Gössner gegen BRD

Ich darf das verehrte Publikum auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 6 C 11.18) aufmerksam machen, dessen Urteilsbegründung jetzt vorliegt. Das Verfahren dauerte insgesamt 15 Jahre.

Leitsätze:
1. Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann eine Beobachtung, die es auf Grundlage unzureichender tatsächlicher Anhaltspunkte vorgenommen hat, nicht nachträglich mit erst während der Beobachtung gewonnenen Erkenntnissen rechtfertigen, mögen diese auch Tatsachen betreffen, die bereits bei Beginn der Maßnahme vorhanden waren.

2. Der Tatbestand der nachdrücklichen Unterstützung eines verfassungsfeindlichen Personenzusammenschlusses als Grundlage für die Beobachtung einer Einzelperson durch das Bundesamt für Verfassungsschutz enthält keine subjektiven Merkmale.

3. Für die Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne) der Beobachtung einer Einzelperson wegen Unterstützung eines verfassungsfeindlichen Personenzusammenschlusses ist es von bedeutendem Gewicht, ob die Einzelperson ihrerseits verfassungsfeindliche Positionen vertritt.

Die Presseerklärung der Humanistischen Union erklärt die Hintergründe: „Nach 38jähriger „Verfassungsschutz“-Überwachung und 15jähriger Verfahrensdauer endlich ein rechtskräftiger Abschluss: Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hat am 14.12.2020 die Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland im Rechtsstreit Dr. Gössner gegen Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in vollem Umfang als unbegründet zurückgewiesen (…). Der Anwalt, Publizist und Bürgerrechtler Rolf Gössner stand zu Unrecht unter jahrzehntelanger Be­obachtung des BfV, das nicht berechtigt war, über ihn eine Personenakte zu führen (die über 2.000 Seiten umfasst und deren Inhalt bis heute aus Gründen des „Staatswohls“ und des „Quellenschutzes“ überwiegend geheim gehalten wird).“

Hält jemand den Verfassungsschutz für eine seriöse Organisation? Und deren Verlautbarungen für zitierfähig? (Die deutsche Journaille darf man nicht fragen.)

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Kommentare

3 Kommentare zu “Gössner gegen BRD”

  1. ... der Trittbrettschreiber am April 12th, 2021 10:04 pm

    2000 Seiten in 38 Jahren sind ziemlich mager. Die werden unter Geheimverschluss gehalten. Niemand außer ein paar BeamtInnen darf sich am Inhalt dieses Ordners ergötzen. Andere, deren Pubertät ordnungsgemäß mit standardisiertem voyeuristischen Vorlagen zur Befriedigung aufklärerischer Ambitionen vonstatten gegangen ist, werden sich nicht für diesen Ordner interessieren, denn mittlerweile gibt es ja viel interessantere und stimmigere Desinformationen. Wo also ist das Problem? Die Juristen hatten 15 Jahre gute Arbeit und der Herr Doktor ist zumindest in manchen Bubbles berühmt. Jetzt bekommt er mutmaßlich eine Entschädigung und auf Antrag wohl auch noch Fotos für die Schreibtischrückwand.
    Und unsereinem bleibt nur der Wein…?

  2. Jorg am April 13th, 2021 8:29 am

    Das ist doch mal eine Freude. Schön das auch mal etwas gutes passiert.

    Und als Antwort auf die Frage:
    NEIN! Das tut ich nicht und das sollte man auch generell nicht.
    Mit demokratischen Grundsätzen ist das (BfV) sowieso nicht zu rechtfertigen und auch nicht vereinbar.
    Entschuldige. Gremliza hatt das irgendwann besser gesagt.

  3. Herr Mielke am April 13th, 2021 9:35 am

    „Ich liebe doch die Menschen!“

    Gute Leute finden immer Arbeit und werden zu allen Zeiten gesucht.

    Ich bin mir nicht sicher, ob man die Tscheka als seriös bezeichnen darf, aber sie soll ziemlich effektiv gearbeitet haben. Erzählt man sich noch heute, hinter vorgehaltener Hand.

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