Höhere Strompreise?

Tagesschau

„Wirtschaftspolitiker der Union warnen bereist vor höheren Strompreisen.“ So rezitiert die heutige Tagesschau die Lautsprecher des Kapitals, anstatt denen den gequirlten Qutsch wieder in das dummdreiste Maul hineinzustopfen, aus dem das verbal gekrochen kam.

Ich frage mich immer, ob es niemanden mehr gibt, der Ökonomie anders sieht als etwa den Wetterbericht oder die Lottozahlen, also als eine Anhäufung von Zufällen und Dingen, die sich dem Intellekt so entziehen wie der Glaube an höhere Wesen. Was zum Teufel ist denn zum Beispiel der Preis eines Produkts und wie kommt der zustande? Darüber kann man doch nachdenken, oder?

Ein „Wirtschaftsexperte“ der CDU orakelt: „…eine Umlage zusätzlich auf den Strompreis – da wird der Strom teurer.“ Ja, wo laufen sie denn, die Preise? Jetzt mal im Ernst: Die Konzerne, die Energie verkaufen, wollen Profit machen. Das ist nicht so, dass der Strompreis aus den Kosten besteht, die jemand hat, um ihn durch die Leitungen zu jagen zuzüglich der Löhne für die Arbeiter und Angestellten und einem kleinen Gehalt für die Manager. Nein, das ist ganz anders. Der Preis des Stroms ist eine Luftnummer, wie der Benzinpreis auch. Er könnte auch noch halb so hoch sein; niemandem würde das schaden. Nur die Energie-Mafia (ceterum censo: enteignen!) würde weniger Profit machen.

Wie ich im September 2010 schrieb:

Was war noch mal der Profit, liebe Kinder? Richtig! Ihr habt nicht dem dämlichen affirmativen Gefasel bei Wikipedia geglaubt, sondern selbst nachgedacht! Brav! Nur die menschliche Arbeitskraft schafft einen gesellschaftlichen Wert. Was sonst? Ein Wert fällt nicht vom Himmel. Der Kapitalist verkauft die Waren, die seine Arbeiter hergestellt haben. Sein Profit ist die Differenz zwischen dem wahren Wert des Produktes und dem, was er den Arbeitern vorenthält. Wär es anders, würde der Kapitalist ja verhungern (der Besitzer der Produktionsmittel), zahlte er den gesamten Erlös der Waren an die aus, die die darin enthaltenen Werte geschaffen haben.

Ein gelehrter Mann hat das in einem Vortrag 1865 so zusammengefasst: „Der Wert einer Ware ist bestimmt durch das in ihr enthaltne Gesamtarbeitsquantum. Aber ein Teil dieses Arbeitsquantums ist in einem Wert vergegenständlicht, wofür in Form des Arbeitslohns ein Äquivalent, bezahlt, ein Teil jedoch in einem Wert, wofür kein Äquivalent bezahlt worden ist. Ein Teil der in der Ware enthaltnen Arbeit ist bezahlte Arbeit; ein Teil ist unbezahlte Arbeit.“

Der Kapitalismus, liebe Kinder, funktioniert bekanntlich so, dass denen da unten immer mehr weggenommen wird und die Reichen immer reicher werden – und das weltweit.

Oder: „Capitalism never solves its crises problems – it moves them around geographically“. Das zu sagen ist in deutschen Talkshows jedoch verboten. Wer in Verdacht steht, das nur zu meinem, fällt durch den Vorab-Gesinnungs-TÜV oder darf als Quotenlinker krakeelen, wenn er denn bei der Linkspartei ist, die ja nicht links ist, sondern nur etwas gegen das Finanzkapital hat, sich also des höhnischen Gelächters eines gewissen Karl Marx gewiss sein könnte, wenn er denn noch lebte.

Was sagt aber ein Lobbyist der Kapitalisten-Klasse im Fernsehen? „Die Industrie steht in einem internationalen Wettbewerb und die Strompreise für die Industrie in Deutschland sind eh schon die höchsten in Europa, die werden wir (sic!) nicht weiter erhöhen können, ohne Arbeitsplätze zu vernichten.“

Was für eine gequirlte Sch…Gegenfrage: Warum sind Preise so hoch? Der wird garantiert antworten: Die Löhne sind zu hoch…

Im Oktober 2010 schrieb ich:

Eine ältere Meldung aus aktuellem Anlass: „Mehr als jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland arbeitet im Niedriglohnsektor. Insgesamt sind es 6,5 Millionen Menschen. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen hervor. Dabei beobachten die Forscher einen Trend zu sinkenden Durchschnittslöhnen und einer weiteren Lohnspreizung nach unten. (…) Unter Niedriglohn versteht das Institut auf der Grundlage von OECD-Definitionen 9,62 Euro im Westen und 7,18 Euro im Osten des Landes. (…) Seit 1995 habe sich die absolute Zahl der Niedriglohnbeschäftigten um 2,1 Millionen Menschen erhöht. Damals lag ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung noch bei 14,7 Prozent. Heute sind es 21,5 Prozent.“

Ceterum censeo: Die zehn reichsten Familien in Deutschland besitzen 133,6 Millliarden Euro. Das ist doch auch irgendwie ein Grund, die Strompreise zu erhöhen. Sagen die Wirtschaftsexperten der CDU.

image_pdfimage_print

Kommentare

10 Kommentare zu “Höhere Strompreise?”

  1. Serdar am April 11th, 2011 10:28 pm

    Die Nachdenkseiten setzen sich kritisch mit der Manipulation der Öffentlichkeit in Bezug auf Ökonomie auseinander. Da gibt es noch mehr solcher Beispiele, wie du sie bringst.

  2. Carsten Thumulla am April 12th, 2011 5:45 am

    Hi Burks,
    auch Du hast nix kapiert. Wenn die gesellschaftlichen Werte nunmal in Geld gemessen, GEMESSEN(!) werden, dann hat der mehr Wert geschaffen, der mehr Meßwert aufzuweisen hat. Wer geschlafen hat und viel Meßwert aufzuweisen hat, der hat mehr gesellschatlichen Wert geschaffen als der, der geschuftet hat, aber keinen Meßwert vorzuweisen hat.
    Die Maßeinheit ist das Geld, nicht der Schweiß! Das ist der grundlegende Denkfehler. Nochmal, es wird nicht die Anstrengung belohnt sondern das Ergebnis. Das Ergebnis aus Sicht des Marktes, aus Sicht der Käufer.
    Wenn sich ein Mensch sein Leben lang abschuftet und keiner gibt ihm was dafür, dann hat er nichts verdient. Wenn ein Hüpfer auf der Bühne das richtige Liedlein trällert und ihm die Millionen zufliegen, dann hat er in einer Stunde soviel verdient wie ein Bergarbeiter in zehn Leben. Das ist die Realität. Nicht die Realität ist falsch sondern das Denken nach marxistischem Ansatz.

    Nochmal, nicht der Schweiß zählt sondern was andere, Kunden, dagegen eintauschen!

    Das können wir auch gern per Mail klären.

    @Nachdenkseiten
    Denken allein hilft nicht viel. Es muß auch was dabei rauskommen und das kann es nur bei richtigem Ansatz. Der marxistische Ansatz ist nachweislich untauglich. Der gesellsche Ansatz übrigens auch.

    Carsten

    http://www.oli-hilbring.de/blog/wp-content/uploads/2009/09/zack-zack.jpg

  3. karnevalist am April 12th, 2011 10:12 am

    Och, der Michel wird die höheren Strompreise schon jammernd und zähneknirschend bezahlen. Bei den nächsten Wahlen wählt er dann mal wieder SPD oder Grüne in der Hoffnung das sich etwas ändert…

  4. admin am April 12th, 2011 10:56 am

    Das Geld ist nur eine Maßeinheit. Und Marx hat solange Recht, wie ihn niemand widerlegt.

  5. Carsten Thumulla am April 12th, 2011 1:49 pm

    /Nur/ eine Maßeinheit? Nein, es ist /die/ Maßeinheit. Sie tritt in der Gesellschaft an die Stelle der Energie in der Natur, im vorgesellschaftlichen Status. Wir sind übrigens auch schon Gesellschaften, Gesellschaften aus Zellen. Das wird nur gern verdrängt.

    Das Geld tritt an die Stelle der Energie. Es bestimmt über leben oder sterben der Spieler. Diese Nurmaßeinheit ist damit das Überlebenskriterium. Selbstverständlich orientiert sich das Leben daran, und das ist richtig so.

    Was soll ich jetzt widerlegen? Die Forderung von Marx, daß man den Wert eines Produktes am Aufwand zu seiner Herstellung messen sollte? Die ist so offensichtlich falsch, daß man sich den Beweis schenken kann.
    Ein Produkt wird in zwei verschiedenen Städten mit unterschiedlichem Aufwand zu unterschiedlichen Preisen hergestellt. Damit ist die Sache sogar schon erledigt bevor man den Transportaufwand einbezogen hat.
    Ein Bauer hat seine Kühe auf einer fetten Weide und ein anderer hat sie auf einer mageren Weide. Beide erzeugen Kuhfleisch mit unterschiedlichem Aufwand. Der marxsche Ansatz möche nun beiden Bauern gleich viel Geld zahlen, weil sie gleich viel Schweiß vergossen haben. Er will das Kriterium des Geldes, des Marktes, abschaffen und durch seines ersetzen. Damit zerstört er die Optimierung, deren Ursachen tief in unserer Entwicklung stecken. Diese Optimierung hat uns und unsere Gesellschaft hergestellt. Sie läßt sich nur lokal und zeitweise unterdrücken, bei Strafe des Unterganges der Gesellschaft. Die Fehlorientierungen im Sozialismus sind ja inzwischen bekannt. Ebensolche gibt es hier auch, Subventionen zum Beispiel.
    Zahlt man jetzt dem Bauer mit der mageren Wiese einen Ausgleich, so verändert das das Optimierungskriterium, dem sich die Bauern anpassen. Sind die Zahlungen zu hoch so ziehen die Bauern von den fetten Wiesen auf die mageren Wiesen, weil der Gesamtertrag dort höher ist. Die fetten Wiesen bleiben brach, die Gesellschaft insgesamt wird ärmer. Der Subventionszirkus kennt hunderte Beispiele dafür.

    Es liegt also nur am falschen Denkansatz, der von Wunschdenken ausgeht und nicht von der Realität. Das Geld ist nicht nur die Maßeinheit für Ertrag oder Erfolg. Es ist der Stellvertreter der Zielfunktion unserer Entwicklung und es hat daraus alles geerbt, auch das Sterbenlassen. Entscheidet sich ein Staat, die Bauern mit den mageren Wiesen nicht sterben zu lassen, so stellt er sich selbst und damit alle seine Untertanen zur Disposition.

    Als nächstes wäre zu diskutieren, daß der Markt ein Produkt nur beurteilt und Phantasiepreise bezahlt, so wie für den Liedleinträllerer oben. Das ist eine Konsequenz aus dem Informationsmangel, der die gesamte Entwicklung begleitet, ja bestimmt. Wir können das nicht trennen. Die Zielfunktion ist Geld und was ein Kunde bezahlt ist das Ergebnis. Daran ist nichts zu rütteln. Die Forderung, daß der Staat diese Zielfunktion teilweise übernimmt riskiert die ganze Gesellschaft, denn der Staat /hat/ entscheidende Information /nicht/ und er /könnte/ sie auch nicht verarbeiten. Das ist grundlegend weil sich die Informationsverarbeitung erst entwickeln muß. Sie /kann/ sich aber nur orientiert an der Realität entwickeln und jede Abkopplung von dieser zieht Fehlorientierung nach sich. Jeder staatliche Eingriff entfernt die Gesellschaft vom ursprünglichen natürlichen Optimum. Also muß jede Abkopplung von der Realität unterbleiben. Und real ist, was der Markt letztlich für eine Leistung hergibt.

    Im Beispiel des Sängers haben sich die Kunden zur Zahlung entschlossen. Aber auch das Geld /selbst/ ist ein Produkt. Es ist alles rekursiv! Geld zur Verfügung zu stellen oder welches aus der Zukunft herzubeamen ist eine Dienstleistung in der Gesellschaft. Wo die Kunden /glauben/, daß das funktioniert geben sie Geld oder Kredit. Und schon sind die Zutaten für Finanzblasen beisammen, denn es ist alles /rekursiv/.

    Um diese grundlegenden Fragen des Marktes und der Geldschöpfung gibt es keinen Umweg, weder den marxschen noch den gesellschen. Es beibt allein die Chance, Entwicklungsvorgänge zu verstehen und so uns und unsere gesellschaftliche Entwicklung zu verstehen.
    Der marxsche Ansatz geht an das Eigentum der Produktionsmittel und vergißt die Geldschöpfung und der gesellsche Ansatz geht an die Geldschöpfung und vergißt die Produktionsmittel.

    Energie, Fressen war in unserer Entwicklung ein Teil unserer Zielfunktion. Heute ist es das Geld. Es steht für alle Teile der ehemaligen Zielfunktion, Energie, Fortpflanzung, Macht, Raum, Anerkennung… Es ist /existenzieller/ Meßwert.

    Gruß
    Carsten

    http://www.toonpool.com/user/3816/files/current_real_status_859145.jpg

  6. der Trittbrettschreiber am April 12th, 2011 4:48 pm

    Geld steht für Fortpflanzung? Welches Chromosom hat denn ein Fuffi?
    Das mit den Phantasmagorien ist ja die Vorstufe zu den Meta-Daten des Informationszeitalters.
    Der neue Fetisch heißt Kommunikation. Wieviel Schweiß kostet das. Wenn dann noch das diskursadäquate Liedchen dazu geträllert wird (das kann auch in der guten bezahlten Fußballersprache mit all dem gut bezahlten Personenkult geschehen), sind wir wieder bei Karl – nur eben durch permanente Iteration auf der xten Meta-Ebene.
    Damit wäre das Maß des „Verdinglichten“ wieder das Geld. Welche Auswirkungen das auf den „Tausch“ hat, ist das gleiche, wie die Wirkung eines Zollstocks auf die Länge der Schlange vor einem modernen Fahrkartenschalter.
    Also welche Scheine nehme ich denn nun für meine standardisierte und ausgewogene Familienplanung im klassischen Sinne? Fuffi oder Hunni?

  7. Joscha am April 12th, 2011 6:45 pm

    Die lange Antwort auf den kurzen Burkschen Kommentar macht die vertretene Meinung nicht richtiger. So geht es schonmal nicht um die Preise, die ein Markt für eine Ware festsetzt, oder um den Erlös der Ware. Es geht darum, wer an den Einnahmen partizipiert und in welchem Maße. Ich wollte erst länger antworten, habe aber dann auf das jpg. unter der Antwort geklickt. Es erübrigt sich somit schlicht und einfach.

  8. Carsten Thumulla am April 12th, 2011 7:10 pm

    Man bekommt in dieser Gesellschaft für Geld fast alles, wenn nicht alles. Selbstverständlich ist Geld das Ergebnis der Zielfunktion. Dem paßt sich alles an, außer dem einsamen Trapper in Kanada, aber wir reden ja von Gesellschaft. Auch Kommunikation kann wie Geld zum Selbstzweck werden. Die Realität rückt es wieder zurecht.

    Die Antwort ist so lang um Gelegenheit zum Verstehen zu geben. Wollen muß man aber schon möchten.

    Das Ergebnis jeder Arbeit ist das, was andere dafür eintauschen — in einer arbeitsteiligen Gesellschaft — und darüber reden wir hier.

    Da Geld Geld erzeugt, es ist ja alles rekursiv, zieht die Rückopplung immer stärker an und die Schere geht auseinander. Das ist in dieser Konstellation naturgesetzlich. Als Gegenrezept funktionieren weder Marx noch Gesell, wie ich oben erklärte. Möglicherweise kommt man da grundsätzlich nicht raus.

    Es geht nicht primär darum wer an Einnahmen partizipiert. Wer die Macht hat nimmt sich immer mehr, als er anderen zugesteht. Das ist auch naturgesetzlich, denn wer das nicht macht ist bald weg vom Fenster.

    Das unten ist eine Signatur, und die wird fast immer zufällig gewählt.

    Gruß
    Carsten

    Flitzertor
    http://www.youtube.com/v/ZCjOpxNh9Jc

  9. Carsten Thumulla am April 12th, 2011 7:42 pm

    *MUHAHHAAHHAAAA* Ich bin ein Seher.

    http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/649585/Von-83jaehrigen-Kuehen_Wunder-der-EUAgrarfoerderung
    „Italiens Bauern verkaufen Milch von 300.000 Kühen, die seit Jahren tot sind.“

    Sonst noch Fragen?

    Carsten

    Durchsetzung des Jeansverbots
    http://i.imgur.com/Baiu1.jpg

  10. Kapitalismus, reloaded : Burks' Blog am Juli 12th, 2011 1:47 pm

    […] hier: “Wall Street and the Financial Crisis: Anatomy of a Financial Collapse”, hier: “Höhere Strompreise?” und hier: “Was war noch mal gleich die freie […]

Schreibe einen Kommentar