Unter nationalen Akademikern und spätmodernen Experten

kabel
Klassengesellschaft, aus der Sicht eines bürgerlichen Soziologen (Symbolbild)

Zugegeben – und vermutlich eine unverzeihliche Bildungslücke: Ich wusste gar nicht, dass es eine so genannte Leopoldina und die dazu passenden Experten gibt.

Jetzt weiß ich, dass diese Damen und Herren sich schon vor zwei Jahren für ein profitorientiertes Gesundheitssystem ausgesprochen haben. („Qualifiziertes medizinisches Personal ist derzeit im Grunde ausreichend vorhanden, aber auf zu viele Häuser verteilt.“ WTF?)

Von denen soll ich mir Ratschläge anhören, ob der „Lockdown“ gelockert werden darf und kann? Da frage ich doch lieber einen x-beliebigen Taxifahrer oder Polizisten aus Wuhan.

Wir haben da noch einen Experten, der im Tagesspiegel etwas über die Klassenstruktur sagt:
Auch wenn sich das Social Distancing an alle richtet, betrifft die Krise die sozialen Milieus in sehr unterschiedlicher Weise. Generell stellt sich die Sozialstruktur der Spätmoderne als die einer Drei-Klassen-Gesellschaft dar: die neue Mittelklasse der Akademiker, die traditionelle Mittelklasse und die neue prekäre Klasse (service class) stehen einander gegenüber.

Die herrschende Klasse hat er vergessen, aber die ist ja auch so klein – die sieht man kaum. Und die Arbeiterklasse? Die akademische Mittelschicht ist mittlerweise so borniert, dass sie nur noch sich selbst sieht – überall bröselt es. Das ist aber nicht neu.

By the way:
Es ist sehr zu vermuten, dass die Pandemie dieser Renaissance des Staates einen Schub gibt: der Staat muss langfristig für eine entsprechende Gesundheits-Infrastruktur sorgen, aber auch insgesamt das dynamische Geschehen der Weltgesellschaft mit Regeln versehen.

Disagree, Herr Experte! Ich vermute, dass nicht. Wetten dass? Der Staat sind wir alle, die Regierung ist im Kapitalimus ein Gremium der herrschenden Klasse(n), und die können den Rest auch verrecken lassen, solange das den Profit nicht schmälert oder (in Deutschland nur theoretisch) die Untertanen sich empören. Diejenigen, die das Gesundheitssystem profitabel machen wollen, sind doch nicht besonders bösartig, sondern Charaktermasken, Getriebene – die können gar nicht anders, es sei denn, man zwänge sie dazu.

Dazu fehlt aber der politische Konsens. Das wird auch so bleiben in einem Land, in dem Gewerkschaftler von „Tarifpartnerschaft“, von „Arbeitergebern“ und „Arbeitnehmern“ faseln.

kabel
Klassengesellschaft, aus der Sicht eines bürgerlichen Soziologen (noch ein Symbolbild)

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Kommentare

8 Kommentare zu “Unter nationalen Akademikern und spätmodernen Experten”

  1. Die Anmerkung am April 14th, 2020 12:02 pm

    Die Fotos sehen so aus, als ob Burks eine Baustelle bewachen muß, auf der der Serverpark errichtet wird, mit dessen Hilfe die Angestellten des Berliner Senats vom Amt für und gegen was auch immer fürderhin die Corona-Beihilfen für die Armen erfassen, berechnen und eletronisch überweisen sollen, damit die etwas langsamer verrecken, weil sie so länger für die Reichen schuften können, die längst im Salon sitzen und überlegen, was sie mit den in der Zeit des Stubenarrestes verbuchten Extraprofiten für lecker Reichenspielzeug erwerben müssen, um sich vom Nachbarn abzuheben, der andeutete, eine Yacht mit 3monatiger Hochseetauglichkeit zu erwerben, um die nächste Krise sicherer überleben zu können.

  2. Scorcher am April 14th, 2020 12:26 pm

    Wirklich feine Experten, hätte die INSM nicht anders sagen können:

    „Die Experten rufen zudem dazu auf, an der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung festzuhalten. So sei an der Schuldenbremse im Rahmen ihrer derzeit geltenden Regeln festzuhalten. (…) Allgemein heißt es in diesem Zusammenhang, die in der Krise getroffenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen müssten so bald wie möglich zugunsten eines nachhaltigen Wirtschaftens im Rahmen einer freiheitlichen Marktordnung rückgeführt oder angepasst werden.“

    Leopoldina? Nie gehört. Wer soll das sein?

    „Unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen berät sie [Leopoldina] Entscheidungsträger über gesellschaftlich relevante Themen. (…) Die derzeit mehr als 1500 Mitglieder sind wegen ihrer herausragenden wissenschaftlichen Leistungen in die Leopoldina gewählt worden.“
    Jep, total unabhängig. Kann dann weg.

  3. Godwin am April 14th, 2020 2:49 pm

    Was sagt der FaktenFic…ääh Finder
    https://www.tagesschau.de/faktenfinder/leopoldina-113.html

    Interessant wer von den Linken das ausgegraben hat. Ja nund nicht grad die Speerspitzen der Intelligenz in der Partei…

    Aber auch so zeigt sich, das die gesellschaftliche linke tot tötet am tötesten darnieder liegt.
    Grad jetzt wo man mit alternativen punkten könnte – nix. Gaaar nix

  4. Zitat des tages | Schwerdtfegr (beta) am April 14th, 2020 4:01 pm

    […] Zugegeben – und vermutlich eine unverzeihliche Bildungslücke: Ich wusste gar nicht, dass es eine … […]

  5. bentux am April 14th, 2020 6:27 pm

    Akademie, die 2016 noch Schließung von 1300 Kliniken empfahl, weiß jetzt, wie man Coronakrise am besten meistert: https://www.der-postillon.com/2020/04/leopoldina.html besser kann man das doch nicht ausdrücken? Die Qualität der …

  6. ... der Trittbrettschreiber am April 15th, 2020 8:43 am

    „…die traditionelle Mittelklasse und die neue prekäre Klasse (service class) stehen einander gegenüber.“

    Das sind Erfahrungswerte. Beim Bezahlen der lauwarmen Pizza an der Haustür steht man sich meist gegenüber. Diesem Herrn täte ein Perspektivenwechsel sicher mal ganz gut – einfach mal als Beifahrer beim Lieferservice mitmachen. Das wäre dann ein mittleres traditionell beschichtetes Co-Prekariat derzeit notgedrungen unter gemeinsamem Charakter-Mundschutz. Die beiden stünden dann nur noch der herrschenden Klasse gefühlt gegenüber; leider nicht auf Augenhöhe, so aber doch wenigstens auf der Augen-Knie-Ebene. Die Vorstellung, wie dann aber die Pizza-Übergabe erfolgen sollte, ohne die Durchführung einer Bückbewegung des die arbeitende Klasse Ausbeutenden, verursacht bei mir diebisches Vergnügen und endlich mal wieder einen sympathisch trockenen Hals.

  7. flurdab am April 15th, 2020 9:35 am

    „Einmal mit Profis arbeiten!“
    Was soll der Quatsch mit der Wiederöffnung von Schulen? Anstatt die Gelegenheit zu nutzen um die Gesellschaft und Wirtschaft in ein neues, dringend benötigtes Model zu führen, schon allein wegen des Wettbewerbs.
    Was nützen Schulen die scheinbar 1/3 funktionale Analphabeten und 2/3 „Verhaltensorginelle“ hervorbringt? Nichts!
    Warum nicht einfach die fertig beschulten Kinder je nach Bedarf im Ausland anwerben, am besten nach ihrer Berufsausbildung. Das ist doch eigentlich seit Jahren das präferierte Vorgehen.
    Schon allein der Wegfall der beamteten Lehrer wird bares Geld sparen, und diese Leute können endlich produktiv ihren Platz in der Vermarktungskette finden.
    Das Abitur würde ich dieses Jahr komplett ausfallen lassen, Sie haben es einfach nicht verdient! Ich würde flächendeckend 3 Monatige Helferlehrgänge anbieten, Altenpflege- Helfer, Krankenpflege- Helfer, Pizzaboten- Helfer, Paketboten- Helfer, Regalauffüller- Helfer, Soldaten- Helfer etc…
    „Man darf nicht immer Fragen was kann der Staat für mich tun, man muss auch fragen, was kann ich für den Staat tun?“
    Nicht immer nur „Ich, Ich, Ich, IPhon“, auch mal Opfer bringen.
    Wer jemals gesehen hat mit welcher Freude selbst Vierjährige ihren Eltern in indischen Steinbrüchen beim Steine schlagen helfen, der wird das deutsche Kita- Unwesen anders bewerten.
    Schließlich stehen wir im Internationalen Wettbewerb, da muss man den Kurs auch anpassen.
    Überhaupt Bildung, wir leisten uns 200 Genderprofessuren, welches international vermarktbares Produkt haben diese bisher hervorgebracht?
    Bildung ist überbewertet, völlig nutzlos, es reicht die Religionen wieder zu stärken, mehr braucht der Mensch nicht. „Arbeit und Religion!“

    Also Herr Spahn, schreiten Sie mutig voran und schaffen die hinderlichen Kinder- und Jugenschutzgesetzes ab, ebenso die allgemeine Schulpflicht. Beenden Sie diesen Unsinn, der wie Blei auf unserer Perfomance liegt.

    (Ich schreibe mal Sarkasmus drunter, nur falls es Fragen geben sollte)

  8. Martin Däniken am April 15th, 2020 10:15 am

    @flurdab&Trittbrettschreiber:Ich kann garnicht beschreiben, welch Freud ich bei euren Kommentaren hab.Da lacht mein Herz.DANKE

    Aber wenn ich diese Kh-Studie richtig verstanden hab,
    sollten die restlichen Kh alle gleich ausgestattet werden.Was aber die Studienersteller als nicht machbar ansahenu.a. wg. Unterfinanzierung der Khs,hmmmmm
    Selbst wenn man die Studie als
    -umsetzbar- (siehe auch „Zorn desKhan“)ansieht,
    gibt es ein klitzekleines Problem:

    Die Realität,die ihr gräuslich Haupt erhebt…

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