Liebe zu Maschinen

Bundestrojaner

„Life-Long Loving with a Sexbot“ – das war der Titel eines Artikels auf Spiegel Online vom 12.12.2007. (Die Bilder sind leider nicht mehr verfügbar.) Zwei Tage vorher erschien die deutsche Version: „Robotik: Liebhaber mit Platine“. Heise hat jetzt nachgelegt: „Liebe zu Maschinen ist keine Science Fiction“. Der Artikel ist Werbung für die aktuelle Ausgabe der Technology Review mit dem Schwerpunkt „Liebe deine Maschine“. Ein Interview mit Hiroshi Ishiguro ist online verfügbar: „Gefühle entwickeln immer nur wir“.

Noch einmal zum Mitschreiben: David Levy ist der Gewährsmann für die Thesen, Hiroshi Ishiguro kommentiert das (weder Spiegel Online noch Heise sind in der Lage, Levys oder Ishiguros Website zu verlinken. Zugegeben: Bei Levy war es richtig schwierig!)

Ich gehe davon aus, dass Spiegel Online von about.com abgeschrieben hat. Dort erschienen sowohl die Story, ein Interview und eine Rezension des Buches „Robots unlimited – Life in a Virtual Age“ schon im Oktober. Keine Kunst, darüber fünf Monate später etwas zu schreiben!

Das Thema erinnert mich an meine beiden Reportagen über Sex in Second Life: „Der verliebte Avatar“ und „Einsame Herzen 2.0„. In Wahrheit geht es um Wahrnehmungspsychologie. bookWas sieht der Mensch in den Dingen, seien sie real oder virtuell? Der Homo sapiens neigt aus evolutionären Gründen zur anthropomorphen Interpretation seiner unbelebten und belebten Umwelt. Religion ist eine Version davon – das wusste schon Ludwig Feuerbach 1841: „Der Mensch schuf Gott nach seinem Bild“.

Neu ist: Der Mensch schafft sich jetzt selbst; Götter und höhere Wesen sind nur altertümliche Versionen des Avatars. „Liebe zu Maschinen“ bedeutet in Wahrheit: Wann entwickelt der Mensch zu Dingen Gefühle, die die Evolution für Menschen (und Tieren) vorgesehen hat? Man kann sich jetzt mit der Übersprunghandlung aus der Verhaltensforschung beschäftigen oder mit der Theorie der Projektionen. Vermutlich es es aber viel einfacher: Der Roboter agiert nur wie ein verdinglichter Avatar; was für diesen psychologisch gilt, muss auch für jenen gelten.

Da Sex und Liebe ohnehin nur Projektionen sind, spricht nichts dagegen, dass der Homo sapiens auch „Gefühle“ zu scheinbar belebten menschenähnlichen Dingen entwickelt – vorausgesetzt, diese sind dem realen Vorbild so ähnlich, dass das menschliche Auge ausgetrickst wird. Matrix lässt grüßen. Und hier gibt es eine Bibliografie dazu.

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