Multikausal und ziemlich komplex

kunst am verkehrsschild
Kunst am Verkehrsschild, Rathaus Neukölln, fotografiert 2013. Symboldbild für Experten und Profis.

Was geht? – Beethoven darf in Zukunft vermutlich nur mit Gendersternchen aufgeführt werden. Oder alle Musiker müssen Farbige sein. Telepolis hat auch etwas zum allgemeinen Thema: „Cancel Culture ist unmodern!“ Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

– Das große Sterben der Zeitungen geht weiter. Die Süddeutsche entlässt rund ein Zehntel der Belegschaft – und deutsche Medien wie die taz nennen das wie gewohnt in schönstem Neusprech „Stellenabbau“.

Tagesspiegel: „Polizei stuft Wrangelkiez und Schlesisches Tor als Kriminalitäts-Hotspots ein“.
Vor allem Drogendealer aus Westafrika entwickeln sich für Frauen und Anwohnerinnen zu einem alltäglichen Problem. Sie werden bedrängt, beleidigt und sexuell belästigt. „Delinquentes Verhalten gegenüber Frauen stellt hierbei ein relevantes Themenfeld“, erklärte ein Polizeisprecher. Mehr als 40 Sexualdelikte – von sexueller Nötigung bis hin zu Vergewaltigungen – wurden in der Gegend seit 2017 angezeigt.“

Dazu lesen wir noch einmal alle gemeinsam im Chor: „Dealer machen heldenhafte Arbeit“.

– Wieder Telepolis über die „stumme Hälfte“: „Bei der jüngsten Kommunalwahl in NRW erreichen die Nichtwähler eine Zahl von 6,958 Millionen und übertreffen damit – wenn auch knapp – die Zahl der Wähler aller anderen Parteien zusammen.“

Was für ein Desaster! Die meisten Wähler sind mit „dem System“ aka Kapitalismus so unzufrieden, dass sie die etablieren Parteien ignorieren – und die Partei „Die Linke“ kann das nicht ausnutzen!? Vermutlich denken die, dass das Volk noch zu dumm sei, ihre Weis- und Wahrheit zu kapieren. Die „Linke“ ist definitiv auf dem Weg zu einer Politsekte, die bald an der Fünfprozenthürde“ vorbeischrammen wird.

– Die Berliner Innenverwaltung (!) erklärt das Volksbegehren, die „Deutsche Wohnen“ zu enteignen, für zulässig. Grundlage des bundesweit bisher einmaligen Vorstoßes sind Regelungen im Grundgesetz, die eine Vergesellschaftung gegen Entschädigung unter Bedingungen zulassen. Gut, dass sich mal jemand an das Grundgesetz erinnert. Das schreibt den Kapitalismus nicht zwingend vor, obwohl die üblichen Verdächtigen noch nicht einmal vor dreisten Lügen zurückschrecken, wenn es dem Kapital nur ein Klitzekleinesbisschen an den Kragen geht.

Dumm ist nur, dass die Berliner „Innenverwaltung“ nicht dafür berühmt ist, Gesetze so zu verfassen, dass diese auch vor Gericht Bestand hätten. Für juristische Expertisen würde ich die dortigen „Experten“ nicht heranziehen. Ich hätte den Titel – Enteignung sei in diesem Fall zulässig – daher korrekt als „Meinung“ ausgewiesen. Warten wir’s ab. Sie werden auch das versemmeln.

– Weiter geht es mit der beliebten Rubrik „Einmal mit Profis arbeiten“. Experten finden keine Lösung für die Probleme der IT der Justizbehörden in Berlin. Auf die Frage nach den Ursachen für die Störung erklärte Böttcher, es handele sich um ein „multikausales und ziemlich komplexes Fehlerbild“. Ach!? Wer hätte das gedacht. Für so ein Gefasel müsste es mindestens zwei Wochen Arbeit im Steinbruch geben – ohne Handschuhe.

Auch in Bayern ist es nicht besser. Weil eine Familie nicht von der Covid-Erkrankung der Großmutter wusste, feierte sie mit 100 Gästen Hochzeit. Dabei lag die 68-jährige Frau aus Vilshofen (Landkreis Passau) seit zwei Tagen mit Covid-Symptomen im Krankenhaus, wurde dort jedoch nicht auf das Virus getestet.

Wait a minute! Eine Frau hat Covid-Symptome, kommt ins Krankenhaus und wird nicht getestet? Es geht um das Krankenhaus Vilshofen. Gut zu wissen, wohin man nie gebracht werden möchte.

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Kommentare

3 Kommentare zu “Multikausal und ziemlich komplex”

  1. Godwin am September 18th, 2020 10:32 am

    – Corona, oder: Unser täglich Drosten gib uns heute.
    Amen

    Die Linke – macht es überhaupt noch Sinn, sich mit dieser Partei auseinanderzusetzen?
    Und – zu ihrer Ehrenrettung – welche gesellschaftliche Basis hat diese Partei?
    ich komme mehr und mehr zu der Behauptung, neoliberale (Diskusrs-)Säuberungs-Praxen haben linkes Gedankengut, linke Kultur etc. der Kapitalverwertung anheim gestellt, oder wo das nicht ging vernichtet oder zumindest marginalisiert.
    Die Leipziger Polit-Hooligans sind ja auch nicht ernst zu nehmen…

  2. MH am September 18th, 2020 3:11 pm

    Was für ein Desaster! Die meisten Wähler sind mit „dem System“ aka Kapitalismus so unzufrieden, dass sie die etablieren Parteien ignorieren – und die Partei “Die Linke” kann das nicht ausnutzen!?

    Klassischer Fehlschluss aufgrund einer falschen Prämisse:

    Die meisten Wähler sind mit „dem System“ aka Kapitalismus zufrieden […]

    Dann ist auch der Rest der Verwunderung hinfällig.

  3. Godwin am September 20th, 2020 7:50 am

    nochmal zu Leipzig
    der MDR hat einen guten Beitrag zur Verdrängungsstrategie (würde mich nicht wundern, wenn bezahlte Leute da nachhelfen , um die Bilder zu produzieren) und zum hanswurstigen Auftreten der sog. linken dort
    https://www.mdr.de/nachrichten/politik/gesellschaft/video-446910_zc-3d6d2c52_zs-1ccea056.html

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