Projekt Silverwissen, geschreddert

doom

Ich muss jetzt unbedingt ein Blog-Posting des Schockwellenreiters geringfügig verändern, aber ansonsten komplett übernehmen (bitte ersetzt 57 durch 58):

Hallo Wikipedia! „Projekt Silberwissen“ klingt genau so diskriminierend und ist vermutlich auch genau so ein abschätzig gemeintes Marketing-Sprech wie „Silversurfer„. Wir über 50jährigen sind nämlich nicht so doof und dämlich wie ihr Jungspunde meint, daß wir ein geschütztes Internet mit Sandkasten, Schüppchen und Förmchen bräuchten. Ich zum Beispiel (57 Jahre jung) habe schon gebloggt, da hat mindestens die Hälfte von Euch noch mit eben diesen Schüppchen und Förmchen unter Mamis Aufsicht in einem realen Sandkasten gespielt.

Ich behaupte sogar, dass der Schockwellenreiter und ich erheblich mehr über das Internet wissen als die Jungspunde, die bei Studivzfacebookmyspace die Hosen runterlassen, die noch nie einen elektronischen Brief (!) geschrieben haben, und die das Usenet mit einer uruguayischen Bratwurst verwechseln.

Mädels und Jungs bei Wikipedia, ich habe schon Ego-Shooter gespielt, da wart ihr noch gar nicht geboren! Und ich habe auch noch keine grauen Haare (und nicht nur, weil ich Schröder heisse)! Also haltet mal den Ball flach!

PGP

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Am Orinoco (1998)

Orinoco

In diesem Ort würde ich jetzt gern sein: San Fernando de Atabapo im venezolanischen Bundesstaat Amazonas (obwohl der Ort am Orinoco liegt).

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Revolution ist Ficken

mietermagazin

Das Label heisst Revolution Records und und auch sonst stimmt an dem Song alles, was man von einem jungen weißen Mann erwartet, der aus der Oberschicht stammt, aber einen auf „Deutsch Gangsta Rap“ macht: Er geriert sich gaaaaanz pöhse, fickt also alle Frauen und benutzt auch gaaaanz hässliche Worte, die im deutschen Fernsehen weggepiept werden, weil „man“ das nicht sagt.

Hier handelt es sich um Jakob Herrmann aka „Jackpot“, den Sohn des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann. Letzerer gibt gern die üblichen erzreaktionären Parolen von sich, die man von der Charaktermaske Innenminister wartet. Das Video seinen Sohnes, „Das R mit der Krone“, wurde von Youtube zensiert (die spinnen, die bigotten Calvinisten).

Bei Revolution Records werden sie jetzt schon den Sekt kaltstellen und mit Popcorn um sich schmeissen. Eine bessere Werbeaktion kann man sich nicht vorstellen. Bei Spiegel offline lesen wir den klassischen Internet-Ausdrucker-Satz: „Zu derb für YouTube – das Video wurde inzwischen gelöscht und ist nur noch über Umwege im Netz zu sehen.“ Über Umwege, bruhahaha, und natürlich scheut man sich bei den Dünnbrettbohrern bei Spiegel Offline auch, einen Link zu setzen. German Internet AngstTM at it’s best. Einer dieser „Umwege“ ist selbstverständlich auch burks.de.

Bei Musikern wie Jakob Herrmann denke ich immer an Pfarrer-Söhne, die man mit Klavierunterricht und humanistischer Bildung traktiert hat, bis es ihnen aus den Ohren rauskam, und die sich dann einen Irokesenschnitt zulegen, weil sie denken, das geile pralle Leben würde sonst unbemerkt an ihnen vorbeiziehen. Revolution ist Ficken. Wo das endet, sehen wir bei Rainer Langhans.

Was würde denn die Töchter eines bayerischen Innenministers singen? „Ich bin eine geile Schlampe, arbeite im Puff und habe drei mal täglich Gangbang?“ Nein? Ach so. Aber das sagt natürlich etwas über deutschen Rap aus. Wobei wir bei der Gender-Frage wären – aber dafür bin ich nicht zuständig.

By the way: Ob Twitter meinen Account loscht, wenn ich den Titel twittere? Probieren wir es aus.

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Tweet of the day 31

Marcel_Fischer: „#Guttenberg weiterhin beliebtester Politker. Das ergab die Auswertung von 500 zufällig geöffneten #Feldpost-Briefen.“

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Das Internet-Radiergummi bei Radio Fritz

Bei Radio Fritz lesen wir: „wir haben heute den sogenannten Offenen Brief an die Familienministerin Kristina Schröder von der Website genommen (…) Dieser Kommentar verletzt, so sehen wir es, an einigen Stellen eindeutig die Persönlichkeitsrechte von Frau Schröder.“

Das Original gibt es hier, auch als Screenshot. Du meine Güte – was sind die zimperlich bei Radio Fritz. Deutscher Journalismus eben. Man muss immer nett und höflich zur Obrigkeit sein. Fragt doch mal die Tunesier zu dem Thema.

Ich bin weder nett noch höflich und zur Obrigkeit schon gar nicht. Ich bin das Volk und der Pöbel auf der Strasse.

Liebe Kristina Schröder,

ich freu mich eigentlich immer über Schwangerschaftsbotschaften, aber alle Zitate von ihnen, die man heute lesen muss, rufen Ekel und Würgereflexe in mir hervor. Zum Beispiel: „Wir werden vor den gleichen Herausforderungen stehen wie viele andere Paare in Deutschland, bei denen beide beruflich sehr gefordert sind.“

Wie anmaßend, schamlos, unmoralisch, blind und bescheuert sind Sie eigentlich? Mit 16.529,50 Euro im Monat und einem garantierten, vergoldeten Betreuungsplatz in der 5-Sterne-Bundestags-Kita stehen Sie NICHT vor den gleichen Herausforderungen wie viele andere Paare in Deutschland.

Sie hoffen „Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen mit der Unterstützung ihrer Familien“… Erzählen Sie uns bitte nicht, dass Sie von Existenzängsten geplagt sich nachts wälzen und sorgen, ob das Geld für Windeln reichen wird, ob sie problemlos ihre Arbeitsstelle zurückbekommen. Fragen Sie sich lieber, wer eigentlich vor kurzem das Elterngeld gekürzt hat.

Ich wünsche Ihnen Sodbrennen, Wasserbeine, Müdigkeit, Krampfadern und Hämorrhoiden — wenigstens körperlich gleiche Herausforderungen.

Anmaßend, schamlos, unmoralisch, blind und bescheuert – genau: jedes Wort wahr.

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Die Grünen – das politische Wellnessprogramm für eine heile Mittelschichtswelt

Schöner Artikel in der taz über die Wähler der Grünen aka GAL in Hamburg: „Die neue GAL-Parole erinnert daher an die Kampagnen der Titanic-Partei ‚Die Partei‘, bei denen sie mit Scherzbekenntnissen wie ‚Für eine Zukunft mit Zukunft!‘ oder ‚Hamburg – Stadt im Norden‘ die hohlen Phrasen der etablierten Parteien auf die Schippe nehmen wollte. Jetzt droht die Satire zu einer Erfolgsstory zu werden. (…) Über all die profanen Niederungen des Alltags scheinen die GAL-Anhänger erhaben zu sein: Armut, Erwerbslosigkeit, Gentrifizierung, steigende Gebühren. Denn das sind die Sorgen der Unterschicht. In den Stadtrandghettos kommt die GAL ohnehin nur knapp über die Fünf-Prozent-Marke.“

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Brüderchen und Schwesterchen

Guanajuato

Dieses Foto habe ich 1979 im mexikanischen Guanajuato gemacht.

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Gentrifizierung ante portas?

mietermagazin

Aus dem Mieterecheo Nr. 343, November 2010, über den südlichen Richardkiez („Deutsch-Rixdorf), in dem ich wohne:

„Ortsteile von Neukölln sind demnach längst ‚hip‘ – sei es als Erlebnisraum für den internationalen Touristentross, als angesagter Kiez für die ‚kreative Klasse‘ oder als preisgünstiger Wohnort für Wohnungssuchende mit kleinerem Geldbeutel.(…)

Ist die Verdrängung von Mieter/innen auch in Neukölln auf dem Vormarsch? Folgt man der aufgeregt geführten Gentrifizierungsdebatte, lautet die Antwort schlicht: Ja. Eine Untersuchung des Stadtforschungsinstituts Topos über die Entwicklungen im Neuköllner Richardkiez kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis. Nicht Aufwertung und Verdrängung prägen die Entwicklung, sondern die Einkommenssituation und generelle Tendenzen auf dem Wohnungsmarkt. (…)

Während die Mietpreise enorm steigen, ist die soziale Situation einer großen Zahl von Bewohner/innen von finanzieller Unsicherheit und materieller Armut geprägt. Gerade einmal 60% der Haushalte verfügen über ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Ein erheblicher Teil von ihnen (6 %), muss allerdings aufgrund der geringen Bezüge zusätzliche Mittel im Rahmen von Hartz IV in Anspruch nehmen. Bei ihnen handelt es sich um so genannte Aufstocker/innen. Die Bewohner/innen von 13% der Haushalte sind Studierende oder befinden sich in einer Ausbildung. Fast ein Drittel, nämlich 27% der Befragten, ist komplett auf staatliche Unterstützung angewiesen, bezieht eine Rente oder weist ‚unsichere Erwerbslagen‘ auf. Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen im Gebiet beträgt 1.700 Euro.“

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„Da bin ich jetzt supernackt“ – Politik in Österreich und auch anderswo

Die Telefonprotokolle Vorlesung: Teil 1

Das Video wird von YouTube eingebettet und erst beim Klick auf den Play-Button geladen. Es gelten die Datenschutzerklärungen von Google.

Falter.at: „Am Montag den 17.1.2011 fand im Audimax der Universität Wien eine besondere Vorlesung statt. In der Lehrveranstaltung von Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer lasen die Kabarettisten Thomas Maurer, Robert Palfrader und Florian Scheuba aus den polizeilichen Abhörprotokollen von Grasser und Meischberger, fachlich unterstützt vom stv. Chefredakteur des FALTER, Dr. Florian Klenk.“ (Insgesamt fünf Videos, via Fefe)

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FDGO

„Unternehmer sind bester Laune.“ – „In Deutschland werden Lebensmittel immer teurer.“ Für mich gehören diese beiden Sätze – heute in den Holzmedien aufgeschnappt – zusammen.

„Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg halten 77 Prozent der Bürger für eine gute Besetzung in seinem Amt.“ Rund zwei Drittel aller Deutschen sind also politisch und geistig unzurechnungsfähig. Quod erat demonstrandum.

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Pisac am Urubamba

Pisac

Das Foto habe ich 1980 im peruanischen Pisac gemacht – ungefähr hier, im „heiligen Tal der Inka“ am Rio Urubamba. Die Zitadella Q’allaqasa ist gut zu erkennen. Der Junge hütete Ziegen.

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Abschied ist ein schweres Schaf


Das Video wird von YouTube eingebettet und erst beim Klick auf den Play-Button geladen. Es gelten die Datenschutzerklärungen von Google.

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Yes, we cannot

SpOff: „Der US-Präsident hat das Gefangenenlager Guantanamo bisher nicht geschlossen – und sieht offenbar auch keine Chance, das in nächster Zukunft zu tun. Nun will er laut einem Pressebericht vermehrt Militärtribunale vor Ort für die strafrechtliche Verfolgung der verbliebenen Häftlinge nutzen.“

Wikipedia: „Am 29. Juni 2006 hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten entschieden, dass die Militärtribunale im Gefangenenlager Guantanamo nicht rechtens sind. Sie verstößen gegen die Genfer Konvention, das US-Militärrecht und die amerikanische Verfassung. (…) Der Europarat hat am 9. Januar 2007 eine sofortige Schließung des US-Lagers Guantánamo gefordert. Das Lager stelle eine eklatante Verletzung der Menschenrechte dar, sei ein Schandfleck für die USA sowie eine Behinderung des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus, so der Generalsekretär der Staatenorganisation, Terry Davis. (…) Einige Insassen des Gefangenenlagers Guantánamo berichteten, dass sich mit der Amtsübernahme von Präsident Obama deren Situation verschlechtert habe und die Misshandlungen zugenommen hätten.“

In my humble opinion steht in der New York Times nicht das, was Spiegel offline (die verlinken noch nicht mal die Quelle, die sie selbst angeben) behauptet: „The Obama administration is preparing to increase the use of military commissions to prosecute Guantánamo detainees, an acknowledgment that the prison in Cuba remains open for business after Congress imposed steep new impediments [Hindernisse oder Blockaden] to closing the facility.“

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Das #neue_Twitter (bekanntes Problem): Weißer Bildschrim

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Ich kann zur Zeit nicht vernünftig twittern. Das liegt an Twitter, nicht an mir. Die verhalten sich ähnlich dämlich wie ebay: Niemand verrät mir, welche Cookies und welche Scripte ich zulassen muss, um mich vernünftig einloggen zu können. Sie setzen einfach voraus, dass jeder mit heruntergelassener Hose surft oder gar mit dem Internet Explorer. Das Problem mit dem „neuen Twitter“ geht aber tiefer und ist schon seit einer Woche bekannt (siehe Screenshot): Manche Nutzer sehen nach dem Einloggen einen weißen Bildschirm.

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Ich habe natürlich versucht, das zu ändern und sogar meinen Firefox 3.3.6 auf 3.3.11 upgedatet. Das nützt aber nichts. Auch die standardisierten Ratschläge auf der Hilfe-Seite sind mehr Gestammel als dass sie irgendetwas erklärten. Ich habe meinen einschlägigen Kommentar dort hinterlassen. Mal sehen, wie lange die „Ingenieure“ noch brauchen werden.

Natürlich wird Twitter nicht wegen mir das Geschäftsmodell ändern – Datenspionage und Ausspähen den Nutzerverhaltens und dessen Verkauf. Sicherheitsbewusste Nutzer wie ich sind eine irrelevante – weil winzige – Zielgruppe, deren Online-Verhalten so stark von dem der gewöhnlichen DAUs abweicht, dass man sie vernachlässigen kann.

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Von Caracas nach Santa Ana de Coro

caracascaracascorocorocorocorocoro

So ein Blog ist doch etwas Feines – ich kann die Welt mit völlig nichtssagenden Fotos belästigen. Sie bedeuten nur für mich etwas, und wenn ich sie betrachte, erinnern sie mich an Angenehmes oder Aufregendes.

Das oberste Foto zum Beispiel könnte überall gemacht worden sein, über Mallorca, Ports Moresby oder den Osterinseln. Ich aber saß 1998 in einer Maschine der Iberia und sah zum ersten Mal seit 1984 wieder die Küsten Südamerikas – hier Venezuela, das ich noch nicht bereist hatte. Der Abend dämmerte schon. Man hatte mich vor dem angeblich gefährlichen Caracas gewarnt. Das schreckte mich nicht, aber ich plante, nicht dort zu bleiben, sondern mir einen Bus in den Nordwesten zu suchen, nach Santa Ana de Coro (Weltkulturerbe), um mich dort für ein paar Tag in der idyllischen Kleinstadt zu akklimatisieren: Ich recherchierte für meinen Roman Die Konquistadoren„, und Coro war im 16. Jahrhundert des Ausganspunkt der „deutschen“ Eroberungszüge zum „El Dorado“ gewesen.

Das alles schwirrte mir durch den Kopf. Vor acht Jahren bloggte ich hier:

„Land! Nicht anders muss sich Kolumbus gefühlt haben. Gieriger Blick aus dem Fenster: Südamerika, meine zweite Heimat. Wolken huschen über Inseln, man schaut wie ein Vogel auf die türkisblaue Brandung herab. Immer wenn ich das Meer sehe, muss ich an Marquez denken: Un relato de un naufragio. Es zieht in der Brust. Welcher wehmütiger Schmerz ist das? Das Gefühl, wie ein Tropfen Wasser im Meer zu sein, eine winzige weisse Wolke unter vielen – eine sanfte Brise, und sie löst sich auf in nichts. Das Traurige am wahren Reisen ist: Man kann es mit niemandem teilen, die Gefühle, die Sinneseindrücke nicht wiedergeben. Wie kann man eine Reise nach Südamerika erzählen? Vielleicht nur wie Rutger Hauer im Bladerunner: „I’ve seen things you people wouldn’t believe. …All those moments will be lost in time, like tears in the rain.“ Ich mag sehr gern fliegen, ich liebe den Augenblick, wenn der Druck beim Start einen in den Sessel presst. Weg, nach oben, ganz weit weg, auch wenn sieben Stunden Flug unrealistisch kurz sind für die Entfernung, die man tatsächlich zurückliegt. (…)

Die Sonne ist schon dunkelrot. Berge an der Küste, völlig kahl. Endlich gelandet. Immer das komische Gefühl: ich könnte den Boden küssen. Vielleicht haben das auch die deutschen Konquistadoren gemacht, deren Spuren ich verfolgen will und die schuld daran sind, dass ich jetzt in Venezuela bin. Allein, mit vielen Büchern über die Alemanes y los Belzares (Welser) im 16. Jahrhundert im Kopf. Die Hitze lullt mich ein, aber der Geruch! Ich erkenne Südamerika am Geruch. Den schweren Rücksack auf den Rücken werfen, knarrende Riemen. Auch das hört sich vertraut an. Der Druck auf den Schultern. Das Gefühl, ganz da zu sein, mit jeder Faser des Körpers. Das ist das wahre Leben – konzentriert und auf den Punkt gebracht.

Ein Collectivo nach Caracas. Meine erste spanischen Worte seit langem. Kurvenreiche Straße, Slums an die Hügel gekrallt. Die Bilder von draußen dringen noch nicht bis in meinen Kopf. Ich bin restlos glücklich. Das bekannte Gewusel. Bei halb geschlossenen Augen kann ich mir vorstellen, gleichzeitig in Bogota, Medellin, Quito, Lima oder in den Barrios von La Paz zu sein. Endstation. Ein paar hundert Meter zu Fuss. Die schon nächtliche Stadt liegt mir zu Füßen (zweites Foto). Der Verkehr rauscht um mich herum wie Wasser um einen Stein. Ich lasse den Stadtplan in der Hosentasche. Ich will reden, den Rhythmus des espanol in mich aufsaugen, frage Passanten. Ich muss wohl ein paar Kilometer zu Fuss gehen zum zentralen Busbahnhof. Man rät mir zum Taxi. Aber ich will das Gefühl genießen, allein durch die Nacht zu laufen. (…)

Am Busbahnhof umringt mich ein Dutzend Männer, die mir die Ziele ihrer Busse entgegenbrüllen. Schön hört sich das an: Maracaimaracaimaracaiboooooo! Maracaibo, die heiße Millionenstadt an der Lagune, die sich zum Golf von Venezeula öffnet, gegründet 1529 durch Ambrosius Dalfinger aus Ulm. Barquisimeto. Acarigua. Tocuyo. Namen, die ich aus den Briefen des deutschen Konquistadors Philipp von Hutten kenne… Noch klingen sie wie ein Geheimnis.

Es ist schon 22 Uhr und immer noch die Hölle los. Viele Tage habe ich in Busbahnhöfen verbracht, in vielen lateinamerikanischen Ländern. Das Leben spielt sich wie unter einem Mikroskop ab, alle Sorten von Menschen werden durchgeschleust. Bahnhöfe sind die interessantesten Orte einer Stadt, zusammen mit den Märkten. Wer die Bahnhöfe und die Märkte kennt, weiß, wie man in dem Land fühlt und lebt. Knapp drei Monate später werde ich mir ein very basic Hotel in einer kleinen nahegelegenen Seitenstrasse nehmen.“

Ich habe an anderer Stelle schon etwas über die Kathedrale von Coro gesagt. (Interessant, dass der deutsche Wikipedia-Eintrag zwar nicht verschweigt, dass Coro für einige Jahrzehnte den Augsburger Welsern gehörte, aber nicht den schwunghaften Sklavenhandel erwähnt, den die Welser betrieben und auch nicht, dass zahlreiche „Expeditionen“ – in Wahrheit Raubzüge – von Coro aus aufbrachen, um das sagenhafte Goldland zu finden – zum Beispiel Nikolaus Federmann, der Mitgründer der kolumbianischen Hautpstadt Bogotá; die deutsche Kolonialgeschichte, die in Venezuela jedes Schulkind kennt, fällt fast komplett unter den Tisch. Der spanische Eintrag ist aufschlussreicher.)

Das vorletzte Bild zeigt das winzige Frühstücks“cafe“, in dem ich eine Woche lang jeden Morgen einkehrte – ich finde es leider nicht mehr auf der Karte wieder.

Auf dem unteren Bild erkennt man die Dünen im Parque Nacional Los Médanos de Coro. Wikipedia: „Der Nationalpark umfasst 91.280 Hektar Wüste, Küste und Salzwiese. Die großen Dünen (‚Médanos‘) erstrecken sich über eine Länge von 5 bis 30 Kilometer und können bis zu 40 Meter hoch werden. Durch starke Winde ändern sie ständig ihre Form. Wegen der sehr seltenen Niederschläge besteht die Flora aus stacheligen Sträuchern. Die Fauna ist ebenso spärlich und besteht hauptsächlich aus Echsen, Hasen, Ameisenbären, Füchsen, Tauben und Falken.“ Ich hatte mir einen Lokalbus genommen und bin ganz allein durch die glühend heisse Einöde gestapft. Auch das werde ich nie vergessen.

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City of Besnitt

besnitt

City of Besnitt – meine neue virtuelle Heimat in Gor. Ja, mein Avatar ist zu sehen – der in scharlachroter Kleidung.

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Spitzel Inc.

SpOff: „Kennedy arbeitete für die geheimniskrämerische National Public Order Intelligence Unit (NPOIU), eine von mehreren Anti-Terror-Einheiten, die der Association of Chief Police Officers (Acpo) unterstehen. Die Acpo ist keine Behörde, sondern eine private Firma hochrangiger Polizeibeamter, an die Scotland Yard heikle Aufträge outsourct, von denen die Öffentlichkeit nichts erfahren soll.“

Das ist eine höchst interessante Entwicklung. „ACPO is a private company and the Office of the Information Commissioner has confirmed that the Freedom of Information Act does not apply to the Association, since Schedule 1 of the Act does not include a definition which covers ACPO.“ M;it anderen Worten: Polizisten gründen eine Firma und nutzen ihrer Verbindungen, um Aufträge zu ergattern, die zu schmutzig sind, als dass sie staatliche Organe machen dürften.

Wenn das Schule macht, könnte man auch das Militär outsourcen. Wer genug Geld hätte, leistete sich einfach eine Privatarmee. Joschka Fischer hätte gar nicht über den Einsatz von Bomben gegen die serbische Zivilbevölkerung räsonnieren müssen, sondern hätte sich mit anderen Lobbygruppen zusammentun können, etwa den Warlords der albanischen Mafia. Die hätten sich selbst in „Schutztruppe“ umbenannt und das Problem geregelt.

Das ist doch auch mal eine schöne Geschäftsidee für den Verfassungsschutz. Dessen Mitarbeiter müssten nur eine Firma gründen, natürlich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, und können dann ganz ungehindert von der öffentlichen Meinung die Neonazi-Szene oder ander Gruppen von ihren Angestellten unterwandern, organisieren und verwalten.

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Indect – der Wiedergänger der negativ-dekadenten Persönlichkeit

Das „abnormale Verhalten“, nach dem INDECT sucht, hieß in der DDR „negativ-dekadente Persönlichkeit“. „Internet child pornography, promotion of totalitarian symbols, trafficking in human organs, spread of botnets, viruses, malware. Alle bekannten Sprechblasen vorhanden. Quod erat demonstrandum.

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Nerdcore, die Durchführung einer Ablebensmaßnahme und andere signifikanten Kookkurrenzen

Prolog: Ich habe noch nie verstanden, warum sich das Verb abmahnen in die deutsche Sprache und die dazu passenden Gehirne geschmuggelt hat. („Signifikante Kookkurrenzen für abmahnen: kündigen (59), Arbeitgeber (55), Kündigung (52), untergrabend (49), müssen (38), Betriebsfrieden (33), gegebenenfalls (31), Wiederholungsfall (30), fristlosen (29)“)

Ich kann jemanden mahnen, dass etwas Böses einträte, täte er Dieses und Jenes und würde ihn ermahnen, unterließe er es, auf meinen Rat zu hören. Aber was – zum dreigeschwänzten Teufel – unterscheidet mahnen von abmahnen? (Bevor die Abzock- und Abmahn-Mafia sowie anderes Wegelagerer-Geschmeiß jetzt das Maul öffnen: Wir reden über die deutsche Sprache und nicht über berufsspezifischen Slang.)

Abmahnen verhält sich zu mahnen wie die „Fachtagung“ zur „Tagung“, der „schulische Bereich“ zur „Schule“ und die „Durchführung einer Ablebensmaßnahme“ zum „Erschießen“. Der Begriff ist also wie geschaffen für Juristen und Leute, die nichts zu sagen haben, das aber um so öfter und lauter.

Und jetzt zu etwas ganz Anderem. Bei Fefe las ich, dass nerdcore.de (war auch in meiner Blogroll) verschwunden sei: „Anscheinend hat die Firma Euroweb nach gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Blogger René Walter einen Titel gegen ihn erwirkt und damit dann die Domain zwangsvollstrecken lassen.“ Bei Law blog wird das ausführlich diskutiert.

Die FAZ berichtet als gefühltes reaktionäres Sprachrohr der gefühlten Großbourgeoisie aka gefühlte herrschende Klasse einschlägig (das heißt: es ist wie bei dem gefühlten „Nachrichten“-Magazin Focus: Man weiß immer schon vorher, welche Meinung die haben oder sich haben verkaufen lassen): Die Diskussionen über die umstrittene Firma werden zwar erwähnt, sogar der sinnfreie (und selbstredend linkfreie) Satz „der Mitteldeutsche Rundfunk hat darüber bereits zweimal berichtet“ taucht auf, aber um was genau es sich handelt, erfährt man bei der FAZ nicht. Burks.de hat auch schon öfter über alles Mögliche berichtet – na und? Journalismus ist nicht, wenn man unkritisch die Agitprop wiederholt, die Euroweb über sich zu verbreiten geruht (siehe auch oben).

Die FAZ schreibt: „Nachdem sich René Walter diese Präsentationen (…) – einmal angesehen hat, kam er zu dem Schluss, dass sie ‚minderwertig‘ seien und darunter ‚unverhältnismäßig viel Schrott dabei‘ und sich die Euroweb ‚mit Dreck eine goldene Nase verdiene‘. Für diese Äußerungen hat Euroweb ihn abgemahnt und, als er darauf nicht reagierte, Ende August 2010 ein Urteil vor dem Landgericht Berlin erstritten, um das er sich offenbar ebenfalls nicht kümmerte. Daraufhin wurde seine Adresse gepfändet.“

Da „Dreck“ unstrittig eine Metapher ist, hat René Walter also eine subjektive Meinung geäußert (im Juristen-Jargon: „wettbewerbswidrige Äußerungen in Bezug auf unsere Mandantin“). Juristen sahen darin öffenbar eine „Schmähkritik“ – wir sind in Deutschland. Die Schmähkritik verhält sich zur Kritik wie – aber das hatten wir schon. Abmahn-Anwälte haben oft eine ähnliche Mentalität wie die bekannten Nachbarn, die sich wegen einer Hecke, deren randständigen Blättchen sich zehn Zentimeter über die Grundstücksgrenze hinausgewagt haben, zwanzig Jahre mit zahllosen Prozessen überziehen. Dazu kommt, dass die Gier nach Geld, Geld und noch mehr Geld die zwangsläufige moraltheologische Verhaltensnorm des Kapitalismus ist (den wir alle als alleinseligmachende Gesellschaftsform und freiheitlichdemokratische Grundordnung [die Grundordnung verhält sich zur Ordnung wie usw.] lieben und verehren), Abmahnanwälte als rättische Charaktermasken dieses Triebs natürlich eingeschlossen.

Die Süddeutsche schreibt: „Euroweb ging gegen die aus Sicht der Firma diffamierenden Darstellungen anwaltlich vor, was wiederum als Versuch aufgefasst wurde, Kritiker mundtot zu machen. Zum Ärger des Unternehmens dokumentiert Google die Spuren des Konflikts bis heute. (…) Denn abgesehen von der unbegreiflichen Nachlässigkeit des Nerdcore-Erfinders René Walter, worum ging es? Doch offenbar um einen Blogeintrag, der das Preisleistungsverhältnis bei Euroweb problematisierte“. Man spielt also auf den Streisand-Effekt an – in der Blogosphäre gebraucht man auch den Begriff Shitstorm.

Was mich am Thema interessiert, ist die Pfändung einer Domain. Ich stimme mit Udo Vetter nicht überein. Zwar kann eine Domain – wie es bei Heise zu lesen ist (2004) gepfändet werden, es kommt aber auf die Umstände an. Die sind IMHO bei nerdcore.de nicht so eindeutig, mal ganz abgesehen von der Frage, ob hier die Mittel zum Zweck (eine geringe Geldsumme zu erhalten) verhältnismäßig eingesetzt wurden. Die Kommentare bei law blog sprechen für sich: „Wenn ich meinem Glaeubiger den Gerichtsvollzieher schicke, mit Titel natuerlich, und dieser pfaendet, dann geht das Pfand rechtlich gesehen in meinem Besitz ueber, aber noch lange nicht in mein Eigentum.“ – „Dabei entstehen sicherlich auch Kosten, die möglicherweise höher sind als bei einer normalen Pfändung. Wenn jetzt aber ein Fehler begangen wurde (was mir nicht völlig abwegig erscheint), muß evtl. hinterher an den Gepfändeten Schadenersatz geleistet werden. Die Frage ist doch wirklich, welche Methode zielführender war. Mal ganz abgesehen vom berechtigten Imageverlust.“

Das Landgericht München I (Beschluss vom 12.02.2001, 20 T 19368/00) hat schon vor zehn Jahren entschieden: „Die Übertragbarkeit der Domain und ihre Loslösung vom Inhaber führt nicht dazu, daß sie als pfändbares Recht anzusehen ist.“ Das Landgericht Mönchengladbach ist anderer Meinung und hat etwas vage formuliert, wann eine Domain nicht gepfändet werden kann: „Eine Unpfändbarkeit kann sich analog § 811 Nr.5 ZPO daraus ergeben, dass eine Domain zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit des Schuldners erforderlich ist. Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn sich die Domain im Rechtsverkehr durchgesetzt hat und deshalb nicht mehr ohne weiteres gegen eine andere ausgetauscht werden kann.“ Genau das ist bei nerdcore.de der Fall – allerdings darf man daran zweifeln, ob der Inhaber jemals eine relevante Summe mit seinem Blog verdient hat oder ob Bloggen Beruf ist, für den man die „eingeführte“ Domain braucht. (Bei burks.de ist ist das anders: „Burks“ hat sich als mein „Künstername“ durchgesetzt, und ich nutze mein Blog als Teil der gesamten Website u.a. zur beruflichen Eigenwerbung und zur Auftragsaquise.)

Ich würde gern darauf wetten, dass Euroweb in den höheren Instanzen verlieren wird (falls es dazu kommt). Der Bundesgerichtshof hat die Angelegenheit schon geregelt und meines Erachtens dem Landgericht Münchengladbach und anderen Vorinstanzen teilweise widersprochen: „Eine Internet-Domain ist lediglich eine technische Adresse im Internet“, vgl. BGH, Beschluss. v. 05.07.2005 – VII ZB 5/05):

a) Eine „Internet-Domain“ stellt als solche kein anderes Vermögensrecht i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO dar. Gegenstand zulässiger Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO in eine „Internet-Domain“ ist vielmehr die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem der Domainregistrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen.
b) Die Verwertung der gepfändeten Ansprüche des Domaininhabers gegen die Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag kann nach §§ 857 Abs. 1, 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlungs Statt zu einem Schätzwert erfolgen.

Die Anwälte von Euroweb sehen das jedoch anders: „Das Urteil erging im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, auf das – grundsätzlich hiergegen mögliche – Rechtsmittel der Berufung verzichtete der Schuldner. Die Hauptsacheklage ist bislang nicht anhängig. Die durch das Gerichtsverfahren entstandenen Kosten sowie weitere Beträge für Rechtsanwaltsgebühren hatte der Schuldner zu zahlen.“

Aha. Jetzt habe ich auch das juristische Geschäftsmodell begriffen. Da nützt auch nichts, wenn Euroweb den vermeintlich Guten aus dem Erlös der Domain-Versteigerung spenden will – die haben dankend abgelehnt:

„Könnte die Firma Euroweb das Geld aus dem Erlös der Versteigerung der Nerdcore-Domain tatsächlich spenden, so bräuchte sie dafür einen Empfänger, der das Geld auch annimmt. Wir aber haben das Gefühl, dass hier mit ziemlich dicken Kanonen auf zierliche Spatzen geschossen wird. Und davon möchten wir nicht profitieren. Und wir möchten auch nicht, dass sich der Kanonier mit einer Spende an Freischreiber ein moralisches Mäntelchen für eine klassische Überreaktion umhängen kann.“

Dem kann ich mich nur anschließen. Ich werde in Zukunft jeden Kontakt mit Euroweb – falls sich einer ergäbe – vermeiden.

By the way, Euroweb: Euer Deutsch des Grauens im obigen Agipprop-Video bedarf eines Updates (hoppla, das war ein Genitiv – hätten Sie’s gewusst?). „Weil ich will meine Kunden nicht warten lassen“. Nein! Um eines höheren Wesens willen – das ist Dreck, Sprachdreck. Der Satzbau im Deutschen geht anders. Ein Kausalsatz, bediente er sich des „weil“, würde lauten: „weil ich meine Kunden nicht warten lassen will.“ Aber das kann ein „Medienberater“ bei Euroweb natürlich nicht wissen.

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Hugendubel

Ich werde ab sofort keine Bücher mehr bei Hugendubel kaufen.

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