Rückfall in die Barbarei

Telepolis: „Damit erleben wir derzeit einen in Deutschland nach 1945 nie gekannten Vorfall. So schnell kann man gar nicht schauen, wie Deutschlands wichtigste Buchhändler in voraufklärerische Verdammungspraktiken zurückfallen. Selbst die katholische Inquisition hat es sich immer zur Devise gemacht, klar zwischen einem konkreten Werk und den anderen Äußerungen des Autors zu unterscheiden. (…) Was jetzt in Deutschland mit dem neuesten Werk Pirinçcis passiert, zeigt nicht nur, wie wenig ernst die Mehrheit der deutschen Buchhändler das Selbstentscheidungsrecht der Leser nimmt. Es ist ein Abschied von jenem Denken, für das Voltaire und die anderen großen Philosophen Europas stehen.“

Full ack.

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Kommentare

9 Kommentare zu “Rückfall in die Barbarei”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Oktober 27th, 2015 2:58 pm

    was nicht zu verstehen ist…

    es ist leider so, dass eine ironische oder überzogene Äußerung in schriftlicher Form immer vorangekündigt werden muss. Dies gilt auch für einen verbalen Vortrag vor einer Masse, die sich nicht darauf eingestellt hat, in einer Kabarett-Sitzung zu sein. Ich habe keines der Bücher dieses Autors gelesen, ich vermute aber dass er durch Überziehen der Realität Einfluss zu nehmen versucht. Ein Therapeut, Coach oder Supervisor kennt die Methode der „paradoxen Intervention“, die Empörung des Patienten/Klienten verursachen soll, damit so dessen eigene Haltung bewusst wird und, wenn das zielgebend ist, verändert werden kann.
    Dieser Autor hat leider keine Vertrauensbasis zu diesen Zuhörern aufgebaut und schon gar keine sichere „Rahmung“ geschaffen, um so agieren zu können. Aber er hat nun Publicity, mehr Leser und den Zorn der Masse – erinnert mich an Till E.

  2. Wolf am Oktober 27th, 2015 3:29 pm

    Kontra:

    Es ist jedem Buchhändler (ob groß oder klein) selbst überlassen ein Buch oder einen Autor aus dem Sortiment zu nehmen. Das ist seine unternehmerische Entscheidung.

    Mit Inquisition oder sonst einer Zensur hat dies alles nichts zu tun. Es werden sich auch weiterhin Buchhändler finden die gerne mit solchen Machwerken wie „Die große Verschwulung“ Umsatz machen wollen (ist auch voll in Ordnung).

    Damit wird weder die Meinung von Herrn Pirincci eingeschränkt noch der Leser reglementiert. Ich bekomme den Käse meiner Wahl ja auch nicht in jedem Supermarkt sondern nur in bestimmten.

    Es geht hier weder um Zensur noch um die Beschneidung von Meinungsfreiheit sondern schlicht um die Freiheit unternehmerische Entscheidungen zu treffen und sei es die Entscheidung weniger Geld zu verdienen. Im Endeffekt ist der Buchhändler der Einzige der einen wirklichen finanziellen Schaden hat. Und zwar ganz bewusst. Das nötigt mir sogar einen gewissen Respekt ab. Es gibt schon genug Läden die ihren Kunden jeden Scheiß andrehen, Hauptsache die Kasse stimmt.

  3. Detlef Borchers am Oktober 27th, 2015 6:57 pm

    Verstehe ich nicht ganz. Gibt es eine Vertriebspflicht in Deutschland oder das Recht eines jeden Händlers, auf ein Warenkontigent zu verzichten? Man kann den Hasstext beim Verlag Manuscriptum bestellen oder auf Seiten wie gesiwista.net lesen. Jetzt sind Nazis mehr als Pop…

  4. FDominicus am Oktober 27th, 2015 7:14 pm

    Ich habe mal danach gesucht und es gibt mehrere Videos auf Youtube. Satte Leistung – Lügenpresse eine Schmeichlerei – Systempresse – leider zutreffend. Wenn man nicht wüßte wo so was enden kann, könnte es einem egal sein. Das man aber weiß was bei Diktaturen jedweger Art herauskommt, packt einen das kalte Grauen.

    Frei nach Cäsar. Auch Du Deutschland?

  5. Eike am Oktober 27th, 2015 10:46 pm

    @ Detlef…Natürlich gibt es eine Vertriebspflicht. Wenn Verkäufer das ignorieren, verlieren die ihren Job. Das bedingt das System, was wir alle gut finden oder zu finden haben.

  6. Farnsworth am Oktober 28th, 2015 8:13 am

    Das Problem ist auch nicht, dass sich einzelne Händler entscheiden Pirinccis Bücher nicht zu verkaufen. Das Problem ist das Mindset der Buchhändler, die seine Bücher jetzt öffentlich schreddern wollten. What the fuck?!?

  7. andreas am Oktober 28th, 2015 11:57 am

    Ich will die Scheiße garnicht lesen, dachte nicht mal es kaufen zu müssen, weils irgndwann ein Dokument der Zeitgeschichte wird. Dieser hässliche Kampfzwerg hat die Aufmerksamkeit nicht verdient. Wer (jetzt markieren und einfügen, wie kriegt man Accents unter Buchstaben, hergottnochmal) Pirinçcis Buch unbedingt lesen möchte kann es sich beschaffen. Die die den Titel sexy finden bekommen bei der Lektüre eh lediglich eigene Vorurteile bestätigt, fallen als Kunden entsprechend weg. Was ich tatsächlich nervtötend finde ist, dass Buchhandlungen oft wenig Enthusiasmus bei Buchbeschaffungen von diversen nicht gigantischen Verlagen entwickeln, die ihre Bücher nicht weg zensieren. Meine Bestellung von `Snowden´ von Ted Rall (http://rall.com/) bei Hugendubel brauchte allen Ernstes sieben Wochen um aufzuschlagen.

    Was reaktionäres Gesabbel das mich interessiert betrifft, nämlich das türkische vor der Wahl am 01.11, so verläuft das aus Desinteresse oder fehlenden Sprachkenntnissen im Sand obwohl es hochgefährlich ist und uns irgendwann um die Ohren fliegt. Lieber so ein Sucuk (Würstchen) negativ bewerben als Stellung zu echten Problemen zu beziehen, weil man sich als europäische Politelite so heimelig im Enddarm Sultan Erdogans einrichtet. Ach übrigens, wer morgen noch Unterhaltung sucht. Da ist Frau Festerling um 1900 Uhr zu einer Diskussion bei einer Burschenschaft (http://germania-halle.de/?page_id=14)in Mainz eingeladen. Zur gleichen Zeit wird im Hyatt 92 Jahre türkische Republik gefeiert.

  8. tm852 am Oktober 28th, 2015 1:50 pm

    Da gibt es nicht viel zu verstehen, entweder man bietet sowas an oder nicht. Aber eine oeffentliche Buecherverbrennung oder auch oeffentlich schreddern Derselben ist ein Statemant und das heisst das man oder auch Frau eine Position bezieht. (https://www.youtube.com/watch?v=qYQfDSQI7pI) Wenn das ein paar Grossisten tun geht es schon fast an die Politik. ;-) Genausogut koennte man sagen das Bild, Spiegel, Focus und wie die Regenbogendinger alle heissen, dann auch verboten gehoeren. Da Sie einen Standpunkt oder auch eine Marschrichtung vertreten. Ich habe so meine Probleme mit Buecher schreddern oder verbrennen. Die Geschichte hat gezeigt das dies keine gute Idee ist wenn daraus eine Grossveranstaltung gemacht wird.
    Ausserdem bekommt dann dieses Machwerk so eine Publicity die es so nicht verdient hat.

  9. blu_frisbee am Oktober 29th, 2015 10:58 am

    Der Künstler hat ein Recht drauf daß ihm der Konzertsaal zur Verfügung gestellt wird und wenn dessen Eigner sich weigert ists Zensur?

    Burks, thats bullshit.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Florence_Foster_Jenkins

    Das Diskriminierungsverbot im bürgerlichen Geschäftsverkehr stand letztesmal zur Debatte als ein Hoteleigentümer sich weigerte an eine Nazitagung zu vermieten. Die Justiz gab ihm recht.

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