Franco, Sabine und eins in die Presse

Was habe ich heute morgen gelesen? Nicht viel. Ich langweile mich schnell. Was ist wichtig, was eignete sich für einen Artikel? Leider nichts gefunden. Berliner Stadtschloss: Ich lese mit Sicherheit keinen Artikel online zum Thema, der nicht Bilder des von der Jury ausgewählten Entwurfes enthält. Beim Tagesspiegel bin ich fündig geworden (Fotostrecke). Der beste, weil kritischste Artikel steht bei Zeit Online: „Das Motto der Stadt heißt nicht mehr ‚be neugierig, be kreativ, be Zukunft‘, sondern ‚be feige, be langweilig, be Vergangenheit‘. Ärgerlich, dass auch Zeit Online die Unsitte pflegt, einen gar nicht so langen Artikel in mehrere aufzusplitten, so dass man mehrfach klicken muss. Das ist eine Verarschung der Leser, mit Verlaub, wie die Werbung in einer beliebigen Warteschleife einer beliebigen Hotline einer beliebigen Firma.

By the way: Wo finde ich das geplante Stadtschloss in Second Life? Bei 100.000 Euro, die der erste Preis wert ist, dürften die paar tausend Euro, die das Schloss virtuell kosten würde, nicht ins Gewicht fallen. Ich will da jetzt schon durchlaufen!

Und serviert mir irgendein deutsches Medium die Website des Architekten Franco Stella aus Vicenza? Nein, dazu sind die selbstredend zu blöd und zu faul. Dazu müsste man ja recherchieren. Wo kämen wir dahin! Ich muss also mühsam selbst suchen. Die Bild.de bietet die meisten Informationen (!): „Der Architektur-Professor (lehrt in Venedig, Genua)“. Leider sind die – wie gewohnt – nur halb richtig. BBC: „Franco Stella, who is based in Vicenza near Venice, used to teach architecture at the University of Venice.“ Genauer an anderer Stelle: „who formerly taught architecture at the University of Venice“. Jetzt wird es schwierig, aber ich habe ihn auf der Website der Universität von Genua gefunden. (fax 010 209 5870, e-mail: stella@arch.unige.it, nur elektronische Postkarten möglich). Das Problem: Viele deutschen Medien nennen ihn „Franco“, er heißt aber „Francesco“. Auf den einschlägigen Wikipedia-Eintrag hätte ich sofort kommen können – aber dort fehlt der Link zur seiner Universität.

Jetzt zu etwa ganz Anderem oder: Ich begrüße Sie zur zweiten Häfte dieses Blogs. Auch Zeit Online: „Der Onlinedurchsuchung die Giftzähne ziehen“. Was soll man dazu sagen? Ich posaunte es schon: Der Kaiser ist nackt! Trotzdem – wenn man über die politischen Motive des BKA-Gesetzentwurfes redet, ohne sich mit der genau so wichtigen Frage zu befassen, ob es hier nicht um Laserschwerter und Tarnkappen geht, hat Leutheusser-Schnarrenberger natürlich recht: „Denn das BKA kann ohne Zustimmung und ohne Einwilligung der Länderpolizeien aktiv werden. (…) Ja, das ist ein Punkt, der zu Recht vom Richterbund kritisiert wird. Dann geht es um heimliche Ermittlungsbefugnisse, vor allem um die Onlinedurchsuchung. Es geht aber auch um die Ausgestaltung vieler anderer Ermittlungsbefugnisse wie der Rasterfahndung, um den Kernbereichsschutz, um die Eilfallregelung. Dort sehen wir die Gefahr, dass sie benutzt wird, um erst einmal nachzugucken, ohne dass ein Richter eingeschaltet werden muss.“ Wenn man überlegt, was alles schon geschieht, obwohl ein Richter eingeschaltet worden ist (ich weiß, wovon ich rede!), kann man sich vorstellen, wie die Damen und Herren Ermittler agieren, wenn die Justiz erst a posteriori tätig werden würde. Ich nenne den Entwurf – auch eingedenk der historischen Konnotation des Begriffs – ein „Ermächtigungsgesetz“. Und genau so ist es gemeint.

Und noch mal Zeit Online: „Die Wirtschaftskrise trifft die Medien: Es wird gekürzt und gekündigt. Die publizistische Vielfalt nimmt weiter ab.“ Der Artikel ist besser und hintergründiger als das allgemeine Gejammere zum Thema, das man von gewissen Verbänden kennt. „Die alte Welt ist aus den Fugen. Süddeutsche Zeitung und Financial Times Deutschland , Zeitschriften wie stern und Capital – überall wird gespart, gekürzt, gekündigt. Das Hochglanzblatt Park Avenue wird dichtgemacht. Die Verlagsgruppe Holtzbrinck, zu der auch die ZEIT gehört, will bei Handelsblatt und Wirtschaftswoche die Kosten senken. Der Hamburger Verlag Gruner+Jahr rechnet im schlimmsten Fall mit einem Umsatzrückgang von 20 Prozent in den nächsten acht Jahren.“

Tja, die Holzmedien verlieren Leser. Um viele ist es nicht schade, weil sie sich beharrlich den gar nicht mehr so neuen Medien verweigern und stur und völlig beratungsresistent das Internet ignorieren. Das gilt für 90 Prozent aller Websites aller traditionellen deutschen Medien. Geht sterben, und um Park Avenue ist es eh nicht schade. Es geht auch anders, aber davon will man in Deutschland nichts wissen. Auch das Wall Street Journal hat einen neuen Besitzer. Und der hat strikten Sparkurs angeordnet, wie es aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen off the record hieß. Aber ganz anders: In investigative Recherche soll mehr investiert werden – angeblich zu Lasten der Wirtschaftsberichterstattung, die nur die PR der Unternehmen mehr oder weniger wiederkäut (auch in Deutschland). Ja, gut und richtig so.

image_pdfimage_print

Kommentare

Schreibe einen Kommentar