Bauernrebellen, Käsegrafen et al

bauernrebellen

Bin wieder auf einen fiesen Marketing-Trick reingefallen, der speziell für Feudalismus-Experten wie mich zugeschnitten war. Wann kommt der Thomas-Müntzer-Hartkäse?

Auf Fratzenbuch wurde ich gerade darauf hingewiesen, dass es tatsächlich eine rebellische Geschichte gibt:
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts herrschten die Bregenzerwälder Käsegrafen mit wirtschaftlichem Geschick über den heimischen Milchmarkt. Sie verdienten Unsummen mit Käselieferungen in die Lombardei, nach Venetien, in die Niederlande sowie nach Ungarn und Wien. Gleichzeitig knebelten sie die Bauern mit ihrer Marktmacht und Schuldscheinen. Dieses ausbeuterische Handeln der Bregenzerwälder Käsegrafen wollten sich die Urväter der Käserebellen nicht länger mitansehen, das Milch- und Käsemonopol musste gebrochen werden: 1860 beschlossen vier Bauern in Sulzberg, ihre Milch eigenständig zu verarbeiten und verkästen diese im Keller des ortsansässigen „Gasthaus Bären“ (heute: Alpenblick).

Was gab es noch? Ich habe mich heute nach einem ausgiebigen Frühstück von zwei Stücken (sic) selbst gemachtem Käsekuchen und von einer Bulette vom Metzger meines Vertrauens (morgen gibt es Königsberger Klopse!) ernährt, dazu noch eine Avokado mit Zitrone verzehrt (esse ich fast täglich). Ist das genug und gesund?

Ach ja, vorwärts und nicht vergessen: Die Revolution in Deutschland wird auf unbestimmte Zeit verschoben, weil die so genannte Linke hierzulande völlig verstrahlt ist. Das Kommunistische Manifest wird um den obigen Satz ergänzt.

schreibtisch

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Kommentare

14 Kommentare zu “Bauernrebellen, Käsegrafen et al”

  1. Godwin am Februar 19th, 2022 10:25 pm

    Mit was hat denn unsere Lieblingspartei nun schon wieder den Unbill des Blogbetreibers auf sich gezogen?
    Seit dem Super-Ergebnis zur BTW herrscht ja auffällig tiefe Stille, während die Union sich als Anti-Ferkel-Partei neu aufgestellt hat…

    In dem Zusmmenhang fällt mir übrigens auf, dass unter den 5.000 Followern auf FB doch eine ganze Reihe Parteigenossen zu finden sind. Auffällig aus (einer) bestimmten Region(en).
    Und interessanterweise nicht unbedingt die, von denen ich meine, dass sie deine Gedankengänge teilen oder gut heißen würden…
    Stellt sich die Frage: Was machen die dann da?

    PS:
    Zur Revolution:
    https://archive.org/details/ingo-elbe-vortrag_baDGZriD

  2. Wolf-Dieter Busch am Februar 19th, 2022 11:15 pm

    Es gibt den Prosecco-Linken. Der bleibt stehen beim Etikett „Bio“.

    Es gibt den Alt-Linken (dich). Der bleibt stehen beim Etikett „Rebell“.

    Und es gibt den Ex-Linken (mich). Der bleibt stehen beim Preisschildchen.

  3. Juri Nello am Februar 19th, 2022 11:56 pm

    Dann hat sich ja nicht viel verändert und aus der Rebellion wurde ein niedergeschlagener Aufstand.
    Ob Käsegrafen oder Masterfood, wahrscheinlich sind es sogar die Nachfahren der Käsegrafen.

    Vgl.: https://www.visualcapitalist.com/illusion-of-choice-consumer-brands/

    D. h. auch, dass die uns bekannte Demokratie nur ein Aufsatz für billigen Feudalismus ist.

    Wie erkennt man eigentlich schlechte Milchprodukte (in flüssiger Form)?

    Man trinke einen großen Schluck des Produktes und spüle einen kleinen Schluck lauwarmes Leitungswasser nach. Wenn sich dann ein Geschmack irgendwo zwischen Buttersäure und Klorix manifestiert, handelt es sich um ein schlechtes Milchprodukt, was den Regelfall im Verkauf darstellt.
    Dabei immer beachten, dass in Deutschland das deklarierte Lebensmittelprodukt nur partiell der Wahrheit entsprechen muss.

    Es ist durchaus denkbar, dass man bei einem Milchprodukt aus dem Supermarkt einfach nur die Molkereste der gestern gereinigten Milchrohre schlürft.

    Das gilt natürlich auch für Hafermilch und andere, neuzeitlich gefeierte Abarten, die zum doppelten oder dreifachen Preis angeboten werden.

    Bei Hafermilch entwickelt sich zusätzlich ein Geschmack nach Erde (wie alter Sand aus dem Blumenbeet), ganz ohne Nachspülen. Das liegt allerdings in der Natur der Sache, wenn man Hafer zu Flüssigprodukten verarbeitet und bedeutet, dass hier zumindest noch ein Stück Natur drin ist.

    Der Spruch: „Du bist, was Du frisst!“ war noch nie so falsch, wie heute. Schau Dir doch mal die Familienfotos der Leute kurz nach dem Krieg an. Alle rank und schlank und wohlgemut, obwohl sie jahrelang nur Dreck gefressen haben.

    Genau den Umstand nutzt die Lebensmittelindustrie (aber in anderer Form) für Ihre Produkte.

    In der Lebensmitteltechnik (Chemie) eines Konzerns arbeiten mehr Leute, als im Marketing so manches Softwareriesen.

    Du kannst auch Instant Porridge essen. Der kommt passend gleich vom Klebemittelhersteller. Genauso gut kannst Du auch Leim schlemmen.

  4. Jim am Februar 20th, 2022 9:01 am

    @Juri Nelli
    Ich empfehle, bei nächster Gelegenheit das Lebensmittelzusatzmuseum in Hamburg zu besuchen. Klein aber fein, und am Ende staunt man, was man im dortigen „Supermarkt“ so bekommen hat… Wirklich tolles Ding, das!

  5. ... der Trittbrettschreiber am Februar 20th, 2022 9:19 am

    @Juri Nello

    Ich habs ausprobiert: Ein großer Schluck, dann lauwarmes Wasser – und dann, dann endlich, um das erfolgreich erlittene Experiment zu feiern, das ganze Sixpack. Morgen gibts Leim im Layout von Veggie-Würstchen und irgendwann, wenns der masochistische Mainstream denn so will, werde ich mir nur so aus reiner Freude am Leben schon vorm Aufstehen selbst eine reinhauen.

  6. Die Anmerkung am Februar 20th, 2022 9:36 am

    @WDB

    Drei dicke Daumen für diese präzise Erklärung zur Klassenfrage im Nachkapitalismus frühkapitallistischer Prägung deutscher Ausprägung.

    Ein Rechtsmediziner, der mit der Sektion der Linken beauftragt wurde, meinte anschließend in der Pressekonferenz auf die Frage, woran er den Tod der Linken festmache:

    Die war vollständig enthirnt, nicht mehr lebensfähig.

  7. Die Anmerkung am Februar 20th, 2022 10:00 am

    https://threadreaderapp.com/thread/1494005486760431623.html

    Franziska Giffey? Nein Danke!

    Anfang der Woche kam durch eine Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen unser Sticker aus dem Wahlkampf wieder zur Sprache, bei dem wir uns klar gegen Giffey (und ihre Beton-SPD) positionieren, wie wir seit dem Druck auch schon mehrmals kommuniziert haben.

    Dies wurde vom Tagesspiegel aufgegriffen.

    Katalin Gennburg trägt diesen Sticker offen auf ihrem Laptop und das schon seit einiger Zeit. Das freut uns sehr, denn sie setzt ein Zeichen damit: eine schonungslose Kritik an dieser rechten SPD ist nötig,
    denn Giffey ist eine untragbare Person als Bürgermeisterin dieser Stadt, die sich in den Dienst der Lobbys stellt und rassistische Praktiken betreibt, wie wir auch schon in füheren Statements ausgeführt haben. Danke @die_gennburg!

    Wir finden es befremdlich, aber nicht überraschend, dass laut Tagesspiegel nun Katalin, als Teil der regierungskritschen Kräfte, die keinen Bock auf Giffeys rechte Politik haben nun für einen sticker auf ihrem Laptop von der eigenen Fraktion zurecht gewiesen werden soll
    PS: Wir haben noch einige Sticker da, fragt einfach, wenn ihr welche haben wollt, und klebt sie gerne auf eure Laptops o.ä.

    (Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass das Material nicht zu illegalen Zwecken verwendet werden darf, weil das verboten ist.)

  8. flurdab am Februar 20th, 2022 10:08 am

    Avocado?

    Vermutlich die braune Sorte?
    Das die überhaupt noch verkauft werden dürfen.
    Die sind nicht nur braun sondern die Sorte heißt auch noch Hass und wird oft in Israel angebaut.
    Entdeckt wurde sie vom Postboten Rudolph Hass.

    Wenn das kein Nazi- Gemüse ist, was dann…

  9. Wolf-Dieter Busch am Februar 20th, 2022 12:07 pm

    @Burks – Nachtrag – einen ähnlichen Kaufreflex wie bei deinem „Rebell“ hatte ich auch mal. Als ich noch ein Linker war:

    https://wolf-busch.lima-city.de/html/Tagebuch/2017/Pionierbier.htm

  10. markenware am Februar 20th, 2022 12:28 pm

    Hier bei rewe gibt es in sehr unregelmäßigen Abständen Heumilch-Butter der Käserebellen an der Frischetheke.
    Wie es ausschaut, wird die im großen Block geliefert und vor Ort in ca./maximal ¼ Pfd. große Stücke abgewogen und in deren hauseigenes, sehr schlichtes Einschlagpapier gewickelt. Das erinnert an Cremerien, wie ich sie nur noch aus Frankreich kenne. Selbst der Milchbauer meiner frühen Kindheit hatte das meiner Erinnerung nach nicht.

    Wie dem auch sei, diese Butter ist ungefähr doppelt so teuer, schmeckt dafür aber auch mindestens doppelt so gut wie das, was sonst noch auf dem Markt ist. Auf jeden Fall richtig nach Butter! Die kommt hier pur auf selbstgebackenes Brot, vielleicht noch etwas Schnittlauch drauf. Aber mehr braucht es definitiv nicht.

  11. markenware am Februar 20th, 2022 12:59 pm

    @Juri Nelli, @Jim

    Auch immer wieder schön, der lustige Daniel Düsentrieb des ZDF (Die Tricks der Lebensmittelindustrie):

    Der Lebensmitteltechniker Sebastian Lege, der im gut ausgestatteten Heimlabor Industrieprodukte mit künstlichen Aromen und anderen Billigstprodukten täuschend echt nachbaut.
    In den bekannten Abspielstätten im Netz aufzurufen.

  12. Juri Nello am Februar 20th, 2022 1:04 pm

    Du hattest dann von Pionierbier die Pionierblase wiederentdecken müssen?

  13. ... der Trittbrettschreiber am Februar 20th, 2022 3:02 pm

    @WDB

    „Als ich noch ein Linker war…“

    Siehst Du Dich heute eher als das Gesinnungsprodukt einer Metamorphose oder handelte es sich um eine zunächst latente, nun aber offensichtliche politische Mutation?

  14. Wolf-Dieter Busch am Februar 20th, 2022 4:59 pm

    @Trittbrettschreiber am Februar 20th, 2022 3:02 pm

    Lebe damit, dass ich ausführlich werde: mein Motiv, ein Linker zu sein, bleibt unverändert bestehen: eine sozialverträgliche Gesellschaft.

    Die derzeitig „linke“ Szene könnte der Alt-Linke, der das Narrativ der Siebziger nicht vergessen hat – „der Staat ist Beute des Kapitals“ – als Bodensatz von Damals ansehen.

    Möglicher Standpunkt. Aber nicht meiner.

    Mein Standpunkt lautet: was heute unter dem Wimpel „links“ segelt ist das, was wir damals gesät haben. Eine Gesellschaft, die uns erzählt: das Opfer, das du bringst, schafft eine bessere Zukunft.

    Und dieses fortwährend weiter erzählt bis zum Ende unserer Tage.

    Kein Ruhmesblatt für uns. Aber nicht der Fehler ist die Schande, sondern das Beharren darauf.

    Ich gestehe. Ich habe die Verstandesaussetzer der Linken seit Mitte der Siebziger wahrgenommen. Das Logische Denken war mir immer gegeben, aber nicht das Menschliche Beurteilen: dass der Aussetzer des Verstands ein Ding von Dauer ist. Ich hab mir die Aussetze schön geredet. (Burks? Klingelt da was?)

    Ich bin aus der Illusion aufgewacht, dass letztlich die Einsicht in der Politik hoffentlich überhand nehmen werde. Tut sie nicht. Schau nach Berlin, schau ins Land, schau in die Viertel, die von nativen Arabern beherrscht sind.

    Ah. Ausländer und Vorurteile. Jeder Ausländer, dem ich bis dato begegnete, war freundlich – spätestens dann, wenn ich hochdeutsch sprach (ist mir auch gegeben).

    Ich erzähl dir jetzt den Grund: sie sind – derzeit noch – verköstigt. Wenn die Pleite uns einholt richte dich auf eine neue Erfahrung ein. (Burksʼ Erlebnisse nimm als Vorwegnahme.)

    Zusammengefasst, lieber Trittbrettschreiber, ich bin nicht Produkt von Gesinnung, sondern Produzent.

    Nicht mutiert. Aufgewacht. Empfehle ich jedem anderen auch solange noch was zu reißen ist.

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