Im Nahen Osten auch nichts Neues

Benny morris

Ich habe jetzt von Benny Morris „1948: Der erste arabisch-israelische Krieg“ gelesen. Wie ich schon am 02.11.2024 schrieb: Morris weist anhand zahlreicher Quellen nach, dass die meisten Araber in Palästina schon vor 1948, also vor der Gründung des Staates Israel, „freiwillig“ flüchteten, weil sie zu Recht den abzusehenden Krieg fürchteten, dass es aber im Unabhängigkeitskrieg auch Vertreibungen gab, fast immer aus militärischen Gründen und auf Befehl lokaler Kommandeure, also ohne „Masterplan“.

Das Buch ist zu detailreich, als dass es Leute, die sich nur flüchtig für das Thema interessieren, komplett lesen würden. Was aber das – für die unbedarften Leser – etwas überraschende Fazit ist: Es hat sich seit 1948 eigentlich nichts geändert, weder an den Problemen noch an den nicht vorhandenen Lösungen.

„Wir werden die Araber nicht zurückkommen lassen.“ (Yosef Weitz: My Diary and Letters to the Children, vols 1-6, Masada, Ramat Gan [hebräisch], Ramat Gan: Masada 1965, hier: 18.,19.12.1948, 3:360,364, zit. nach B. Morris 214)

„Der Einmarsch der Carmeli-Brigade [im Oktober 1948 im Rahmen der „Operation Hiram”] in den Libanon war das erste Mal, dass die Israelis eine anerkannte internationale Grenze [die von den Kolonialmächten 1923 willkürlich gezogen worden war] überschritten und in einen souveränen arabischen Staat eindrangen.“

Und was haben wir heute? Wieder mal sind die Streitkräfte Israels auf dem Berg Hermon, und da werden sie auch bleiben ganz gleich was die deutschen Wähler denken. Und die drusischen Dörfer im Süden des Libanon wollen sich auch Israel anschließen. Die „anerkannten internationalen Grenzen“ sind Schall und Rauch, und das ist dort auch gut so. Allerdings wird es jetzt ganz verschiedenen Landkarten von demselben Gebiet geben, analog zu Neurussland und der Krim.

Karmel hatte sich an Jadin gewandt, der offenbar Ben Gurion anrief, welcher dann grünes Licht gab. Karmel, so seine spätere Aussage, war durch die Überlegung motiviert, dass der Litani-Fluss und das Wadi Duba natürliche verteidigungsfähige Grenzen für Israel darstellen und zudem durch den Wunsch nach Geländegewinnen, welche er als Vorteil bei eventuellen Verhandlungen mit Syrien ansah…“ (Zit. nach Morris S. 459, der sich auf Reuven Erlich (aka Reuven Avi-Ran): The Lebanon Triangle (hebräisch), tel Aviv: Defense Ministry Press 2000, bezieht.)

„Die Araber in Palästina haben nur noch eine Aufgabe – wegzulaufen.“ (Ben Gurion 1948, laut Danin an Sasson, Paris 24.10.1948, Iraelisches Staatsarchiv, Außenministerium 2570/22. Bei B. Ganz, 461, folgt: „Aber das war nie in politische Leitlinien oder operative Anweisungen umgesetzt worden, zumindest nicht zu dem relevanten Zeitrahmen.“)

Gibt es eine Lösung? Damals wie heute nicht: [Ben Gurion] hatte „es versäumt, die tiefe Verachtung der Araber gegen die zionistische Präsenz in Palästina vollumfänglich zu begreifen, eine Verachtung, die in einer jahrhundertelangen islamischen Judenfeindschaft mx religiösen und historischen Wurzeln verankert ist. Die jüdische Ablehnung des Propheten Mohammed durchdringt den Koran und wurde in die Psyche derjenigen eingebrannt, die auf der Grundlage der Suren des Korans erzogen wurden.* Die Muslimbruderschaft formulierte es 1948 so: „Die Juden sınd dıe Erbfeinde der Muslime und tragen den größten Hass gegen das Volk Mohammeds in sich.“* Dieses Denken prägte die arabische Welt, in der die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung gläubig war und es weiterhin ist.”
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*Abd Al-Fattah M. El-Awaisi: The Muslim Brothers and the Palestine Question, 1928-1947, London: I.B. Tauris 1998 [by the way: Wie zitiert man richtig? Ich musste das an der Uni noch lernen…]

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Kommentare

4 Kommentare zu “Im Nahen Osten auch nichts Neues”

  1. Jens am Januar 8th, 2025 8:14 am

    „Die „anerkannten internationalen Grenzen“ sind Schall und Rauch, und das ist dort auch gut so.“
    … könnte von Adolf sein.
    So wird das auf jeden Fall nix mit dem Weltfrieden.
    Gruß Jens

  2. ... der trittbrettschreiber am Januar 8th, 2025 9:03 am

    „Gibt es eine Lösung? Damals wie heute nicht:…“

    Die Situation eines Staus Quo hat auch etwas beruhigendes – in einer Haengematte laesst es sich gut zisch…aeh, chillen und viele Buecher fuer Kohle schreiben…hx.

  3. Godwin am Januar 8th, 2025 10:05 am

    „für die unbedarften Leser – etwas überraschende Fazit ist:“

    Sonderlich überraschend ist das nicht. Entspricht eher dem, was allg. Konsens ist.
    Aber ok – ich sehe mich auch nicht als „unbedarft“

    „Die „anerkannten internationalen Grenzen“ sind Schall und Rauch, und das ist dort auch gut so.“
    Ja, dem ist wohl so.
    Aber nein, das ist NICHT gut so.
    Welcher Hass treibt dich da eigentlich?

    „die in einer jahrhundertelangen islamischen Judenfeindschaft mx religiösen und historischen Wurzeln verankert ist.“

    Einspruch, euer Ehren
    Juden konnten Jahrhunderte in relativer Ruhe und Frieden in den Islamischen Ländern leben.
    Der Umschwung kam erst im 20. Jahrhundert.
    Muslimbrüderschaft ab 1928, Vertreibung ab 1948.

    Da müssen sich also im Zuge des Kontaktes mit der Moderne und den Mandatsmächten also einige Sachen sehr grundlegend geändert haben…

    Mich wundert ohnehin, das du zu dem Thema recht Ruhig warst in den letzten Wochen. Aber ich hatte Recht – der Krieg (zumindest gegen die Hisbollah) war von langer Hand geplant.

  4. nOby am Januar 8th, 2025 1:21 pm

    Ja, Burks, wer Dein Blog „leserisch“ nur überfliegt, der hat Probleme zwischen Deiner Meinung und Zitaten zu unterscheiden. Das ist alles bekannt und wurde Dir gegenüber bereits mehrfach vorgetragen. Passiert ist nichts. Stattdessen machst Du Dich heute darüber lustig

    [by the way: Wie zitiert man richtig? Ich musste das an der Uni noch lernen…]

    Vielleicht steckt auch ein Trick dahinter, so wie damals bei dem Maschmeyer und seinen Drückerkolonnen. :)

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