Böse und provokative Anarchie

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Kann es sein, dass Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Burks‘ Blog liest? Nein, sehr unwahrscheinlich. Sein Interview in der Wirtschaftswoche – „Paulus würde im Internet surfen“ – klingt aber so: Die ersten Erfahrungen mit Second Life stimmten ihn positiv. „Besucher können an Wortgottesdiensten und Nachtgebeten teilnehmen oder sich in Chatrooms zu Gesprächen über Gott und die Welt versammeln. Sie können sich sogar in der virtuell nachgebauten Krypta der altromanischen Kirche Sankt Georg umsehen, die in Wirklichkeit auf der Bodenseeinsel Reichenau steht. Aber wir können im Internet weder Kinder taufen noch Paare trauen, niemandem die Sakramente spenden und dort auch nicht die Heilige Messe feiern.“ Wenn Zollitsch das nicht schon vorher wusste, hat er das aus meinem Artikel im „Rheinischen Merkur“, auch die Reihenfolge dessen, was in Second Life nicht möglich ist.

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By the way: Wann ist ein weiblicher Avatar hübsch? Das entscheidet die Medienkompetenz, nicht der Geschmack. Die beiden Avatare auf dem ersten Screenshot sind nicht „schön“, trotz der offenherzigen Kleidung und der Tatsache, dass das „Kopfkino“ des Betrachters Fehlendes ergänzt. Wer sich in Second Life auskennt, merkt sofort, dass es sich um umgemodelte Standardavatare handelt, die schöpferische Eigenhöhe also kaum vorhanden ist. Ganz anders sind oft die Avatare der Cyberhuren, die in mühevoller Handarbeit ausgestattet und individuell gestaltet wurden und demgemäß „attraktiv“ aussehen – wie hier die Betreiberin eines Ladens mit hübschen Bildern (Screenshots oben rechts).

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Ich darf zu meinem großen Vergnügen auf ein Wunder aufmerksam machen, einen guten und kenntnisreichen Artikel über Second Life in deutschen Medien. Dass ich das noch erleben darf! Auf stern.de schreibt Sven Stillich über das, was Second Life von anderen 3D-Welten unterscheidet: „Denn in Second Life kann immer um die nächste Ecke die Anarchie lauern, etwas Unvorhersehbares, vielleicht auch etwas Böses, Provokatives (vgl. Screenshot Mitte rechts) – etwas, das nicht jedem gefällt. Das kann Sony auf der Werbeinsel Home natürlich nicht brauchen.“ Und deshalb werden weder Sony (Vgl. Burks‘ Blog: „Sony riskiert Flop mit keinem eigenen Second Life“) noch Twinity Erfolg haben.

Die beiden Screenshots unter illustrieren Svens Artikel – originelle Bilder aus Second Life seht man bekanntlich nur hier auf Burks‘ Blog. Das erste Foto zeigt keine Szene aus Terminator II, sondern einen Griefer-Angriff auf einen beliebten Avatar-Treffpunkt (mein Avatar chattet gerade mit zwei Damen). Der letzte Screenshot zeigt einen Avatar in „Seenot“ auf einem Schiffswrack mitten im Epizentrum eines Sturms – die Geräuschkulisse per Kopfhörer war ohrenbetäubend bzw. atemberaubend.

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