Tutorial: Verschlüsseln mit dem Smartphone [Android]

openkey chain

Neues Tutorial: Verschlüsseln mit dem Smartphone.

Ich halte das für schwierig, kompliziert und für Laien nicht zu empfehlen. Das Feature „Signieren“ ist zum Beispiel zwar enthalten, funktioniert aber nicht. („This is not a supported use case.) Auch die Ausdrucksweise ist eher verwirrend: Statt OpenKeychain taucht plötzlich OpenPGP App auf (womit de facto dasselbe gemeint ist). Statt signieren eines Schlüssels (beglaubigen anhand des digitalen Fingerabdrucks) schreiben die verschlüsseln. Verschlüsseln einer Signatur? Geht’s noch?

Die gute Nachricht: andere Tutorials sind noch schwieriger – das tut sich niemand an, der das Prinzip begreifen will. Auf der OpenKeychain-Website werden die meisten Fragen beantwortet, aber nur in Englisch.

Wenn ich alle Features erwähnt und erklärt hätte (wann ist ein Schlüssel „gesund“?), säße ich noch in einer Woche hier.

Man kann es natürlich noch schlimmer machen – wie das BSI: „Wie bereits in der Beschreibung von APG eingeführt, entstand OpenKeychain als Fork von APG im März 2012.“ Schon klar. Zeige ich gleich dem nächsten Deutschlehrer, der gern verschlüsseln möchte.

Security Engineering

ross anderson Security Engineering

Schon bestellt (via Fefe): Ross Anderson Security Engineering: A Guide to Building Dependable Distributed Systems. Das Buch gibt es auch als pdf, man muss nur jedes einzelne Kapitel herunterladen. Wer Ross Anderson nicht kennt: Da war irgendwas mit Tiger-Hashalgorithmen und Schlangen.

Alles sicher

security

Security-Treffen: die ehemaligen „Bodyguards“ der Rettungsstelle im Urban-Krankenhaus.

Un tendre poulet oder: Die purpurnen Flüsse

die purpurnen Flüsse

Ich empfehle die Thriller-Serie Die Purpurnen Flüsse (auf Netflix, bis jetzt drei Staffeln). Die Serie hat nichts mit dem gleichnamigen Film aus dem Jahr 2000 zu tun (was ich zuerst dachte) – außer dem Titel der Romanvorlage.

Hauptdarsteller sind Olivier Marchal, der im realen Leben auch Polizist war, und die erstaunlich wandlungsfähige Erika Sainte.

Als ich die Biografie Marchals überflog, musste ich mehrfach nicken. Ich kann das Gefühl sehr gut nachvollziehen – nach sechs Jahren als Security in einem so genannten sozialen Brennpunkt, in direktem Kontakt mit Irren, Kriminellen, Kranken, Gewalttätern, Alkoholikern, Junkies, Einwanderern jeder Art, Nazis und Normalos. „Die offene Verachtung, die die Menschen ihn spüren ließen, wenn er seine Arbeit verrichtete, die Beleidigungen, die er zu hören bekam, wenn er beispielsweise in Bars Kontrollen durchführte, desillusionierten ihn rasch. Er charakterisiert sich heute, auf die damalige Zeit zurückblickend, als weichlich („un tendre poulet“), respektvoll gegenüber den Ganoven, außer in Fällen von Gewalt gegen Kinder oder alte Menschen.“

Das hört sich komisch an, aber „verweichlicht“ war ich vor meiner eigenen Erfahrung auch. Ich weiß jedenfalls, was Marchal damit meint.

Die Ausstrahlung des Hauptdarstellers und seine Attitude („grumpy“) passen hervorragend zu seiner jungen Assistentin, die sich viel von ihm abguckt, vor allem das Motto, dass Vorschriften dazu da sind, ignoriert zu werden und dass Vorgesetzte Idioten sind, denen man das auch möglichst oft sagen muss. Ich musste laut lachen, als Kommissar Niémans (Marchal) seiner Kollegin Camille (Sainte) sagt, er müsse noch kurz mit dem „Stümper“ reden, einem Dorfpolizisten, der in Sichtweite an einem Auto wartet, und sie schmunzelt, weil sie weiß, dass er den armen Kerl mit wenigen ruhigen Sätzen so zusammenscheißen wird, das der nicht mehr weiß, wo vorn und hinten ist, was auch geschieht.

Beide gehen sehr robust vor, vermutlich wäre das so in deutschen Krimis so nicht politisch korrekt möglich. Nicht so wie „Dirty Harry“, sondern nachvollziehbar für die Rezipienten, kein Klamauk wie „Schimanski“, sondern spannend, düster und abgründig.

Nicht anfassen

sicherheitsicherheit

Keine Corona-Gefahr, aber trotzdem nicht anfassen, auch nicht mit Handschuhen! #wirfüreuch #security #SecuritasHeroes

Ich habe jetzt vier 12-Stunden-Schichten. Am Sonntag muss ich in Second Life auf die Schnelle ein Sim bauen. Montag und Dienstag noch zwei 12-Stunden-Schichten. Danach gibt es wieder mehr hier zu lesen.

Kritische Infrastruktur

brandschutzanlage

Schon merkwürdig, dass ich bei keiner Meldung in den Medien seit Beginn der Pandemie etwas über die Leute gelesen habe, die in der Sicherheitsbranche arbeiten, zum Teil unter extrem prekären Bedingungen. Prekär heisst: Wenig Lohn, lange Arbeitszeiten, Wechselschicht usw. Natürlich ist das auch eigenes Verschulden: Extrem geringer Organisationsgrad, Lohndumping, viel nicht tarifgebundene Subunternehmen, oft wechselnde Arbeitsplätze, Wechselschichten, oft zwölf Stunden Arbeitszeit.

Wären die Sicherheitsmitarbeiter so selbstbewusst und organisiert wie Bergleute, läge der Mindestlohn vermutlich bei 40 und nicht bei gut zehn Euro. (Meine Firma zahlt mehr, aber die ist ja auch nicht die billigste – Qualität ist eben nicht umsonst zu haben.) Die Sicherheitsbranche ist die Hochburg des Lohndumpings, noch vor dem Baugewerbe. Das wird noch dadurch gefördert, dass städtische Unternehmen – wie etwa die Krankenhauskonzerne in Berlin – oft selbst dann Billigfirmen vorziehen, wenn die lokale Verwaltung und das Personal hoch zufrieden sind. (Ich weiß, wovon ich rede.) Nur der Profit zählt.

Zudem arbeiten in der Brache oft Kolleginnen und Kollegen, die keinen deutschen Pass haben und/oder der deutschen Sprache kaum mächtig sind. Das wäre an sich nicht so wichtig, je nach Aufgabe, aber Einwanderer, vor allem aus arabischen Ländern, sind nur wenig klassenbewusst und lassen alles oft mit sich machen. Ich musste mehrfach erklären, was eine Gewerkschaft ist, sogar das Wort buchstabieren. Geholfen hat es nicht. Mein Mitleid über schlechte Arbeitsbedingungen in der Branche hält sich daher in engen Grenzen.

Die Arbeiter der Sicherheitsbranche müssen immer arbeiten (wie medinizisches Personal); wenn jemand ausfällt, muss die Schicht trotzdem besetzt werden. Was ist, wenn sich in einem Monat die Hälfte aller Leute krank melden, weil sie infiziert sind? Wer wartet die Brandmeldeanlagen in vielen Objekten, die zum Teil gar nicht so einfach zu „handeln“ sind (RTFM!)? Selbst ich kam bei einigen Manuals, die ich studieren musste, ins Grübeln.

Ich hatte sogar einmal einen lautstarken Streit mit einem Feuerwehrhäuptling, der mich anfauchte, als sie drei Minuten nach einem Brandalarm mit großem Gerät samt Leiterwagen und in Begleitung der Polizei vor dem Objekt standen, warum ich denn den akustischen Alarm ausgeschaltet habe? Er grummelte was von mehreren Tausend Euro, die ein Feuerwehreinsatz koste. Zum Glück hatte ich Recht, und er entschuldigte sich später. Ich war aber schon relativ nervös geworden – wer legt sich schon gern mit einem Expertem der Feuerwehr an? (Ursache des Alarms und des „Brandes“ war übrigens ein vor sich hin kokelnder Toaster.)

Die Sicherheitsbranche ist – wie der Name suggeriert – dafür da, die so genannte kritische Infrastruktur zu bewachen und ist daher, wie ein aufmerksamer Leser hier schon anmerkte, „systemrelevant“.

Aber wie schützt man sich, wenn man bei einer Billigfirma des Sicherheitsgewerbes arbeitet, die noch nicht einmal Dienstkleidung stellt, bei einer Einlasskontrolle davor, sich anzustecken? Zum Glück sind die meisten Events zur Zeit abgesagt… Das musste mal gesagt werden.

Die gute Nachricht: Eine Ausgangssperre wäre für mich kein großes Problem.

brandschutzanlage

Keine Panik! Oder Speichen und Sprechpuppen

Burks

Nach vier mal zwölf Stunden und zwei Mal acht hat die Leserschaft einiges verpasst, da mir die Zeit zum Bloggen fehlte. Die Politik hierzulande ist bekanntlich grottenlangweilig. Was soll man dazu schreiben? Man muss das aus der Perspektive der Chinesen sehen – 2000 Jahre Kultur und die passende Schrift dazu – und was dauerhaft wichtig ist. Oder auch der Italiener, die seit der Gründung Roms erfahren sind in der permanenten Intrige der Herrschenden gegen alle anderen und sich selbst.

Was wird man in einem halben Jahrhundert sagen über die SPD, Thüringen hinter den sieben Bergen bei den sieben politischen Zwergen, einen Friedrich Merz und seine widerwärtigen Vorbilder? Da lobe ich doch meinen Großvater, der als Analphabet zur Zeit der russischen Revolution nach Deutschland kam und intuitiv wusste, dass Hitler ein „Arschloch“ (Zitat von meiner Mutter überliefert) war.

corona

Apropos Corona und Corona-Prophylaxe [Update von der WHO]: An den Folgen der „Spanischen Grippe“ starben in Deutschland geschätzt mehr als 400.000 Menschen, infolge der „Asiatischen Grippe“ starben 1957/58 rund 29.000 Menschen, und infolge der „Schweinegrippe“ im Winter 2009/10 starben 350 Menschen. Just saying. Fakten und Statistiken sind immer prägnanter als Talkshow-Gelaber.

lego
Credits Martin Heuwold (megx.one|Instagram)

Man kann sich mit Kunst beschäftigen oder mit Wissenschaft. My Modern Met schreibt über Lego am Bau. Schön! Mehr davon!

Das Smithsonian Magazin stellt die verwegene These auf: „Fairy tales could be older than you ever imagined“. Das ist aber nicht neu, das Nibelungenlied ist nur ein Beispiel. Man muss sich diese oral history aber wie eine Schichttorte vorstellen: Die Erzähler bzw. Sänger wussten nicht immer um den tieferen Gehalt, was wiederum garantierte, dass dieser nicht ganz verfälscht wurde, da es auch darum ging, das Erinnerte genau so wiederzugeben, wie man es gelernt hatte. Vgl. auch die Quellen zum Thema Pontos Oxeinos sowie Ranke-Graves, insbesondere Die Weiße Göttin. Nicht zu vergessen Die Erlkönigin (der beste Artikel, den ich jemals geschrieben habe).

ming
Credits: Lei Xue

Noch mal My Modern Met: „Smashed cans sculpted in the traditional style of Ming dynasty porcelain. Das nenne ich wahrhaft große Kunst, die man sich lange anschauen kann.

ming
Credits: Somewhere on the internet

Jetzt nur noch gute Nachrichten, zum Beispiel grüne Dörfer und Entenarmeen.

And now for something completely different. Auch wenn der Beklagte ein politischer Idiot ist, kann ich klammheimliche Freude nicht verhehlen. Eine auch hier schon erwähnte Klägerin darf „islamische Sprechpuppe“ und „Quotenmigrantin der SPD“ genannt werden. Die Textbausteine sind natürlich keine Tatsachenbehauptungen, sondern werden durch das Recht, die freie Meinung zu äußern, gedeckt. Die Klägerin blamierte sich schon durch die Klage und zeigt, dass sie das nicht verstanden hat. Und auch der Kommentar Katja Füchsels und Sebastian Lebers greift total ins Klo: „Für Rechtsradikale ist Sawsan Chebli ein Trigger auf zwei Beinen“. Nicht nur für die. Wer den Blödsinn, den die Dame von sich gibt, kritisiert, wird in die rechte Ecke gestellt? Geht’s noch? Ihr habt doch ein Rad ab.

Da zitiere ich zum Trotz Henrik M. Broder noch einmal:
Die Berliner Staatssekretärin für bürgerschaftiches Engagement und ähnliches Gedöns hat vor kurzem wieder mal Auschwitz besucht….) Derweil Frau Chebli, die den IQ einer Birkenstocksandale mit dem Charme einer handbetriebenen Kaffeemühle verbindet, noch lauter gegen Rassismus aufsteht. (…) Ob die Frau nun einen an der Klatsche oder nicht alle Speichen am Rad hat, dafür ist das Duisburger Amtsgericht zuständig. Was man auch ohne juristischen Beistand sagen kann, ist, dass sie unter einem hypertrophen Mitteilungszwang leidet, der in der Fachliteratur als Logorrhoe bezeichnet wird.

veganer

Auch schön: Der Hijabisierung wird zumindest vor Gericht Einhalt geboten. Auf Fratzenbuch wurden die Richter als „Kulturrassisten“ beschimpft, ein Wort, das direkt aus Pallywood stammen könnte.

Der Schockwellenreiter schrieb dazu: „Negative Religionsfreiheit bedeutet auch, die katholische Kirche als das bezeichnen zu können, was sie ist – eine Kinderfickersekte. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat mich wegen dieser Behauptung der Gotteslästerung angeklagt, die zuständige Richterin sah das allerdings anders. Eine Richterin mit Kopftuch hätte da sicher im Sinne der katholischen Kirche entschieden. Daher gilt: Kein Kreuz, keine Kippa und kein Kopftuch in Gerichten (und auch nicht in Schulen oder sonstigen Amtsstuben). Wir Atheisten fordern endlich die Freiheit von den Religioten.“

Zum Schluss noch ein Video (Facebook).

Neuanfang

balkonbalkon

Ist es normal, dass Ende Februar die Blumen auf dem Balkon blühen? Oder ist das Ende nahe?

Gestern hatte ich meine letzte Schicht in der Rettungsstelle. In dieser Woche werde ich erfahren, welche neuen Jobs mir angeboten werden.
Hier noch ein Insider-Witz aus der Notaufnahme:
Sagt ein Pfleger zum Patienten: „Es kommt gleich jemand.“

FYI

FYI

Meine Firma war zu gut und zu teuer. Meine letzte Schicht ist am 25. Februar. Vielleicht sind sechs Jahre auch genug. Jetzt kommt was Billigeres dort :-). Das wird lustig. Nennt man „profitorientiertes Gesundheitssystem“.

Babylonische Penunzen

Vielen Dank an den edlen Spender E.G. für die Penunzen!

Geld

Ich habe gestern mit einem Kollegen aus Bulgarien, der auch Russisch, Deutsch, Polnisch und Türkisch spricht, über das Wort Penunzen geredet, das ich aus dem Ruhrgebiet kenne. Es schien ihm irgendwie vertraut. Warum, fand ich in einem Buch über Polen:
Umgekehrt haben nur ganz wenige polnische Wörter den Weg ins Deutsche gefunden, sozusagen als Gepäck der Wanderarbeitei; die vor einem Jahrhundert vor allem ins Ruhrgebiet kamen. Die bekanntesten sind das umgangssprachlichc «Penunzen» für Geld (pieniądze“) und das im Ruhrgebiet geläufige «pitschen» (trinken «» pić‘).

Man muss sich das live vorstellen: In der Silvesternacht diskutieren zwei Sicherheitsmitarbeiter über linguistische Fragen, während ringsum der Wahnsinn fette Beute macht und ein komatöser Getränkeunfall nach dem anderen per Feuerwehr angeliefert wird. Und dazu gesellt sich ein Putzfachmann des Krankenhauses aus Ghana, der schmutzige Tragen säuberte und etwas beizutragen hatte: Ashanti aka Twi, seine Muttersprache, sei mit Fante aka Mfantse aka Fante-Twi fast identisch, sagte er, aber Fante werde ganz anders ausgesprochen, so dass man es kaum verstehen könne.

Wir unterhielten uns übrigens auf Deutsch und haben uns köstlich amüsiert, trotz des silverstertypischen Tohuwabohus in einer Notaufnahme. „Geh, wos wuist denn mit dera oidn Hiawan?“ hätten wir alle drei nicht verstanden.

Tamaziɣt oder: Babylonien

Babylonien, 42.0: Tamaziɣt, eine Berbersprache.

Ich musste mein racial profiling wieder überprüfen. Der Herr wurde von der Polizei gebracht und sah ein wenig derangiert aus. Dazu „urbane“ Kleidung à la Görlitzer Park, sowie halblange Wursthaare aka Rasta-Look. Arbeitsthese laut meiner privaten phänotypischen Statistik, über die ich nie öffentich sprechen würde: Der ist ein Nafri und ein Fall für die Ornithologen der Notaufnahme. Macht nur Ärger, pöbelt die Schwestern an usw..

Ich habe gern den Überblick, wer was wo macht. Das ist bei manchmal mehr als 50 anwesenden Personen in der Rettungstelle nicht immer einfach. Bei einem Kontrollgang traf ich den besagten Herrn auf dem Männerklo, grüßte ihn auf Arabisch und sprach ihn dann in allen mir bekannten Sprachen an, ob alles o.k. sei. Er wusch sich weiter und antwortete auf Englisch, dass er nur wenig Arabisch spreche. Es sei Schwede. Damit war meine Statistik perdu.

Kurz darauf kam mein Arbeitskollege (Facebook) vorbei, der Arabisch, Deutsch und Englisch spricht, aber auch ein wenig Schwedisch, weil der Rest seiner Familie aus Syrien dorthin ausgewandert ist und er sie manchmal besucht.

Mein schwedischer „Nafri“ und er unterhielten sich kurz. Es stellte sich heraus, dass er in Algerien geboren war, aber Tamaziɣt sprach. Jetzt besaß er die schwedische Staatsbürgerschaft. Er war auch nicht „psych“, wie man hier sagt.

Über die Berber hatte ich hier schon gebloggt. Kāhina kannt ich nicht, habe aber mit Entzücken darüber gelesen.

Ein Kollege, der hier im Krankenhaus fachmännisch alles reinigt, spricht neben Deutsch auch Twi. Das will ich aber nicht lernen.

Und wenn in den nächsten Tagen ein anderer Kollege Streifendienst hat, werde ich mein Spanisch üben können. Das spricht er genauso gut oder schlecht wie ich, weil er dort mehrere Jahre als doorman gearbeitet hat, sein Deutsch klingt noch nicht gut. Seine Muttersprache ist Litauisch, und er spricht natürlich auch Russisch und ein wenig Polnisch. In Litauen war er mal Schwergewichtsboxer, hat keine natürlichen Feinde und sieht auch so aus – die Schwestern nennen ihn den „Schrank“, obwohl er kleiner ist als ich und auch nicht sehr viel breiter. Dabei ist er Familienvater und sehr nett und ruhig. Unsere zahlreichen Problemkunden bleiben aber alle still auf den Stühlen und verhalten sich unauffällig, wenn mein Litauer freundlich lächelnd nur vorbeigeht. Es ist eben eine Frage der Attitude.

Ich hatte neulich einen besoffenen und pöbelnden polnischen Bürger auf Wunsch des Personals auf die Straße gesetzt, und er versuchte, im Rahmen seiner Möglichkeiten, noch eine Diskussion anzuzetteln. Mein Kollege kam zufällig vorbei, und der betrunkene Herr machte sich unverzüglich von dannen, als er ihn sah. Noch nicht einmal das unvermeidliche kurwa kam über seine Lippen. Mein Kollege grinste und sagte: „Zwei Mann… immer besser.“

Sehr babylonisch hier, aber lustig.

Der Teufel, magische Wände und noch allerlei

notaufnahme

Ortstypische Verunreinigung, reloaded. #Notaufnahme #Rettungsstelle

Ich habe gar keine Zeit zum Bloggen, daher fasse ich – unter einem Symbolbild für alles – kurz zusammen, was mich interessierte.

In Sachsen begann der Aufstieg der NSDAP. Der Artikel erklärt nicht viel und bleibt sogar unter dem Niveau der bürgerlichen Historiografie („lustlose Regierung“), aber man kann nie genug wissen. Wir hatten das schon: Von Luther zur NSDAP und zur AfD. Karsten Heinz Schönbach hat dazu das Nötige geschrieben: Ohne das deutsche Großkapital wäre Hitler nicht an die Macht gekommen. Das sind die Fakten, die im öffentichen Diskurs gern verschwiegen werden.

„Keine Rolle dagegen spielte die Weltwirtschaftskrise.“ Genau. Auch die kleine Meldung der MOZ überrascht mich nicht.

And now for something completely different. Was geht in der Wissenschaft? Magische Wände und der Teufel gehen immer. Außerdem sterben die Guten auch hier oft zu früh.

And now for something completely different. Aus der schönen und bunten Welt der Religioten: Der Independent berichtet, was geschieht, wenn man sich in Indonesien über den Lärm einer Moschee beschwert.

Ähnlich: Es gab einen „Ehrenmord“ an einer Frau aus Bethlehem. Natürlich spielt auch hier der Glaube an höhere Wesen der islamischen Art eine Rolle. „Gewalt gegen Frauen durch die eigene Familie ist ein weit verbreitetes Problem im Westjordanland: Nach Angaben der palästinensischen Staatsanwaltschaft wurden in den Jahren 2016 und 2017 in den Gebieten des Westjordanlandes, in denen die Autonomiebehörde die Aufsicht über Politik und Justiz hat, insgesamt 14 Frauen getötet. In elf Fällen war der Täter ein männlicher Verwandter.“

Note: Deutschland finanziert dieses Milieu und diesen Wahnsinn.

Gute Nachrichten: Das Berliner Neutralitätsgesetz „verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen EU-Recht noch gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Dies ist das zentrale Ergebnis eines neuen Gutachtens…“. Nur ein Gutachten, aber immerhin.

Noch ein Gutachten und schlechte Nachrichten: Das mit dem Mietendeckel könnte schwierig werden. Natürlich gehtes bei Juristen nicht um Inhalte, sondern um Formfragen. „Im Folgenden gilt es zu prüfen, ob der Gesetzgeber des Landes Berlin nach der grundgesetzlichen Kompetenzordnung überhaupt zuständig ist, einen solchen Mietendeckel einzuführen. Diese Frage drängt sich deshalb auf, weil der Bundesgesetzgeber unter Inanspruchnahme seines Rechts zur konkurrierenden Gesetzgebung für das ‚bürgerliche Recht‘ im Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG bereits Vorschriften zum Mietpreisrecht als Teil des sogenannten sozialen Mietrechts erlassen hat. (…) Der Bundesgesetzgeber regelt im § 556d Abs. 2 BGB ferner die Voraussetzungen, unter denen Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten festgelegt werden dürfen.(…) Für ein und denselben Wohnraum im Land Berlin würden mithin unterschiedliche gesetzgeberische Anordnungen gelten.“

Ich halte Papiers These für recht schlüssig. Es gibt schon Bundesrecht, das die zulässige Mietobergrenze regelt, das hätte man in Berlin schlicht durch eine Rechtsverordnung regeln können. Man darf aber nichts festlegen, was dem geltenden Recht widerspräche (Sperrwirkung). Der Teufel liegt aber auch hier im Detail. Es bleibt spannend, vor allem auch deswegen, weil die Dauer der zu erwartenden Prozesse die des Mietdeckels gewiss übersteigen wird,

Sagte jemand Eichhörnchen? Eichhörnchen! Und Katzen!

Schwarzlicht

Schwarzlicht

Das Schwarzlicht auf einigen Toiletten des Krankenhauses verhindert, dass man die Venen sehen kann – die „Premiumkunden“ aus dem Umfeld des Kottbusser Tores können den Raum nicht mehr zweckentfremden.

Keine besonderen Vorkommnisse, reloaded

kbv
Symbolbild

Ein Suizid (Sprung aus einem höheren Stockwerk) und eine Bombendrohung mit Polizeieinsatz. Ansonsten alles ruhig heute. #Notaufnahme #Rettungsstelle

Nicht viele besonderen Vorkommnisse

polizei

Über mangelnde Polizeipräsenz kann man an meinem Arbeitsplatz (II) in der Notaufnahme nicht klagen. (Das Zivilfahrzeug ist die Kriminalpolizei.) Für mich war es eine ruhige Nacht – nur ein obdachloser Gentleman versuchte mich zu hauen (er kannte mich noch nicht), nachdem das Personal ihn hinausgeworfen hatte.

Rauch und Feuer (optional)

Patient raucht in der Notaufnahme. Weil er untenrum feucht ist, liegt er auf einem Papierlaken. Nicht weit weg ist auch eine Sauerstoffflasche. Patient ist uneinsichtig. Ich musste gewalttätig werden. #Notaufnahme #Rettungsstelle #Krav_Maga

Goethe et al

goethe zitate

Welche Gesellschaft soll das abbilden?

schutzweste

Die Firma sorgt sich um die Sicherheit der Mitarbeiter. Also tragen wir jetzt hieb- und stichfeste Westen in der Notaufnahme. Ein Kollege wurde neulich so schwer verletzt, dass er für Monate ausfallen wird. Vor kurzem ging jemand mit einer abgebrochenen Flasche vor dem Krankenhaus auf Leute los.

Wäre ich Boris Palmer, würde ich fragen: Welche Gesellschaft soll das abbilden?

Eine Gesellschaft, die von vielen Einwanderern und deren Nachfahren geprägt ist, deren Werte und Verhalten nicht mit denen des gefühlten Mainstreams übereinstimmen. Zum Beispiel Leute, die in Deutschland geboren wurden, aber Fans des Diktators Erdogans sind. Leute, die hier Zuflucht gefunden haben, aber keinerlei Regeln akzeptieren (weil sie Regeln nie kennengelernt haben). Männer der „südländischen“ Art, die ausflippen, wenn Krankenschwestern (!) oder Ärztinnen (!) sie etwa anweisen zu tun. Mit denen habe ich täglich zu tun. Man muss es sportlich sehen, aber niemand wird mich daran hindern, die Dinge zu benennen.

Besonders lustig ist es natürlich, jetzt die Kommentare der Krawallzeitung Bild über Tübingens Oberbürgermeister und seine Kritik an der Multikulti-Werbekampagne der Deutschen Bahn zu lesen: „Boris Palmer ist eine notorische Krawallnudel und ziemlich eitel verliebt in seine eigenen Provokationen.“ Har har. (Ich finde den Namen des Kommentators nicht.) „Denn das Bild, das die Bahn von Deutschland und den Deutschen entwirft, ist nicht das, was die große Mehrheit der Deutschen täglich sieht. In der Nachbarschaft. Am Arbeitsplatz. In der Eisenbahn.“ Ist aber richtig und wahr.

Der Tagesspiegel zitiert Palmer zum aktuellen Thema: Menschen wie ich, also alte, weiße Männer, tauchen auf dieser Bildauswahl nicht auf“, sagte er. „Das finde ich erst mal erklärungsbedürftig.“ Offen und bunt heiße nicht, dass Personen, die aussähen wie er, auf einmal keinen Platz mehr zugewiesen bekämen.

Palmer weiß genau, auf welche Knöpfe er drücken muss, damit diejenigen, die er meint, Schnappatmung bekommen. Meinungstyrannen ist der richtige Begriff für Leute (oder schmallippige verletzte Frauen), die gar nicht mehr kontrovers diskutieren können oder wollen und die nur tolerant gegenüber der eigenen Meinung sind. (Beifall von der falschen Seite – etwa von den Salonfaschisten der AfD – sollte man ohnehin ignorieren.)

Ich habe eine Sache, zu der ich stehe und die ich weiterhin für richtig halte, falsch kommuniziert, weil ich mir nicht mehr als eine Minute Zeit genommen habe, um die Wirkungen meiner Formulierungen zu durchdenken.

Das ist natürlich gelogen. Palmer weiß genau, was er tun muss, um in sozialen Milieus, die nicht „grün“ sind, Stimmen bei der nächsten Wahl zu fangen. Der Mann ist ein Naturtalent. Im Gegensatz zu ihm würde ich aber nicht so weicheirig etwas verwässern oder zurücknehmen, was ich gesagt habe.

OMG OFW

Ein polnische Obdachloser, den die Feuerwehr als „hilflose Person“ in die Rettungsstelle brachte und der offenbar volltrunken war, hatte auf seinem Arm tätowiert: Eli Lama Sabachthani. Da ich als Kind mit der Bibel aufgewachsen bin wie ein Taliban mit dem Koran, wusste ich gleich, was das hieß – in seiner Situation ein subtiler, wenn nicht gar schwarzer Humor. Als ich das nachsprach, musste er trotz seines benebelten Hirns doch lachen.

Sackpfeifen

„Mir pfeift der Sack weg“, sagt ein gut gekeideter weißhaariger Herr, den die Feuerwehr bringt. Ich verstehe das nicht ganz, tippe aber auf Fachabteilung Urologie. #Notaufnahme #Rettungsstelle

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