Es bleibt etwas hängen (2. update)

Jetzt habe ich endlich eine ganz eigene Verschwörungstheorie. Kinderpornografie und Bombenbauanleitungen im Internet – so was kenn ich ja schon (auch als Vorwurf meiner dünnbrettbohrigen Feinde, um mich fertigzumachen). Hier ist laut Zeit Online eine neue Version: „Wikileaks-Gründer unter Vergewaltigungsverdacht“.

Verdacht. Darum geht es. Kachelmann stand „unter Verdacht“, und schon wollte man ihn aus der Firma drängen und aus seiner Wohnung. In den Medien heisst es dann: „Wirbel um“, „umstritten“, wurde verdächtigt“.

Ich bin auch „umstritten“ und stand „unter Verdacht“. Als ich meine Akten durchlas, in denen es um den Vorwurf ging, ich hätte eine „Bombenbauanleitung“ ins Internet gestellt, tauchten dort zahlreiche Anzeigen von Neonazis und ähnlichen Gesellen gegen mich auf – wegen „Beleidigung“ usw.. Die waren zwar alle eingestellt worden, weil nichts dran war, aber so etwas verschwindet in Deutschland nicht und macht bei einem Richter, der sich den Quatsch dann nur flüchtig durchliest, einen „guten“ Eindruck. Und auf so etwas spekulieren natürlich Staatsanwälte.

Es bleibt etwas hängen. Wie bei dem „riesigen Kinderporno-Skandal“ oder bei anderen Luftnummern. Nicht nur die Medien, sondern natürlich auch die Rezipienten haben ein Gedächnis wie das einer Drosophila. Man muss heute Gegner nicht bekämpfen. Man muss ihnen nur etwas vorwerfen, das emotional besetzt ist. Ungefähr in dieser Reihenfolge: Kinderpornografie, Vergewaltigung, Bombenbauanleitung, Pornografie.

Wenn mir mal wenigstens jemand Blasphemie vorwerfen würde – das machte wenigstens Spaß. Oder virtuellen Drogenhandel – in Second Life etwa. A propos: Wenn ich meinen Artikel über Gor fertig habe, kommt das bestimmt auch noch – eine Anklage wegen Vergewaltigung eines Avatars. Einem deutschen Jugendschutzwart traue ich so gut wie alles zu.

Es bleibt schon etwas hängen, auch wenn die, die sich gegen einen „Verdacht“ wehren müssen, unschuldig wie ein Osterlamm sind.

Ich freu mich schon auf die Kommentare im Heise-Forum zum Thema.

Update „Schwedens Justiz hat den Vergewaltigungs-Verdacht gegen Julian Assange zurückgenommen. Die Behörde hob am Samstagnachmittag den Haftbefehl gegen den 39-jährigen Australier wieder auf, der am Vorabend ausgestellt worden war. Behördensprecherin Eva Finné erklärte: ‚Es gibt für mich keinen Grund zu dem Verdacht mehr, dass er eine Vergewaltigung begangen hat.'“ (Heise)

Wikileaks? Stand der Chef von Wikileaks nicht mal unter dem Verdacht, zwei Frauen vergewaltigt zu haben? Quod erat demonstrandum.

2. update: Stockholm News: „The 30-year-old woman said that she, for her part claims to be a victim of molestation, but not a rape.“ Wer hat eigentlich den Vorwurf der „Vergewaltigung“ in die Welt gebracht? Spiegel Offline? oder golem.de? Die beiden betroffenen Frauen jedenfalls nicht.

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Kommentare

5 Kommentare zu “Es bleibt etwas hängen (2. update)”

  1. Bruno in inkognito. am August 21st, 2010 4:10 pm

    Manchmal weiß man nicht mehr was man dazu sagen soll?
    Ich habe mir bei Heise.de kundig gemacht. Und dabei stell ich mir immer die Frage, warum gibt es solche Dokumente die Geheim sind? Was ist in einer Demokratie alles Geheim? Warum werden Menschen durch die Veröffentlichung in Gefahr gebracht?
    Vielleicht haben die beiden Frauen auch nur schlecht geträumt.

  2. Bruno am August 22nd, 2010 12:33 pm

    Einen Haftbefehl für eine Belästigung?
    Jeder Staatsanwalt sollte eine Kerbe ins Ohr bekommen für zurückhalten von entlastendes Beweismaterial.
    Ob dann eine Generation von Sägezahnohren heranwächst?

    Bruno

  3. albatr0s am August 23rd, 2010 1:14 pm

    Wo wir gerade bei’m Thema sind, hast Du denn überhaupt schon Deine Hardware wieder bekommen, die damals die Knechte der Junta beschlagnahmt haben?

  4. admin am August 24th, 2010 9:57 am

    albatrOs: nein. Die Staatsanwaltshaft ist ja in Berufung gegangen. Seit November 2009 habe ich nichts mehr von denen gehört. Wahrscheinlich will der Staatsanwalt das Verfahren nur verschleppen um mir eins auszuwischen. Das hat ja mit Rechtsprechung nichts mehr zu tun.

  5. Ritinardo am August 29th, 2010 9:14 am

    Vergewaltigung ist eine Frage der Definition. Man kann sich vorstellen was Frauen die Assange beschuldigen aushalten müssen, wenn sie Geeks weltweit bemühen werden ihnen zu schaden, die mit Drohanrufen zu überschütten usw. die Justiz droht ihr übriges. Am Ende siehts so aus, dass Assange machen kann was er will und niemand einer Frau glauben wird, die er körperlich angegangen hat ohne deren Einverständnis. Er ist der Held. Und gerade bei Vergewaltigung ist es nach üblichem Recht fast unmöglich das zu beweisen. Dein Artikel beweist ja auch wie ernst leute solche Vorwürfe nehmen. An Stelle der Frauen hätte ich wohl keine Anzeige erstattet, weil sie damit nur sich selbst schaden werden und Assange leer ausgehen wird. Ist eben eine männliche Justiz die Täter schützt/nützt. Punkt.

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