mai 11th, 2016 5:43 pm

    Hallo Burks,

    ich bin kein Historiker, und die Wikipedia ist vielleicht auch keine Quelle, die Deinen Ansprüchen genügt, aber im Wiki-Artikel „Großer Terror“ wird im Abschnitt „„Säuberung“ der Roten Armee“ eine (Sekundär-)Quelle angegeben, welche die Schwächung der Armee durch die mangelnde Führung belegen soll:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Terror_%28Sowjetunion%29#cite_note-48

    Zur Effektivität der Waffenlieferungen, siehe auch den Wiki-Artikel „Leih- und Pachtgesetz“. Die dort angegebenen Quellen habe ich aber auch nicht gelesen.

    Ich stelle mir aber schon die Frage, wie Waffenlieferungen einen Mangel an Führung ausgleichen soll, man hat ja keine Offiziere an die Sowjetunion geliefert.

    Viele Grüße aus Bonn

  5. mulberryferry am Mai 11th, 2016 6:16 pm

    Naja, 18 Mio. Tonnen lend-lease Waren aus den UofSA in die UdSSR während der Kriegsjahre? Zählt das als Hilfe?

  6. ekelfranz am Mai 11th, 2016 6:50 pm
  7. Horst Horstmann am Mai 11th, 2016 7:02 pm

    https://en.wikipedia.org/wiki/Lend-Lease

    Die USA hatten – ebenso wie Australien – natürlich wesentlich bessere Karten, durch den verspäteten Kriegseintritt, aber vor allem auch, weil daheim die Infrastruktur nicht von Kriegsschäden betroffen war, d.h. wäre der Krieg länger gelaufen, wäre ihre materielle Unterstützung der alliierten Mitstreiter auf jeden Fall kriegsentscheidend geworden.
    Ich vermute mal, daß die Theorie auf diesem Umstand fußt; man könnte allerdings genausogut anführen, daß dem Dritten Reich ohne die anfangs weitergelaufenen Wirtschaftsbeziehungen zu den USA wohl der Saft etwas schneller ausgegangen wäre.

  8. Horst Horstmann am Mai 11th, 2016 7:03 pm

    Mist, zu lahm gewesen… m)

  9. Godwin am Mai 11th, 2016 7:30 pm

    M.E. werden hier zwei Dinge vermengt:
    Materielle Hilfe aufgrund desolater Wirtschaftsleistung auf der einen Seite
    Und die sog. Säuberungen auf der anderen.
    Zu letzteren lohnt ein Blick in Himmelers Posener Rede. Hier resümiert er, dass die Hoffnung, die Ermordung der alten Offiziere usw. eine Schwächung bedeute, eine grobe Fehleinschätzung gewesen sei. Das Ergebnis war seiner Meinung nach eher eine Steigerung der Kampfkraft (wegen der Disziplinierung)

  10. Crazy Eddie am Mai 12th, 2016 12:31 pm

    https://de.wikipedia.org/wiki/Studebaker_US6

    Der Studebaker Truck war es, der der Roten Armee die bis dato fehlende Beweglichkeit (im Vergleich zur Wehrmacht) verlieh. Mit ihm konnte Artillerie, insbesondere zur Panzerabwehr, sehr schnell verlegt werden.

  11. André Dreilich am Mai 12th, 2016 12:59 pm

    Schau mal hier bei Wikipedia unter „Nordmeergeleitzüge“ nach, da ist ja einiges an Material langgekommen und auch viel an Menschen und Material abgesoffen.
    Meines Wissens gab es auch die Lieferung von Jagdflugzeugen samt Piloten, die „Quelle“ steht in einem meiner Bücherregale, aber wo?
    Gern übersehen wird, dass durch die Lieferungen auch ein erheblicher „Technologietransfer“ stattgefunden hat. Ein Blick auf diverse Lkw/Pkw (zB Ford GPA zum GAZ 46,Willys MB zum Gaz 64, Packard 180 zum ZIS 110 uvm) zeigt das. Ich hab selbst eine Menge russischer Technik unter den Fingern gehabt, bei der bestimmte Details (Gewinde, elektronische Bauelemente) „fremdes Erbgut“ erkennen ließ. Das reichte bis Ende der 80er Jahre …

  12. André Dreilich am Mai 12th, 2016 1:14 pm

    PS.: Den Martenstein würde ich zu 100% unterschreiben … das mag wohl zum einen daran liegen, dass Angehörige meiner Familie einige spannende Nachkriegsjahreerfahrungen sammeln durften, zum anderen an eingehender Beschäftigung mit dem Thema (Auch jenseits Suworow). Vielleicht auch an einem Foto meines Großvaters, das ihn mit Angehörigen der Roten Armee bei der gemeinsamen Siegesfeier nach der Einnahme Polens zeigt. Und dann war da noch das Gespräch mit einem alten Kommunisten in den frühen 70ern, der mir von seiner Lagerhaft in Buchenwald erzählte. Er saß dort zweimal ein – einmal bis zur „Befreiung“ und einmal danach …

  13. Multiplikato am Mai 12th, 2016 5:48 pm

    Das Kennen der russischen Sprache, ein Flug nach Moskau oder das Lesen verschiedener *.ru blogs und Seiten würde alle Fragen leicht beantworten. Und die russische Staatsbibliothek besitzt unendlich viele Original- und frei einsehbare Dokumente.

  14. farmermike am Mai 12th, 2016 8:10 pm

    In den Buechern „Richard Overy, Russlands Krieg“ und „Catherine Merridale, Iwans Krieg“ wird dargestellt, dass die Wirtschaftskraft der SU eigentlich nicht vergleichbar war mit der des Dritten Reichs. Nur die LKW-Produktion war seltsamerweise hoeher.
    Bei einer Sterberate von groesser 1:5 zugunsten der deutschen Soldaten und der Vernichtung oder Verlust der eigentlichen Schwerindustriegebiete in der Ukraine bis nach Stalingrad hin waren die Lieferungen durch die USA meines Erachtens ein sehr wichtiger Anteil an der wirtschaftlichen Widerstandskraft gegen die Nazis. Die Saeuberungen in den dreissiger Jahren sehe ich nach meinen Kenntnissen als eher kontraproduktiv beim Abwehrkampf. Ich denke in einer Hierarchie, wie einer kaempfenden Armee, ist das Kennen des personellen Umfelds und der daraus enstehenden Motivation der wichtigste Vorteil. Die wurde durch die Saeuberung zerstoert und durch die waehrend des ganzen deutsch-sowjetischen Krieges stattfindenden sowjetischen Verluste weiterhin verhindert. In der Roten Armee gab es so gut wie keine Alphagruppen wie in der Wehrmacht bis 1943.

  15. Vox Populist am Mai 15th, 2016 7:21 pm

    Ohne Lend Lease hätte der Krieg ein oder zwei Jahre länger gedauert und wäre vielleicht mit der Atombombe über Berlin beendet worden – das ist Spekulation.

    Keine Spekulation ist, dass die Sowjetunion (ebenso wie die USA gegenüber Japan) dem Dritten Reich auch ohne lend lease einige unüberwindliche strategische Vorteile voraus gehabt hat:

    – Zugang zu kriegswichtigen natürlichen Ressourcen im eigenen Heimatland: Autarke Nahrungsversorgung, Energieerzeugung, Treibstoffproduktion für die Kriegswirtschaft. Die Nazis konnten die kriegswichtige Produktion dagegen nur durch Eroberungszüge und Plünderungen in den besetzten Gebieten in Gang halten, da die natürlichen Ressourcen Deutschlands für eine Armee in Großmacht-Dimension schlicht viel zu gering waren (Selbiges führte auch schon im 1. WK zur unausweichlichen Niederlage). Das (und nicht nur die Rassenideologie) war übrigens einer der wesentlichen Gründe, diesen Krieg überhaupt erst vom Zaum zu brechen – ohne die Plünderungen der Nachbarländer wäre Deutschland faktisch Pleite gewesen, denn die Staatsverschuldung hatte sich zu Kriegsbeginn binnen der sechs Jahre seit der Machtergreifung bereits versechsfacht! Das Naziregime war vom ersten bis zum letzten Tag ein kaum durchdachtes, kaum geplantes Vabanquespiel, das von Anfang an nur in der Katastrophe enden konnte.

    – Enorme Weite des Landes: Riesige und im Winter, sowie Herbst und Frühjahr schwer passierbare Territorien, die dem Feind preisgegeben werden konnten und dessen Nachschublinien verlängerten und die Versorgungslogistik erschwerten. Die Sowjetunion verfügte über fast vierzig Mal so viel Landmasse wie das Dritte Reich.

    – Dreifache Einwohnerzahl: Große Manpower-Reserven an Männern im wehrfähigen Alter – 70 Millionen Deutschen standen zu Kriegsbeginn 200 Millionen Sowjets gegenüber. Die Sowjetunion verlor 20 Millionen Soldaten und Zivilisten und hatte zu Kriegsende trotzdem eine vier Mal so große Armee wie die USA unter Waffen.

    Wichtig zu verstehen ist, dass die industrielle Kriegsführung spätestens seit dem Amerikanischen Bürgerkrieg stets von der Partei gewonnen wurde, welche die größere heimische industrielle Basis (Land, Bodenschätze, Schwerindustrie, Bevölkerungszahl) hatte. Dies war kriegsentscheidend, nicht der Ausgang einzelner Schlachten und die Genialität oder Unfähigkeit einzelner Feldherren, die vielleicht im Altertum oder im Mittelalter auch einer numerisch deutlich unterlegenen Partei (man denke an die griechischen Perserkriege) den Sieg bringen mochten.

    Deshalb ist es auch nachrangig, wie der Krieg verlaufen wäre, wenn die Nazis in Stalingrad gewonnen hätten, oder die Japaner in Midway, die Reichswehr 1918 nach Paris durchgebrochen wäre oder die Südstaaten 1863 in Gettysburg gesiegt hätten. Der Krieg war für jede dieser Parteien schon an dem Tag verloren, als sie ihn erklärten.

  16. mofen am Mai 18th, 2016 11:57 am

    @ VoxPopulist Genau das ist der Punkt von dem aus man die neuzeitlichen „Bedrohungs- Szenarien“ betrachten muss. Der „gefährliche“ IS ist, im klassischen militärischen Sinn, eine Lachnummer, da ihm nur begrenzt Rohstoffe und überhaupt keine Industrieproduktion zur Verfügung steht. Natürlich gibt es eine psychologische Seite seiner Terroranschläge und für die Betroffenen ist es egal, ob so ein Terroranschlag militärisch sinnvoll ist oder nicht, aber die Gefahr einer militärischen Ausbreitung des „Kalifats“ besteht nicht, wenn es auf einen Gegner trifft der seine eigenen Waffen herstellt. Auch der Sieg der Vietkong wäre ohne die Waffenlieferungen Chinas nicht möglich gewesen. Alles was diesen Punkt nicht berücksichtig ist nur Propaganda und gewollte Panikmache.

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