Wir sind alle Barbaren

krieg

Die japanische Regierung ist „zornig“ über „einen weiteren Akt des Terrorismus.“ Der so genannte „Islamische Staat“ hatte eine japanische Geisel enthauptet.

Jetzt „empören“ sich die Mainstream-Medien über Fox News, auf deren Website ein Video zu sehen ist, wie eine Geisel des „IS“ bei lebendigem Leib verbrennt. Natürlich traut sich niemand (außer burks.de), einen Link zu setzen. Vermutlich dürfen dann die Leserinnen und Leser auch keinen Link erwarten, der sie zu Francisco Goya und „Los desastres de la guerra“ führt?

Das alles hatten wir schon vor elf Jahren diskutiert, als ein US-Amerikaner enthauptet wurde. Die meisten Journalisten, die tagesaktuell berichten (müssen), scheinen ein Gedächnis wie eine Drosophila zu haben. Ihr langweilt mich mit eurer heuchlerischen und sinnfreien „Empörung“.

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Worum geht es? Nicht die Menschen an sich sind ultraböse und grausam, sondern der Krieg macht sie zu „Barbaren“. („Barbaren“ sind böse, „wir“ sind die Guten.) Das war schon immer so, und das sollte jeder wissen, der nicht im Geschichtsunterricht gefehlt hat. Das will aber niemand sagen, und schon gerade nicht die, die kein Problem damit haben, deutsche Soldaten zu friedenserzwingenden Maßnahmen in alle Welt zu schicken. Ihr kotzt mich an.

Man hat Menschen auch schon immer öffentlich und zum Gaudi des Publikums bei lebendigem Leibe verbrannt. In Deutschland, dem Land der Dichter und Denker, hat man Juden in Todesfabriken vergast. Ist das humaner? Der „Islamische Staat“ ist auch der „Genfer Konvention nicht beigetreten, im Zeitalter der „asymmetrischen“ Kriege ohnehin eine absurde Idee.

Was also ist die Botschaft? Wenn die Morde an Geisel jetzt atavistische Reflexe hervorrufen („Rache“, „Vergeltung“), dann sind beide Seiten auf einem „Niveau“. Und genau so geschieht es. Quod erat demonstrandum.

Wer Kriege akzeptiert, muss auch den Terror akzeptieren. Wer den Terror nicht zeigt, macht sich zum Helfershelfer derjenigen, die Kriege („verkaufen“) wollen – oder, wie die deutsche Regierung – die Waffen dafür liefert. So einfach ist das.

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Als die Franzosen Spanien überfielen (Anfang des 19. Jahrhunderts), haben beide Seiten unverstellbare Gräuel begangen. Die Augenzeugenberichte, auch von Deutschen, liegen heute noch vor (wenn die Berliner Bibliotheken sie noch nicht vernichtet haben, könnte man sie ausleihen.*)

* Quellen in der Staatsbibliothek Berlin:
– Franz Morgenstern: Kriegserinnerungen des Obersten Franz Morgenstern aus westfälischer Zeit ; Hrsg. von Heinrich Meier, Wolfenbüttel 1912 Ab 4. März 1809. U.a. detaillierte Beschreibung der Belagerung von Gerona. Namenslisten der 1809 in Spanien Gefallenen der Westfälischen Division.
– Rudolf Rr v. Xylander: Geschichte des 1. Feldartillerie-Regiments Prinz-Regent Luitpold 1806-1824; Berlin 1909
Friedrich Freudenthal: Hannoversche Soldatengeschichten; Vom Harz bis zur Moskwa. Unter Napoleons Fahnen. Spanien und Waterloos (nach Friedrich – Lindau: Erinnerungen eines Soldaten aus d. Feldzügen d. Königl.-deutschen Legion). Der Werber. Bremen 1912
P. Zimmermann: Grossherzoglich Bergische Truppen: Feldzüge in Spanien und Rußland. Nachdr. D. Ausgabe Düsseldorf 1842, red. Herta und Ulrich Jux. Bergisch Gladbach 2000
– Karl Franz von Holzing: Unter Napoleon in Spanien: Denkwürdigkeiten eines badischen Rheinbundoffiziers [Augenzeuge des Spanienfeldzugs] (1787-1839)]. Aus alten Papieren hrsg. v. Max Dufner-Greif. Berlin 1936
– Johann von Borcke: Kriegerleben; 1806-1815 [Augenzeuge des Spanienfeldzugs]
– Ludwig Boedicker: Die militärische Laufbahn 1788-1815 des Generallieutenant Ludwig Boedicker. Eine Selbstbiographie. In: Beiheft zum Militär-Wochenblatt, Jg. 1880, Heft 5/6 [Augenzeuge des Spanienfeldzugs, S. 254-268]
– Konrad Rudolf v. Schaeffer: Unter Napoleons Fahnen in Spanien 1808-1809; Aus den Erinnerungen eines deutschen Generals, Berlin 1911
– [Friedrich M. Kircheisen] (bearb. v.) Feldzugserinnerungen aus dem Kriegsjahre 1809, Hamburg 1909

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Kommentare

5 Kommentare zu “Wir sind alle Barbaren”

  1. R@iner am Februar 5th, 2015 11:49 am

    Deine Beiträge der letzten Zeit sind super!

  2. Herr Lehmann am Februar 5th, 2015 12:41 pm

    Klasse! Vielen Dank!

  3. R@iner am Februar 5th, 2015 1:17 pm

    Journalisten sind gerade nicht sehr beliebt, wie es scheint: Der Angriff auf die „Lügenpresse“

  4. tom am Februar 5th, 2015 8:58 pm

    O-Zitat aus friedenserzwingende…:“im Falle des weitgehenden Zusammenpruchs der staatlichen Institutionen einschließen“
    Die Ankotzer und ihre Horden sind auch nur Menschen, man sieht es daran, dass sie bein schreiben Fela machen. :)

  5. Biologe am Februar 9th, 2015 4:27 pm

    Hey, nichts gegen das Gedächtnis der Drosophila!

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