Self-Surveillance oder: Wenn smarte Geräte sich prügeln

spybell

Ich habe heute ein wenig mit Technik herumgespielt, als Belohnung und Kompensation für zwei Mal Zahnarzt in zwei Tagen. [Alle Produkt-Links gehen zu Amazon o.ä.] Natürlich ging zunächst etwas schief, wie immer bei mir.

Warum habe ich mir das Gedöns angeschafft? Mich hat ständig genervt, dass Leute bei mir klingeln und ich entweder schlafe oder unter der Dusche stehe oder gar nicht da bin. Daher habe ich mir eine intelligente Türklingel besorgt: Ich kann mit jemandem, der draußen steht, reden und die Person immer auch sehen, und wenn jemand klingelte, kriege ich einen Alarm auf mein Smartphone. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Das Teil hat meinen Router auch gleich gefunden; die Installation ist bis auf Details auch für Laien machbar. („Laie“ heisst: Man muss zumindest einen Router konfigurieren können und wissen, wie man das 5-GHz-Frequenzband deaktiviert.) Bei mir kam erschwerend hinzu, dass der mit der Klingel gekoppelte Türgong Strom braucht und ich im Flur keine Steckdose hatte, die zu installieren, mitsamt der Leitung, einige Zeit in Anspruch nahm.

renkforce

Heute ging die SpyBell ständig offline und lieferte auf Anfrage keinen Videostream mehr. Wie das kam? Ich musste hin- und herüberlegen, bis ich was ahnte. Ich hatte mir schon vor einiger Zeit ein Renkforce Internet-Steckdosenradio gekauft. Ich höre nur beim Abwaschen, Kochen oder Duschen Radio und auch nur, was ich will – also keine deutschen Sender mit dummem und pseudojugendlichem Gequatsche. Das kleine Teil kann man überall, wo man Musik hören will, einfach in eine Steckdose stecken, wenn man es ein Mal mit dem Router verbunden hatte. Das Radio hat einen „Aus“-Knopf, aber die Macke, dass es ab und zu aus unerklärlichem Grund angeht – und man zu Tode erschrickt. Also habe ich eine „smarte“ Steckdose dazwischengeschaltet. Die Steckdose – also auch das Radio – schalte ich per Tuya-Smart-App an und aus. Kann nichts mehr schief gehen, dachte ich.

Kann doch. Wenn das Radio bzw. die „smarte“ Steckdose ausgeschaltet wurde, funktionierte auch die Türklingel nicht. Das Problem bekam ich erst in den Griff, als ich sowohl der Klingel als auch der Steckdose (es sind mehrere) feste IP-Adressen im Router zugewiesen hatte. Offenbar prügeln sich die smarten Geräte um die IP-Adressen, wenn die nach dem Ausschalten und Wiedereinschalten neu vergeben werden, und es gibt ein großes Kuddelmuddel und irgendein Teil bleibt übrig wie bei der Reise nach Jerusalem. Das war offenbar immer die Türklingel, vielleicht weil die am weitesten vom Router entfernt ist. (Ja, im SpyBell-Fucking-Manual wurde vor dem Problem gewarnt.)

Jetzt möchte ich wissen, wieviele „Laien“ das hinkriegen würden?! Schlagworte: DHCP-Server, IPv4-Adressen, Subnetzmaske u.v.a.m.. Da ist man gleich voller Vorfreude.

littlelf

Fehlt noch was: Dank meiner Littlelf WLAN Kamera kann ich mich jetzt selbst überwachen. (Auch die Littlelf zickt herum, weil sie ein per default eingeschaltete 5-GHz-Frequenzband nicht mag, aber dennoch sich mit ihm verbinden will.) Littlelf hat eine eigene App – von China lernen heisst eben Überwachung lernen – aber auch die Zukunft.

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Kommentare

13 Kommentare zu “Self-Surveillance oder: Wenn smarte Geräte sich prügeln”

  1. Pitti am Juli 10th, 2019 9:35 pm

    Achtung Zollkontrolle
    In Ihrer Wohnung wurden überwachungsfähige Systeme gefunden. Halten sie Ihre Geräte zur Onlinedurchsuchung bereit.

    Diese Onlinedurchsuchung wurde ermöglicht durch
    das NetzDG §ölf Absatz drölf in der Fassung vom

    Wir danken allen Herstellern für Ihre Kooperation
    Ihre Zollverwaltung

  2. ... der Trittbrettschreiber am Juli 10th, 2019 10:10 pm

    Als Wunschmaschine

    http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=2919&n=2&y=1&c=49

    frage ich mich immer, wie Du Deine Zeit einteilst, Bloggen, Wanzen in den Abgrund stürzen, der Überwachungszukunft gehorsam voraus- und entgegeneilen, Schlösser und Burgen im 2.Life bauen und bewohnen, Kommentare freigeben und Krankenhäuser einschüchtern.
    Ob das irgendwann einmal verschwindet?

    https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/warum-ist-nicht-alles-schon-verschwunden.html

  3. Martin Däniken am Juli 10th, 2019 10:29 pm

    „Dat häd isch mit fabundn Auchn und mit auf den Rücken gefesselten Zehen hingerichtet!“
    Nee, ich hätte erstmal alles ausgesteckt und nacheinander wieder in Betrieb genommen und wenn das nicht funktioniert, (versucht) die Hotline in den Wahnsinn zutreiben…
    dann mal nen Blick in die Manuals geworfen!
    Und wenn das nix hilft…
    „Bitte, chinesischer Geheimdienst erhöre mein Flehen,helft mir!

  4. André Dreilich am Juli 11th, 2019 7:54 am

    Wunder klappen auch ohne smarte Teilchen: Ich habe (weil ich das nervige Durchdiebetondeckenbohren noch ein Weilchen vor mir herschieben will) neben dem bombensicheren LAN für einige Geräte ein powerlan via Stromnetz im Einsatz. Seit Mitte Juni hängt da auch ein Fernseher mit Magentazeugs dran. Nun werden die Tage kürzer, und beim Einschalten des Deckenfluters (2x LED) fliegt MagentaTV raus. Oh Wunder des störungsverseuchten Stromnetzes, da müssen wohl 2 olle Birnen a 100 Watt die Zeit bis zum Betonbohren überbrücken.

  5. flurdab am Juli 11th, 2019 11:06 am

    Ist das eine Serviceleistung deinerseits gegenüber dem „Staatsschutz“?
    Ich verstehe ja das Hausdurchsuchungen unangenehm sind, zu,al man ja auch wirklich nichts zu verbergen hat, aber macht man sich mit soviel vorrauseilenden Gehorsam nicht erst recht verdächtig?
    Wie kann man sich sicher sein das nicht „Dritte“ sich Zugang verschaffen?

    Das in jedemfall der Spieltrieb angesprochen wird ist sehr männlich. ;-)

  6. admin am Juli 11th, 2019 12:12 pm

    @flurdab: Die Daten werden nirgendwo gespeichert, auch nicht in einer Cloud (das ist deren Geschäftsmodell). Wenn ich aufzeichnen will, habe ich eine interne SD-Card.

  7. flurdab am Juli 11th, 2019 12:37 pm

    Schon, aber wir sprechen doch von WiFi oder?
    Also Funk, wie kannst du dir sicher sein das der freundliche IM in der Nachbarschaft nicht deine Signale empfängt und speichert?
    Und was machst du wenn unsere total kompetenten, höchst intelligenten, höchst integeren Spezialpolitiker derartige Aufzeichnungen als gerichtsfest anerkennen?

    „Paranoid sein bedeutet ja nicht, dass man nicht verfolgt wird“

    Gut, ich persönlich liebäugle ja auch schon mit dem Kauf einer Burka. Der Gewinn an Privatssphäre und der Tragekomfort bei 32°C, nackig und als Freischwinger, ist schon interessant.

    Grüße

  8. admin am Juli 11th, 2019 2:43 pm

    Die Kamera ist über LAN angeschlossen.

  9. flurdab am Juli 11th, 2019 10:11 pm

    OK.
    Dann bist Du ja auf der sicheren Seite.
    Die Kamera ist nich HD, das solltest du nachbessern.
    Ich hasse „Homevideos“ mit schlechter Bildqualität.

  10. Martin Däniken am Juli 12th, 2019 8:40 am

    Und die „Nachrichten“Dienste müssen ja auch Bescheid sagen ,
    wenn sie doch bei einem mitschnorchelm!

  11. Martin Däniken am Juli 12th, 2019 11:34 am
  12. admin am Juli 12th, 2019 3:14 pm

    HD kann ich als Option einstellen. Der Modus ist meistens „adaptiv“, d.h. die Kamera stellt sich automatisch auf die Lichtverhältnisse um.

  13. Einfach mal die Presse halten und Góiennaches : Burks' Blog – in dubio pro contra am Februar 6th, 2021 11:57 pm

    […] dass Alexa und die anderen Geräte, mit denen ich mich selbst überwache, nur auf Befehl handeln und nicht selbständig. Wie das Publikum unschwer erkennen kann, hängt da […]

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