Walk through the jungle

jungle ecuador

Dschungel bei Misuahalli, Ecuador, fotografiert im Dezember 1979. Damals gab es nördlich der Ortes nichts, keine Häuser, keine Straßen, nur Trampelpfade wie der oben. Offenbar haben die seitdem mächtig in Tourismus investiert. Vermutlich wäre das für mich alles unbezahlbar: 50 Dollar pro Nacht in einer Lodge? Wir haben damals für unsere Pension weniger als fünf Dollar pro Nacht bezahlt.

Die beiden Männer oben waren meine Reisebegleiter: Mit beiden habe ich mich nicht gut verstanden – es war eher eine Zweckgemeinschaft. Der mit der Kamera war Belgier, sprach kein Wort Spanisch und hing an uns wie eine Klette. Ich konnte mit ihm nichts anfangen. Ich hätte auch nie eine Kamera vor dem Bauch baumeln lassen.

Aus meinem Reisetagebuch, 10.12.1979 (geschrieben nach der Rückkehr aus dem Dschungel in Quito):
In [Puerto] Misuahalli ist es warm. Der Ort liegt direkt am Rio Napo und einem anderen Fluss [Rio Misuahalli] und besteht aus circa. 20 Häusern. [Schon fünf Jahre, nachdem ich da war, war der Platz, auf dem damals Volleyball gespielt wurde, nicht mehr da.]

Residencial „Balcon del Napo“ kostet 40 und ist sauber, nur ab und zu aqua no hay [Wasser gibt es nicht]. Als Haustier halten sie sich eine zweieinhalb Meter lange Anaconda, die in einer Kiste mit einem Stein drauf steckt und für ein paar Stunden am Tag Auslauf hat, damit sich die Gringos mit ihr fotografieren lassen können.

Der Strand [gemeint ist das Flussufer] ist voll Sand, und man kann baden, obwohl der Fluss schmutzig und teilweise recht reißend ist. Treffen ein paar nette Leute, unter anderem einen Typen aus Stuttgart, der schon zwei Jahre unterwegs ist (über Asien, Australien, Tahiti, USA). Er hat unterwegs ein billiges „Roundticket“ gekauft (für 400 $ von Singapur nach Australien usw.). Ein US-Amerikaner, der sich wohl für einen professionellen Globetrotter hält, überlegt sich, ob er Bauer werden soll oder weiterfährt, entscheidet sich für das Letztere. Das Gespräch endet nicht mit einem Einverständnis über den Sinn und Zweck einer Reise, weil für ihn nur die Alternative „to live day by day“ oder „freedom“ besteht. Es ist sehr schwierig, meine Position darzulegen. P. [der Belgier] hat auch eine etwas andere Vorstellung; flüchtet wohl vor seinen persönlichen Problemen.

Am 2. Tag marschieren wir morgens los, am Nebenfluss entlang, dann über einen Trampelpfad zu einem kleinen Dorf. Eine schmale Straße führt von da wieder auf die Straße nach Misuahalli. Über eine Hängebrücke geht es ungefähr eine Stunde weiter, bis H. und P. wegen der zunehmenden Matsche schlappmachen und umkehren. Ich gehe allein weiter, bis zu den Knöcheln im Schlamm.

Plötzlich höre ich Flötenmusik, der ich nachgehe. Vor einem einzelnen Haus (vielleicht bei dem heutigen Cabañas Pinsha Huasi) sitzt ein Bolivianer, der Blockflöte spielt. Er ist aber an einem Gespräch weniger interessiert. So marschiere ich wieder zurück und komme gerade rechtzeitig vor einem fürchterlichen Regenguss im Dorf an. Abends beobachten wir interessiert die Spinnen bei der Arbeit, die fast das ganze Hotel einspinnen. Die Dorfbevölkerung spielt Volleyball und Billard mit vier Kugeln weniger.

Zu den Auca [Waorani] bekommen wir Informationen von dem Ami und von einem Leiter des DED, der die Tour [zu ihnen] gemacht hat. Vor einem Jahrzehnt haben sie gegen das Eindringen der Texaco Widerstand geleistet. Sie sollen ein sehr kriegerischer Stamm gewesen sein. Das ecuadorianische Militär ging gegen sie vor und hat sie [die Zahl 700 – ca. 3000 aus meinem Tagebuch kann nicht stimmen] dezimiert. Heute haben sie sich mit Transistorradios in den Dschungel zurückgezogen, die sie – statt ihren alten Gesängen – gegen die Geister der Gewitter einsetzen. Interessanter soll ein anderes Volk sein, dass im Dschungel an der Küste lebt. Sie zogen sich, nachdem die Inka Ecuador erobert hatte, aus den Bergen in den Urwald zurück und „degenerierten“ im Laufe der Jahrhunderte von Berg- zu Waldindianern. [Ende Tagebucheintrag]

Wenn ich das damals alles gewusst hätte! Einen der Waorani habe ich in Puerto Misahualli später noch gesehen, mit ultralangen Ohrlöchern und halb nackt, habe ihn aber nicht fotografiert.

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Kommentare

One Kommentar zu “Walk through the jungle”

  1. Götz am Januar 5th, 2023 2:56 pm

    Die ultralangen Ohrlöcher kommen von den Transistorradios bei Gewitter.
    Wie haben die die Anaconda zurück in die Kiste gekriegt?

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