Massenwahn “Kinderpornografie im Internet”, reloaded

„BKA will Besitz und Verbreitung von Kinderporno-Links kriminalisieren“, berichtet Heise. Dem BKA geht es offenbar gar nicht mehr um rationale Argumente oder um Verfolgung der Täter, sondern ausschließlich um Zensur-Lobbyismus. Das zeigt die „Analysis of a representative example of European blacklists„, die der Arbeitskreis Zensur (AK Zensur) vorgelegt hat:

Results:
•Three domains were found to contain illegal child abuse images.
•Two of these have been on the Danish blacklist since 2008 and were also blocked in Norway, Finland and Sweden. After sending an abuse message to the hosting provider in the USA, the websites were removed in less than 30 minutes. This suggests that the police did nothing to shut these sites down for about two years.
•One domain has been on these blacklists since about spring 2010, in the TLD .in (India), hosted in the Netherlands. The domain was suspended by the Indian domain name registry three hours after a request was sent.
•More than half of the blocked domains (92) were already deleted.
•Many domains (66) were not registered anymore.
•Some domains (6) did not contain any child abuse images or obvious illegal content.

Summary:
The vast majority of the blocked domains are no longer active. Only a few still are.
•164 domains were blocked in Denmark, but offered no illegal material or were not connected at all at the time of our investigation.
•3 of the blocked domains were found to contain child abuse images, even though two of them had been blocked for as long as two years. After 30 minutes and 3 hours of action respectively, they were taken down by their webhoster or registry. This could have been achieved much earlier. All we had to do was to send a few emails.

„‚Das Ergebnis ist eine Blamage für die Strafverfolgungsbehörden‚, meint Alvar Freude vom AK Zensur, da von allen untersuchten Links lediglich drei Seiten tatsächlich Inhalte enthielten, ‚die als Kinderpornografie eingestuft werden können‘. (…) Trotzdem habe es offensichtlich ‚keine Versuche von Seiten der Strafverfolgungsbehörden‘ gegeben, diese illegalen Inhalte aus dem Netz zu entfernen.“

Wen wundert das…. Mich wundert auch nicht, dass ausser Heise kein deutsches Medium darüber berichtet. Der Opportunismus der Mainstreamholzmedien ist vergleichbar mit der Zeit der US-amerikanischen McCarthy-Ära: Der Staat braucht die öffentliche Meinung und die Medien nicht zu zensieren. Wenn die vom Massenwahn und der allgemeinen Hysterie schon infiziert sind, funktioniert die Gleichschaltung auch so.

Irgendwie erinnert mich das Krankheitsbild des Massenwahns „Kinderpornografie im Internet“ an einen Roman von Camus, den ich in meiner Schulzeit lesen musste (leider auf französisch – vieles habe ich damals gar nicht verstanden): „Die Pest„. Thema: „die ständige Revolte gegen die Sinnlosigkeit der Welt“. Man kann gegen die Hysterie und Kritiklosigkeit deutscher Medien nicht argumentieren. Man kann auch gegen andere psychische Krankheiten, etwa Schizophrenie“, nicht argumentieren. Wer Stimmen hört, wird sich von einem Beweis, dass es diese gar nicht gäbe, nicht von seiner Meinung abbringen lassen.

Anthropologen, Ethnologen und Soziologen späterer Epochen werden über die Hysterien und Exorzismen des beginnenden Internet-Zeitalters sowie deren urbane Märchen („Kinderpornografie im Intenet“, „Online-Durchsuchung“) sicher interessante wissenschaftliche Arbeiten verfassen und schmunzelnd den Kopf schütteln, wie wir heute über die Kinderkreuzzüge, – ähnlich wie Elias Canetti in „Masse und Macht“ den „psychischen“ Zustand großer Menschengruppen genial beschrieben hat.

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Kommentare

2 Kommentare zu “Massenwahn “Kinderpornografie im Internet”, reloaded”

  1. bombjack am September 29th, 2010 3:55 pm

    Das Problem ist: Es wirkt…es wirkt so wunderbar, dass der Großteil den Scheiß mit Kusshand abnickt und wehe Du argumentierst dagegen, dann wirst Du schon ganz komisch angesehen und in eine best. Ecke gestellt.

    bombjack

  2. Lesenswerte Artikel 30. September 2010 am September 30th, 2010 1:58 pm

    […] Massenwahn “Kinderpornografie im Internet”, reloaded […]

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