Unter Geführt-werden-Wollenden

Führung zeigen

Wenn ich etwas total blöd finde, dann ein so genannter „Leitartikel“. Wer leitet hier wen? Und nun alle deutschen Journalisten im Chor und in Psalm-Moll: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“

Führung zeigen. Wie geht das eigentlich? So wie die Sache mit den Winkelementen? Zeigt her Führung und Füßchen?

Wir haben auch noch die fast immer missverstandene und falsch interpretierte Szene, als Siegfried im Nibelungenlied (3. Âventiure) am Hofe König Gunthers eintrifft (und über die bei Wikipedia der größtmögliche Quatsch steht). Ich besitze diverse Ausgaben und habe die älteste und am schlechtesten lesbare rausgesucht, „für Schulen“ (har har), dass das altgermanistischr interessierte Publikum sich nicht langweil (auch online verfügbar. Wir können das schnell noch durchnehmen, bevor wir wieder Paddelbilder kriegen.

Führung zeigen

Ein Kerl kommt als zum Vertreter der herrschenden Feudalklasse, hier: König, und teil dem mit, er sei der Stärkste und Beste, und er müsste genau so eine hübsche Krone tragen. „Den kunec hâte wunder“ heisst: He was not amused.

Unter Feudaladligen ist das im 12. Jahrhundert eine Kampfansage, und jetzt müsste das Hauen und Stechen sofort losgehen. Die Recken ringsum ziehen auch ihre Schwerter, aber der König tut nichts. Ein scmhlicht gestrickter Redakteur des ehemaligen Nachrichtenmagazin, der Leitartikel schreibt, würde jetzt formulieren: Der König zeigt keine Führung.

Aber es ganz anders. Hier werden zwei Modelle gegenübergestellt, wie Gesellschaft sich innerhalb der herrschenden Klasse darstellt. Die ältere, archaischere „Methode“, durch Sigfrid verkörpert, besteht darauf, das derjenige Macht und Loyalität bekommt, der sich körperlich durchsetzt. Das war bis zur Jahrtausendwende auch so, bis sich die alten Familien der Feudalklasse fast alle gegenseitig ausgerottet hatten. Das Nibelungenlied propagiert – aber archaisch kostümiert – eine modernere Version feudaler Herrschaft. Der König hat seine Ministerialen, durch die er regiert, und muss selbst nicht mehr draufhauen. Für’s Grobe gibt es noch die adligen Vasallen, die für den Herrscher die Schmutzarbeit übernehmen.

Mehr würde nun wirklich zu weit führen. Es ist gleich elf Uhr, ich muss morgen wieder lohnschindern, und mein Avatar muss heute noch einen virtuellen Mord in Auftrag geben.

Nimm dies, Leitartikler: „Führung zeigen“ bedeutet: Andere die Arbeit machen zu lassen. Wer Führung will, will geführt werden. Und das ist nun wirklich typisch deutsch.

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Kommentare

5 Kommentare zu “Unter Geführt-werden-Wollenden”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Mai 2nd, 2024 6:23 am

    Das mit der Führung passt genau. Weiß heute nur keiner mehr, da alle auf flache Hierarchien reingefallen sind und den Chef duzen müssen.

    Zur alten, sich nur mit deutschem leidkulturellen Maso-Willen erschließenden Textfassung:
    Es ist das Misstrauen gegenüber der klaren Gegenwartsrealität, das den Zweifler zum Wühlen in alten modernden Schriften animiert. Dort findet er Weisheiten, die in jedem Aschenbecher, an jeder am deutschen Straßenrand mit einer Bullenkette plus Riesenvorhängeschloss gesicherten Mülltonne oder beim Betrachten eines in Nike Hightechjoggingseidenanzug lächelnd vorbeiächzenden Senior-Gutmenschen mit Hyaloronteint zementiert sind. All dem glaubt der Dok(umenten)tor nicht, denn er muss lesen, was andere vor ihm hinterließen. Höbe er nur einmal seinen Kopf – die Welt würde erstarren vor Schreck, denn sie müsste sich ändern…hx.

    https://www.youtube.com/watch?v=z9ZQJ9ugfHk

  2. Cpt. Arrowhead am Mai 2nd, 2024 5:46 pm

    „Der Geist ist es, der da lebendig macht, das Fleisch ist kein Nütze(…) Es versteht sich, daß dieser fleischlose Geist nur in seiner Einbildung Geist hat.“

    oder einfacher gesagt warum kann die deutsche „linke“ nicht twerken

  3. Godwin am Mai 2nd, 2024 8:58 pm

    manchmal, so hin und wieder, also nicht ständig, aber wenn sich die Gelegenheit bietet, frage ich mich, wieso der Burks Posts wie diese fabriziert…

  4. admin am Mai 2nd, 2024 9:27 pm

    Weil ich es kann.

  5. nOby am Mai 3rd, 2024 1:06 pm

    Nimm dies, Leitartikler: „Führung zeigen“ bedeutet: Andere die Arbeit machen zu lassen. Wer Führung will, will geführt werden. Und das ist nun wirklich typisch deutsch.

    Aber das damals mit Mao war OK? Der hatte keinen deutschen Pass.

    admin am Mai 2nd, 2024 9:27 pm

    Weil ich es kann.

    Ja, das wunderte mich regelmäßig und heute immer öfter. 😉 Bei dem Blogger Danisch ist es mir klar, der sitzt auf Zypern. An den ist schwer ran zu kommen. Aber Du sitzt mitten in Berlin.

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