Und raus bist du (nicht)

Die SPD will schon wieder Sarrazin rauswerfen. Falls er sich juristisch wehrt, wird das nicht gelingen. Eine Partei ist wie ein Verein: „Vereinsschädigendes Verhalten“, das in den meisten Satzungen als Grund für einen Ausschluss genannt wird, wird von den Gerichten, wenn diese dann angerufen werden, nur müde belächelt. Die „Geschädigten“, hier die SPD, müssen den Schaden nachweisen – es geht nicht um einen gefühlten Schaden. Darauf bin ich gespannt.

Das Landgericht Bremen hat 2015 aber ein Urteil gefällt, von dem man denken könnte, die bisherige Praxis werde in Frage gestellt. Merksätze:

Der satzungsmäßig vorgesehene vereinsinterne Rechtsbehelf wurde vorliegend ausgeschöpft, so dass die staatliche Gerichtsbarkeit angerufen werden kann. Wichtig: Erst dann können ordentliche Gerichte angerufen werden.

Vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahmen sind nur einer beschränkten Kontrolle durch die staatlichen Gerichte unterworfen, die sich darauf erstreckt, ob die verhängte Maßnahme eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung hat, ob das satzungsmäßige Verfahren beachtet worden ist, sonst keine Satzungsverstöße vorgekommen sind und ob die Maßnahme nicht grob unbillig oder willkürlich ist (vgl. BGHZ 87, 337 [Tz. 19]; 102, 265 [Tz. 15]; BGH, NJW 1997, S. 3368).

In Respektierung dieses Selbstbestimmungsrechts überprüft die Rechtsprechung Ausschlussentscheidungen dieser Vereine nur auf Gesetzwidrigkeit, grobe Unbilligkeit oder Willkür. Eine strengere Kontrolle vereinrechtlicher Sanktionen findet dagegen bei sogenannten Monopolverbänden statt, d.h. Vereinigungen, die einem Aufnahmezwang unterliegen. Merke: Weder ein Berufsverband (von denen es fast immer mehrere zur Auswahl gibt) noch eine Partei sind Monopolverbände.

Vielmehr ist die Vereinigung kraft der auch ihr zustehenden Privatautonomie grundsätzlich frei bei der Festlegung der Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft; auch wenn die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Aufnahme erfüllt sind, kann sie in der Regel frei entscheiden, ob sie einen Mitgliedschaftsbewerber aufnehmen will, Merke: Hier geht es aber um die Aufnahme, nicht aber um den Ausschluss. Wenn erst jemand Mitglied ist, wird es schwer, ihn wieder loszuwerden. In dem hier zitierten Verfahren hat der Kläger, ein NPD-Mitglied, auch versäumt, sich im vereinsinternen Ausschlussverfahren zu äußern. Dumm, dümmer, NPD, wie gehabt.

In der Satzung der SPD heisst es in Paragraf 35:
Auf Ausschluss kann nur erkannt werden, wenn das Mitglied vorsätzlich gegen die Statuten oder erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat und dadurch schwerer Schaden für die Partei entstanden ist.

Merke: Weise a) den Vorsatz bei Sarrazin juristisch nach. Weise b) den schweren Schaden juristisch nach.

Also: Vergesst es.

Sorry, mir macht es Spaß, das Kleingedruckte zu lesen. Man hat vor mehr als einem Jahrzehnt vier Mal versucht, mich aus dem DJV zu werfen – es ist immer gescheitert. Dafür bin ich jetzt Experte dafür, erfolgreiche Ausschlussanträge zu stellen.

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Kommentare

6 Kommentare zu “Und raus bist du (nicht)”

  1. Martin Däniken am Dezember 17th, 2018 6:10 pm

    Also in einer ordentlichen DEUTSCHEN FIRMA hätte jemand,der dabei jemand unterstützt einen Betriebsrat zugründen,schon längst einen Fehlbetrag in der Kasse gehabt,oder?!
    Nicht der einen gründen will,sondern einer seiner Genossen äh Kumpels!
    Oder Mäckes hat die Filiale dicht gemacht!
    SPD get inspiered…

  2. ... der Trittbrettschreiber am Dezember 17th, 2018 6:20 pm

    ich habe zwar noch keines seiner bücher gelesen aber ich finde, jede gesellschaft braucht solche alfreds. sie sorgen für das allgemein empörte gackern – so wie opa, der vor seinem immer pappiger werdenden haferschleim immer mal wieder auf die weiber schimpft. als beobachter solcher szenen und der reaktionen darauf fühlt man sich spontan als zugehöriger einer höheren, viel richtigeren moral.

  3. Martin Däniken am Dezember 18th, 2018 12:47 am

    Also ich habe bei Opa an den Klimbim-Opa gedacht!
    „Damals in den Ardennen,1870/71…!“
    Nur Sarrzin ist nicht witzisch für die FDP öh äh SPD?!
    Es musss doch immer einen geben,der aus der Reihe tanzt,das fast braun/schwarze Schaf gibt.
    Aber jetzt im Ernst zu Wehners Zeiten hätts sowas nicht gegeben…
    ohne Rückflug-Ticket nach Moskau,jawohl!
    Oder man drückt Herrn Sarazzin dem Kevin als Aufpasser aufs Auge…oder umgekehrt ;-)
    Boah ey,wenn man will und fähig ist kann man solchen Leuten adäquate Jobs verpassen
    Gibt es nicht irgenswelche Ehrenposten wo man jemand versenken äh hinloben kann?

  4. flurdab am Dezember 18th, 2018 3:18 pm

    Also ich als Parteivorstand würde den Sarrazin ja sehr pfleglich behandeln.
    Mit dem haben sie ja wenigstens einen der von ihren eigenen Fehlleistungen ablenkt, ohne der SPD ernsthaft zu schaden.
    Aber die Gabe des Denkens ist dem Seeheimer ja naturbedingt fremd.
    Grüße

  5. Michael am Dezember 18th, 2018 6:59 pm

    Ich fange mal mit dem Aspekt des Vorsatzes an: Da Sarrazin seine Elaborate ja wohl kaum versehentlich geschrieben hat und wusste, was er da tut, sollte dieser Punkt kein Problem sein. Vorsatz liegt ja nicht nur vor, wenn man etwas mit den erklärten Ziel tut, daß ein Schaden eintritt, sondern wenn man billigerweise damit rechnen musste (bedingter Vorsatz).

    Bleibt der schwere Schaden. Das wird’s schwierig. Bei einer sozialdemokratischen Partei wäre das – eigentlich – auch kein Problem. Einen ausgewiesenen Rassisten in den eigenen Reihen zu dulden zerstört hier jede politische Glaubwürdigkeit. Nur: SPD und sozialdemokratisch? Glaubwürdig gar? Da kommt man in den Bereich der Realsatire.

  6. Martin Däniken am Dezember 20th, 2018 12:10 pm

    @Michael: Satiriker haben jetzt leicht schwer mit der SPD…
    die olle Tante schreibt selber die Po-inten.
    Keine dollen Kracher,ist halt SPD!
    Dann mit dem Vorsatz…wäre ich vorsichtig…da gibt es diese 100 Affen,die wenn sie 100 Jahre tippen,die Bibel produzieren-
    oder zumindest „Wer das liest ist doof!“
    oderso….
    Ein hilfreicher Römer (Ghostrider) gab dem Sarazin evtll Nachhilfe:
    https://www.youtube.com/watch?v=DZ47gksnesc

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