Virtue Signalling

„Viele neigen dazu, sich in der Öffentlichkeit durch Bekundungen bereits sozial akzeptierter Einstellungen und Tugenden in ihrer moralischen Exzellenz zu suhlen. James Bartholomew bezeichnet dieses Phänomen als „Virtue Signalling“ (übersetzt etwa: ‚verbale Gutmenschenbekundung‘). Menschen präsentieren sich demnach im besten moralischen Licht, indem sie politisch korrekt, oft aber emotional und unsachlich, durch die demonstrative Verurteilung oder Unterstützung einer Position oder Person Stellung beziehen. Das Statement dient dazu, sich vor Freunden oder in der Politik auf der „richtigen Seite“ zu positionieren.

Weil diese Bekundungen dem Mainstream entsprechen, sind sie für die Person nicht risikobehaftet und höchst bequem. Beispielsweise kann man sich einen FCK-AFD-Aufkleber auf sein Auto kleben und möchte damit verdeutlichen, ein guter und liberaler Mensch zu sein. Gegen Rassismus hat man dadurch aber sonst nichts geleistet.

Als Virtue Signalling darf wohl auch die Teilnahme an der Ice Bucket Challenge oder die Mitwirkung an der Bewegung #ichbinhier gelten.

An alle, die auf den Zug der moralischen Eigenwerbung aufspringen: Macht euch doch erst einmal eigene Gedanken! Wollt ihr nicht auch an wahre Dinge glauben? Allein dass der Konsens über das gesellschaftlich akzeptierte Sag- und Denkbare einem ständigen Wandel ausgesetzt ist, sollte stutzig machen.

Es ist klar, dass das Querdenken, die eigene Meinung, eher Gefahr läuft, von anderen nicht akzeptiert zu werden und somit negative Gefühle hervorrufen kann. Haltet es aus!

Wenn ihr nicht mutig genug seid, selbst öffentlich zu eurer Meinung zu stehen, weil sie gesellschaftlich gerade nicht im Trend liegt, so beachtet zumindest dies: Im Kollektiv propagierter Unsinn kann eine Gruppendynamik entfachen, die nicht nur Religionen hervorgebracht, sondern historisch auch schon zum sozialen Ausschluss oder Tod von Menschen geführt hat, deren Meinung und Überzeugungen vom Mainstream abwich. Unter dem Vorwand der vermeintlich wahren moralischen Gesinnung wurden schon die unmoralischsten Gräueltaten verübt.

Vordergründig sollte es in Diskussionen wieder mehr um die gemeinsame Wahrheitssuche und den Inhalt anstatt um die moralische Selbstdarstellung und somit auch den moralischen Ausschluss Andersdenkender gehen.“

(via Gott und die Welt, Facebook)

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Kommentare

3 Kommentare zu “Virtue Signalling”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Juni 2nd, 2018 3:11 pm

    Das Wort „gemeinsam“ schließt den Nichtgebrauch von „Virtue Signalling“ bereits aus. Es sei denn, du nimmst innerhalb der „Gemeinschaft“ den akzeptierten und systemstärkenden Posten des Hofnarren ein. Für ihn ist dann die „geduldete“ und stellvertretende Suche nach „der“ Wahrheit ebenso ein Suhlen in eigener moralischer Existenz. Ist das also das Dilemma? Gemeinschaft oder Erkenntnis? Für mich ist Gemeinschaft immer Macht über den Einzelnen, der sich der gemeinsamen Anschauung unter persönlicher Existenzgefahr unterordnen oder zumindest anpassen muss. Deshalb flehen ja gerade konservative Politiker um die Weltgemeinschaft. Dann hätten sie Ruhe, Widersacher hätten keine Chance. Was also bringt die Kreation dieses wirlich sehr süffigen Begriffs? Zumindest einen Bachelor + evtl. Unikarriere.

  2. Martin Däniken am Juni 2nd, 2018 6:11 pm

    Das hat es doch schon immer :

    Maulhelden! Milch der frommen Denkungsart,oder so.

    Oder?!

    Aber auch das es immer schönere Wörter gibt für sowas.

    „Unter dem Vorwand
    der vermeintlich wahren moralischen Gesinnung wurden schon
    die unmoralischsten Gräueltaten verübt.“

    „Und wenn du nicht für mich bischt,
    muscht du gegen mich sein!“
    bitte in WinfriedKretschmann`scher Manier aussprechen….

  3. struppi am Juni 5th, 2018 8:22 am

    Danke!

    Dieser (Gott und die Welt) Artikel beschreibt so genau die Probleme heutiger Debatte, dass ich fast anfangen könnte zu heulen.

    Das fast niemand in der Lage ist zu begreifen, dass die meisten politischen Debatten nicht darum gehen, ob jemand die Wahrheit weiss, sondern darum was die einzelnen Gruppen fühlen oder interpretieren. Am Ende (eine Debatte) müsste ein Ausgleich stehen der möglichst viel Interessen entgegen kommt, ohne andere zuviel zu beschneiden.

    Es kann nie jemand alles bekommen in einer Gemeinschaft.

    Allerdings finde ich den letzten Satz nicht ganz richtig.

    Das bessere Argument ist wichtiger als die bessere Gesinnung

    Für mich stellt sich immer die Frage, was ist „besser“ bzw. richtig?
    Daher würde ich sagen, wichtiger als eine Gesinnung ist ein Austausch. Gesinnung ist wichtig, wenn ich mit jemand etwas gemeinsam machen will, Gegner muss ich verstehen, dann muss ich aber in der Lage sein auch zuzuhören.

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