Unter Gelderfindern [Update]

Geld

Gavy Weber veröffentlichte am 24.06.2019 auf Telepolis: „Die Bundesbank unter Jens Weidmann, der EZB-Chef werden will, hat mit dem Wertpapierkaufprogramm der EZB die Monsanto-Übernahme mit finanziert“.

Darauf Ingo Arzt in der Tageszeitung: „Das Magazin „Telepolis“ von „heise.de“ behauptet, der Bayer-Konzern habe für den Monsanto-Kauf Zuschüsse aus Steuermitteln bekommen. Das ist falsch.“

Die Antwort Gaby Webers am 27.06. auf Telepolis: „Taz-Redakteur: Sprachrohr von EZB und Bundesbank?“

Dazu gibt es noch ein Video: „Wie Monsanto seine Risiken auf Bayer abwälzte“.

Einer muss recht haben. Aber wer?

Die Taz argumentiert: Der vielgeklickte Telepolis-Artikel unterliegt zwei Denkfehlern: Erstens, die Bundesbank verfüge über Steuergelder. Und zweitens, dass die Geldpolitik von Notenbanken so etwas wie Subventionierung ist. Ist es nicht. (…) Auf gar keinen Fall handelt es sich bei den Bundesbank-Krediten aber um Steuergelder. Wenn die Bundesbank die Anleihen kauft, erschafft sie Geld aus dem Nichts. Klick. Was Zentralbanken halt so machen So auch EZB-Sprecher William Lelieveldt (laut Gaby Weber): „Weder die EZB noch andere Zentralbanken finanzieren sich mit Steuergeldern, sondern erfinden („create“) Geld, das sie verleihen.“

Gaby Weber: Die beim Kauf der Bayer-Anleihen verwendeten Gelder sind öffentliche Finanzmittel, für die der Steuerzahler haftet.

Natürlich, wer sonst?

Kann die EZB Geld „erfinden“ (Neusprech: schöpfen)? Vgl. dazu einen ewig langen, fast lustigen Artikel der FAZ: „Wenn Banken Geld schöpfen, bedeutet das normalerweise, dass sie Kredite vergeben.“ Eben – die EZB druckt kein Geld und erfindet auch kein Geld „aus dem Nichts“ – wie die Taz meint.

Die EZB reguliert die Geldmenge der Mitgliedstaaten der EU. Sie darf nationale Haushalte aber nicht direkt finanzieren. Sie umgeht dieses Verbot (und gibt das offen zu), indem sie seit 2007 Staatsanleihen aufkauft und indirekt über die Zinsen die Kosten des Geldes manipuliert. Die EZB kauft auch direkt Schuldscheine von Unternehmen und stützt so das Großkapital. Der Spiegel schreibt: „Verlierer der EZB-Politik könnten wieder einmal die Steuerzahler sein. Denn für das Anleihenkaufprogramm haften auch die nationalen Notenbanken entsprechend ihres Anteils am Kapital der EZB. Im Fall der Bundesbank sind das 27 Prozent.“

Noch Fragen? By the way: Wer Gendersternchen benutzt, ist offenbar auch Lautsprecher der Kapitals, jedenfalls bei der Taz.

[Update] Stellungnahme von EZB und Bundesbank zum Artikel „Kauf von Monsanto mit Steuergeldern finanziert“ (…) Die Bundesbank kauft die Unternehmensanleihen am Markt mit Zentralbankgeld, also keinesfalls mit Steuergeldern.“

Har har. Jetzt müsste man nur noch wissen, woher das „Zentralbankgeld“ herkommt. Vielleich fliegt das denen zu.

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Kommentare

12 Kommentare zu “Unter Gelderfindern [Update]”

  1. Jupp Pitter am Juni 29th, 2019 6:53 pm
  2. admin am Juni 29th, 2019 6:55 pm

    Das ist der gleiche Unsinn wie in der taz. Die EZB hat gar kein eigenes Geld, sondern vergibt nur Kredite. Kredite sich aber kein Geld, sondern Anleihen auf die Zukunft.

  3. blu_frisbee am Juni 30th, 2019 5:23 am

    Eine Kreditvergabe ist ein Kauf Geld gegen Zahlungsversprechen.
    Wenn das Zahlungsversprechen sich später als wertlos erweist ist das Geld längst in Zirkulation. Die EZB hat kein poudre de perlimpinpin draufgestreut daß das geschöpfte Geld zugleich mit dem Zahlungsversprechen wertlos wird. Dieses Geld bezieht seinen Wert durch entsprechende Verdünnung der Werthaltigkeit der gesamten Geldmenge. Das führt zu Blasen bei Aktien & Immobilien und schlägt sich noch nicht bei Lebensmitteln nieder.
    Die VWL hängt der Theorie an man müsse das Kapital mit Geld zuscheißen damit es endlich investiert, Arbeitsplätze schafft und Steuern zahlt.

  4. ... der Trittbrettschreiber am Juni 30th, 2019 8:18 am

    Was also kann man tun, damit der anständig und hart arbeitende Steuerzahler gut schlafen kann?

  5. flurdab am Juni 30th, 2019 9:05 am

    Na ja, in jedem Fall wird die Geldmenge erhöht. Was ja dann den Wert des Geldes schmälert, also „Inflation“ bedeutet. Die merken „wir“ bisher nur auf dem Immobilienmarkt, wo jeder Trottel sein „Girageld“ in echte Werte verwandeln will.
    Wenn Bayer den Kredit zurückzahlt verschwindet er aus den Büchern der EZB. Aber was passiert wenn Bayer das nicht kann?
    Und warum klingelt Bayer nicht bei den üblichen Verdächtigen um einen Kredit an?
    Und an welchen Banken halten diverse „Vermögensverwalter“, hier sei prominent BlackRock genannt, Anteile?
    Ist es denkbar das BlackRock ein schönes Geschäft machen wollte ohne Banken, die im eigenen Portfolio liegen zu gefährden, falls völlig unverhofft und unerwartet die Fusion einen Konkurs verursacht?

    Ich kenne mich wirklich nicht aus und finde den Grauen Kapitalmarkt auch völlig unverständlich, aber das da „ehrliche Kaufleute“ unterwegs sind glaube ich nicht.
    Vielleicht phantasiere ich mir hier nur eine VT zusammen und es ist alles ganz anders, keine Ahnung.

  6. R@iner am Juni 30th, 2019 10:43 am

    Die ezb hat auch noch via Telepolis geantwortet: Geldpolitische Maßnahmen kommen in der Wirtschaft an

    Um für den Kauf durch das Eurosystem infrage zu kommen, müssen die Anleihen strikte Auswahlkriterien erfüllen.

    Spätestens an dieser Stelle musste ich laut lachen.

    Ich komme zu dem Schluss, dass die ezb vor allem eins kauft: Zeit.

  7. Trebon am Juni 30th, 2019 10:16 pm

    Die Bank hat Bayer Geld geliehen damit Sie Monsanto kaufen kann.

    Die Risken hat Bayer vermutlich vorher geprüft, auch dass entsprechende Rückstellungen bei Monsanto vorgenommen wurden. Werden Sie aber kaum an die große Glocke hängen, weckt dann nur die Haifische.

    Bezahlt wurde mit IWK (IrgendWelcher Kohle), von der Bilanz ist ist es nicht viel mehr als ein paar virtuelle Gutscheine (Euro) in andere virtuelle Gutscheine (Forderung) zu verwandeln und es gibt auch noch Zinsen.

    Geht die Forderung verloren (z.B. wenn Monsanto/Bayer sich in einer chemischen Explosion in eine Rauchwolke verwandelt) passiert erst mal gar nichts. Die Gutscheine sind ja schon Weg und die Typen könne jederzeit neue herstellen.

    Da irgendwelche Steuerzahlerverbindlichkeiten hinein zu konstruieren kann mar zwar machen, ist aber reines Hirngef.. . Die Zinserlöse bucht ja auch keiner auf diese seltsame Type die für alles herhalten muss.

  8. flurdab am Juli 1st, 2019 2:44 pm

    @ Trebon
    Das Problem an dem Virtuellen ist ja seine Wurzel im Realen.
    Mehrwert ist nicht virtuell, wird aber benötigt um die Kosten (Zinsen) des Virtuellen zu tragen.
    Und es geht immer um die Gesamtgeldmenge, die einerseits Verzinnsung verlangt, andererseits die Kaufkraft des Göldes senkt.

    Allerdings muss ich zugeben mich in Fragen der Religion wenig auszukennen.

  9. Martin Däniken am Juli 2nd, 2019 1:04 pm

    Wie wahrcheinlich ist das Bayer so einen Kauf(monsanto und dessen absehbare Folgen tuttikompletti aus eigner Tasche bezahlen würde?
    Mann,die für alles Spezialisten und Computermodelle..
    Mit ziemlicher Sicherheit auch wieder irgenswie vom Steuerzahler bezahlt!
    Bei solchen Konzernen gilt“Schuldig bei Verdacht“ insbesondre wenn keine ordentliche sprich richtige Konkurrenz mehr existiert!
    Der Bayer-Vorstand wurde nicht entlastet abar auch nicht entlassen…
    da es keine hur`gen Hasen sinds, konnte damit gerechnet werden…
    wenn monsanto Frankreich Profile von Journalisten u.a. angelegt hat,
    ist natürlich es für andere Grosskonzerne absolut tabu, sowas etweder selbst oder outgesourct zumachen ;-)

  10. flurdab am Juli 2nd, 2019 6:15 pm

    @ Martin Däniken

    Stell dir vor ein „Finanzverwalter“ mit nur 5% der Aktien organisiert mit anderen Shareholdern eine Fusion, an deren Ende ein Monsterkonzern steht, der über Patente einen Großteil des Nahrungsmittelmarkts beherrscht?
    Monsanto ist nicht nur RoundUp, Monsanto ist Genforschung und amerikanische Patente auf Pflanzen und Tiere.
    Die haben selbst auf das europäische Hausschwein ein Patent angemeldet und könnten bei entsprechender Gesetzeslage jedem Züchter eine Lizenzgebühr abverlangen.
    Und wie lange wird es wohl dauern bis die beiden anderen Saat- und Genbuden übernommen werden?
    Die Welternährung aus einer Hand!

  11. Trebon am Juli 2nd, 2019 10:36 pm

    @flurdab

    sehr verkürzt hier mein Stand:

    Geld ist eine simple Ware, Zinsen werden eingepreist und über Inflation vernichtet. Das ganze „Mehrwertgebäude“ ist eine Chimäre und hält keiner wissenschaftlichen Prüfung Stand, dem realen erst recht nicht.

    Siehe: Inflation und Zinshöhe ./. Lohnentwicklung und Gewinne.

    Das bedeutet jetzt nicht das Marx nur kokolores geschrieben hat, die Denkmodelle sind im Sinne von jener Wahrheit von der auch das Gegenteil wahr ist ganz ok.

    Nur die Ableitungen daraus sind halt extrem verkürzt da – wie bei allen Modellen – wesentliches außen vor bleiben muss.

    @burks

    Zentralbankgeld ist kein Geld. Es ist die eine Forderung die stets einen Gegenwert hat (hier die – nach Risikohöhe verzinsten – Anleihen) und bei Ausgleich wieder verschwindet. Aus Steuermitteln wird da nichts beglichen. Der Betrug läuft wo anders, an dieser Stelle weiter zu machen spielt den falschen Kräften in die Hände. Die zahllosen Betrügereien laufen wo anders.

  12. flurdab am Juli 3rd, 2019 4:48 pm

    @ Trebon

    Frau Klatten und Herr Quandt bestätigen deine Theorie vortrefflich.
    Und das sind nicht die Einzigen.
    Und wenn die Zinsen von der Inflation vernichtet würde, hätten wir die heutigen Probleme nicht.
    Als Kreditgeber versucht man immer den Zins deutlich über der Inflation zu halten, sonst wprde es ja keinen Spaß machen.

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