Füsse hoch in Victoria

Ayin

Manchmal muss auch ein Avatar mal ausspannen und die Füße hoch legen wie hier meiner in Ayin, City of Victoria, direkt am Hafen.

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War on Spam

Ein Artikel von mir in der aktuellen „Jungle World“ (leider linkfrei): „Einer der weltweit größten Versender unerwünschter Werbemails ist untergetaucht. Das hört sich an wie eine gute Nachricht, bedeutet jedoch nicht das Ende des lukra­tiven Geschäfts mit Spam-Mails, das weiterhin von der Ignoranz vieler Internetnutzer lebt.“

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Verdächtiger Code bei Twitter gefunden

twitter

Da müssen sie aber noch kräftig üben bei Spiegel offline mit den neuen Medien. Das kommt davon, wenn man alles von Bill Gates übernimmt und unbedingt in HMTL schreiben will wie Werbeagenturen – anstatt American Standard Code for Information Interchange. By the way: read the TEN-Standard!

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Datenausführungsverhinderung

Das schönste deutsche Wort seit langem, gelesen bei Heise: „Datenausführungsverhinderung“. Der Fahrer des Wagens gibt immer Vollgas, weil er nicht weiß, wie es anders geht, aber da ist ja noch ein Feature, das abhilft: Die Vollgasausführungsverhinderung, auch als Bremse bekannt.

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Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen

Am 25.Oktober bin ich vom Landgericht Berlin zu einer geringen Geldstrafe (rund 400 Euro) verurteilt worden wegen § 353d StGB – „Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen“. In der ersten Instanz hatte das Gericht lediglich einen Verweis ausgesprochen; dagegen war die Staatsanwaltschaft auch in Berufung gegangen. (Mehr über den Hintergrund bei Heise.)

Ein Drittel der Strafe wurde mir zudem erlassen. Zitat aus der Urteilsbegründung: „Der Abschluss des Strafverfahrens ist hier allerdings (…) von der Staatsanwaltschaft rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass die diesbezüglich im Rahmen der Strafmilderungsgründe erfolgte ausdrückliche Feststellung zur Kompensation nicht genügte, sondern es einer darüber hinausgehenen Entschädigung des Angeklagten für seine mit der überlangen Verfahrensdauer verbundenen hohen psychischen Belastung bedurfte.“

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Balalaika Amok

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Im Konzentrationslager für’s Leben lernen

Spiegel Offline über deutsche Moral nach Auschwitz und die Frankfurter Juden: „Die Könige des Schwarzmarktes waren Juden, die durch die härteste Schule gegangen waren, die das Leben einem bieten konnte. Sie hatten das Überleben in Konzentrationslagern gelernt und wussten, worauf es ankam: Man durfte nicht zimperlich sein, weder mit sich selbst noch mit anderen.“

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Internet-Sicherheitsthermometer, Internet-Sicherheitsgurte und Internet-Führerschein

safety belt

Manchmal kann ich mir nicht anders durch den Tag helfen als die Weisheit eines Zen-Meisters zu beherzigen: „Die Welt ist ein Chaos, und der wahre Weise verhält sich dementsprechend.“

Lesen wir zum Beispiel die Pressemitteilung – aka Agitprop – einer Behörde, deren Titel nicht deutscher sein könnte: „Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg“. Anstalt – da weiß man, was man hat. „Medienkompetenz ist digitaler Sicherheitsgurt im Netz“, heißt es da; und dass man mit einer Firma kooperiere, die sich jugendschutz.net nennt. Da es sich um eine deutsche Pressemitteilung handelt, muss man zunächst exorzieren, somit die German Internet AngstTM demonstrieren, also vor den „Gefahren des Internet“ warnen. Nach diesem kurzen obligatorischem Gebet kann der Kopf dann wieder aufgesetzt werden.

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die RTL-II Fantasy-Sendungen „Tatort Internet“ habe der der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) Thomas Langheinrich behauptet: „Im Netz braucht man digitale Sicherheitsgurte“ und „nannte als zentrale Maßnahme die verstärkte Vermittlung von Medienkompetenz“. Langheinrich, mir graut vor dir! Warum müssen die immer derart verschrobenen Metaphern wählen aus der Zeit, in der Helmut Kohl noch von der „Datenautobahn“ sprach? Medienkompetenz ist zunächst einmal, Jugendliche in die Lage zu versetzen, jedwede Art von „Internet-Filtern“, wie sie die Jugendschutzwarte fordern, und jede Art von Zensur umgehen zu können. Alles andere ist zweitrangig, das kriegen wir später.

Jetzt wieder heiße Luft zufächeln: „Unterstützung erhält der LFK-Präsident von Friedemann Schindler, Leiter von jugendschutz.net, einer zentralen Einrichtung, die das Internet kontrolliert und für die Einhaltung des Jugendschutzes sorgt.“ Eine „zentrale“ Einrichtung? Das klingt ungeheuer wichtig und viel toller als etwa „dezentral“, zeigt aber nur, dass die Verfasser dieses schwülstigen Blähdeutsch am liebsten „Zentralrat für das Internet“ geschrieben hätte. Das internet kontrolliere ich auch, und zwar mehrmals täglich. „‚Auch ein Notfall-Button kann helfen‘, so Schindler.“ Sicher, um die Jugendschutzwarte und andere Wichtigtuer aus dem digitalen Weg zu katapultieren.

Was wollen uns die Künstler aus der Anstalt sagen? „Informationen über den richtigen Umgang mit den Chats und dem Internet bieten von der LFK geförderte Seiten. (…) mit einem attraktiven Verkehrsleitsystem durchs WorldWideWeb.“ Das ist ja mal ein schöpferisches Denglisch: WorldWideWeb. Vermutlich weiß niemand von diesen Lobbyisten, was IRC ist und dass man das weder kontrollieren noch zensieren kann. Deshalb reden alle nur vom WWW-basierten Chat. Wer denen glaubt, muss eben dumm sterben. Die Textbausteine, die sich hinter dem vermeintlichen Anliegen „Aufklärung“ verbergen, dienen also ausschließlich der Eigenwerbung.

Wir hatten hatten also die Internet-Sicherheitsgurte und das „Worldwideweb“-Verkehrsleitsystem. Kommen wir zum Internet-Sicherheitsthermometer. Das empfiehlt ein „Experte“ laut heise für „Online-Anwendungen“. „Als Beispiel für eine künftige nutzerfreundliche Sicherheitsapplikation brachte Bub auch eine Art ‚Thermometer‘ für Webseiten oder Online-Anwendungen ins Spiel, über das Verbraucher mit einem Blick die Vertrauenswürdigkeit digitaler Plattformen einschätzen könnten.“ Au ja. Ich bringe jetzt auch etwas „ins Spiel“, zum Beispiel ein Thermometer für Dummschwätzer, das gekoppelt ist mit einem akustischen Alarm. Wer etwa jugendschutz.net oder eict.de aufrüft, muss vorher die Lautsprecher einschalten und wir dann mit zwei Minuten lang mit 120 Phon beschallt, damit man auch weiß, was jetzt kommt und dass der Dummschwatz-Ausschlag die Quecksilbersäule auseinandergesprengt hat.

„Die Herausgeber der Studie empfehlen zudem die Einführung ‚eines bundesweit einheitlichen Internet-Führerscheins‘ mit regelmäßigen Erneuerungsfristen sowie die Veröffentlichung eines Leitfadens mit einfachen und anschaulichen Regeln für die Online-Nutzung.“ Das musst ja kommen. „Fahren Sie Ihre IP-Adresse mal rechts ran. Ihr Internet-Führerschein bitte! Filesharing ist schon seit drei Monaten abgelaufen, das gibt Punkte!“

Zum Glück wurde burks.de ein Musterexamplar des neuen Internet-Führerscheins vorab exklusiv zugespielt. Ihr könnt also nicht sagen, dass ich euch nicht gewarnt hätte!

Internet-führerschein

By the way, burks.de enthält ausschließlich „verdächtige Inhalte“ im Sinne des Pentagon. „Was die frühere Bush-Regierung landes- oder auch weltweit sich gewünscht hat, will nun das Pentagon wenigstens für das US-Militär realisieren, nämlich die gesamte Kommunikation überwachen und durchsuchen, ob sich dort Zeichen für ein verdächtiges Verhalten finden lassen.“ Es gebe jedoch „noch keine etablierten Techniken, um Anomalien in Datenmengen“ zu entdecken.

Das macht überhaupt nichts! Ich verkünde es hiermit: burks.de ist eine Datenanomalie, also überwacht mich! Ich wäre beleidigt, wenn ihr mich einfach ignoriertet! Lest gefälligst mein Impressum: „This site may contain explicit descriptions of or advocate one or more of the following: adultery, murder, morbid violence, bad grammar, deviant sexual conduct in violent contexts, or the consumption of alcohol and illegal drugs.“

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Red Army Choir

Ich muss doch auch was für die ParteigängerInnen der Linken tun, dass die sich hier wohlfühlen, nicht nur für die Piraten…

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Terroralarm ist Lobbyismus der Geheimdienste

Endlich mal eine Verschwörungstheorie, der ich voll und ganz beipflichte: „Den großen Terroralarm wegen Paketbomben aus dem Jemen nutzen westliche Geheimdienste, um mehr Geld aus ihren Staatskassen zu bekommen, sagte der russische Orientexperte Oleg Peressypkin. (…) ‚In verschiedenen Ländern werden derzeit die Staatshaushalte für das nächste Jahr erörtert. Deshalb sind Länder wie Frankreich, Großbritannien und die USA daran interessiert, auf die neuen Gefahren hinzuweisen, um ihren Geheimdiensten zusätzliches Geld für den Anti-Terror-Kampf zu sichern‘, so Peressypkin am Mittwoch. Auch der jemenitische Botschafter in Russland, Mohammed Saleh al-Hilali, sagte: ‚Die weltweite Medienkampagne gegen den Jemen entspricht keineswegs dem Ausmaß der realen Bedrohung, die von den jüngsten Ereignissen in diesem Land ausgeht. Mit Sicherheit steckt jemand oder etwas hinter dieser Propaganda-Kampagne.“ [Quelle: Novosti (Federal state unitary enterprise Russian Information Agency News), via Fefe]

Das kann man natürlich noch journalistisch bearbeiten. Der „Orient-Experte“ ist falsch geschrieben, es handelt sich um den ehemaligen sowjetischen Botschafter in Lybien, Oleg Peresypkin, „member of the Collegium of the USSR Ministry of Foreign Affairs“. Wenn ich schon als Blogger besser sein will als die Holzmedien, dann muss ich zu den genannten Personen auch Links anbieten, die erklären, um wen es sich handelt.

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Es fährt ein Zug nach nirgendwo

Lok

Eine Pressemitteilung der Berliner Polizei stimmte mich doch nachdenklich. „Es fährt ein Zug nach nirgendwo“ heißt es da. Wo fahren sie denn?

„Wie vom Erdboden verschluckt sind seit dem 27. Oktober zwei Lokomotiven sowie ein Waggon, die bis zu dem Tag als Leihgabe auf dem Außengelände eines Museums an der Monumentenbrücke standen. Als ein Mitglied des verleihenden Vereins die Schienenfahrzeuge gestern Abend gegen 19 Uhr abholen wollte, erklärte ihm ein Verantwortlicher des Museums, dass am vergangenen Mittwoch ein 58-Jähriger auf der Ausstellungsfläche erschienen war. Dieser hatte Anspruch auf die beiden Dieselloks und den Waggon erhoben und angegeben, dass es einen Käufer für die Fahrzeuge gäbe. Gemeinsam mit einem Lokführer fuhr er mit der Bahn davon. Ersten Erkenntnissen zufolge führte die Fahrt nach Brandenburg südlich von Berlin.“

Wie meinen? Zwei Loks und ein Waggon sind verschwunden und fahren jetzt irgendwo herum? „Liebe Lokführer, auf der Strecke Kleinmachnow – Königswusterhausen kommen ihnen zwei Loks entgegen – bitte Ruhe bewahren und rechts ranfahren…“? Oder versuchen die Loks jetzt die Grenze zu Polen zu durchbrechen? Haben Loks eigentlich so eine Art Zündschlüssel, der immer steckt, dass jeder Mensch damit davonfahren kann? Oder muss man bei den Museumsloks, um die es sich hier wohl handelt und die vermutlich Dampfloks sind, einfach eine Schüppe Kohlen einwerfen und ein Streichholz dranhalten? Fragen über Fragen. Also liebe Regional- und S-Bahn-Fahrer in Brandenburg: immer schön auf den Gegenverkehr achten!

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Warum die Kalifornier Kiffen verbieten

hanf

Was der Gesellschaft gerade an der [Sucht] so aufstößt, hat wenig mit der Droge selbst, um so mehr mit der damit zusammenhängenden Subkultur zu tun. Kompliziert formuliert: „Die strukturelle Anfälligkeit westlicher Gesellschaften für Konflikte über die moralische und rechtliche Bewertung des Drogenkonsums ergibt sich aus der delikat ausbalancierten Stellung des Drogenkonsums in einer sowohl am Leistungs- wie auch am hedonistischen Prinzip orientierten Gesellschaft.“ 1 Einfacher: Wer etwas leistet, erfreut sich in Gesellschaften, die im weitesten Sinne auf den moralischen Prinzipien der protestantischen Arbeitsethik fußen, eines hohen Ansehens – und darf sich dann auch mal was Schönes gönnen. Wer freiwillig faul ist, gilt, je nach Rigidität der Norm, als sozialer Abweichler. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen, hieß es im alten Preußen. Wer dem Rausch frönt und süchtig ist, genauer: nach oder von illegalen Drogen süchtig ist, sei arbeitsunfähig und damit auch moralisch verwerflich – so jedenfalls das Klischee der öffentlichen Meinung. Man darf dem individuellen Lustprinzip huldigen, wenn man vorher etwas geleistet hat, nur dann. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

Die Frage ist nur: Wie viele Arbeitsunwillige kann unsere Gesellschaft vertragen? Nicht ihre reale Zahl ist wichtig, sondern ihre symbolische Ausstrahlungskraft, die Faszination einer Drogen-Subkultur, die den normal arbeitenden Bürger zutiefst verunsichert. Die „Sucht“, die gleichzeitig das Lustprinzip auf die Spitze treibt, ist ein Angriff auf die Moral. Sucht ist nur in der Freizeit gestattet, als Ausgleich zum Streß des Arbeitslebens, als verschämt genossenes Privatvergnügen oder im Rahmen akzeptierter Rituale wie beim Fußball oder im Vereinswesen.

Das Klischee der „Sucht“ als Verweigerung der Leistung ist so in den Köpfen etabliert, daß die Realität kaum eine Chance hat: Heroinabhängige, die problemlos mit ihrer Droge versorgt würden oder werden – was wegen der Illegalisierung des Heroins kaum der Fall ist -, sind genauso arbeitswillig und -fähig wie jemand, der jeden Tag drei Schachteln Zigaretten raucht. Ihre Leistungsfähigkeit ist nicht wesentlich beeinträchtigt, noch nicht einmal, im Gegensatz zu Alkoholikern, die Fahrtüchtigkeit. 2 Sie richten also keinen Schaden an, jedenfalls nicht mehr als diejenigen, die ohne Drogen auskommen. Warum sollte also die Heroin-Sucht überhaupt behandelt oder gar therapiert werden? (…)

Selbstkontrolle und -disziplin gelten als unabdingbar für die Stabilität der sozialen Ordnung. Wer sich gehenläßt und dem Rausch frönt, kann seine Arbeitskraft nicht mehr eigenverantwortlich auf dem Arbeitsmarkt verkaufen. Der französische Philosoph Michel Foucault hat die These aufgestellt, die Irrenanstalten – Vorläufer der heutigen psychiatrischen und Nervenkliniken -, die es erst in der modernen Gesellschaft gibt, hätten zur Wiederherstellung der „kollektiven Selbstdisziplin“ gedient. Die Gesellschaft erklärt einige Verhaltensweisen für „normal“ und „nützlich“, andere für verwerflich und krank. Vor diesen muß man sich schützen, indem man die Betreffenden, die sich uneinsichtig verweigern, wegsperrt.

Diese Ideen waren doppelt sinnvoll: Zum einen entlasteten sie die „Süchtigen“. Die Alkohol- und später die Morphin-Konsumenten konnten ihr von der etablierten Norm abweichendes Verhalten als „Zwang“ erklären, der irgendwo in ihrem Inneren hauste und den sie nicht ohne fremde Hilfe zu bekämpfen in der Lage waren. Der Ausschluß aus der Gesellschaft als „Süchtiger“ bedeutete gleichzeitig die Wiedereingliederung „als Kranker“, um den man sich zu kümmern und den man zu rehabilitieren hatte. Zum anderen war die Idee einer „Sucht“ eine Erklärung für diejenigen Schichten der Bevölkerung, die ihr abweichendes und unerwünschtes Begehren ständig in Schach halten mußten: Wenn man die soziale Sicherung nicht schaffte, lag das an „dunklen Trieben“, die man noch nicht unter Kontrolle gebracht hatte, am „krankhaften“ Verlangen, das soziale Elend mit Drogen zu betäuben.

Philanthropen und bürgerliche Abstinenzapostel erklären Kriminalität und Verelendung als Folge der moralischen Zerrüttung durch den Rauschgiftkonsum und die „Sucht“. Nicht der kontrollierte Umgang wird gefordert, sondern der Verzicht. Gerade in Deutschland und in den puritanisch geprägten USA fällt diese Idee auf fruchtbaren Boden. Da das Leben ohnehin ein Jammertal ist, wäre der Rausch, der zumindest zeitweilig „Abhilfe“ schafft, geradezu eine Verhöhnung der sittlichen Grundlagen. Jegliche Erinnerung an mögliche mentale Erfahrungen, die den mühsam erarbeiteten eigenen Verhaltenskodex in Frage stellen, soll getilgt werden. Nicht zufällig wettern heute ehemalige Theologen, die durch politische Wirrungen in verantwortliche Posten in der Drogenpolitik katapultiert wurden, gegen den „Hedonismus“, der drohe, wenn man im Krieg gegen die Drogen nur ein wenig nachlasse.

Diese Vorstellung von Sucht hat fatale Folgen. Ihre Definition beruht letztlich auf ethischen und moralischen Leitsätzen, die in einer bestimmten Gesellschaft — und nur in einer — relativ sinnvoll sind. Niemand weiß, warum Wasserbüffel manchmal Mohnkapseln schlucken und danach orientierungslos herumtorkeln, warum Elefanten alkoholisch vergorene Früchte verzehren und regelrecht „ausflippen“, warum Katzen wild auf Katzenminze sind, Schafe sich vorsätzlich mit Narrenkraut bedröhnen oder Rhesusaffen, wenn sie die Auswahl haben, Kokain bevorzugen und Heroin verschmähen. Die Sucht, der exzessive Konsum von Rauschdrogen, soll beim Menschen jedoch eine Krankheit sein. Man verweigert ihm die Droge, und ist das nicht konsequent möglich, wird er selbst so isoliert, daß er nicht an sie herankommt. Nicht der mögliche Schaden für das Individuum ist relevant, sondern der „Schaden“ für die Gesellschaft. Der besteht darin, daß die zwar nie reale, aber dafür um so mehr befürchtete massenhafte Verweigerung der „nützlichen“ Tätigkeiten, eben der Arbeit, das System als solches in Frage stellen könnte. Das ist aber ein politisches, kein medizinisches Problem.

„Sucht“ als Phänomen, das sowohl repressive staatliche Maßnahmen nach sich ziehen muß als auch nach therapeutischem Bemühen verlangt, taucht erst dann auf, wenn sich die Süchtigen als soziale Randgruppe und/oder als subversive Subkultur im Bild der Öffentlichkeit etabliert haben. Das hat mit der Realität wenig zu tun, sondern dient den jeweiligen Interessen, das Verhältnis des Bürgers zum Staat zu definieren. Die Vorstellung von „Sucht“ als Krankheit ist untrennbar verbunden mit der Unterdrückung von unerwünschtem Verhalten und von Minderheiten.

1. Scheerer, S.: Die Genese der Betäubungsmittelgesetze in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden. Göttingen 1982
2. Bei Tests zur Fahrtüchtigkeit von Heroinabhängigen, die das Medikament Polamidon erhielten, hat sich herausgestellt, daß die Substitution die Leistungsfähigkeit der Testpersonen nicht beeinträchtigte. Das jedenfalls teilten Verkehrsmediziner der Heidelberger Universität auf dem Jahreskongreß der Rechtsmediziner im September 1992 mit.

Diese Passagen stammen aus meinem Buch Heroin – Sucht ohne Ausweg?, erschienen 1993. Sie erklären auch, warum ich zum Thema Drogen nichts mehr in deutschen Medien veröffentliche – es hat schlicht keinen Sinn. Es ist seit 30 Jahren alles gesagt, die „Diskussion“ dreht sich im Kreis. Gegen moraltheologische Diskurse – um um einen solchen handelt es sich bei „Drogen“ – hat die Vernunft nicht die geringste Chance.

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Er sagt es klar und angenehm, was erstens zweitens drittens käm

Thilo Sarrazin fasst Sinn und Zweck der Integrationsdebatte treffend in einem Satz zusammen: „Man muss zeigen, wer in Deutschland Herr im Hause ist.“ Quod erat demonstrandum, um es auf Ausländisch zu sagen.

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Verehrer höherer Wesen sind doof

Michael Bauer, Sprecher des Arbeitskreises Laizistinnen und Laizisten in der SPD: „Denn angesichts bestimmter Kirchenprivilegien, die sich über die Jahrhunderte aufgebaut haben, kann man sich nur an den Kopf fassen. Dazu gehört, dass deutsche Bischöfe nicht etwa von den Kirchen oder von Kirchensteuereinkünften bezahlt werden, sondern vom Steuerzahler aus dem Staatshaushalt. In Bayern werden sowohl der evangelische Landeskirchenrat mit dem Landes­bischof an seiner Spitze als auch sämtliche katholischen Bischöfe und außerdem Domdignitäre, -kapitulare, Pfarrhäuser und so weiter aus dem Staatshaushalt aus allgemeinen Steuermitteln ­finanziert. Was hat so eine Regelung im 21. Jahrhundert noch zu suchen?“ (Jungle World, Nr. 43, 28. Oktober 2010)

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Wie man Bomben entschärft

Nachdem das LKA Nordrhein-Westfalen meinte mich denunzieren zu müssen und deshalb vor rund zwei Jahren eine Strafanzeige gegen mich stellte wegen angeblicher „Bombenbauanleitungen“ auf meiner Website („Melde gehorsamst: burks.de, Verbot wird in Kürze durchgeführt!“), will ich das jetzt wiedergutmachen. Hier eine Anleitung, wie man Bomben entschärft, die man zufällig in seiner Wohnung findet und die natürlich in arabischer Sprache beschriftet sind, damit man auch richtig Angst bekommt. [via Bombenbau-Anleitungen (für angehende Informatiker)]

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Gentrifizierung oder der kreative Mob in Neukölln

Ich habe mich schlapp gelacht. Die Kommentare auf vimeo.com sind auch lustig. Da hat jemand einen Nerv getroffen. „The complete mob ‚creative class'“. [Sender Freies Neukölln]

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Firesheep oder „Hacken“ für jedermann

Zuerst habe ich mich bei der Lektüre des aktuellen Print-Spiegels geärgert, dass jemand unwidersprochen dummes Zeug über das Internet verbreiten durfte. Der „Strafrechtler und Schufa-Ombudsmann Winfried Hassemer: „Wer zwei Stunden im Internet surft, hinterlässt mehr Spuren als bei der Schufa.“ Nein. Stimmt nicht. Gar nicht wahr. Nur DAUs hinterlassen Spuren und erlauben Cookies und Javascript und HTTP referrer. Aber so ist nun mal leider das Niveau der Diskussion. Es ist zum Heulen.

Unter der reißerischen Überschrift „Hacken für jedermann“ lesen wir auf S. 131 etwas über Firesheep, „a Firefox extension that demonstrates HTTP session hijacking attacks“. Kein Wort darüber in Spiegel Offline, was diese Software macht, sondern nur dumpfe Panikmache: „Automatisch schnüffelt sie nach ungesicherten Verbindungen in der Umgebung, zum Beispiel um auszuspähen, der sich im Café über ein ungeschütztes WLAN bei Facebook angemeldet.“ Vermutlich kann man mit diesem „Hacker-Tool“ auch Verkehrsampeln ausstellen….

Warum sollte man jemanden warnen oder mahnen, der bei Facebook ohnehin die Hosen runterlässt und seine Daten in alle Welt verstreut (was war noch mal das Geschäftsmodell von Facebook?)…. Bruce Schneier hat dazu das Nötige gesagt: „Basically, Facebook authenticates clients with cookies. If someone is using a public WiFi connection, the cookies are sniffable. Firesheep uses wincap to capture and display the authentication information for accounts it sees, allowing you to hijack the connection.(…) Protect yourself by forcing the authentication to happen over TLS. Or stop logging in to Facebook from public networks.“

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