Caroline-Urteil, reloaded

Das Bundesverfassungsgericht hat ein interessantes Urteil gefällt – „Zivilgerichtliche Untersagung der Wort- und Bildberichterstattung über eine Prominente teilweise verfassungswidrig“. Die Exegese der Begründung:

Es ging um die Berichterstattung der Neue Post (Bauer Media Group) und der Bunte (Hubert Burda Media), beide gehören zur so genannten „Yellow Press“, also der „Regenbogenpresse“.

Die „Neue Post“ hatte über die Tochter der Prinzessin Caroline von Monaco berichtet. Die hatte „auf Unterlassung der Wortberichterstattung und auf Unterlassung der Veröffentlichung des auf dem Titelblatt gezeigten Bildnisses der Klägerin“ erfolgreich geklagt. Die Verfassungsbeschwerde gegen die vorinstanzlichen Urteile wurden jetzt nicht angenommen:

„Zwar kann im Bereich der Berichterstattung über Prominente auch die Darstellung von Umständen aus dem Alltagsleben dieses Personenkreises geeignet sein, die Veröffentlichung eines Fotos zu rechtfertigen, jedoch nur insoweit, als die Veröffentlichung der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann. Dass die Gerichte dieses Kriterium vorliegend nicht als erfüllt angesehen haben, überschreitet den fachgerichtlichen Wertungsrahmen nicht.“

Das Bundesverfassungsgericht bestreitet also – nachvollziehbar – das öffentliche Intesse „angesichts des groß gedruckten Textes ‚Schockierende Fotos'“, das die unteren Instanzen auch nicht sahen und daher der Caroline Recht gaben.

Anders jedoch der zweite Teil. „Demgegenüber sind die Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Untersagung der Wortberichterstattungen richten, im zulässigen Umfang begründet. Die beanstandeten Äußerungen fallen als Werturteile über die Klägerin in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Diese ist freilich nicht vorbehaltlos gewährt, sondern findet ihre Grenze unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Bei Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Zivilrechts haben die Fachgerichte jedoch Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit verkannt, indem sie diese im Rahmen der gebotenen Abwägung gegenüber Persönlichkeitsbelangen der Klägerin haben zurücktreten lassen.“

Der zentrale Satz für die Medien ist: „Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts reicht hinsichtlich der Veröffentlichung von Bildern einerseits und der Wortberichterstattung andererseits verschieden weit.“ Man darf also wie gehabt keine Fotos so genannter Prominenter ohne deren Einverständnis veröffentlichen, die nur deren Privatleben zeigen – das ist nicht von öffentlichem Interesse.

„Die betreffenden Äußerungen kommentieren zwar die Lebensführung der Klägerin, dies aber nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die sie auf Veranstaltungen gezeigt hat, welche erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten. Ob aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch ein Recht darauf hergeleitet werden kann, nicht gegen seinen Willen zum Objekt bestimmter medialer, die selbst gewählte Öffentlichkeit verbreiternder Erörterung gemacht zu werden, ist fraglich, kann hier aber offen bleiben. Denn auf ein solches Recht könnte sich jedenfalls derjenige Grundrechtsträger nicht berufen, der sich in freier Entscheidung gerade der Medienöffentlichkeit aussetzt, indem er Veranstaltungen besucht, die erkennbar auf ein so großes Interesse von Teilen der Öffentlichkeit stoßen, dass mit einer Berichterstattung durch die Medien gerechnet werden muss. So verhält es sich auch in den vorliegenden Fällen. Die Festivitäten, an denen die Klägerin teilnahm und auf die in den beanstandeten Artikeln Bezug genommen wird, stießen wegen der illustren Gäste auf großes mediales Interesse und waren jedenfalls teilweise gerade auf eine Außenwirkung angelegt.“

Eben: Wer Werbung in eigener Sache und Person betreibt, indem er oder sie einschlägige Veranstaltungen besucht („als Gast der Feier der französischen AIDS-Hilfe“), kann nicht verhindern, dass die Medien darüber berichten. Mit diesem weisen Urteil wird jeder leben können.

image_pdfimage_print

Kommentare

Schreibe einen Kommentar