Afrika ist überall oder: Kamikaze Economics and the EU’s leg breaker

ucraine

Bildquelle (Ausriss): „Royal United Services Institute for Defence and Security Studies

William K. Black in New Economic Perspectives (via Naked Capitalism) über „The Kamikaze Economics and Politics of Forcing Austerity on the Ukraine“:
„Unpopular austerity measures“ are, of course, among the best things Ukraine can do to aid Russia’s effort to „destabilize“ the Ukraine. (…) „So, our strategy is to play into Putin’s hands by inflicting austerity and turning the Ukraine into “a Western hell.“ Not to worry says our man in Kiev, because he’s sure that ten million ethnically-Russian citizens of Ukraine will gladly „pay the price of independence” to live in “a Western hell.“ That strategy seems suicidal.

Zentrale Aussage: „The IMF serves as the EU’s ‚leg breaker‘ for the Ukraine.“

Schon klar.

Sehr empfehlenswert und erhellend über das „Wer? Wen? Warum? ist das „Briefing Paper“ (pdf) vom „Royal United Services Institute for Defence and Security Studies“ (via Fefe) von Igor Sutyagin and Michael Clarke: „Ukraine Military Dispositions – The Military Ticks Up while the Clock Ticks Down“. Die Autoren analysieren, warum es eher wahrscheinlich ist, dass Russland bestrebt ist, die Ukraine aufzuspalten – wie es der Westen mit dem ehemaligen Jugoslawien gemacht hat. Es geht natürlich wie immer nur um die Ökononmie:

.. Russia’s Gazprom has taken control of all Ukraine’s off-shore oil and gas fields in the Sea of Azov. Previously, European companies had been promised licenses to operate in these areas, so Gazprom could face some legal challenges. Nevertheless, an eastern corridor into Crimea from the Russian homeland would cut Ukraine off from the Sea of Azov and make it part of Russian territory. The long-running dispute over the Kerch Strait would also be removed by such an annexation of territory.

Der Internationale Währungsfond möchte also sicherstellen, dass der Plan der neuen „Regierung“ der Ukraine gelingt, die Öl- und Gasvorkommen im Asowschen Meer an internationale Konzerne zu verscherbeln.

Ein weiterer Punkt ist, dass die russische Militärindustrie zu einen relevante Teil von Importen aus der Ukraine abhängt:
Some 30 per cent of Ukrainian military exports to Russia are unique and cannot currently be substituted by Russian production. Russia’s heavy intercontinental ballistic missiles (the SS-18 ICBMs) are designed and produced by the Yuzhmash combine in Dnepropetrovsk. SS-18s are regularly checked and maintained by Yuzhmash specialists. Two other strategic missile systems – the SS-25 (RT-2PM Topol) and the SS-19 (UR-100 NUTTKh) – are designed and produced by Russian-based enterprises, but use guidance systems designed and produced in Ukraine by the Kharkiv-based Khartron Scientific-Industrial Combine. The SS-18, SS-19 and SS-25 currently make up some 51 per cent of Russia’s overall strategic nuclear-weapons inventory and over 80 per cent of that of Russia’s Strategic Rocket Forces specifically. In addition, some 20 per cent of the natural uranium currently consumed by Russia’s nuclear industry, both for civilian and military purposes, comes from Zholti Vody in Ukraine.

Sehr hübsch auch die Pointe, dass der ukrainische Konzern Yushmash, vom dem die interballistischen Raketen Russlands hergestellt werden, im letzten Jahr einen Kooperationsvertrag mit der deutschen Firma Claas abgeschlossen hat – natürlich nur über „landwirtschaftliche“ Maschinen.

The Russian air force is also critically dependent on the Ukrainian defence industry.

Und so weiter. Es sieht also gar nicht so aus, dass die Ukraine so bleiben wird, wie sie ist. Dazu sind die Kapitalinteressen in Ost und West zu gegensätzlich. Ich tippe darauf, dass sich die Ukraine in eine Art Bosnien-Herzegowina verwandeln wird, die westlichen Teile als Marionette der westlichen „Märkte“, und die östlichen und südlichen Teile abhängig oder okkupiert von Russland, flankiert von einem Mafia-Staat Moldawien, nach dem Vorbild Albaniens. Weißrussland aka Belarus wird sich eh irgendwann wieder Russland anschließen.

To suggest these scenarios for the sake of capturing the production at these various plants would be a very nineteenth-century way of looking at a twenty-first century relationship.
However, even that cannot be ruled out in current circumstances.

Im 21. Jahrhundert ist die altmodische imperialistische Art, Staaten zu erobern, um an deren Rohstoffe zu gelangen, nicht mehr opportun. Der US- und EU-Imperialismus haben es im Irak, in Libyen und Syrien vorgemacht, wie das heute geht: Man unterstützt lokale Terroristen oder „Rebellen“ mit Waffen, um die unerwünschte Regierung zu stürzen, um dann im geschaffenen und erwünschten Chaos mit den lokalen Warlords Deals abzuschließen. Afrika ist eben überall.

Tut mir leid, dass diese Fakten in den hiesigen Mainstream-Medien nicht so vorkommen und dass ich die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser mit ausländischen Texten quälen muss. Aber im „Handelsblatt“ oder in anderen Lobby-Publikationen der so genannten „Volkswirtschaftler“ erfährt man ja bekanntlich nichts über ökonomische Tatsachen und Kapitalinteressen.


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Kommentare

6 Kommentare zu “Afrika ist überall oder: Kamikaze Economics and the EU’s leg breaker”

  1. Jörg am April 7th, 2014 10:09 am

    Man muß auch einmal das völlige Versagen von Putin-Lawrow-Medwedew ansprechen.
    Wenn die von der US-Diktatur ferngelenkten westeuropäischen Staaten je wieder frei und selbstbestimmt werden wollen, dann benötigt man Rußland (wie bei Napoleon und den Nazis), welches zwar von US-NGOs geplagt wird, aber, anders als die EU-Länder, noch frei ist.

    Aber seit anderthalb Jahrzehnten fördern Putin-Lawrow-Medwedew die Ausbreitung der Krakenarme der US-Diktatur sogar (in Afghanistan, Irak, Libyen usw. stand Putin stets auf Seiten der USA).
    An den jetzigen Verhältnissen in der Ukraine – und an der seit Jahrzehnten erstmals wieder auftauchenden Kriegsgefahr (ich meine: bei uns … nicht in den Ländern, in denen die Bundeswehr Kriege vom Zaun bricht) – trägt die russische Regierung in einem erheblichen Maß die Schuld.
    Angesichts der Tatsache, daß die US-Diktatur schon seit 20 (NGOs in Serbien organisierten Demos gegen Milosevic) Jahren stets gleich vorgeht, hätte das faule und unfähige Pack im Kreml doch mal aktiv werden müssen. Bereits als vor etlichen Jahren dieser Juschschtenko (der mit dem schlechten Teint) auftauchte (was ist eigentlich aus dem geworden?) lief alles bei dieser „orangenen“ Revolution so wie gewohnt und so wie auch jetzt wieder.
    Daß diesen Versagern im Kreml entgangen wäre, daß seit dem Sturz Juschtschenkos und der Präsidentschaft Janukowitsch Milliarden von Dollar in ukrainische US-NGOs gepumpt und schlagkräftige Organisationen aufgebaut wurden, kann man ausschließen. D. h., daß Putin & Co sehenden(!) Auges(!) den Feigling Janukowitsch untergehen und die Macht in der Ukraine an die USA übergehen ließen. Denn etwas dagegen getan haben Putin-Lawrow-Medwedew in keiner Weise. Sei haben einfach nur zugeguckt! Der jetzt erfolgte Putsch wäre doch nicht möglich gewesen, wenn Rußland auch NGOs in der Ukraine begründet und finanziert hätte und wenn dann das Fußvolk der Putschisten nicht auf die Sicherheitskräfte, sondern auf massenweise nach Kiew gekarrte Unterstützer des Janukowitsch gestoßen wären. Die Sicherheitskräfte hätten dann die Rolle der friedlichen Schlichter gespielt.

    Dieses völlige Versagen der russischen Außenpolitik – jetzt ganz besonders in der für Rußland so wichtigen Ukraine – hätte doch jetzt auch zu Konsequenzen führen müssen. Gerade dieser Versager Lawrow hätte doch achtkantig aus dem Außenministerium gekickt werden müssen!
    Und dann noch dies: WENN man schon dem Treiben der US-Diktatur in der Ukraine jahrelang tatenlos zusah (weil das Putin offenbar irgendwie egal war, was in der Ukraine passierte), dann hätte man doch wenigstens die für Rußland so wichtigen Verteidigungsindustrien nach Rußland auslagern müssen!

    Aber noch nicht einmal jetzt rollen Köpfe im Kreml, noch nicht einmal jetzt werden Gegenstrategien entwickelt! Zumindest jetzt nach dem Putsch müßte Moskau doch umgehend NGOs im Osten der Ukraine aufbauen und mit Milliarden von Rubeln ausstatten – aber nichts passiert!.

    Folgerung: Jelzin war zugunsten der US-Diktatur ein Verräter an Rußland – und Putin war und ist sein Ziehsohn! Die Möglichkeit, daß dieses zunächst kaum begreifliche, fortlaufende Versagen der russischen Außenpolitik Absicht ist, kann man nicht ausschließen.
    Putin ist ja auch ein Liberalist! Der seit 25 Jahren dringendst(!) gebotene Umbau der russischen Staatswirtschaft – weg vom Liberalismus und von den Resten der Planwirtschaft, hin zu einem ‚modernen Merkantilismus‘ – haben Putin-Lawrow-Medwedew bis heute verhindert!
    Den wegen der unbefriedigenden sozialen Verhältnisse auch in Rußland erfolgreichen US-NGOs haben sie damit – ebenfalls sehenden(!) Auges(!) – Tor und Tür geöffnet!

  2. Jörg am April 7th, 2014 10:38 am

    Putin ist unbestritten der „Ziehsohn“ Jelzins! Und „Ziehsöhne“ setzen regelmäßig die Linie ihrer „Ziehväter“ fort. Daß sieht man auhc am spanischen König Carlos, der ein „Ziehsohn“ Francos war/ist. Siehe: http://www.heise.de/tp/news/Koenig-der-Chef-spanischer-Putschisten-2159054.html .
    Manchmal muß man nur ‚eins und eins zusammenzählen‘!

  3. spaetburgunder am April 7th, 2014 9:45 pm

    Nettes Detail am Rande: von einer vor Jahrzehnten von Claas aufgekauften Firma -Bautz- sollen vor Tausend Jahren(TM) Teile der V1 o. ä. gefertigt worden sein. Leider nur Hörensagen von den Alten im Ort, kenne keine Belege.

  4. spaetburgunder am April 7th, 2014 9:48 pm

    Ergänzung: gibt inzwischen wohl doch Belege – nach Wiki-Standard:
    http://de.m.wikipedia.org/wiki/Bautz

  5. nh am April 7th, 2014 10:21 pm

    Das machen die Verbrecher schon immer so (US).
    An jedem Punkt der Erde an dem was zu holen ist wird das Volk gegen sich selbst aufgebracht um genehme korrumpierbare Marionetten zu installieren, die dann den „Präses“ machen.
    Kein Wunder dass sich welche finden, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
    Die billigen Tricks mit anonymen Söldnern ziehen nicht im aktuellen Konflikt, war schön mitzubekommen welch flinke Füsse Blackwater bekommen kann.
    Es ist leider noch nicht zu Ende, weitere Leichen werden folgen.
    Das Grosskapital fordert seine Opfer.

  6. Soziales Konformitätsverlangen oder: Ist Currywurst links? : Burks' Blog am April 10th, 2014 12:34 pm

    […] auf Vorrat zu halten, um das Proletariat zu disziplinieren, und sich neue Ressourcen und Märkte zu erobern, um die Profite zu […]

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