Den Kapitalismus ausbremsen?

Armen Avanessian in der schweizer „Wochenzeitung“:
„Man begegnet heute einer Entradikalisierung bis zum totalen Mangel an Vorstellungskraft. (…) Die Nostalgie prägt auch die Vorstellung davon, wie man politisch aktiv ist: Man geht auf die Strasse, man verbindet sich, der Volkskörper stellt sich her, übt Widerstand und hat revolutionäre Kraft. Nur: Das hat immer weniger Wirkung. (…) Wir müssen lernen, wie Widerstand heute zu leisten ist und wie ein idealer Revolutionär aussieht: Das ist heute kaum mehr Che Guevara mit der Kalaschnikow im Dschungel, sondern ein technologisch informierter Edward Snowden. Die Frage ist doch: Nehmen wir neue Technologien an, und wie können wir sie steuern? Aber sich von Facebook abzumelden, wird nicht helfen. Ich begrüsse es, dass es immer mehr Leute gibt, die keine Lust aufs Flugblätterverteilen haben, es aber durchaus als politisch empfinden, programmieren zu lernen.“

Das scheint ein kluger Mann zu sein. Ich kannte ihn noch gar nicht. Und er lehrt sogar Berlin.

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Kommentare

12 Kommentare zu “Den Kapitalismus ausbremsen?”

  1. ... der Trittbrettschreiber am April 11th, 2015 5:19 pm

    Wo sich Widerstand regt, lässt Unterdrückung nicht lange auf sich warten.

    Was wollen Hacker und Wysiwyglsibslblblower – Macht oder Kohle?

    Was habe ich, Otto N. davon? Ich habe heute eine Mail aus dem Rolicht-Mileu bekommen „Ich will dich noch heute…“. Gestern kam ein Päckchen, das ich nicht bestellt hatte. Nun habe ich einen neuen Satz Büroklammern, Rücksendung?

    Okay, dann fang ich schon mal an mit C++.

  2. eb am April 12th, 2015 8:15 am

    Na, mal ganz davon abgesehen, ober der gute Mann noch mit so Nostalgien wie Assembler, C oder vielleicht noch Perl bzw. sonstigen guten Sachen mit denen man technisch die Geschichte noch außerhalb des zeitgemäßen Methoden- und App-Gehampels ohne Maschinennähe, incl. Java und PHP iḿ Griff hat, – umgehen kann, – sind mir da dann doch auch ein paar alternativlose „muss“ in der Alternativlosigkeit versteckt. Vor allen Dingen frag ich mich, wo er denn selber so sein Bild von der alternativen Che-Guevarra und Straßenkampf-Linken her hat. Für mich riecht das nach Piratenlinks mit Techno-Hype ohne Alternative.

  3. eb am April 12th, 2015 8:19 am

    Sorry, Berichtigung (vermeintlich) alternativ“losen“ Che-Guevarra und Straßenkampf-Linken.

  4. kalo am April 12th, 2015 9:07 am

    Nach dem zweiten Lesen des Interviews bin ich immer noch nicht klüger: das soll eine Alternative sein ? Beschleunigung und politisches Programmieren ? Aber wo ist die Substanz ? Die Programmierer bieten doch keinen Zugang zu Machtpositionen. Auch Edward Snowden ’steuert‘ keine technologische Entwicklung. Und die beschleunigte Beschleunigung keine Lösung des Eigentumsproblems. Bitcoins ? Aber das ist halt ein anderes Geld. Wo ist da Emanzipation von der Gewalt der Ware-Geld-Beziehung mit dem Machtgefälle zwischen haves und have-nots ??

    Sicher: „Es gibt nur den Weg voran“ – aber wenn das die wichtigste Botschaft sein sollte, dann wären die Adressaten doch arg weit aus der Zeit gefallen. Sind sie das ?
    Dann steht der Anfang noch aus.

    Es wäre übrigens recht provokant, auf die bescheunigte Beschleunigung zu setzen, wenn der generelle Trend (aka Neoliberalismus) in der Universalisierung der Ware-Geld-Beziehung bestehen sollte (meine Vermutung). Wer in Zeiten der Arbeitslosigkeit versichert sein will, sollte etwas privat gespart haben, wer eine Rente haben will, sollte etwas privat gespart haben, wer eine gute Ausbildung haben will, sollte bereit sein, sich privat zu verschulden etc. Wenn ich diesen Trend fortdenke, dann gibt es eines Tages Sex/Beziehungen nur noch gegen Geld und gar nichts anderes mehr als ‚Leihmütter‘, ich als Vater zahle nämlich dann der Frau den Lohnausfall für die Zeit der Schwangerschaft und frühen Erziehungsjahre. Die Familie, jede Gemeinschaft existiert bis heute durch inneren Kommunismus; beide lösen sich folgerichtig auf, je mehr das Verrechnen attraktiv erscheint. Also das Ware-Geld-Kalkül, Leistung/Gegenleistung.

    tl;dr
    Mir ist nicht begreiflich, wie man progressiv erscheinen will, wenn man die Differenz have/have-not überhaupt nicht wahrnimmt.

  5. R@iner am April 12th, 2015 9:42 am

    @Trittbrettschreiber: „Was habe ich, Otto N. davon?“

    Z.B. das hier: Nace ‚SinGuasa‘, un WhatsApp libertario y anticapitalista

    Oder halt Linux.

    El proyecto del Sindicato de Telecomunicaciones y Servicios Informáticos de CNT excluirá a partidos políticos, empresas y organizaciones religiosas [..]

    Okay, dann fang ich schon mal an mit C++

    Nö, fang mit C an. Oder nimm Python.

  6. Messdiener am April 12th, 2015 9:52 am

    Diktatur der Technik (freaks)?

  7. R@iner am April 12th, 2015 10:01 am

    Anderes Beispiel: Cooperativa Catalana. Vice: On the Lam with Bank Robber Enric Duran

  8. Ossiblock am April 12th, 2015 11:28 am

    Politikwissenschaft und Philosophie hat er studiert.Hört sich nach Religion an. Hat mit Wissenschaft nichts zu tun.
    Ich hab den ganzen Text gelesen und weiß nicht, was er besagen soll.

    Apropos Fratzenbuch: Wie soll ich mich denn da abmelden, wenn ich nicht angemeldet bin?
    Und Snowden: Was hat er bewirkt?

    Nichts.

    Diktaturen lassen sich nur mit Gewalt verändern – nicht mit Geschwätz von Uni-Angestellten.

  9. ... der Trittbrettschreiber am April 12th, 2015 4:24 pm

    @Rainer

    Qui gatta ci cova. Che ne dici di FORTRAN?

    http://de.wikipedia.org/wiki/Fortran

    Schön war’s, doch dann gab ich auf … :(

  10. eb am April 12th, 2015 7:59 pm

    @Rainer. Du musst das verstehen, – da steht immer „höhere“ Programmiersprache drüber. „Höher“ heißt darüber. Höher heißt zur Not auch mal zweckorientierter. Dann kamen die Objekt-orientierten. Will meinen, – je „höher objektorientierter“, auch über den Programmierer, desto leichter fällt es ihm, (vermeintlich), – sich selber weg zu programmieren. Du weißt doch, – Programme die sich selber schreiben, ist der größte Traum der Programmierer. Danach, ist auch das Programm zum Aufwachen, – eine Methode, die jeder programmieren kann, aber aus verschiedenen Gründen, nur noch eine Seite will. Ein klein wenig, kann man das schon politisch sehen :-)

  11. Godwin am April 18th, 2015 1:10 pm

    politische Programmierer
    mmmh
    klingt ein wenig nach trial and error. Mostly error…
    ich wär dagegen, den Alltag zu programmieren.

    die Kritik an der Nostalgie-Linken gefällt aber.
    wäre mal interessant zu erfahren, was der Herr Blogbetreiber für eine gängige, zeitgemäße Praxis ansähe

  12. MomEnde am April 19th, 2015 12:51 pm

    Er weiß es also auch nicht. Das steht da philosophisch verklausuliert und auf Wichtigtuer hochgetuned.

    Ist auch kein Wunder, da Kapitalismus imho weder eine Herrschafts-, noch eine Lebens- und erst recht keine Kulturform ist. Es ist noch nicht mal eine Wirtschaftsform (die lautet auf irgendwas mit Markt…) . Es ist eine Finanzierungsform (unter vielen). Wie zufällig die der Bonzenkaste und wie zufällig gibt es sogar für die Kritik an diesem nichtexistierenden System Lehrstühle, für vieles andere aber nicht.

    Soweit hat er das durchaus geblickt, auch die verquaste Terminologie deutet mehr auf Karriereplanung denn auf unabhängige denke hin.

    Das was zur Zeit läuft wird mit dem Begriff Feudalstaat (dessen wenig moderner Ablasshandel die GEZ Zwangsgebühr ist und der mit dem „Geld- und Infoadel“ die in ihm üblichen aber doch sehr unappetitlichen Vereinigungen pflegt) wohl besser abgebildet.

    Wer außerdem das Wort Klimakatastrophe in den Mund nimmt will sich andienen. Wie man auch immer inhaltlich zu den Modellen stehen mag (und den innerhalb der natürlichen Varianz laufenden tatsächlichen Temperaturen), die Begrifflichkeiten sind Staatsreligion und somit hochgradig verdächtig.

    Die Welt in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf. Es gibt da aber immer zwei Ebenen, die eigene und diverses das mit Meta…. anfängt

    Ebenen z.B. Die eigene in die alles andere als sozialen Netzwerken und unter den Augen von Geheimdiensten zu einer Metaebene zu vergewaltigen halte ich für so ziemlich das dümmste was man so machen kann.

    Es gibt vieles, aber alles beginnt mit einem ersten Schritt. Der wäre Abwendung von den Maschinen, dann sehen wir weiter!

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