Wogende Wasser, Kosten des Kapitals und eine Blondine am rechten Rande

havel berlin grunewaldturm

Des Menschen Seele
Gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es,
Zum Himmel steigt es,
Und wieder nieder
Zur Erde muß es,
Ewig wechselnd.

Mehrere Dinge, die mit dem Buchstaben B beginnen, kommen auf jeden Fall vor: Die Beaufort-Skala, Blondine und Badeanzug. Vielleicht auch Bangla Desh, Bourgeoisie und Büse.

havel

Wind ist der Welle
Lieblicher Buhler;
Wind mischt vom Grund aus
Schäumende Wogen.
Seele des Menschen,
Wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen,
Wie gleichst du dem Wind!

In Berlin kann der Wind auch schon mal 80 km/h erreichen, das ist nach der Beaufort-Skala ein ausgewachsener Sturm. Für laienhafte Paddler wie mich fängt es schon früher an, beschwerlich zu sein, was aber den Körper ertüchtigt und demgemäß sinnvoll ist. Gestern war einer dieser Tage: Zum Grunewaldturm an der Havel brauchte ich fast eine halbe Stunde länger als sonst, weil nicht nur die Wind mir direkt entgegenblies, sondern auch die Wellen sich befleißigten, sich längs und quer und kreuzweise vor mein Boot zu legen dergestalt, dass ich kaum vorwärtskam und das Paddel keine Sekunde aus der Hand legen konnte, ohne gleich abgetrieben und gedreht zu werden.

havel

Die Segler, die mit ihren Pinassen und Büsen – und wie die Segelschifftypen auch heißen mögen – unterwegs waren, steuerten zu meiner Schadenfreude manchmal so aufeinander zu, dass ich hoffte fürchtete, sie würden sich gegenseitig in Grund und Boden bohren, über den Haufen fahren oder versenken. Oder ein Motorschiff rammte beinahe eine Bonsai-Jolle (Foto oben), weil man sich offenbar nicht einigen konnte, wer zuerst ausweichen sollte und wer wem (nach W. I. Lenin).

Südhafen Spandau
Berlin (Symboldbild)

Zwischendurch ein wenig Ökonomie zum Entschleunigen. Ich möchte die Leserschaft auf eine interessante Tendenz des aktuellen Kapitalismus aufmerksam machen. Das ehemalige Nachrichtenmagazin räsonniert über Lieferwege und -ketten: Blockierte Seewege, Strafzölle, Klimaschäden: Die weltweiten Lieferketten werden immer unsicherer und teurer. Nun kehren erste Branchen nach Europa zurück – statt auf Billigkräfte im Ausland setzen sie jetzt auf Roboter.

Ich setze voraus, dass das Publikum, von mir ohnehin in Permanenz indoktriniert, die Begriffe konstantes und variables Kapital nicht nur auswendig und im Schlaf daherbeten kann, sondern auch weiß, welche Funktion sie in der revolutionärsten Gesellschaftsformation der Menschheitsgeschichte haben: Die Bourgeoisie kann nicht existiren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämmtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutioniren. Unveränderte Beibehaltung der alten Produktionsweise war dagegen die erste Existenzbedingung aller früheren industriellen Klassen. Die fortwährende Umwälzung der Produktion, die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände, die ewige Unsicherheit und Bewegung zeichnet die Bourgeois-Epoche vor allen früheren aus.

havel Hausboot

Nehmen wir die portugiesische Fahrradfabrik Triangle’s: Erst wird die Produktion nach China verlagert. Dort bekommen die, die ihre Arbeit geben, weniger Geld dafür als hier. Sinken die Kosten für das variable Kapital, steigt der Profit. So einfach ist das. Das weiß man wissen diejenigen, die Marx gelesen haben, schon seit ungefähr dem 14. September 1867.

Jetzt ist es umgekehrt: Nicht nur die Kosten für Löhne und das konstante Kapital sind relevant, sondern auch, ob die Werte zuverlässig geliefert werden, also die Frage des Standorts: Ob dieser vielleicht in Zukunft, da man die Umwelt ruiniert und damit auch das Klima verändert, überschwemmt wird, wie in Bangla Desh zuvörderst anzunehmen, ob die indirekten Kosten also das Produkt auf dem Markt verteuern, weil nur so die Profitrate nicht zu sinken droht, was alle höheren und niederen Wesen verhüten mögen. (Der Preis einer Ware ist bekanntlich keine anthrolopogische Konstante oder dem Wetter ähnlich, sondern resultiert aus der bewussten Entscheidung des Kapitals, ihn so und nicht anders festzusetzen, vgl. auch MEW 25, S. 215ff..)

Tiefwerder großer Jürgengraben

Der langen Rede kurzer Sinn: Ich warne davor, die Innovationskraft des Kapitalismus zu unterschätzen. Die Bourgeoisie macht zwar alles platt, was dem Profit entgegensteht, ohne Rücksicht auf Romantik, Moral oder Vernunft. Sie ist charaktermaskenmäßig gezwungen, die Basis der Produktion instandzuhalten. Keine Produktion – kein Profit. Das geht gar nicht. Die fortschrittlichen Kapitalisten kümmert sich also selbstredend um das Klima und darum, ob das Proletariat nicht verreckt, weil sich das schlecht verkaufen lässt.

Die Produktion von Dingen, die man früher eingekauft hat, kehrt jetzt zurück. Das ist nicht automatisch eine gute Nachricht für Gewerkschaften, weil Roboter gleichzeitig Arbeiter verdrängen. Ein Teil der klassischen Produktion, der keine besondere Qualifikation voraussetzt, wird an die Peripherie verlagert oder mit temporären oder Leiharbeitern umgesetzt, die man jederzeit an die Luft setzen kann. Ein anderer Teil wird schlicht automatisiert. Die traditionelle Arbeiterklasse steht in der Mitte und wird von „unten“ und „oben“ gleichzeitig angegriffen. Der Prozess ist nicht neu, sondern nur in kapitalistischer Logik konsequent.

Tiefwerder großer Jürgengraben

And now for something completely different. Aus allen Kanälen der braungebrannten Kameraden schwappt einem zur Zeit das Thema entgegen, das natürlich die Bild-Zeitung prägnant auf den boulevardesken Punkt bringt: „Drei Flüchtlinge lockten sie in eine Wohnung.“ Mittlerweile wurde Untersuchungshaft für die drei Vergewaltiger angeordnet – offenbar erst wegen des medialen Drucks. Offenbar handelt es sich zusätzlich auch um organisierte Kriminalität. (Hallo Taz – ist das etwa kein Thema?)

Tiefwerder großer Jürgengraben

Das Bundeskriminmalamt hat dazu Statistik, die ebenso von der Bild einschlägig aufbereitet wurde: An jedem einzelnen Tag werden im Durchschnitt zwei Mädchen oder Frauen in Deutschland von Männergruppen vergewaltigt! DAS ist das schockierende Ergebnis einer BILD-Anfrage an das Bundeskriminalamt (BKA). Demnach wurden im vergangenen Jahr 704 Gruppenvergewaltigungsverfahren gezählt. Zum Vergleich: 2019 waren es 710, 2018 nur minimal weniger (659). Brisant: Jeder zweite Tatverdächtige hatte keine deutsche Staatsangehörigkeit. Häufig kamen die Männer aus islamischen Ländern: Afghanistan, Syrien, Irak.

Tiefwerder großer Jürgengraben

Das kann man jetzt verschweigen wie „die Linke“ oder sogar lügen, weil die Rechten das Thema „missbrauchen“ könnten. Das macht es alles noch schlimmer. (Ich rege mich auf, und ich hoffe, die Leserschaft lässt sich durch die entschleunigenden Fotos beruhigen.) Nein, „Strukturen“ sind nicht schuld. Das ist euphemistisches Neusprech und ziemlich dämliche und leicht durchschaubare Heuchelei.

Ich warte eigentlich darauf, dass Linksidentitäre aus Wokistan und Diversistan vorschlagen, man solle den Flüchtlingen, Glücksrittern und sonstigen Einwanderern zuerst Gendersprache aufoktroyieren, um sie dafür zu sensibilisieren, dass man Frauen nicht vergewaltigen soll.

Tiefwerder großer Jürgengraben

Es ist wie einem bekannten Stoff, den schon die Römer kannten: Es kommt darauf an, was man draus macht. Ich war gestern feudal essen: Mit einer sehr jungen Latina aus Ecuador und ihrem ebenso sehr jungen Lover, der aus Damaskus stammt. Da ich gewohnt bin, ohne Rücksicht auf irgendwelche Gefühle Klartext zu reden und gegenüber den Nachgeborenen auch gern und oft autoritär bin, habe ich das auch getan. Außerdem bin ich traumatisiert: Wer sechs Jahre lang permanent Ärger mit unter anderem Arabisch sprechenden Menschen hat und die sogar mit Gewalt traktieren muss, weil Regeln für sie nicht zu existieren scheinen, der muss schon seinen gesamten Grips zusammenreißen, um die private Statistik nicht in Vorurteile umschlagen zu lassen.

Ergo: Jedes Land in Lateinamerika und dessen Tradition und Kultur ist mir um Galaxien näher als jedes islamische arabische Land. Und ich habe ein Recht darauf, genau so und nicht anders zu empfinden. Übrigens: Die Blondine im Badeanzug ist unten ganz rechts zu sehen.

Wassersportheim Stößensee

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Kommentare

15 Kommentare zu “Wogende Wasser, Kosten des Kapitals und eine Blondine am rechten Rande”

  1. ... der Trittbrettschreiber am August 2nd, 2021 5:43 am

    „Da ich gewohnt bin, ohne Rücksicht auf irgendwelche Gefühle Klartext zu reden und gegenüber den Nachgeborenen auch gern und oft autoritär bin, habe ich das auch getan.“

    Und? Hats geschmeckt?

  2. Godwin am August 2nd, 2021 7:24 am

    @ Kapitalismus
    Richtig. Deswegen widerspreche ich ja immer den burks’schen Revolutionsfantasien.

    @ sensibles Thema
    Müsste es nicht richtiger Weise Vergewaltiger*innen bzw. Tatverdächtige*innen heißen?
    Ich frage für einen Freund

  3. Fritz am August 2nd, 2021 7:38 am

    Frauen mögen Machos, und mehr Macho als junge Araber geht nun mal nicht.

  4. Wolf-Dieter Busch am August 2nd, 2021 8:20 am

    Todschick der Trip!

  5. Herbert Eisenbeiß am August 2nd, 2021 9:10 am

    Der Witz an den Syrern ist ja, dass deren Muttersprache früher mal sehr nahe am Griechischen war.

    Das wurde dann später vom Arabischen völlig verdrängt.

  6. admin am August 2nd, 2021 10:30 am

    @Trittbrettschreiber: Ja, Villa Rixdorf, da wird man selten enttäuscht http://www.villa-rixdorf.com/

    @Fritz: Das sehe ich differenzierter. Araber sind meistens Muttersöhnchen. Das Macho-Gehabe ist nur gespielt.

  7. Godwin am August 2nd, 2021 10:54 am

    Wieso interpretiert Burks das Verhalten der „Araber“, „Perser“ usw. ehtnisch-kulturell (afaik der Ansatz der rechten Denker und Henker) und nicht marxistisch als Klassen-irgendas?
    Ein paar selbstreflexive Hintergründe bzgl. der Jahre im Krankenhaus wären hilfreich.

    anfscd
    Wird es nun auch eine QD-Lives Matter-Bewegung geben?

  8. ... der Trittbrettschreiber am August 2nd, 2021 12:16 pm

    ;-)…Gibst Du, Burks, auch Seminare zu Themen wie „Antiprovokationstraining“ oder „Wie blende ich Botschaften zwischen den Zeilen galant aus“?

    Wären noch Termine frei(für Maskierte, Belesene oder ungeimpfte Genderinnen)?

  9. Wolf-Dieter Busch am August 2nd, 2021 1:03 pm

    admin am August 2nd, 2021 10:30 am

    @Fritz: Das sehe ich differenzierter. Araber sind meistens Muttersöhnchen. Das Macho-Gehabe ist nur gespielt.

    Auch mein Eindruck. Die werden von Klein auf gehätschelt auf Kosten der Schwesterchen.

  10. admin am August 2nd, 2021 2:12 pm

    „Araber“ meint die Sprache. Also sind auch bestimmte Kurden gemeint.

  11. ... der Trttbrettschreiber am August 2nd, 2021 6:24 pm

    Endlich erkenne ich den Grund meiner Über-Heblichkeit (auch Rückenschulenjargon) – meine kleine Schwester missbrauchte mich als Dorfmatscho, wenns mal wieder zu heftig wurde mit den Landjungs hinter der Kirche an lauen Sommerabenden.
    Ich bin ein gefühlter Araber, gefangen im Körper eines Nicht-Rheinländers. Von einer Operation wurde mir abgeraten. Meine Gendergruppe mobbt mich wegen meines Atems und mein Hund steht m.E. immer etwas zu lange vor Schaufenstern, in denen Stricke ausgestellt sind. Es ist schrecklich. Nun auch noch diese linguistischen Krawalle der Glottisschläger_Innen m/w/d/x, die denken, ein eingearbeiteter Unterstrich könne einen Mehrwert für die Sprache erzeugen. Burks lesen hat ja meistens geholfen…

    Bin im Keller.

    PS: Schniiief; schluchz…

  12. Jim am August 3rd, 2021 8:33 am

    @Trittbrettschneider
    Ach OP, ist doch gar nicht mal nötig. Für das selbe Geld wachsen einem Bauch und Brüste, nach Jahren des bewegungslosen Kellereremitierens. Bis auf den Hebearm, der zeichnet sich stramm unterm senfbekleckerten Schört ab. Nachteil: Dauert mitunter sehr lange. Vorteil: Viele tiefe Einblicke, vorzügliche Räusche und morgendliches Besinnen auf bessere Zeiten und mehr Training gleich am Abend.
    Gendern ist was für Altbier-Flaschen.

  13. flurdab am August 3rd, 2021 9:50 am

    Das ist jetzt aber heikel.
    Da scheint es einen Bildungsmangel im Kommentariat zu geben.
    Man sollte einen Perser niemals als Araber bezeichnen. Der Perser an sich ist da sensibel.
    Auch einen Türken sollte man nie als Araber bezeichen, ebensowenig einen Araber als Türken.
    Die sind alle so schrecklich, schrecklich sensibel.
    Man kann aber über die Sprachen zu einer Ordnung kommen.
    Araber- Arabisch, Perser- Persisch (Farsi), Türken- Türkisch (wobwei ü, y etc. dem Deutschen entlehnt sind. Atatürk brauchte ganz schnell eine neue Amtssprache um den Einfluss des Islam zu begrenzen und seine Herrschaft zu festigen)

    Ich bin gerade richtig stolz auf mich.
    Ein ganzer Kommentar zum Nahen Osten ohne Kameltreiber, Ölauge oder Ziegenmelker.

    Burks wirkt!

  14. ... der Trittbrettschreiber am August 3rd, 2021 11:55 am

    @JIM (extra groß geschrieben)

    Du bist ein weiser alter Frooiind, der in meine allolisierte(n) Sääle blickt und versteht, sich auskennt.
    Der nächste Zischsch ist Dir gewidmet…

    https://www.youtube.com/watch?v=35PCFQtrgJM

  15. Radfahrer am August 4th, 2021 4:39 pm

    Die meisten Araber wissen gar nicht das sie Araber sind. Die nennen sich anders.

    Nicht jeder „Araber“ ist ein Weichei. Ich war mal dabei wie ein „Berber“ manche sagen „Beduine“ ein Kamel mit dem Schwert geköpft hat. Also mit einer Hand hat der das Kamel geköpft. Das war ein Spektakel für die Kinder. Es standen gut und gerne 30 oder 40 Kinder drumherum. Als das Blut spritzte gab es keinen großen Aufschrei. Die hatten das demnach bereits vorher gesehen. Das Kamel hatte sich entweder ein Bein gebrochen, jedenfalls humpelte es gewaltig. Warum er das Tier nicht erschoß oder schächtete habe ich mich später oft gefragt.

    Ich möchte nicht wissen was passiert, wenn das ein „Araber“ in aller Öffentlichkeit in Düsseldorf oder Cuxhaven oder Berlin-Kreuzberg macht.

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