Honi soit qui mal y pense – unter Freibeutern und ihren JournalistenfreundInnen

„Im Mainzer Landtag haben SPD und Grüne gegen das von der CDU eingebrachte Misstrauensvotum gestimmt“, schreibt das ehemalige Nachrichtenmagazin.

Bevor wir weitermachen, übersetzen wir den holprigen Satz in gutes Deutsch. Wer tat was? SPD und Grüne taten etwas. Warum steht der Ort, an dem sie es taten, vorn und lenkt die Leser vom Wesentlichen ab. „Auf der Toilette verrichtete er sein Geschäft“? Wer redet so?

SPD und Grüne stimmten gegen…. halt: Warum kommt jetzt der Einschub „das von der CDU eingebrachte“? Weil der schludrige Schreiber gern alle Informationen in einen Satz packen wollte, damit die faulen Leser nicht mehr zur Kenntnis nehmen müssen als die erste Zeile?

„Gegen ein Misstrauensvotum stimmen“ ist auch nicht verständlich und hört sich an die „Verringerung der Erhöhung“ oder „der Anstieg der Arbeitslosigkeit verlangsamt sich“, um eine schlechte Nachricht als eine gute zu verkaufen.

SPD und Grüne sprachen Beck ihr Vertrauen aus. Sie stimmten gegen einen Antrag der CDU, der dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten das Misstrauen aussprechen sollte. Dass die Angelegenheit in Mainz stattfand und nicht in Nairobi, ist klar und kann also weggelassen werden.

„Vertrauen aussprechen“ ist Blähdeutsch. Sie vertrauen ihm (richtig, taz!), obwohl er eine unfähige Pappnase ist. Er sprach ihr eine Begrüßung aus? Auch wieder Quatsch, aber wir haben uns an schlechtes Deutsch gewöhnt.

Die CDU wollte den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten stürzen. SPD und Grüne vertrauen Beck aber und schmetterten jetzt das Misstrauensvotum ab.

Ich geb’s auf. Gutes Deutsch – schweres Deutsch. Vielleicht sollten doch besser die sprachbegabten Leserinnen und die des guten Deutschen kundigen Leser ran.

Zurück zu Beck:
Die Wörter „man“ und „es“ statt „ich“ verwendete Beck anschließend mehrfach bei der Beschreibung all jener Fehler, die nun zur Zahlungsunfähigkeit der zu 90 Prozent landeseigenen Nürburgring GmbH und dem Verlust von womöglich mehr als 200 Millionen Euro Steuergeldern führte. (FAZ)

Das Projekt Nürburgring 2009, in das rund 350 Millionen Euro aus Steuergeldern flossen, führte im Sommer 2009 zum Rücktritt des rheinland-pfälzischen Finanzministers und Aufsichtsratschef der Nürburgring GmbH, Ingolf Deubel [SPD] sowie Anfang Dezember 2009 zur Entlassung des Hauptgeschäftsführers der Nürburgring GmbH, Dr. Walter Kafitz. [Jahresgehalt bei 300.000 Euro] (Wikipedia)

Da die Medien ja noch nicht einmal den Versuch machen, mich darüber zu informieren, warum die Grünen den Versager Beck unterstützen, muss ich eigenhändig ein wenig recherieren.

PR-Artikel über Kafitz wie auf motorsport-total.com zeigen, wie versaut und verludert die mediale Berichterstattung über das Thema ist. „Hier fällt es natürlich leicht, die nötige Leidenschaft zu entwickeln“, beschreibt Kafitz seinen Job als Hauptgeschäftsführer der Nürburgring GmbH und fügt schmunzelnd an: „Es ist schon ein anspruchsvoller Traumjob für mich.“

Exkurs: Bei anderen Themen ist es ja ähnlich. Annette Ramelsberger lobhudelt in der Süddeutschen (06.10.2004) über August Hanning, den Chef des Bundesnachrichtendienstes und glühenden Verfechter von „Online-Durchsuchungen“, dass es nur so schleimt („sie loben ihn alle“). Und einige Zeit später verbreitet sie dann den Hoax: „Den meisten Computernutzern ist es nicht klar: Aber wenn sie im Internet surfen, können Verfassungsschützer oder Polizei online bei ihnen zu Hause auf die Festplatte zugreifen und nachschauen, ob sie strafbare Inhalte dort lagern – zum Beispiel Kinderpornographie oder auch Anleitungen zum Bombenbau.“ Das riecht für mich meilenweit danach, als wäre hier von den richtigen Leuten die richtigen Leute gebrieft worden, um Überwachungs-Propaganda in Medien unterzubringen. Honi soit qui mal y pense.

Ich schweife ab. Warum unterstützen die Grünen Beck? Drei grüne Minister hat das akuelle Kabinett in Rheinland-Pfalz. Es geht nicht um Inhalte, sondern darum, ob jemand seinen gut bezahlten Job verliert. Falls Neuwahlen in Rheinland-Pfalz angesetzt würden, könnten die Grünen sich nicht sicher sein, ob sie ihren warmen eurogefüllten Sessel behalten könnten.

In Berlin ist es ja auch nicht anders. Fragen wir meinen Lieblingskollegen Mathew D. Rose. („An Rose nervt, dass er jeden erwähnten Politiker als „Freibeuter“ bezeichnet“ – ja, liebe taz, aber er hat vollkommen recht: „Rose wundert sich, dass scheinbar kein Berliner Journalist die aktuellen Korruptionsskandale verfolgt“ – nein, nicht „scheinbar“ – sie tun es nicht!)

Unter Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) stieg die Verschuldung, laut Rose, in nur einer Legislaturperiode um 150 Prozent auf rund 25 Milliarden. Das war 1996. Heute sind „wir“ bei über 60 Milliarden Euro. Und zwischendurch wurden städtische Firmen wie Wasserbetriebe, Gasag und Bewag verkauft. Übrigens unter der als Sparkommisarin angetretenen SPD-Frau Fugmann-Heesing (Schuldensteigerung in ihrer Amtszeit: „nur“ 40 Prozent).

Und was wählen die Leute? SPD und CDU.

Ich schrieb hier: „Mathew D. Rose, der den Berliner Bankenskandal fast im Alleingang aufdeckte, prägte den Lehrsatz, dass sich alle Probleme investigativer Recherche lösen ließen, wenn man nur zwei Fragen korrekt beantwortete: Wo kommt die ‘Kohle’ her? Wo geht sie hin?“

Wenn die Kohle in die Taschen der Grünen fließt, machen auch die jede Schweinerei mit.

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Kommentare

9 Kommentare zu “Honi soit qui mal y pense – unter Freibeutern und ihren JournalistenfreundInnen”

  1. elvis am August 30th, 2012 4:24 pm

    Super Post. Wegen so was lese ich hier mit.

  2. nh am August 30th, 2012 6:24 pm

    Ich erinnere mich noch an Diepgen und seinen Kumpel Otto Schwanz (Nomen est Omen ).

  3. admin am August 30th, 2012 6:37 pm
  4. nh am August 30th, 2012 7:06 pm

    Addendum

    Eberhard Diepgen hat damals in Berlin die grösste Banken- und Baupleite ante 2008 hingelegt.
    Zu der Zeit war Burks wohl in Südamerika unterwegens(80er).
    Läuft wohl noch frei rum der Typ.
    Alles verjährt und der Antikorruptionskram wird ja auch erst ratifiziert wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen.
    Da fällt mir wieder mal FALCO ein – nach mir die Sintflut.

  5. admin am August 30th, 2012 7:20 pm

    Ich habe das Buch von Michael Sontheimer dazu gelesen, das ist sehr lehrreich. Ja, die Gestalten von damals laufen noch in Berlin herum.
    https://www.amazon.de/Antes-Co-Geschichten-Berliner-Sumpf/dp/3880223246

  6. Temnitzbiber am August 30th, 2012 8:53 pm

    Sorry, der Berliner Bankenskandal war viel früher: 2001 stürzte der Diepgen-Senat darüber. Danach kamen 10 Jahre Rotrot u.a. mit Finansenator T. Sarazin. Die „Linken“ waren ein toller Partner beim Sparen.
    Irgendwann in diesen 10 Jahren erhielt das Diepchen für seine Verdienste um die nachhaltige Leerung der Stadtkasse die Ehrenbürgerschaft…

  7. Wolf-Dieter am August 30th, 2012 11:16 pm

    Ok, es ist ein Blähdeutsch.

    Aber, will ich die Peinlichkeit bis in die letzte verstopfte Pore nacherleben? Eine — völlig berechtigte — Kritik sollte sich außer durch Inhalt auch formal durch Kürze und Bündigkeit abheben.

    Ansonsten i.O.

  8. Soll der Nürburgring ein Tierbordell werden? : Burks' Blog am September 1st, 2012 8:35 am

    […] klar. In Rheinland-Pfalz hat man auch sonst nichts zu tun. Und man sollte auf jeden Fall verhindern, dass der Nürburgring […]

  9. Internetauskunft am Februar 25th, 2014 3:05 pm

    Wer weiß, was im Wahlkampf für die Europawahl 2014 noch so ans Tageslicht kommt.

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