9. November et al

schönbach

Reprint vom 18.11.2017

Woran ist die Weimarer Republik untergegangen? Es gibt eine Antwort, die allgegenwärtig ist. Die jeweilige Bundesregierung, Wikipedia, die Bundeszentrale der politischen Bildung, die Mehrheit der deutschen Historiker, alle Medien (mit wenigen, aber irrelevanten Ausnahmen), die Macher der Schulbücher und Materialien für Schüler – alle sind mehr oder weniger der gleichen Meinung, oder sie geben so viele Ursachen an, dass gar kein Standpunkt mehr zu erkennen ist.

Das ist doch merkwürdig, oder? Was wäre, wenn alle irrten oder die historische Wahrheit keine Chance hätte, den öffentlichen Diskurs zu beeinflussen?

Ich empfehle Karsten Heinz Schönbach – für alle, die die Fakten zum Thema wissen wollen und auch die, die sich mit der Geschichte der Weimarer Republik beschäftigen.

Warnung: Das Buch ist Wissenschaft vom Feinsten, also gespickt mit Quellen und Aktenauszügen, 658 Seiten lang. [Inhaltsverzeichnis] Ich habe mehrere Wochen gebraucht, um es komplett durchzulesen. Es war die Mühe wert.

Dass sich kein großer Verlag finden ließ und sich die Medien mit Rezensionen sehr zurückhalten, kann bestenfalls im ersten Moment überraschen. Je mehr man sich in Karsten Heinz Schönbachs Untersuchung »Die deutschen Konzerne und der Nationalsozialismus 1926–1943« vertieft, desto weniger vermag einen das jedoch noch zu überraschen. (Heinz W. Pahlke)

Schönbach ist der erste Historiker, der Firmenakten auswerten konnte, die beweisen, dass ohne die finanzielle Hilfe der deutschen Konzerne die NSDAP nicht an die Macht gelangt wäre. (Ja, vorher hat das niemand gemacht!) Die Mehrheit des deutschen Kapitals wollte das oder nahm es billigend in Kauf, weil es ihren Interessen diente.

Äußerst interessant fand ich auch die Passagen, die anhand zahlreicher Firmenakten, Augenzeugenberichten, Briefen und Protokollen belegen, dass Hitler und die NSDAP-Führung bewusst „sozialistische“ Parolen übernahmen, um Wähler zu bekommen, das aber gegenüber den Vertretern des Kapitals zurücknahmen und relativierten. Alle Kapitalisten, die Geld gaben, wussten, dass es den Nazis damit nicht ernst war. Die NSDAP wir sogar schon pleite und hätte ohne die großzügigen Spenden des Kapitals keinen Wahlkampf mehr machen können.

Die „offizielle“ Theorie wird sich aber nicht ändern lassen, weil sie nicht auf Fakten beruht, sondern auf Ideologie. Geschichte, das beweist Schönbachs Buch, ist immer die Geschichte, wie sie die jeweils Herrschenden sehen wollen. Alles andere wird unter den Teppich gekehrt, auch wenn die Tatsachen etwas anderes sagen. Das ist heute genau so wie damals.

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Kommentare

5 Kommentare zu “9. November et al”

  1. Martin Däniken am November 9th, 2019 9:27 pm

    Ich erinnere an die TV-Serie“Väter und Söhne“ mit Burt Lancaster
    und an
    „Hitler Aufstieg des Bösen“ mi Robert Carlyle!
    Darin ging es auch um die Parteienfinanzierung durch die deutsche Wrtschaft…
    Ich schätze mal das unsere anglo-amerikanischen Freunde das schon länger publizistisch unters „Volk“ bringen konnten ausserhalb der üblichen verdächtigen Fachkreise,oder!

  2. Serdar Günes am November 13th, 2019 11:53 am

    Der Link, der auf Heinz W. Pahlke verweist funzt nicht mehr. Aber hier ist er archiviert:

    https://web.archive.org/web/20171123152728/http://www.sprachrand.de/gedanken/2017/03/10/historiker-karsten-heinz-schoenbach-belegt-detailreich-aktive-unterstuetzung-der-deutschen-konzerne-fuer-die-nsdap/

    Sollte vielleicht ersetzt werden. Ich werde mir das Buch irgendwie anschaffen. Macht mich neugierig.

  3. admin am November 13th, 2019 1:56 pm

    Danke. Ist ersetzt.

  4. Marktradikal völksich : Burks' Blog am Juni 6th, 2020 7:10 pm

    […] – im Gegensatz zum Großkapital – primär am Export orientieren. Wenn man das mit der Situation der Weimarer Republik vergleicht, wäre dann AfD weitaus weniger gefährlich als die NSDAP. Die, die wirklich herrschen, […]

  5. Helfen Sie Politik und Wirtschaft! : Burks' Blog – in dubio pro contra am August 30th, 2020 10:54 am

    […] Das besteht aus diversen Interessengruppen, die untereinander nicht immer einig sind, wie schon in der Weimarerer Republik, die aber immer zusammenhalten – man hat den richtigen Klasseninstinkt -, wenn es dem den […]

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