Der famose Kerl Spartacus

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Szene aus Spartacus: War of the Damned.

Neulich habe ich mal einfach so herumrecherchiert. Der Anlass waren die Spartacus-Serien, die ich allesamt besitze und auch angesehen habe. Softporn, jede Menge nackte Ärsche und Brüste, zahllose Hauereien in Slow Motion, gefühlt 1000 Hektoliter Kunstblut und Charaktere wie im Comic Strip – trotzdem unterhaltsam. Man darf nur kein gelernter Historiker sein, und schon gar kein linker Historiker: Man ärgert sich. Was für eine Verschwendung eines unglaublich spannenden Plots! Was wirklich geschehen ist und warum, kommt nicht vor.

Immerhin ist das historische Kostüm – Namen, Waffen, Architektur, Frisuren usw. – einigermaßen korrekt. Aber warum macht sich ein Filmemacher solche Mühe und endet dann mit einem Plot, der aus Psycho-Kitsch besteht? Die Elite der Gladiatoren hat entweder die große Liebe verloren oder sucht sie noch. Wie langweilig. Daily Soap als Sandalenfilm. Von Politik keine Spur – als wäre das Absicht.

Historisch korrekt ist vermutlich, dass schwule Paare selbstverständlich waren, auch bei den aufständischen Sklaven. Waffenstarrende Amazonen im Pseudo-Bikini im Gefolge des historischen Spartacus – wie in den Filmen – halte ich für unwahrscheinlich, lasse mich aber gern belehren.

Wussten die gelehrten Leserinnen und gebildeten Leser, dass das bekannte Marx’sche Zitat über Spartacus gar nicht so gemeint ist? Welt online: „‚Spartacus erscheint als der famoseste Kerl, den die ganze antike Geschichte aufzuweisen hat. Großer General … nobler Charakter, real representative des antiken Proletariats.‘ Das erkannte kein Geringerer als Karl Marx.“ Gar nicht wahr. Marx las natürlich seine Quellen im Original (im Gegensatz zu heutigen Journalisten), und hier war es der römische Historiker Appian, dessen Sicht auf Spartacus Marx referiert (in einem Brief an Engels vom 27. Februar 1861). Was Marx selbst darüber dachte, wissen wir nicht.

Was mich am meisten erstaunte während der Recherche, ist die Tatsache, dass es fast gar keine ernst zu nehmenden aktuellen wissenschaftlichen Publikationen über Spartacus gibt. Auch in meiner nicht kleinen Bibliothek über römische Geschichte ist nichts Relevantes zum Thema. Quod erat demonstrandum. Interessiert offenbar niemanden.

Der Untergang der DDR hat für uns einen großen Vorteil: Die historischen Bücher der DDR waren fast alle um Klassen besser als die aus dem Westen, und man kann heute sich preiswert eindecken. Während die bürgerliche Geschichtswissenschaft immer noch fast ausschließlich auf die Sicht der jeweiligen herrschenden Klassen rekurriert und diese sich zu eigen macht, interessieren mich eher die Klassenkämpfe, soziale Konflikte, Aufstände und die Ökonomie, die für alles den Rahmen bestimmt. Ich habe mich erst einmal einschlägig eingedeckt, werde aber auch die deutschen Übersetzungen der römischen Quellen studieren (auch die sind nicht einfach zu finden).

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Die Links gegen zu Amazon.

Ich werde mehr zu dem Thema schreiben (vgl. die neue Kategorie „Spartacus“). Und wäre das nicht ein wunderbares Thema für ein Buch?

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Kommentare

7 Kommentare zu “Der famose Kerl Spartacus”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Juli 22nd, 2016 6:41 am

    ja burks, dieses thema interessiert mich auch sehr, nicht erst seit meiner schulzeit im teutoburger wald. es sind immer wieder einzelne, die selbstlos und philantropisch herrschende aus ihrer brockatverzierten lederhängematte schubsen und die die armen gloreichen zeiten entgegen führen oder die hühner einfach auf die wiese scheuchen, wo sie dann von den füchsen moderne essgewohnheiten hautnah miterleben dürfen. wenn das dann noch im urtext genossen werden darf, schlägt das herz des wahrheitssuchenden gleich eineinhalb mal so schnell und des übersetzers geldbörse freut sich auf hohe honorare, damit auch die, die draußen auf dem trittbrett kaum etwas mitbekommen als den heulenden eisigen fahrtwind, sich dann an dem nun zum instant-fast-knowledge verarbeiteten bildungsinput um die junge geschichte laben dürfen, die sie zum leben zwischen schimmelvilla und aldi süd brauchen. wenn dann noch ein onlinekurs zu neuesten fragestellungen angeboten wird, z.b. zum thema ‚welche gesundheitlichen folgen hat die selbstradikalisierung, wenn man sie mehrmals am tag ausübt?‘, dann werden sicher auch prinz eisenherz und herrman der cherusker lustige kommentare liefern.

  2. GrooveX am Juli 22nd, 2016 9:00 am

    und dann das noch:

    satzbau und stil sind zwar deine lieb gewordenen peitschen, mit denen du andere zu züchtigen beliebst, aber gegen dich richtest du sie nicht. dabei hättest du dringend es nötig! ähm, oder andersrum? wie auch dem sei…

  3. tom am Juli 22nd, 2016 9:20 am

    Ts: mehrmals am Tag ausgeübte Selbstradikalisierung – besten Dank! Werd ich mal versuchen.

  4. Wolf-Dieter Busch am Juli 22nd, 2016 3:11 pm

    Marx las natürlich seine Quellen im Original (im Gegensatz zu heutigen Journalisten)

    Wahr gesprochen … hat aber diese Kehrseite: K. Marx lebte nicht von seiner Arbeit, sondern von Zuwendungen seines PR-Manns F. Engels.

    (Womit ich seine Werksqualität nicht schmälern will.)

  5. Serdar Günes am Juli 22nd, 2016 7:09 pm

    Kennst du das Buch „Spartacus“ von Aldo Schiavone, Harward University Press, 2013? Habs als pdf, kann es dir schicken wenn du willst.

  6. Martin Däniken am Juli 22nd, 2016 7:50 pm

    Die mehrfach am Tag ausgeübte Selbstradikalisierung geht besser mit dem dauernden Abspielen der „Seitenbacher Müsli“-Werbung!
    @Tritt(wild)bretschreiber:Lass dich in deiner Satzbau- und Stiellehre nicht beiirrren..du bist vielleicht der Wegbereiter…aber warum denke ich jetzt an Brian und Sandalen..Rätsel über Rätsel…

  7. admin am Juli 22nd, 2016 10:57 pm

    @serdar ja bitte

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