Last Man Standing [Update][2. Update]

floß der medusa
Théodore Géricault: Le Radeau de La Méduse, 1819, Louvre

In jedem Hollywood-Actionfilm wird derjenige als good guy verherrlicht, der auf verlorenem Posten bis zur letzten Sekunde kämpft und nie aufgibt. Warum gilt das nicht für Trump? Es geht doch nicht um Inhalte, sondern um die Attitude.

Trump will nicht die Ergebnisse der Wahl ändern. Ich tippe auf folgendes, nicht unrealistisches Szenario:

Die Republikaner wollen möglichst viel Zeit gewinnen. Wenn in einem Bundesstaat bis zur Wahl der Wahlmänner am 14. Dezember kein amtliches Wahlergebnis festgestellt wurde, können die Staaten, in denen die Republikaner die Mehrheit haben, die Ernennung der Wahlmänner mit Hinweise auf das fehlende amtliche Endergebnis verweigern. Das gilt zum Beispiel in Pennsylvania, Arizona und Georgia. Das wäre legal.

Dann hätte Biden am 15.12. nicht mehr die erforderliche Mehrheit der Stimmen (270), wenn die (reduzierten) Wahlmänner den Präsidenten wählen sollen.

Dann wählte der Kongress den Präsidenten. Bei dieser Abstimmung hat jeder Bundesstaat nur eine Stimme. Damit hätten die Republikaner die Mehrheit, auch wenn die Demokraten die Mehrzahl der Abgeordneten stellten.

[Update] Clemens Vergin schildert in der Welt das Szenario ähnlich. “ In Pennsylvania, Michigan und Wisconsin sind die Gouverneure demokratisch und der Landeskongress republikanisch. Die Verfassung gibt der Legislative in den Bundesstaaten das Recht, eigene Wahlmänner aufzustellen, wenn „die Wahl keine Entscheidung getroffen hat“ – ein sehr dehnbarer Begriff. Eine Option, die seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr in Anspruch genommen wurde“ (…) Wenn Staaten konkurrierende Wahlmännerlisten aufstellen, muss der US-Kongress entscheiden. (…) Niemand weiß auch, was passiert, wenn die zwei Häuser des US-Kongresses, die von unterschiedlichen Parteien kontrolliert werden, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.“

[2. Update] „Das Ergebnis dieser Wahl ist alles andere als ein Patt. Tatsächlich gibt es einen klaren Gewinner: die großen Konzerne und die Akteure des Schattenstaates, von Google und Microsoft über das FBI und die Nationale Sicherheitsbehörde. Aus ihrer Perspektive handelt es sich bei einer schwachen Präsidentschaft Bidens in Kombination mit einem republikanisch geprägten Senat um das bestmögliche Ergebnis.“ (Slavoj Žižek auf Welt online (Paywall))

image_pdfimage_print

Kommentare

6 Kommentare zu “Last Man Standing [Update][2. Update]”

  1. Rano64 am November 10th, 2020 10:01 am

    Wenn das eintritt gibt es einen Bürgerkrieg, fürchte ich.

    Ich finde übrigens beide Kandidaten nebst Stellvertretern vollkommen indiskutabel und unwählbar.

  2. admin am November 10th, 2020 10:53 am

    Ich halte es für unwahrscheinlich, dass es so eintrifft, weil letztlich Trumps Verbündete kneifen werden. Ich würde es an Trumps Stelle denen aber zeigen wollen. Er hat nichts zu verlieren, und er beweist auch, dass die Regeln de facto nur Staffage sind. Genau wie bei Augustus.

  3. flurdab am November 10th, 2020 12:16 pm

    Gestern durfte ich lesen, dass die Zeitungs- und Medienhäuser der USA ihre Auflagen Dank Trump in den letzten vier Jahren steigern konnten, nun aber das Problem haben, dass ihnen der Watschenaugust verloren geht.
    Sie verlieren quasi den Stoff, aus dem sie bisher ihre hysterischen Moralkleider schneiderten.
    Ich könnte mir also vorstellen das Donald Trump anbieten wird, gegen Cash weiter auf Sendung zu bleiben, quasi als Gegenpapst ohne Schlüssel zum Weißen Haus.
    Wer eine elegante Lösung für alle Beteiligten, und alle würden verdienen.

  4. flurdab am November 10th, 2020 4:12 pm

    Sollte natürlich „wäre“ oder “ wär“ heißen.
    Fehler OK, aber solche?

  5. tom am November 10th, 2020 8:41 pm

    Warum das nicht für Trump gilt?
    Den muss man nur angucken.
    Der Begriff #Bunkerboy deutet auf das Gegenteil von ehrenhaftem last man standing hin.
    Darum.

  6. Jens Graumann am November 11th, 2020 8:19 am

    Guten Tag,
    sehr gute Information!
    Ich gehe ebenfalls von — vielleicht nicht genau diesem — einem überraschenden Szenario aus. Im Übrigen kann man sich dann auch über den Begriff „Failed State“ unterhalten und die Definitionen für so etwas im Zusammenhang mit den minimalen Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie im Sinne der letzten Jahre nach dem zweiten Weltkrieg.

    Gruß
    Jens Graumann

Schreibe einen Kommentar