No One Is Going to Pay for Porn

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Lesenswerter Beitrag auf sunflower22a: Wie das Internet die Porno-Industrie revolutioniert und ruiniert.
Die Branche steht vor weiteren tiefgehenden Veränderungen, und wie immer gibt es dabei Gewinner und Verlierer. Vor einer düsteren Zukunft steht wohl die Pornoindustrie. Die Filme und Bilder erleiden genau dasselbe Schicksal wie die Musikindustrie: warum bezahlen, wenn ich es auch umsonst haben kann, denkt sich der Kunde. So brechen den Produzenten nicht nur die Profite weg, sondern mittlerweile geht es schon an die Existenzgrundlagen.

Das ist nicht ganz korrekt. Die Musikindustrie wird durch kostenkose Angebote mitnichten automatisch ruiniert, das behauptet sie nur.* Dann würde youtube ein Kapitalismus-kritisches Angebot sein. Es ist aber eher so, dass die Nutzer ein Produkt eher dann kaufen, wenn sie eben das vorher „getestet“ haben. Bei Musik gibt es eine „Schöpfungshöhe“; es macht einen Unterschied, ob ich Ensiferum auf CD höre oder in minderer Qualität online, geschweige denn von Spielfilmen auf Stremaing-Portalen.

Sehr interessant auch die Links, wie etwa das Interview mit Christopher Daniel Zeischegg (aka Danny Wylde) auf nerve.com: „Why One Porn Star Thinks the Industry Is Destroying Itself“. Der empfiehlt genau das Richtige: dass die Sexarbeiter beiderlei Geschlechts, wie schon in der „normalen“ Arbeitswelt“, eine starke Organisation brauchen, die sie beim Kampf gegen die immer schlechter werdenden Arbeitsbedingungen unterstützt. Zeischegg erwähnt die Gewerkschaft APAC, die sich für die Rechte dser Pornodarsteller einsetzt: „The Adult Performer Advocacy Committee advocates to maintain and improve safety and working conditions in the adult film industry by giving adult performers organized representation in matters that affect our health, safety, and community.“

Lux Alptraum (hahaha) sagt ebenso auf nerve.com: „Sorry, Adult Industry, but No One Is Going to Pay for Porn“:
Last week, porn publishers Adult Empire, along with a number of adult stars, announced the launch of „Pay For Your Porn„, an online (and mostly Twitter-based) campaign intended to shame consumers into abandoning pirated porn. It’s the same message that members of the industry have been trumpeting for years online, in interviews, and in pre-roll PSAs on porn DVDs. Piracy hurts the people who make porn, and anyone who enjoys consuming the product should pay for it.

Man sieht, dass die Content Mafia auch im Porno-Business ähnliche „Argumente“ vorbringt („trumpeting“ hihihi) wie immer und überall. Hier klingt das natürlich nur lächerlich: „Porn is worth paying for“? Bruhahahaha. Sehr hübsch auch die Sätze:
Some porn producers will still attract a paying audience for their hyper niche content, while others will find ways to make a buck without charging consumers. But whatever strategies porn producers develop to survive – and in some cases, thrive – chances are good that they won’t involve shaming porn fans to whip their wallet out of their pants before anything else.
(Whip their wallet out of their pants before anything else – so elegant und pointiert geht das nur im Englischen. LMAO)

Mich kann auch MakeLoveNotPorn.tv nicht als neues Geschäftsmodell überzeugen. „Is of the people, by the people, and for the people who believe that the sex we have in our everyday life is the hottest sex there is.“ Sorry, aber dieses „Amateur“-Segment hat die Pornoindustrie schon längst aufgegiffen und produziert Streifen, die vermeintlich „realistische“ Szenen von Leuten zeigen, die ihre eigenen Pornos produzieren. Das ist ja auch unter anderem das Geschäftmodell von Youporn. Der Unterschied zwischen „Profi“ und „Amateur“ liegt primär darin, dass professionelle Porno-Darstellerinnen aus den USA mittlerweile alle wie Zombies aussehen, weil nichts an ihrem Körper mehr echt ist.

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* Interessant, hierzu alte Artikel zu lesen, wie die Musikindustrie nach neuen Einnahmequellen suchte, etwa „Alte Werte„, der in der c’t 2001 (!) erschienen ist. Damals war etwa von einer Kulturflatrate keine Rede. Die Kulturflatrate ist wie die Kirchensteuer: Der Staat zieht von den Nutzern Geld ein, damit der Umsatzeinbruch der Unterhaltungsindustrie auf bestehenden Märkten kompensiert werde. Kein Wunder, dass der Vorschlag von den Grünen unterstützt wird, die immer für Paternalismus zu haben sind. Innerhalb der Piratenpartei ist die Kulturflatrate umstritten. (Ich bin auch dagegen.)

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Kommentare

6 Kommentare zu “No One Is Going to Pay for Porn”

  1. Maxim am August 12th, 2014 5:21 pm

    Lässt man mal das mit dem bestehenden System beiseite, sollte jeder dafür zahlen. Wer von den für-lau-Wichsern klaut den seine Bötchen vom Bäcker oder stiehlt bei Aldi?

  2. Nina Tabai am August 12th, 2014 6:11 pm

    Was mich an dieser Industrie wundert: Warum wird überhaupt noch neue professionelle Pornographie produziert? Selbst für die abwegigste Nische wird es mittlerweile mehr Content geben, als ein einzelner Mensch in tausend Leben konsumieren kann, selbst wenn er jede Wache Minute damit verbringt, sich ein Filmchen nach dem Anderen reinzuziehen.

    Was können die sich gerade in Produktion befindlichen Pornofilme zeigen, dass die in den letzten 50 Jahren produzierten Filme nicht bereits hunderttausendfach gezeigt haben?

    Anscheinend sehen das auch immer mehr Konsumenten so. Wenn ein „Kulturgut“ immer einfacher verfügbar ist und immer seltener die Schöpfungshöhe erreicht, sind eben immer weniger Konsumenten bereit, dafür zu zahlen. Das ist bei Pornos so, das ist beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen so, das ist bei Zeitungen und Magazinen so und auch in der Musikindustrie.

    All diese Geschäftsmodelle müssen sich über kurz oder lang neu erfinden, oder untergehen. In der Musikindustrie hat die Rolle der Livemusik an Gewicht gewonnen – die Fans sind vielleicht nicht mehr gewillt, 15 Euro für eine CD mit zwei guten Songs zu bezahlen, aber sie wollen ihre Idole immer noch live sehen und zahlen dafür gutes Geld. Die Filmindustrie setzt auf langfristige Franchises (wie z.B. Marvel) und globale Expansion, weg von den Filmen mit weißen Ensembles für weiße Zuschauer. Die Fernsehindustrie verlagert sich aufs Pay TV, wo Serien in bisher nicht da gewesener Qualität produziert werden und nicht mehr vom kleinsten gemeinsamen Nenner des dümmsten Zuschauers abhängig sind. Diese Industrien erfinden sich neu – durch den Druck der Konsumenten. Wer auf das veränderte Konsumverhalten keine Antworten findet, geht eben pleite. Warum sollte das für die Sexindustrie nicht gelten? Hier handelt es sich immerhin um das älteste Gewerbe der Welt.

  3. admin am August 12th, 2014 6:24 pm

    Es ist sehr interessant, ältere Pornofilme (also 80er oder 90er) mit heutigen zu vergleichen. Z.B.:

    1) Früher gab es kein Körpermodelling, die Schauspielerinnen sahen ech aus (kein Botox, kein Silikon)

    2) europäische und US-amerikanische Pornos haben andere thematische Schwerpunkte bzw. stellen den Akt anders da als in Asien (Gangbang und Penetration von Dingen in Nahaufnahme scheint in Japan beliebter zu sein, auch agieren die Modelle anders, die Stimmhöhe der Frauen ist durchweg Hentai/Lolita-mäßig)

    3) Aktuelle Pornos haben kürzere Sequenzen, weil sowohl Kurzvideos (normalerweise 3 Minuten) aus den jeweiligen Langfilmen und Standfotos noch mal extra vermarktet werden.

    Ein weites Feld :)

  4. Maxim am August 12th, 2014 7:11 pm

    Ahjo, ein weiterer Zweig ist der Webcam-Sektor. Das ist eigentlich das einzige Aktuelle. Päärchen sind dabei bislang stark in der Unterzahl. Wobei es auch noch Darstellerinnen gibt welche self-sex only produzieren, dies aber mit einer Produktions-/Vertriebsfirma machen.

  5. leser am August 13th, 2014 2:21 pm

    „that the sex we have in our everyday life is the hottest sex there is.“

    No Sex ist hot?!

  6. Nina Tabai am August 13th, 2014 9:35 pm

    Banaler als der Sex in amerikanischen Mainstreampornos geht es nicht. Langweilige Triebabfuhrprodukte für langweilige Menschen.

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