That’s Leif

Ostroplog: „Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche (NR) steckt in der Krise. Im zehnten Jahr ihres Bestehens ist der Vorstand gestern Abend am Rande der Jahrestagung in Hamburg weitgehend zurückgetreten. Hintergund: Mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung des Vereins. Die taz schreibt von einem ‚Putsch‘, auch Meedia berichtet.“

Betreff: Mitteilung an die Mitglieder von netzwerk recherche e.V. (…) hat sich der Vorstand am 28. Mai 2011 ausführlich mit der Finanzlage des Vereins befasst. Dabei tauchten Hinweise auf, dass der Verein im Zusammenhang mit der Förderung der Jahreskonferenz 2010 gegenüber der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) möglicherweise fehlerhafte Angaben gemacht hat. Grundsätzlich fördert die BPB die Jahrestagung im Rahmen einer Defizitfinanzierung. Da möglicherweise aber nicht alle Einnahmen der Jahrestagung gegenüber der BPB angegeben wurden, könnte der Verein eine zu hohe Förderung von der BPB erhalten haben. (…) Der Vorstand hat dabei einstimmig beschlossen, nicht nur die möglicherweise unrechtmäßig erhaltenen Fördermittel, sondern sämtliche Fördermittel der BPB für die Jahrestagungen (2007-2010) – unter dem Vorbehalt der Sachprüfung – vorsorglich zurückzuzahlen. Dabei handelt es sich um einen Gesamtbetrag in Höhe von rund 75.000 Euro. (…) Auf der außerordentlichen Vorstandssitzung hat der 1. Vorsitzende des Vereins, Thomas Leif, erklärt, die Verantwortung für mögliche Abrechnungsfehler zu übernehmen.

Dazu habe ich mehrere Fragen. Warum schreibt jemand in der taz über den Fall, der selbst Mitglied in Netzwerk Recherche ist? Warum wird ein Journalistenverein, dessen Vereinszweck vor allem die Selbstbeweihräucherung der Vorsitzenden Leif und Leyendecker war, mit Staatsgeldern gefördert, obwohl er doch in Konkurrenz zu anderen Journalistenvereinen steht? Warum hat Thomas Leif angeblich erklärt, die Verantwortung zu übernehmen, trat aber dann nicht freiwillig zurück?

Wie Leif in der Vergangenheit arbeitete, ist hinreichend bekannt.

Konkret schrieb im März 2006: „Prinzipiell anders geht es beim Netzwerk Recherche zu: Dessen jährlich ausgelobter Recherchepreis ‚Leuchtturm‘ wird überhaupt nicht von Coca-Cola bezahlt (sondern ganz im Gegenteil von der „Kontext-Stiftung“ des Energiekonzerns Eon). Und Thomas Leif, der die PR-Fuzzis schmäht, führt in seiner dienstfreien Zeit gern und ‚in gewohnt souveräner Form durch Veranstaltungen beispielsweise der Landesbausparkasse (LBS) Rheinland-Pfalz oder der Sparkassen Service Gesellschaft (SSG). Daß Leif sich am Ende selbst aus seinem Verein ausschließen läßt, ist nicht zu befürchten. Hauptberuflich ist er ja immer noch ‚Chefreporter des SWR in Mainz‘, und die Tätigkeit für die LBS war gewiß ‚überwiegend durch Recherche geprägt‘. Oder bleibt einfach alles in der Familie? Der Vorsitzende der SSG heißt auch Leif, Vorname: Jürgen.“

Ich hatte am 18. Mai 2006 („Einer beschmutze des anderen Nest“) hier geschrieben:

Das berüchtigte Internet-Portal spiggel.de hat bekanntlich die gesellschaftlich nützliche Aufgabe, überall dort, wo ein Feuerchen brennt, Öl hineinzugießen, damit die Dunkelheit der Welt vom Licht der Erkenntnis vertrieben und für das Gute, Schöne und Wahre Platz geschaffen werde. So auch hier.

Der DJV wirft Netzwerk Recherche vor, mit falschen Zahlen zu operieren. „In einer Pressemitteilung von Netzwerk Recherche vom heutigen Donnerstag wird behauptet, 30 Prozent der DJV-Mitglieder seien nach Angaben des stellvertretenden DJV-Bundesvorsitzenden Volker Hummel PR-Mitarbeiter und Pressesprecher. Dazu erklärt Hummel: ‚Wenn Dr. Thomas Leif falsche Zahlen verbreitet, kann er sich nicht auf mich berufen. Ich habe nie und nirgends behauptet, 30 Prozent aller DJV-Mitglieder seien PR-Mitarbeiter und Pressesprecher. Eine entsprechende Suggestivfrage Leifs am Rande der Mainzer Tage der Fernsehkritik habe ich mit der Bemerkung beantwortet: „Ich habe die Zahl nicht im Kopf.“‚ Nach Angaben des DJV sind acht bis zehn Prozent der 40.000 Mitglieder im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig.“

Jetzt lesen wir gemeinsam noch eine PR-Meldung von Netzwerk Recherche: „Nach Einschätzung des Vorsitzenden des Netzwerk Recherche, Dr. Thomas Leif, hat sich die nr-Jahreskonferenz in fünf Jahren zu einem der wichtigsten Journalisten-Treffpunkte in Deutschland entwickelt: ‚In Hamburg geht es um die kritische und selbstkritische Analyse des journalistischen Alltags, um die Verbesserung des Handwerks und um die Suche nach effektiven Recherche-Strategien. Auf keiner Konferenz in Deutschland wird intensiver und kontroverser über journalistische Tabus und Fehlentwicklungen gestritten‘, sagte Leif.“

Das ist natürlich alles frei erfunden und Eigenwerbung vom Feinsten. Über „Fehlentwicklungen“ (ein grauenhaftes Wort) wurde zum Beispiel im DJV Berlin viel heftiger gestritten als bei Netzwerk Recherches zu Hause. (…)

Nun zu uns, Netzwerk Recherche. Der ganze Laden ist bekanntlich – so der hämische Spott der Branche – mehr oder minder ein Ventilator, der dazu dient, die Großjournalisten Hans Leyendecker und Dr. Thomas Leif von einem Vortrag über ihre Großtaten zum anderen zu blasen. Als Giovanni di Lorenzo eintrat, wollte ich schon austreten trat ich aus, weil ich erwartete, es würden alsbald auch Lea Rosh, Kai Dieckmann und Günther Bohnsack aufgenommen werden. Lästig ist zudem, dass der Verein offenbar den Ehrgeiz entwickelt, zu einem der größten Papierproduzenten der Branche zu werden. Man muss auch mal sein Wasser halten können. Und bitte nicht vergessen, den Artikel „That’s Leif“ in Konkret zu lesen!

Was lesen wir auf der Website? „Die juristische Bekämpfung und publizistische Untersuchung der Korruption in Deutschland weist erhebliche Defizite auf.“ Wer so grottenschlecht schreibt, sollte stille Einkehr halten und eine Weile in Demut verharren. Welch ein Satz! Das Auto weist vier Räder auf. Und „Bekämpfung“ und „Untersuchung“: Man bekämpfe den Nominalstil und untersuche, wer von gutem Deutsch noch nie etwas gehört hat.

Jaja. Der Autor ist Mitglied im DJV Berlin und war mit Mitglied in Netzwerk Recherche. Bei Ver.di war ich auch mal irgendwann.

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Kommentare

4 Kommentare zu “That’s Leif”

  1. tauss am Juli 2nd, 2011 4:03 pm

    Kenne die Sache mit der Bundeszentrale nicht und mag daher nicht Stellung nehmen. Als langjähriger medienpolitischer Sprecher einer Bundestagsfraktion konnte ich aber feststellen, dass bei einschlägigen Gesetzesvorhaben (z.B. vds) , Vorgängen zu Lasten der Pressefreiheit (z.b. Cicero) oder auch beim Thema Informationsfreiheit niemand vergleichbar engagiert war. Von wem ich rede? Natürlich von Herrn Leif und dem Netzwerk Recherche. Insofern scheinen mir hier eher Beissreflexe und Neid auf erfolgreichere Kollegen die Feder geführt zu haben ;) Gruss Tauss

  2. xx am Juli 2nd, 2011 5:51 pm

    ist ja offensichtlich.
    solchen schroeders(escusi mea culpa) ist der brieftascheninhalt näher als überzeugung.
    die ratten verlassen nicht das sinkende schiff;
    sie vermehren sich rapide.
    der werteverfall ist allgemein zu beobachten und das macht mir angst.
    solang noch ein RA mit nummernschild herum fährt
    „Verbrechen lohnt sich ! „

  3. fosca am Juli 2nd, 2011 6:23 pm

    da hat der herr leif ab sofort mehr zeit bei der metzgerei riechardt in mainz fleischwurst einzukaufen. hehe

  4. der Trittbrettschreiber am Juli 3rd, 2011 12:22 pm

    @xx :

    Gibt es irgendwo Tabellen mit den Halbwertzeiten für zerfallende Werte?

    Kann man sich vor zerfallenden Werten schützen und wenn ja wie?

    Werden beim Zerfall der Werte andere, vielleicht noch gefährlichere Stoffe frei?

    Gibt es schon Pläne für eine neue diesbezügliche Behörde?

    ;-) …sind da noch Stellen frei?

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