FDP stimmt Online-Überwachung irgendwie zu

Online-DurchsuchungDie Heise-Medlung ist schon nicht mehr aktuell: „Den gesamten 71-seitigen Koalitionsvertrag halten die Partner noch unter Verschluss. Nach außen gedrungen ist bereits, dass der Bayerntrojaner prinzipiell weiter Polizei und Staatschützern zur Verfügung stehen soll.“ Das ist so nicht korrekt, und der Begriff „Bayerntrojaner“ in mehrfacher Hinsicht grober Unfug. Im Koalitionsvertrag heißt es:

„Online-Durchsuchungen von Computern stellen einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre dar und sind daher nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. Die gesetzlichen Kriterien sind im Hinblick auf diesen Ausnahmecharakter zu überprüfen. Insbesondere entfällt künftig die Befugnis zum heimlichen Betreten von Wohnungen im Zusammenhang mit Online-Durchsuchungen. Der Kernbereich privater Lebensführung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unantastbar; die dazu ergangenen Regelungen werden präzisiert. In den geschützten Bereich der Berufsgeheimnisträger werden künftig auch die Journalisten und die Abgeordneten einbezogen. Sowohl die richterliche als auch die parlamentarische Kontrolle bei Überwachungsmaßnahmen wird verbessert. Wir planen eine externe Evaluierung der Praxis der heimlichen Online-Durchsuchungen.“

Dasss es der FDP nur um die Beteiligung an der Macht geht, ist seit dem „Umfaller“ Erich Mende wohl jedem klar, der noch einen Rest von Verstand besitzt. Die hehren Worte Sabine Leutheusser-Schnarrenbergers über den „Weg in den autoritären Staat“ sind nur Schall und Rauch und heiße Luft. Man muss sich die Passagen des Vertrags einzeln ansehen; So wird ein Hoax wie die „Online-Durchsuchung“ vermeintliche Realität.

Richtig ist, dass der heimliche staatliche Zugriff auf informationstechnsiche System laut Urteil des BVerfG nur in absoluten AUsnahmefällen zuässig ist. Dass man den überhaupt nicht erfolgreich – das heißt mit dem Ergebnis gerichtsfester Fakten – umsetzen könnte, steht auf einem anderen Blatt und kümmert ahnungslose Politiker nicht. Da Fahnder nur über einen physischen Zugriff überhaupt eine Spionagesoftware bei einem verdächtigen Windows-DAU implementieren könnten – und das nur mit riesigem Aufwand, kann man als Zyniker frohlocken: Mit der Klausel, dass heimliche Wohnungseinbrüche der Behörden aka Stasi 2.0 nicht zulässig seien, hat sich das Thema „Online-Durchsuchung“ in Bayern ohnehin erledigt. Ich muss Markus Beckedahl also widersprechen.

Ganz besonders gespannt darf man sein auf die „externe Evaluierung“: Wer sollte die vornehmen? Die Verschwörungstheoretiker vom Chaos Computer Club? Die Rechtsanwaltskammer München? Oder gar die German Privacy Foundation? Und was soll evaluiert werden? „Leider konnten wir die IP-Adressse des Verdächtigen im Netz nicht auffinden.“ – „Leider benutzte der Gefährder Linux“. – „Leider öffnete der Verdächtige das Attachment nicht, sondern hielt sich an die Ratschläge des BSI.“ Wir würden vor Lachen vermutlich den Kaffee über die Tastatur schütten.

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Kommentare

One Kommentar zu “FDP stimmt Online-Überwachung irgendwie zu”

  1. uti - non abuti | F!XMBR am Oktober 26th, 2008 4:26 pm

    […] FDP stimmt Online-Überwachung irgendwie zu Dasss es der FDP nur um die Beteiligung an der Macht geht, ist seit dem “Umfaller” Erich Mende wohl jedem klar, der noch einen Rest von Verstand besitzt. Und abermals geht man den Weg zur Macht wie anno 98 beim großen Lauschangriff. […]

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